Hallo, bonjour, welcome! Hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache (mit den Zielsprachen DE und FR sowie aus dem Englischen). Die Bürokollegin übersetzt ins Englische. Die Konferenzsaison startet!
Die ersten Messen der Saison werden von uns dolmetschechnisch bespielt. Den Auftakt macht prompt eine Delegationsreise. Wir sind vier Tage dabei, die Delegation war nur fünf Tage unterwegs. Das Programm haben wir rechtzeitig erhalten, Material zur Vorbereitung kam kurz vor Schluss oder gar nicht. Beim Veranstalter (im Regierungsauftrag) war ein neues Team mit der Aufgabe betraut.
Die Reise war sehr spannend, die Messe auch. Die meisten Begriffe hatten wir parat, der Konferenzteil auf der Messe war sehr erfolgreich, "unser" Land war Gastland.
Mein Kollege und ich sind happy, daran unseren Anteil gehabt zu haben. Im Zug zurück denke ich jetzt über neu hinzugekommene Wörter nach. Es mag sich so gar nichts einstellen. Ich habe mir kaum Notizen gemacht. Mein Kollege und ich mussten die ganze Zeit mit der Energie haushalten.
Das Budget war deutlich niedriger als sonst. Das sind schon Auswirkungen der Sparpläne der Bundesregierung. Ergebnis: Statt am Sonntag oder Montag ging es am Dienstag los. Wir durften morgens um sechs Uhr in ein anderes Bundesland reisen. Der Zug hatte prompt Verspätung. Die Nerven lagen bloß, als wir fünf Minuten vor dem ersten Termin ankamen, mit rauchenden Felgen: Der Taxifahrer hatte alles gegeben. Unsere Gäste waren mit dem Flugzeug über Nacht angereist. Am ersten Tag kämpften alle mit Müdigkeit.
Einschub: Ich weiß, dass ich mich auf meine zwei Wecker verlassen kann. Die Redundanz baue ich ein, weil ich mir vorstelle, damit besser zu schlafen. Vor dem Aufstehen aufstehen zu müssen schlägt mir immer schwer ins Kontor. Die Nacht habe ich wenig geschlafen. Im Zug dann auch nicht: Er war überfüllt, die Reservierungen ungültig. Wir haben abwechselnd gestanden. Einschubende.
Die Erschöpfung zog sich über vier Messetage. Morgens ging es kurz nach sieben im Hotel los, weil wir in einiger Entfernung zum Messeort untergebracht waren (Kostengründe). Die Termine waren sehr eng getaktet (Kostengründe). Es gab kaum Phasen fürs Durchatmen oder für Zwischenbilanzen (aus den bekanntten Gründen). Buffet und Restaurant der Messe waren teuer, der Kaffee zu 4,80 Euro, die Flasche Mineralwasser zu 9,20 Euro. Wir hatten unsere Verpflegung im Rucksack (wie oben), dazu etwas Infomaterial der Gäste sowie eigenes für die lexikalische Dokumentation.
![]() |
| Inge und ihre Freundin spielen Messe |
Natürlich mussten wir bei all'dem stets einen guten Eindruck machen, so wie die kleinen Fräuleins hier, die "Bubikopfwickler" auf einer Messe anzupreisen scheinen. Eine der Kundinnen trug jeden Tag Hackenschuhe mit 6000 + Punktlandungen am Tag, so schmal war der Absatz. (Ich kann mir nicht vorstellen, neben den Anstrengungen mir noch die Füße zu quälen.) Abends ging es bis auf eine Ausnahme recht spät zurück ins Hotel (Sie wissen, warum).
Alle wollten das Maximalmögliche aus dem Besuch herausholen.
Wir als Dolmetscherteam haben gute Mine zum schwierigen Spiel gemacht.
Wir haben aus alter Treue zu einem langjährigen Kunden nicht eine einzige Überstunde berechnet. Grundsätzliche Überlegung: Hier soll mit einem Messebesuch der Vertrag internationaler Kooperationen in einem Umwelt- und Wirtschaftsthema erfüllt werden. Wenn sich aber die Beteiligten nur noch durch den Tag quälen, wenn spontane Antworten zu schleppenden werden und es dann schwer wird, wegen Übermüdigkeit am einzigen frühen Abend zur Ruhe zu kommen, ist die ganze Chose belastend.
Ja, es war wunderbar, dass der Messebesuch mit öffentlichem Geld ermöglicht wurde. Ja, alle sind dankbar. Ja, alle stehen hinter dem Projekt. Aber wir haben die Grenzen des Machbaren gespürt. Nötige Arbeit lässt sich nicht ins Unermessliche komprimieren. Dabei dient die Erfüllung des Vertrags weiteren Wirtschaftsbeziehungen und der Schaffung von neuem Wirtschaftswachstum.
Parallel dazu trägt das Projekt dazu bei, die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erfüllen (Sustainable development goals / Objectifs de développement durable). Es geht um nichts Gringeres als um politische Vorgaben der Vereinten Nationen (UN), zu deren Erlangung sich auch EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet haben.
Schöner Messestress! Wir lieben unseren Beruf und wenn am Ende alle auf derselben Wellenlänge sind!______________________________
Foto: Inge Rösler (re) mit Freundin,
Bubi-kopfwickler, Sammlung Elias Lossow

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen