... ist meine Musterübersetzung für "déformation professionnelle". Inzwischen verstehen viele den französischen Begriff, so dass ich meiner "trouvaille" keine große Zukunft prophezeihe.
Es gibt berufstypische "Berufsverbildungen" bei uns Dolmetschern. Etliche mögen keinen Rauch, der Stimme wegen (andere rauchen). Empfindliche Ohren sind auch weit verbreitet. Wer mit den Ohren arbeitet, hört anders, hat gelernt, genau hinzuhören - das kann im Alltag mit seinen vielfältigen akustischen Umweltverschmutzungen problematisch sein. Und wenn ich nicht aufpasse, führt das Mit-den-Ohren-überall-sein rasch zu peinlichen Situationen, wenn bei anderen der Eindruck entsteht, sie seien von dieser zerstreuten Person da (von mir!) belauscht worden. Im Restaurant wende ich zum Beispiel immer Energie auf, um mir mimisch nicht anmerken zu lassen, wenn mich Gesprächsbestandteile des Nebentischs bewegen ...
Abschalten ist manchmal schwierig. Wie letzten Samstag. Wir treffen uns zu Sonneneingang bei Gesa zur Feuerzangenbowle, einer Kollegin vom Hochschuldidaktiklehrgang, denn ich bin einen Tag in der Woche an der Uni. Es ist schön, mal keine Dolmetscher um mich herum, dennoch lauter Leute, die mich gut kennen.
Rechts von mir spricht Gesa mit Ellen über die Kids, links von mir tauschen Lisa und Julia Neuigkeiten über das Institut aus, an dem wir uns kennengelernt haben. Ich höre bei beiden Gesprächen zu, focussiere mal das eine, mal das andere, schalte mich mal hier ein, frage mal dort nach und weiß dabei immer, worum es im jeweils anderen Dialog geht.
Außenstehende mag das irritieren, meine Dozentenkolleginnen kennen das von mir. Sie wissen, dass dieses Verhalten nicht mangelnde Wertschätzung oder permanentes Einmischen bedeutet, sondern Folge einer Prägung ist. So richtig konzentriert und entspannt bin ich dabei leider auch nicht. Und freue mich, als weitere Gäste kommen und dann ein einziges Gespräch geführt wird, das alle betrifft.
Und im Gegensatz zu den Inhalten der kurzen Gespräche links und rechts kann ich mich an das von allen in Ruhe geführte noch heute gut erinnern.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen