Montag, 30. September 2024

Montagsschreibtisch (62)

Bon­jour oder bon­soir auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. In die­sem di­gi­ta­len Ta­ge­buch kön­nen Sie an ei­ni­gen Ta­gen in der Wo­che mit­le­sen, wie Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher ar­bei­ten. Zu­nächst, was die­se Wo­che an­steht.

Die Herbst­sai­son ist in vol­lem Gan­ge. Nicht ganz frei­wil­lig bin ich noch an et­li­chen Ta­gen ver­fü­gbar. Ich ha­be in den letz­ten Jah­ren in­fol­ge ei­ner in­zwi­schen über­wun­de­nen län­ge­ren Co­vid-19-Er­kran­kung und An­ge­hö­ri­gen­pfle­ge we­ni­ger ge­ar­bei­tet.

Schreibtisch umgeben von Akten, Plakaten, Modellen, Mnemozettel, Übersichten ...
Ein Lern­schreib­tisch
Die Aus­wir­kungen kom­men mit Zeit­ver­zug. Da hab ich den Sa­lat, ei­ne Del­le!

Aber jetzt ist erst­mal gut zu tun. In den kom­men­den Wo­chen be­schäf­tige ich mit mit dem Fol­gen­den:

⊗ Agrar­öko­lo­gie: Ge­trei­de, Obst und Ge­mü­se so­wie Vieh­
⊗ Le­bens­mit­tel­ver­trieb
⊗ So­zial­ver­si­che­rungs­sys­te­me in Deutsch­land
⊗ Kor­rek­to­rate Hör­film­fas­sung und Dreh­buch


Weil mei­ne Ar­beit als Dol­met­sche­rin zu 80 Pro­zent aus Vor­be­rei­tung be­steht, blei­ben die­se The­men für ei­ne län­ge­re Zeit gleich. Und weil die Ar­beit als Über­set­ze­rin zu 90 Pro­zent aus Sitz­fleisch be­steht und die Dol­metsch­vor­be­rei­tun­gen häu­fig auch im Sit­zen statt­fin­den, darf ich auf mein täg­li­ches Be­we­gungs­mi­ni­mum achten, fünf Ki­lo­me­ter, dazu zwei­mal in der Wo­che Sport. (Oft schaf­fe ich sie­ben Ki­lo­me­ter am Tag, das ist mein neu­es Durch­schnitts­ziel.)

Beim Ler­nen grei­fe ich erst auf al­te Vo­ka­bel­lis­ten zu­rück, in der Bran­che der Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher Le­xi­ken ge­nannt. Mei­ne äl­tes­te Le­xik in die­sem Be­reich ist die Milch­wirt­schafts­le­xik. Ich nut­ze al­te Mind Maps oder Il­lus­tra­tio­nen von Wort­fel­dern, prü­fe, ob sich die La­ge seit­her ver­än­dert hat, sprin­ge dann zu Ge­wächs­haus, Pflan­zen­schutz, Milch­kuh, Fe­der­vieh, Hu­mus­er­halt und Bo­den­ge­sund­heit, schaue mir da­bei im­mer erst die al­ten Wör­ter­lis­ten an, er­gän­ze oder kor­ri­gie­re, denn ich fin­de wei­te­re Be­gri­f­fe in der Fach­li­te­ra­tur, der Fach­pres­se oder auch im Hör­funk.

Das Ge­hirn ist ei­ne ver­netz­te Struk­tur, ich ler­ne hirn­ge­recht, also ver­netzt. Zwi­schen­durch spre­che ich Fran­zö­sisch­vo­ka­beln ein, es geht um Aus­spra­che­coa­ching für ei­ne an­de­re Per­son.

______________________________
Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Be­stand)

Freitag, 27. September 2024

cpm

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, na­tür­lich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Wir sind in der Herbst­sai­son, in der es noch et­li­che Ta­ge gibt, in de­nen ich of­fen für Ihre An­fra­gen bin. 

Neulich saß ich bei ei­ner Kon­fe­renz nicht "in der Bütt", in an­de­ren Wor­ten: in der Dol­metsch­ka­bi­ne, denn die Ver­an­stal­tung war ein­spra­chig und brauch­te gar kei­ne Dol­met­sche­rin­nen. 

Für echte Zusammenarbeit brauchen wir interkulturelle Kompetenz. Bist du bereit, dein eigenes Leben mit den Augen von Menschen aus anderen Ländern zu betrachten? Was macht das mit dir?
In­ter­kul­tu­rel­les Trai­ning in­klu­si­ve ...
Mich hat­te ein Wis­sen­schafts­netz­werk auf­grund der In­hal­te und zur Kon­takt­su­che hin­ge­schickt. Spra­che war hier trotz­dem ein zen­tra­les The­ma. Zwei Ta­ge lang ha­ben vie­le Jar­gons und neue Be­grif­fe durch den Raum ge­flirrt, denn Men­schen aus Pra­xis, Theo­rie, Po­li­tik und NGOs be­rie­ten sich zum The­ma Kom­mu­ni­ka­ti­on in Zei­ten von De­mo­kra­tie­kri­se, Bio­di­ver­si­täts­schwund und Kli­ma­ka­ta­stro­phe. 

Man­che Bei­tra­gen­de waren ganz groß­ar­tig, be­geis­ternd und in­for­ma­tiv, an­de­re ha­ben ih­re Ge­dan­ken sehr ge­müt­lich aus­ge­rollt, dar­auf Vol­ten ge­schla­gen oder rhe­to­ri­sche Stil­for­men nach­ge­tanzt. Letz­te­res macht mich ner­vös, al­so als Nor­mal­zu­hö­ren­de. Als Dol­met­sche­rin hät­te ich das viel­leicht gar nicht ge­merkt, wä­re ich doch zu sehr auf die Über­tra­gung der Wör­ter fo­kus­siert ge­we­sen.

Eine Papierkugel mit aktiver Plattentektonik: Globus, Fußball, Bubble; ein Buch oder Notizbuch mit Eselsohr als Markierung.
Kom­mu­ni­ka­tions­übung: Zu­hö­ren und 'bas­teln'
Ei­ni­ge an In­halt eher ar­me Bei­trä­ge ha­ben mich sehr an­ge­strengt und so­gar ein we­nig är­ger­lich ge­macht. Hey, hier ver­brin­ge ich Le­bens­zeit da­mit, dass mir hier ei­ner hübsch was vor­tur­nt, das war nicht be­stellt! An­de­re wa­ren um­so mit­rei­ßen­der und wirk­lich er­gie­big. 

Aber ob man­cher In­for­ma­ti­ons­zä­he fiel mir im Ge­spräch mit an­de­ren Gäs­ten ein al­ter Schnack wie­der ein, den ich ein­mal in der Dol­metsch­ka­bi­ne da­zu raus­ge­hau­en ha­be. Es ge­schah an ei­nem hei­ßen Som­mer­tag. Drau­ßen war bei ge­öff­ne­ten Fens­tern ei­ne an­de­re Ver­an­stal­tung nicht zu über­hö­ren. Sie hat wie die Tech­no­pa­ra­de ge­klun­gen. Drin­nen Vor­trä­ge, die so lau wa­ren, dass es uns so­gar bei der Ar­beit auf­ge­fal­len war. (Das will was hei­ßen, sie­he oben.)

In der Ka­bi­ne sind wir meis­tens klü­ger als drau­ßen, mein­te die beim glei­chen Event ken­nen­ge­lern­te Eng­lisch-Kol­le­gin Ron­ja, wenn ich das mal so zu­sam­men­fas­sen darf, denn das Ad­re­na­lin ma­che da sei­ne Ar­beit. Und so über­trug ich da­mals bpm, bits per minute, auf cpm, content per minute. Die­ses cpm hat in dem Um­feld schon an­de­re Mit­strei­te:rin­nen er­freut.

Dan­ke, lie­ber Lieb­lings­be­ruf! Die fran­zö­si­sche Fas­sung von "Wer schreibt, der bleibt" durf­te ich un­ter ähn­li­chen Um­stän­den auch schon ent­de­cken: Cel­le/celui qui écrit, reste dans les es­prits. Das war da­mals sehr lus­tig, vor al­lem der Kom­men­tar der Kol­le­gin: "Ach, die­ses Sprich­wort ken­ne ich auf Fran­zö­sisch ja noch gar ni­cht!" Es hat sich heu­te noch nicht durch­ge­setzt, es gibt nur mei­nen Blog als Fund­stel­le da­für im Netz.

______________________________ 
Fo­to: C.E.

Donnerstag, 26. September 2024

Algorithmen diskriminieren Frauen

Gu­ten Tag oder gu­ten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hi­nei­nge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­set­zen und Kul­tu­ren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Spra­ch­mit­t­le­rin ar­bei­te ich in Pa­ris, Ber­lin, Mar­burg und dort, wo ich ge­braucht wer­de. Wie al­le Un­ter­ne­hme­r:in­nen in­ves­tie­re ich auch ein we­nig in Mar­ke­ting.

Mich kön­nen Kund:in­nen im Netz fin­den, aber auch bei In­ter­net­foren, das wie Be­rufs­netz­werke mit De­bat­ten­platt­form funk­tio­nie­ren. Ei­nes von ih­nen ha­be ich jah­re­lang fi­nan­zi­ell un­ter­stützt, ei­ne Be­zahl­un­ter­sei­te für mein Pro­fil, so­was hat sei­nen Preis.

Frauenkopf und allerlei technisch anmutende Formen
Frau und High Tech
Dann ha­be ich mich ab­ge­mel­det. Es gab Grün­de.

Heu­te schreibt mir das Mar­ke­ting: "Hal­lo Ca­ro­li­ne, (...) Wir möch­ten, dass du op­ti­mal auf dei­nen nächs­ten Kar­rie­re­schritt vor­be­rei­tet bist. Er­neu­e­re noch heu­te dei­ne Pre­mi­um-Mit­glied­schaft und si­che­re dir für zwei Mo­na­te ei­nen Ra­batt von 50 %." 

Auf die Wer­be­mails kann ich nicht di­rekt ant­wor­ten, und ich muss län­ger su­chen, bis ich mei­ne Ant­wort ir­gend­wo auf der Sei­te als Nach­richt ab­set­zen kann.

Mei­ne Ant­wort: "Hal­lo, Ihr Mar­ke­ting­leu­te! Re­gel­mä­ßig er­hal­te ich Eu­re 50-Pro­zent-Ra­batt-An­ge­bo­te, Ihr wollt mehr zah­len­de Userin­nen, kann ich ver­ste­hen, ich wün­sche mir auch mehr Kund:in­nen.

Von mir be­kommt Ihr dar­auf al­ler­dings nur ein NEIN. Wisst Ihr war­um? Ich hab Euch lan­ge fi­nan­zi­ell un­ter­stützt und es pas­sier­te: nichts.

Den Tipp, XYZ zu nut­zen, hat­te ich von zwei an­de­ren Dol­met­schern er­hal­ten, von zwei Män­nern. De­ren Wort­laut war et­wa so: "Die Sei­te XYZ ist su­per! Wir wer­den stän­dig ge­fun­den."

Ich weiß JETZT, wo­ran das liegt. Der Al­go­rith­mus hat nur "Dol­met­scher" (männ­lich) nach vor­ne ge­scho­ben bzw. aus­ge­spuckt, als wenn je­mand un­se­rer Bran­che ge­sucht wur­de; die weib­li­che Form kam nicht vor, wur­de auch nicht er­kannt; ich als Dol­met­scherIN blieb im Dun­keln. Al­so hab ich die Such­ma­schi­ne mit­fi­nan­ziert, mit der die männ­li­che Kon­kur­renz pro­mo­tet wur­de. Ganz gro­ßes Ki­no!

Wann ist das end­lich vor­bei und wann be­kom­me ich mein Gra­tis-Jahr zur Kom­pen­sa­ti­on? (... al­so min­des­tens, schaut mal in die Kun­den­da­ten!)

Mit freund­li­chen Grü­ßen aus Ber­lin,
Eu­re ent­täusch­te, frü­he­re Kun­din
C.E."

______________________________ 
Il­lus­tra­ti­on: pixlr.com (Be­stand)

Mittwoch, 25. September 2024

Subtext kennen nur Menschen

Bon­‍jour oder bon­soir auf den Sei­ten ei­‍ner Sprach­‍ar­‍bei­te­‍rin. In die­‍sem di­‍gi­‍ta­‍len Ta­‍ge­‍buch kön­‍nen Sie an ei­ni­gen Ta­‍gen in der Wo­‍che mit­‍le­‍sen, was Dol­met­sche­rin­nen und Über­‍set­‍ze­‍rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher so ma­‍chen, und das seit 2007, im ers­ten deut­schen Blog aus dem In­neren der Kon­fe­renz­ka­bine.

Monitor (oder so ähnlich), Tastatur (oder so ähnlich), diverse Objekte
"Kreativschreibtisch", der KI zufolge
Was die KI nicht kann, wenn sie vor­gibt, als Dol­met­sche­rin tätig zu sein: un­ter­schied­li­che Kli­en­ten im Kopf ha­ben, zum Teil bei ein- und dem­sel­ben Pa­nel. Wir mensch­li­chen Dol­met­sche­r:in­nen ler­nen in der Vor­be­rei­tung, bei Kaf­fee­pau­se oder Mit­tag­es­sen un­se­re End­kun­d:in­nen ken­nen, je­ne am Pult und auch je­ne im Saal, und wir su­chen ak­tiv ihre Fra­gen. Wir sind da­her im­stan­de, die Sach­ver­hal­te ziel­grup­pen­ori­en­tiert zu über­tra­gen, ei­ni­gen uns un­ter­ein­an­der auf die Fach­be­grif­fe oder die Über­tra­gung der­sel­ben, wenn wir es mit Lai­en zu tun ha­ben, Bei­‍spiel: Gen­‍tri­‍fi­‍zie­‍rung.

Bei man­chen Kon­fe­ren­zen den­ken wir nicht sel­ten an zwei oder drei un­ter­schied­li­che Teil­grup­pen zu­gleich und freu­en uns über Men­schen am Po­di­um, die zwi­schen­durch mal tief durch­at­men, et­was Was­ser trin­ken oder ein­fach nur stumm ihre Hö­rer­schaft an­lä­cheln. 

Wir em­pfeh­len das auch schon mal bei sehr kom­ple­xen The­men und stark aus­ein­an­der­klaff­en­den Rea­li­tä­ten, ma­chen damit un­se­re Ar­beit trans­pa­rent, bit­ten um Mi­ni­pau­sen. Das klappt vor al­lem bei Ar­beits­sit­zun­gen oder se­mi­nar­ar­ti­gen For­ma­ten. So­bald wir dann ei­ne Zimt­schne­cke in die Luft ma­len, geht der Vor­trag wei­ter. Dol­met­schen ist Team­ar­beit. Das Duo Po­dium/Ka­bi­ne kommt in der For­schungs­li­te­ra­tur bis­lang kaum vor, weil wir alle noch dem Dog­ma der Un­sicht­bar­keit ver­fal­len sind. Nicht erst, seit die KI un­se­re Ar­beit be­droht, man­che miss­ver­ste­hen sie aus Geld­gier als Trans­la­tions­ap­pa­rat, müs­sen wir das än­dern.

Und noch­mal: Die KI ist ein Tool für die Hän­de der Pro­fis, oh­ne un­se­ren Ein­griff re­pro­du­ziert sie den Durch­schnitt al­ler be­reits pu­bli­zier­ten Sät­ze in der au­to­ma­ti­schen Wort- oder Satz­ver­voll­stän­di­gung, die Sie ver­mut­lich von Goog­le oder vom Tip­pen von Kurz­nach­rich­ten ken­nen, und sie denkt da­bei we­ni­ger an die Ziel­grup­pen noch dar­an, ob die vor­ge­leg­te Ge­schwin­dig­keit über­haupt von Hu­ma­noi­den er­fasst wer­den kann, wenn sich we­gen ei­nes Tech­nik­pro­blems die Bits und Bytes wie­der mal im Rohr ge­staut ha­ben.

Zu­rück zum Ter­min. Durch die­se Vor­be­rei­tung er­fah­ren oder er­ah­nen wir den Kennt­nis­stand un­se­rer ge­nei­g­ten Hö­rer­schaft, was un­ser Dol­met­schen po­si­tiv be­ein­flusst. In der Ar­beit wird dann ganz kon­kret, wie erst letz­ten Frei­tag­nach­mit­tag ge­sche­hen, aus dem Wort Ahr­tal die­se er­klä­ren­de Ver­dol­met­schung: la crue de l'Ahr qui a fait 150 morts en 2021, auf Deutsch: das Hoch­was­ser der Ahr, das vor drei Jah­ren 150 Men­schen­le­ben ge­for­dert hat.

Oder die be­lieb­te Ganz­tags­schu­le, l'école du matin au soir, ce qui vaut être sou­li­gné car c'est ré­la­ti­ve­ment ré­cent en Al­le­ma­gne. Hier hat­te ich mal mehr Zeit für ei­nen län­ge­ren Satz (oft müs­sen wir uns ja sehr kurz fas­sen). Auf Deutsch: Schu­le von mor­gens bis abends, das ist zu un­ter­strei­chen, denn es ist recht neu in Deutsch­land. 

Nächs­tes Bei­spiel: Ehe­gat­ten­s­plit­ting, le sta­tut fis­cal des cou­ples ma­riés : en Al­le­ma­gne, ces lois en­cou­ra­gent le mi-temps des fem­mes et non pas le temps plein, ins Deut­sche rück­über­setzt: Steu­er­sta­tus von Ehe­paa­ren; in Deutsch­land för­dert das Ge­setz die Halb­tags­ar­beit von Frauen und nicht die Voll­zeit­ar­beit. Stich­wort auch hier: Sub­text mit­über­tra­gen, da er für die De­bat­te re­le­vant ist.

Und ja, das ist al­les schon sehr in­ter­pre­tie­rend, aber wir möch­ten ja, dass die Gäs­te aus dem Aus­land mit­re­den kön­nen. Prompt kommt als ei­ne der nächs­ten Fra­gen aus Frank­reich, man mö­ge das Ehe­gat­ten­s­plit­ting­kon­zept er­läu­tern.

Als ich neu­lich dar­über bei ei­nem so­zia­len Netz­werk ge­schrie­ben ha­be und als Il­lus­tra­ti­on mei­ne Hand auf der Tas­ta­tur ge­zeigt ha­be, wie ich ei­ne Über­set­zung nach­schla­ge und lei­der nur Un­brauch­ba­res er­hal­te, wur­de der Bei­trag we­gen Por­no­gra­fie ge­löscht und ich war drei Wo­chen lang ge­sperrt. (Igitt, ei­ne nack­te Frau­en­hand! Sind wir hier bei den Ta­li­ban?) Auch hier steckt die be­lieb­te KI da­hin­ter. Un­ter uns, und so war dann auch mein Kom­men­tar, als ich wie­der kom­men­tie­ren konn­te: "Tja, fb hat wohl nicht mehr al­le Trink­ge­fä­ße im da­für vor­ge­se­he­nen Mö­bel."

Sol­che Qua­li­fi­zie­run­gen sind KI-si­cher, denn oh­ne Ver­dol­met­schung ver­ste­hen das nur Mut­ter­sprach­le­r:in­nen. Und als Il­lus­tra­ti­on jetzt was an­de­res, aus dem Steh­satz von pixlr! Denn das in­kri­mi­nier­te Bild hat das Sys­tem ge­fres­sen! 

______________________________ 
Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Prompt: "cre­ative desk")

Dienstag, 24. September 2024

Das Versandhauslabyrinth

Aus dem Ar­beits­all­tag ei­ner Dol­met­sche­rin kön­nen Sie auf die­sen Sei­ten ei­ni­ges er­fah­ren. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch, ein we­nig mit Eng­lisch. Wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen ha­ben un­se­re Haupt­spra­chen, da­bei ist die A-Spra­che die Mut­ter­spra­che, B steht für die Haupt­ar­beits­spra­che, C für die so­ge­nann­te pas­si­ve Spra­che. Heu­te fol­gen ei­ni­ge Zei­len über Pri­vat­kun­den­ar­beit.

Ka­tas­tro­phe! Ich bin rück­fäl­lig ge­wor­den und am En­de wird das Pferd mit mir durch­ge­hen! Al­so, ich ha­be ent­ge­gen mei­ner Vor­sät­ze die KI um ei­ne Il­lus­tra­ti­on ge­be­ten. Na­ja, nicht ganz so dra­ma­tisch. Mir ging's hier erst­mal um Auf­merk­sam­keit. Lustig wird's am En­de trotz­dem noch.

Also, wie von mir er­war­tet, hat die KI das Prin­zip des La­by­rinths nicht ver­stan­den und war nicht ein­mal da­zu im­stan­de, die Fo­to­vor­la­ge, die ich mit­ge­schickt hat­te, rich­tig zu in­ter­pre­tie­ren. KI-au­to­ma­ti­sier­te Vor­gän­ge im Wirt­schafts­le­ben stel­len auch zu­neh­mend ein Pro­blem dar, das an La­by­rin­the er­in­nert.

Ein ver­meint­li­ches La­by­rinth mit di­rek­tem Weg zum Ziel
Ach, wenn La­by­rin­the so ein­fach wä­ren, "lie­be" KI :-)
Es fühlt sich an, als wür­de ich im­mer wie­der in die He­cke ge­schickt oder im Kreis lau­fen. Doch der Rei­he nach.

Eines Frei­tag­abends steht zur bes­ten Fa­mi­li­en­zeit ei­ne jun­ge auf­ge­lös­te Frau vor mei­ner Tür. Ich ha­be kei­ne Bü­ro­sprech­stun­den. Hier wur­de ei­ne Kü­chen­sprech­stun­de dar­aus.

Denn die jun­ge Frau hat bei einer Re­kla­mat­ion of­fen­bar nur mit der KI zu tun ge­habt, sich dann in ei­nem La­by­rinth ver­lau­fen, das nicht so über­sicht­lich war wie die Il­lus­tra­ti­on hier.

Es geht um ein klas­si­sches Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­men im Be­reich Ver­sand­han­del. Da kom­men jetzt nicht vie­le in­fra­ge, denn die meis­ten ha­ben die Di­gi­ta­li­sie­rung ver­schla­fen und sind vom Markt ver­schwun­den. Die Dol­met­sch­kun­din hat­te dort vor zwei Ja­hren ei­nen klei­nen Tisch be­stellt, der nicht so recht den Er­war­tun­gen oder der Be­schrei­bung ent­spro­chen hat und da­her zu­rück in die Post ging. So­weit, so gut. Das Gan­ze kommt je­de Wo­che mil­lio­nen­fach vor.

Die­se Kun­din, ei­ne Fran­zö­sin, be­kam den Kauf­preis er­stat­tet. Dann hat sie ei­ne Zeit lang nichts mehr vom Ver­sand­haus ge­hört.

Bis sie Post von ei­nem In­kas­so­un­ter­neh­men be­kam, das die Zah­lung ge­nau die­ses Kauf­prei­ses ein­for­der­te. Mei­ne Kun­din hat dar­auf ge­ant­wor­tet, wie es sich ge­hört, frist­ge­recht, höf­lich, in kla­ren Wor­ten. Als das In­kas­so­un­ter­neh­men ihr wei­te­re Nach­rich­ten ge­schickt hat, er­bat sie beim Ver­sand­haus ei­ne Be­stä­ti­gung dar­über, dass al­le For­de­run­gen be­gli­chen wa­ren. Sie er­hält das Schrift­stück und reicht es wei­ter an das In­kas­so­un­ter­neh­men. 

Zeit­sprung. Die Kun­din muss aus fa­mi­liä­ren Grün­den für ei­ni­ge Zeit nach Frank­reich zu­rück. Als sie nach der Som­mer­pau­se wie­der in Ber­lin ein­trifft, fin­det sie ei­nen Mahn­be­scheid und ei­nen Voll­stre­ckungs­be­scheid in ih­rer Post. Völ­lig auf­ge­löst steht sie al­so ei­nes Abends vor mei­ner Tür. Ich sor­tie­re mit ihr die Post, te­le­fo­nie­re am nächs­ten Werk­tag mit Ver­sand­haus und In­kas­so­fir­ma, set­ze ein Wi­der­spruchs­schrei­ben auf, sen­de die­ses per Ein­schrei­ben so­wie als Fax ans Ge­richt.

Ein­schub: Ein Fax ab­zu­schi­cken ist heut­zu­ta­ge ein ech­tes Pro­blem, es gibt kaum noch Fax­ge­rä­te, selbst die Post­fi­lia­len, die laut In­ter­net den Ser­vice noch an­zu­bie­ten schei­nen, ha­ben ihn ein­ge­stellt. Ich fand zwei Lö­sun­gen: Lu­xus­ho­tels und den per­fek­ten Co­py­shop. Ein­schub­en­de.

Kaum ist der Wi­der­spruch bei Ge­richt ein­ge­gan­gen und das In­kas­so­un­ter­neh­men dar­über in­for­miert, sen­det Letz­te­res ei­ne wei­te­re Mail mit Zah­lungs­an­wei­sung an mei­ne Kun­din und for­dert den of­fe­nen Be­trag ein, denn das Ver­sand­haus ha­be es nicht dar­über in­for­miert, dass der Be­trag nicht mehr of­fen sei.

Hal­lo?! Sind Sie noch da­bei? Das Gan­ze liest sich sehr kryp­tisch, lang­wei­lig, ener­viert, auf Deutsch: ge­nervt. Das bin ich auch. Gleich ge­he ich ein wei­te­res Mal zur Post, sen­de zwei Be­schwer­de­brie­fe an die bei­den In­sti­tu­tio­nen, denn te­le­fo­nisch ist er­neut kein Durch­kom­men und die "Warte­mu­si­ken" sind un­er­träg­lich schrä­pig. Das Wa­ren­haus be­kommt zum The­ma "Pro­to­koll bei feh­ler­haf­ter Be­ar­bei­tung von Re­tou­ren" von mir ei­ne Un­ter­neh­mens­be­ra­tung, da­zu die Rech­nung über vier Ar­beits­stun­den in der An­ge­le­gen­heit mei­ner Kun­din, es sind jetzt 3 Stun­den und 15 Mi­nu­ten auf­ge­lau­fen, da­von ha­be ich über ei­ne Stun­de lang ein Fax­ge­rät ge­sucht.

