Donnerstag, 17. April 2025

Gründonnerstagssoße

Wie wir Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher, Über­set­zer und Über­set­ze­rin­nen le­ben und ar­bei­ten, ist hier seit 2007 Ge­gen­stand. Ich be­ob­ach­te von Be­rufs we­gen un­se­re Zeit, die Mo­den und Tra­di­ti­onen sehr ge­nau. In der Bio­gra­fie un­se­rer Fa­mi­lie über­schnei­det sich et­li­ches.

Als Kind wur­de ich in ei­ne Fa­mi­lie mit deutsch-fran­zö­sisch­en Be­zü­gen hinein­ge­bo­ren, ge­nau­er: West­fa­len, Sac­hsen, Ost­preu­ßen — und Reims. Mein Ge­burts­ort liegt in Hes­sen, nicht weit ent­fernt von der Stadt, aus der die westsächsischen Kauf­leu­te, mei­ne Ura­hnen, im 19. Jahr­hun­dert in den Osten auf­ge­brochen wa­ren. Und jetzt schlägt der Genius loci zu, der Spi­rit ei­nes Or­tes. Als ge­bo­re­ne Hes­sin lie­be ich "Frank­furter Grü­ne Soße". In mei­nem Blog schrei­be ich zum zwei­ten Mal da­rü­ber. Hier der erste Text.

Das Re­zept ist ein­fach, er­fordert aber Ge­du­ld

Grün­don­nerstag ist ei­ner der ers­ten Tage im Früh­jahr, an dem "Grie Soß" auf­ge­tischt wer­den kann. Zum grü­nen Tag passt die grü­ne Sau­ce ganz her­vor­ra­gend. Da­zu wird i­dea­le­rweise im Wo­chen­ab­stand je­weils ein wei­teres Kraut vor­ge­zo­gen bzw. ge­sät, da­mit al­les zeit­gleich zu ern­ten ist. Sie­ben Kräu­ter sind da­zu nö­tig, und zwar: krau­se Pe­ter­si­lie, Ker­bel und viel Schnitt­lauch, dann Sau­er­ampfer, der die Sa­che schön fris­ch und leicht säu­er­lich macht. Bor­retsch, auch "Gur­ken­kraut" ge­nannt, bringt Gur­ken­a­ro­ma mit rein. Kres­se und Pim­pi­nel­le er­gänzen das Ge­samt­aro­ma.

Das Gan­ze muss ge­wa­schen, das Rest­was­ser aus­geschüt­telt und die Kräu­ter ab­getupft wer­den. Mei­stens wer­den da bei 200 Gram­m Kräu­tern zwei bis drei Ge­schirr­tü­cher nass. Erst grob schnei­den, dann fein. (Man­che, oh Sakri­leg, nu­tzen da­zu die Mes­ser der Küch­enma­schi­ne, die al­les so zer­fet­zen, dass es strohig zu wer­den droht.) Am Ende wird es in ein Quark-Jo­ghurt-Ge­mi­sch gerührt, zu dem je­de Fa­mi­lie die ei­ge­ne Zu­sam­men­set­zung hat (unsere un­ten).

Bor­retsch gilt ü­brigens als gif­tig, aber nur in grö­ßeren Men­gen. Statt des Bor­retschs lässt sich ein klei­nes Stück­chen Gurke oh­ne Scha­le mit klein­wie­gen. Auch Ker­bel ist nicht bei allen be­liebt, ger­ne weg­las­sen. Das fris­che Aro­ma vom Bor­retsch können Dill und Zi­tro­nen­me­lis­se er­set­zen. Aus sie­ben Kräu­tern wer­den plötz­lich acht (oder neun).

Wer das gan­ze Jahr über "Grü­ne So­ße" es­sen möch­te, muss ei­niges re­gel­mäßig neu aus­sähen. Oder aber ein Päck­chen in gut­sor­tier­ten Markt­hallen mit gro­ßer Aus­wahl kau­fen, al­ter­na­tiv im Fein­kost­la­den, aber in Ber­lin ist das höchst sel­ten zu er­gat­tern! Ab und zu bringt je­mand so ein Kräu­terpäck­chen aus Frank­furt/Main mit. Oft ge­nug bin ich das selbst.

Grund­sau­ce:250 Gram­m Quark (20 % Fett­an­teil), 125 Gram­m Sau­ere Sahne oder Schmand, 500 Gram­m ge­rühr­ter Natur­jo­ghurt (3,5 %), bei an­de­rem erst die Molke ab­tropfen lassen. Da­zu kom­men 2 EL Mayon­naise, 3 EL Oli­venöl, 1 EL Es­sig oder Zitronensaft, Kräu­ter­salz, et­was Muskat und Pfeffer. Al­les mit dem Schnee­be­sen sämig rü­hren, dann die Kräu­ter hinzu. Sonntags­va­riante: mit klein­gehack­tem, hart-ge­kochtem Ei (pro Na­se eins), das aber auch se­pa­rat ser­viert wer­den kann. "Grie Soß" mit Pell­kartof­feln und et­was Feld­salat ser­viert ist eine kom­plet­te, wun­der­vol­le Mahl­zeit!

P.S.: Auch wenn wir ihn nicht mehr es­sen, ha­ben wir den Bor­retsch im Gar­ten ste­hen­ge­las­sen. Sei­ne blau­en Blü­ten sind bei den Bie­nen sehr be­liebt.

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Fo­to­col­lage: C.E.

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