Donnerstag, 12. Januar 2012

Frühstück mit Untertiteln

Willkommen auf den Logbuchseiten einer Französischdolmetscherin und -übersetzerin. In Berlin erlebe ich meinen sprachbetonten Alltag, und hier kann ich typische Momente und Schwierigkeiten unseres Berufs nochmal Revue passieren lassen. Manchmal leuchten aber auch ganz andere Augenblicke auf, höchst alltägliche ...

Manche Einträge schreiben sich wie von selbst. Heute früh sitzen wir lächelnd an einer "Seite" eines runden Küchentischs und sind ganz still. Wir möchten nicht stören.

In dieser oder jener Arbeitsküche ...
hier ohne Besuch
Wir waren zuvor schon in der Küche auf Samtpfoten umhergeschlichen, hatten Kaffee gekocht, Brot aufgebacken, Obst geschnitten. Am Tisch sitzen zwei Männer in fortgeschrittenem Alter, der eine stammt aus Teheran, der andere aus Berlin, der eine hat sein Notebook vor sich aufgeschlagen, der andere Ausdrucke in der Hand; daneben liegen Schreibwerkzeug, Wörterbücher und Notizzettel.

Der Schriftsteller Amir Hassan Cheheltan sitzt dort mit einem seiner Übersetzer. Sie gehen das neue Buch im persischen Original Satz für Satz durch, wobei Englisch die zweite Arbeitssprache ist.

Gerade sind sie an einer Stelle, wo zwei sich begegnen, tiefe Blicke und vertraute Gesten austauschen. Plötzlich sehen wir, die wir nicht stören wollen, uns selbst anders, wie von außen: Es ist, als würden die beiden Männer am Tisch die gesprochenen "Untertitel" zu dem liefern, was wir machen. Oder schauen wir uns jetzt länger an, weil die beiden im Buch einander länger angesehen haben?

Auch so kann ein Tag im Leben von Sprachmenschen anfangen ...

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Foto: C.E. (Archiv)

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