Ich kann nicht nur die Pa­nik mei­ner Kun­din gut nach­voll­zie­hen, son­dern mir auch manch' an­de­re Per­son vor­stel­len, die sich kei­ne Hil­fe holt und ent­nervt zahlt. Ich er­wä­ge kurz, Ross und Rei­ter zu nen­nen, las­se das dann aber sein. Doch ei­nen klei­nen Hin­weis als Kno­be­lei ge­be ich doch, und da­bei darf das Pferd mit mir durch­ge­hen! 

Das Ver­sand­haus hat ei­nen Na­men, der auf­grund sei­ner Be­son­der­heit in die Sprach- und Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft ein­ge­gan­gen ist. Ich se­he hier jetzt kei­ne Pa­ke­te, die von A nach B und manch­mal wie­der zu­rück­ge­schickt wer­den, son­dern Rech­nung, Mah­nung, Zah­lungs­er­in­ne­rung etc., hin und her, vor und zu­rück. Hier dreht sich et­was wie im Krei­se, tritt auf der Stel­le, bleibt da­bei lei­se, stets ein- und das­sel­be, in kla­rer Wei­se — die Ant­wort blieb kühl, wie ma­schi­nell ge­sandt, doch wer da­hin­ter­steht, bleibt un­be­nannt.

______________________________
Il­lus­tra­ti­on: pixlr.com

Montag, 23. September 2024

Montagsschreibtisch (61)

Bien­‍ve­nue im di­‍gi­ta­‍len Log­‍buch ei­‍ner Sprach­‍ar­‍bei­‍te­‍rin. Was Dol­‍met­‍scher und Über­‍set­‍zer (und Dol­‍met­‍sche­‍rin­‍nen und Über­‍set­‍ze­‍rin­‍nen) ma­‍chen, wie sie bzw. wir ar­‍bei­‍ten, be­‍schrei­‍be ich hier. Fran­‍zö­‍sisch ist mei­ne zwei­‍te Ar­‍beits­‍spra­‍che, Film mei­ne "drit­te" Spra­‍che. So wer­de ich für Me­‍di­‍en und Fes­‍ti­‍vals tä­‍tig, aber auch in der Wirt­‍schaft, für Po­‍li­ti­‍ker:in­‍nen und für Pri­‍vat­‍leu­‍te.

Altes Foto, ein Lesender am Schreibtisch
Jun­‍ger Mann am Schreib­‍tisch (um 1900)
Bäng, und schon wie­‍der ha­‍ben wir Mon­‍tag! 

Auf dem Schreib­‍tisch liegt das Fol­‍gen­‍de:
 
⊗ Nach­‍be­‍rei­‍tung der Kon­‍fe­‍renz zu "Ur­‍ba­‍nis­‍mus aus glo­‍ba­‍ler Per­‍spek­‍ti­‍ve"
⊗ Kos­‍ten­‍vor­‍an­‍schlä­‍ge Ok­‍to­‍ber 24 bis Fe­‍bru­‍ar 25
⊗ Ter­‍min­‍pla­‍nung für den Herbst­‍
⊗ Nicht är­‍gern über ... sie­‍he un­‍ten!

Ers­‍ter An­‍ruf der Wo­‍che: Ei­‍ne In­‍vest­‍ment­‍be­‍ra­‍tungs­‍fir­‍ma möch­‍te mich bu­‍chen und fragt nach dem Preis. Es gehe um den Kauf meh­‍re­‍rer Miet­‍shäu­‍ser, dar­‍un­‍ter ei­‍ni­‍ge Pres­‍ti­‍ge­‍ob­‍jek­‍te, "lang­‍fris­‍ti­‍ge In­‍ves­‍ti­‍ti­‍o­nen, Sie ver­‍ste­‍hen!"

Ich ver­‍ste­‍he, schla­‍ge 15% auf den Re­‍fe­‍renz­‍ta­‍rif des Aus­‍wär­‍ti­‍gen Am­‍tes auf. Lan­‍ges Schwei­‍gen am an­‍de­‍ren En­‍de der Lei­‍tung. 

