Montag, 5. November 2012

Hahnuhr

Den Alltag aus Sicht einer Wortarbeiterin, den können Sie hier mitverfolgen. Jenseits meiner sprachbasierten Brotarbeit als Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache (und aus dem Englischen) erlebe ich immer wieder, wie mich mein Beruf auch in den Stunden "konditioniert", in denen ich nicht arbeite.

"Das muss in meinen Blog", war der Gedanke, als ich aufwachte. Sowas ist mir ja noch nie passiert! Meistens träume ich eher sehr unrealistisch, meine Geschwister sind noch klein, der weltbeste Patensohn ist im gleichen Alter wie sie und ich, denn auch ich bin oft noch Kind. Ich kann fliegen, zaubern und, wenn es gefährlich wird, die Entwicklungen verändern. Das habe ich mit 12 Jahren gelernt, als ich eine Phase mit Albträumen hatte.

Meine Träume haben zudem oft eine dramaturgisch abgeschlossene Form und ich merke das auch noch währenddessen ... und kann mich normalerweise beim Aufwachen an viele Details dieser "Filme" erinnern.

So ist es mir fast immer möglich, am nächsten Morgen einen Teil des nächtlichen Kopfkinos zu rekonstruieren.
Nach fünf Schlafphasen à 1,5 Stunden habe ich normalerweise genug. Eine weitere Phase, die aber verkürzt, brauche ich, wenn ich viel lerne, das Gehirn viele neue Synapsenverschaltungen sichern muss. (Das mit den Schaltungen ist ja der Grund, weshalb Babies so viel schlafen; als Sprachlernende schlafe ich immer viel und auch zwischendurch gern, Siesta!) Je näher ich der Aufwachzeit komme, desto leichter und realistischer träume ich.

Morgens schlafe ich tief und fest, abends aufgrund des Dolmetscher-Wortkarussels oft leider nur schlecht ein. Um nicht zu verschlafen, bringe ich meist (gestaffelt) drei Wecker in Stellung: Handy, Wecker und Haustelefon. Die Sorgen, die Wecker könnten nicht klingeln, haben mich schon am Einschlafen gehindert. Dolmetscher dürfen nicht verschlafen ... an Arbeitstagen jedenfalls.

"Das muss in meinen Blog", war mein Gedanke beim Aufwachen. Ich war irgendwo im Ausland gewesen, sprach eine Sprache, die ich gar nicht kann, die Situation war aber nicht die Bohne angstbesetzt. Außerdem träumte ich auf der muttersprachlichen "Tonspur" im Gehirn, also alles rückübersetzt ins Deutsche. Ich war unterwegs und bat nach einem Wecker. Das Wort für Wecker kannte ich nicht. Ich machte einfach "Hahnuhr" draus. Wie der Hahn, der morgens kräht, und eine Uhr ...

Jetzt wüsste ich nur gern, in welcher Sprache ich auf der anderen, nach außen gelagerten Tonspur geträumt habe ;-) Gibt es eine Sprache auf diesem Globus, in der sich das Wort für Wecker aus diesen Worten zusammensetzt?

______________________________
Bild: Danke, Ruven! (damals acht Jahre)

Keine Kommentare: