Heute folgt der Text zum Bild von gestern.
Dass eine Kamera oder ein Tonaufnahmegerät mitläuft, während ich dolmetsche, ist schlicht und ergreifend ein Stressor mehr. Dabei stellt sich immer die Frage, zu welcher weiteren Verwendung gedreht oder Ton aufgezeichnet wird. Hier waren es immer interne Nutzungen – das jährlich stattfindende achttägige Seminar in Marseille ist stets auch Anlass, Schulungsmaterial herzustellen. Das Aufgezeichnete wird also nicht so, wie die Diskussion stattgefunden hat, 1:1 überspielt und ausgewertet, z.B. als DVD, die im Anschluss vertrieben würde. Die Bild- bzw. Tondokumente gehen auch nicht in einen Dokumentarfilm oder einen Hörfunkbeitrag ein – dann wäre die Art des Arbeitens eine andere, dann stünden Kamera oder Tonaufzeichnungsgerät im Vordergrund und nicht die Teilnehmer der Fortbildung.
Trotzdem hat das Aufgenommen-Werden meinen Stresspegel erhöht. Inmitten der Gruppe zu sitzen und nicht wie auf Konferenzen in der schalldichten Kabine ist auch anstrengend. Auf dem Kameramonitor (Foto von gestern) ist außerdem gut zu sehen, dass ich mich gegen eine akustische "Störquelle" abschirme. Zwei Teilnehmer, die links von mir saßen, fingen gerade an, sich leise abzusprechen: Wir waren auf einem Festival, das Programm eng gestrickt, wir hatten jeden Tag mehrere Termine, Seminarsitzungen und Filmvorführungen. Die Teilnehmer mussten etliches selbst koordinieren. Also schirmte ich zwischendurch mein Ohr ab, um mir selbst besser zuhören zu können beim Dolmetschen. "Hinterbandkontrolle" hieß das einst im analogen Zeitalter, wo der Ton hinter dem Aufnahmekopf nochmal "abgenommen" und in seiner Qualität geprüft wurde.
______________________________
Foto: Eric Vidal (angeschnitten), Jeremy
Gravayat, die Autorin dieser Zeilen.
Merci beaucoup, Audrey, pour la photo !
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen