Donnerstag, 11. November 2010

Uhr, die

Ein Wort, zwei Bewegungen.

Tick: Zwei Wochen nach der Umstellung auf Winterzeit, pardon!, Normalzeit, ist meine innere Uhr noch immer irritiert. Normalerweise habe ich durch frühere Medienerfahrung ein gutes Zeitgefühl und kann auch Längen recht gut schätzen.

Das ich nicht mehr aus dem Effeff weiß, wie spät es ist, fühlt sich komisch an. Das höre ich auch von anderen Leuten, die ähnlich wie ich immer orientiert sein wollen. Es ärgert mich, weil es Energie raubt, vor allem unterwegs. Denn seit langem besitze ich keine Orientierungshilfe namens Uhr mehr, die ich stets bei mir tragen würde.

Umso irritierter war ich, als auch noch das Wort "Uhr" dieser Tage in der Arbeit Probleme bereitete. Ich übersetzte einen Newsletter (auf Deutsch: Rundbrief), da ging es um une horloge, die ein Schweizer Kanton einem anderen Staat zum Geschenk machen wird. Und ich fragte mich, weil mir dieses Uhr zu allgemein gefasst schien, ob es jetzt eine Standuhr ist oder vielleicht eine Aufsatzuhr? Wo wird sie hängen, eingebaut oder aufgestellt werden? Ich konnte zur Optimierung meines Textes die Redaktion in einer Randbemerkung nur auf Fotos verweisen, die im Text erwähnt, aber nicht mitgeliefert worden waren.

Und irgendwann schwante mir, warum ich diese Anmerkung schrieb. Das Wort "Uhr" ist im Deutschen sehr viel weiter gefasst als im Französischen. Was auf Deutsch eine Kirchturmuhr ist, ist auf Französisch ... erraten, schon wieder une horloge (und zur Spezifizierung natürlich l'horloge du clocher). Aber für die Deutschen fällt auch die Armbanduhr unter den Oberbegriff "Uhr". Auf Französisch heißt sie une montre, wörtlich übersetzt eigentlich 'die Zeige'.


Tack: Eine kleine Beobachtung am Rande, neulich, in der Botschaft. Das Tragen von Armbanduhren ist ein gesellschaftlicher Marker. Das Gros der Mittel- und Unterschicht nestelt dauernd am Handy rum, das gleichermaßen Uhr- und Weckerersatz ist.

Die führende Klasse (oder wer sich dafür hält), ist auch mal ohne Mobiltelefon unterwegs. Stichwort: Nur Lakaien sind immer erreichbar! 

Die Uhrzeit zeigt in nämlichem Falle zuverlässig eine Armbanduhr an. Merke: Je wichtiger jemand ist, desto zurückhaltender ist das Modell, dessen Wert am Ende nur jene erkennen, die sich schlau gemacht haben. Wie war das gleich noch? Die Uhr ist eine Orientierungshilfe ...

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Foto: C. Elias

2 Kommentare:

JR hat gesagt…

Nur die, die sich für wichtiger halten, haben immer ihr Mobiltelefon dabei. Es ist ein großes Zurück-zur-Natur, wenn man den Taschenterroristen mal ab und zu zu Hause lässt ...

Anonym hat gesagt…

jr schreibt wahre worte. Die telefonische versklavung hat viele gesichter und sollte besser nicht nur an jenen menschen festgemacht werden, die ihre liebe zu den mobilen zeitmessern damit bekunden, in dem sie es zu einem nicht zwingend teuren accessoire machen, das passend zu kleidung und anlass ihre persönlichkeit unterstreicht. Zumal gerade männer hinsichtlich ihrer möglichkeiten zum tragen anderen schmucks im nachteil sind und außerdem besonders in füheren zeiten analoger zu-fuß-rechnerei die sicherheit zu schätzen wussten, die eine zuverlässige uhr ihnen bei der orientierung auf den ozeanen und in den lüften bot.