Mittwoch, 24. November 2010

Vor dem Berliner Arsenal

Tür auf, Tür zu. Einen Sekundenbruchteil lang bin ich abgelenkt, und das reicht, um kurz zu befürchten, gleich den Faden zu verlieren. Nach dem dritten Mal weiß ich: Das wird heute noch öfter passieren, darauf darf ich jetzt nicht mehr achten.

Ich sitze als Simultandolmetscherin im zweiten Untergeschoss am Potsdamer Platz am künstlichen Herzen der Großstadt Berlin. Ich springe von Französisch zu Deutsch zurück in die französische Sprache. Hinter der Tür, die ständig auf- und zugeht, ist der Zuschauerraum des Kinos Arsenal, dort sitzen Filmfachleute aus Deutschland und Afrika und diskutieren. Zwischen uns dicke Wände und eben diese Tür, die eigentlich nur angelehnt ist – dicke Kabel schlängeln sich von uns aus hinein in den Raum mit den roten Sitzen. Sie gehörten zum Ton und liefern auch die Aufnahmen zweier Kameras. Dank ihrer sehen wir auf zwei Monitoren auf dem Tisch vor uns, was innen geschieht: links der Blick ins Publikum, rechts den Blick aufs Panel.

Wir sitzen bei Afrikamera auf dem Gang, seit mehr als anderthalb Stunden wird drinnen debattiert, ich schrieb schon kurz über das Festival. Das Gespräch ist lebendig, engagiert, alles andere als unterkühlt. Draußen vor der Tür ist die Stimmung anders. Und das ist nicht optimal. Ich hatte, als ich mich vorbereitete, befürchtet, wir würden uns in der kleinen Dolmetscherkabine neben den Filmprojektoren wiederfinden, und dort ist es heiß. Also trage ich eher leichten Stoff. Zu leichten. Zum Glück sind Daunenjacke und Wollschal in Reichweite. Dann kratzt es im Hals. Ich drücke die Räuspertaste, lasse sie los, mache weiter.

Vorne am Flurende geht die Tür zum Foyer auf. Wir hören Gelächter. Der Konferenztechniker am Tonmischpult zischt Richtung Eingang, weist mit großen Gesten auf uns. Das Lachen erstirbt, drei Leute schleichen sich in den Raum mit den aufsteigenden Sitzreihen. Sekunden später verlässt wieder jemand das Kino. Tür auf, Tür zu. Dann wieder: Tür auf. Jemand steht neben uns, ich zucke zusammen. Beim Räuspern hatte ich eben aus Versehen die Austaste erwischt, denn das Dolmetscherpult ist noch recht neu, und wir hatte noch nicht oft die Gelegenheit zur Zusammenarbeit. Kurz: eine knappe Minute lang kam von meiner Verdolmetschung nichts bei Debattanten und Publikum an. Beginn der Schrecksekunde. Anknopf. Ende der Schrecksekunde, ich hab keine Zeit für weiteres Nachdenken, auch wenn sich die Zeit kurz dehnt. Mein linkes Bein friert plötzlich, der Schal ist verrutscht, das Tischbein, an das es gedrückt wird, ist aus Metall.

Rednerwechsel. Ein Italiener packt eine Liste mit Filmtiteln aus und liest auf Deutsch aus ihr vor. Die Liste haben wir vorher nicht vorher bekommen. Sein Sprechtempo ist beeindruckend. Dann übernimmt die Kollegin. Tür auf, jemand geht, Tür zu.

Nach zwei Stunden ist alles vorbei. Jetzt müssen nur noch die Männer von der Technik alles wieder einpacken  grob geschätzt zehn Transportkisten befüllen und einen Einkaufswagen, der hier auch noch rumsteht.

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Fotos: kommen später noch.
Vorab vielen Dank, Günther!

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