Dann folgt ein in süß­‍li­‍cher Stim­‍me vor­‍ge­‍tra­‍ge­‍nes: "Bei gu­‍ter Zu­‍sam­‍men­‍ar­‍beit könn­‍te dar­‍aus ei­‍ne wunder­‍bare, lang­‍fris­‍ti­‍ge Ge­‍schäfts­‍be­‍zie­‍hung wer­‍den!"

Und ich den­‍ke: Ers­‍tens krie­‍gen Sie beim Bäc­‍ker auch kei­‍nen Preis­‍ra­‍batt, nur weil Sie je­‍den Tag Brot und Bröt­‍chen es­‍sen. Zwei­‍tens mag ich Kun­‍den nicht, die schon beim al­‍ler­‍ers­‍ten Kon­‍takt ei­‍nen (mög­‍li­‍cher­‍wei­‍se bestehen­‍den) klei­‍nen Ra­‍batt für re­‍gel­‍mä­‍ßi­‍ge, gu­‍te Kun­‍den for­‍dern, das hat bis­‍her (mit ei­‍ner Aus­‍nah­‍me) noch nie ge­‍klappt. Nicht zu­‍fäl­‍lig geht das Wort "Freund­‍schafts­‍preis" mit "Freund­‍schaft" los. Ich den­‍ke: "Mon­sieur, vor drei Mi­‍nu­‍ten wuss­‍te ich noch nicht ein­‍mal, dass es Sie gibt!" und fra­‍ge: "Wie sind Sie ei­‍gent­‍lich auf mich ge­‍kom­‍men?"

Über die Bot­‍schaft, hö­‍re ich. Gut, dann er­‍war­‍ten Sie si­‍cher den bes­‍ten Ser­‍vice? (Die Ant­‍wort ist klar.) Ich ar­‍bei­‍te mich re­‍gel­‍mä­‍ßig für ver­‍schie­‍de­‍ne Mi­‍nis­‍te­‍ri­‍en in schwie­‍ri­‍ge Dos­‍siers ein. (Da­‍von sei man aus­‍ge­‍gan­‍gen.) Recht re­‍gel­‍mä­‍ßig wer­‍de ich für Ar­‍chi­‍tek­‍tin­‍nen und Ar­‍chi­‍tek­‍ten tä­‍tig, bin auch er­‍fah­‍ren in no­‍ta­‍ri­‍el­‍len Din­‍gen des Im­‍mo­‍bi­‍li­‍en­‍er­‍werbs in Deutsch­‍land, das deut­‍sche Rechts­‍sys­‍tem ist in die­‍sem Be­‍reich ganz an­‍ders als das fran­‍zö­‍si­‍sche. (Des­‍halb ha­‍be man mich ja an­ge­‍ru­‍fen.)

Schön, und wie wei­‍ter? Wo­‍mit denn so ge­‍rech­‍net wor­‍den sei, fra­‍ge ich vor­‍sich­‍tig. "Na­‍ja, mit 150 Eu­‍ro am Tag."

Nun bin ich es, die län­‍der schweigt. Dann fra­‍ge ich nach der Her­‍kunft die­‍ser Zahl. Das sei die Sum­‍me, die ihr Chef in der Kal­‍ku­‍la­‍ti­‍on fest­ge­‍legt ha­‍be. Ob da auch stün­‍de, dass ein Miet­‍haus in Ber­‍lin nur 80.000 Eu­‍ro kos­‍te?, fra­‍ge ich. 
Mein Ge­‍gen­‍über scheint plötz­‍lich sehr, sehr, sehr in­‍te­‍res­‍siert zu sein.

Am En­‍de stellt sich her­‍aus, dass das Au-Pair-Mäd­‍chen ei­‍nes Ge­‍schäfts­‍part­‍ners ab und zu ein we­nig für die ge­‍nann­‍te Fir­‍ma "über­‍setzt". Es ge­‍he um Vor-Ort-Ter­‍mi­‍ne bei Im­‍mo­‍bi­‍lien, die verkauft würden. Das dauere ma­‍xi­‍mal ei­‍ne Stun­‍de. Die jun­‍ge Da­‍me freue sich im­‍mer über das rasch ver­‍dien­‍te Geld. Na­‍ja, für 50 Eu­‍ro be­‍kom­‍me man zwar nicht so viel "bei uns in Mo­‍na­‍co", meint der An­‍ru­‍fer noch am En­‍de des Te­le­‍fo­‍nats, es sei wohl mehr ein klei­‍nes Ta­schen­‍geld. 

Er klingt ehr­‍lich nach­‍denk­‍lich. Er wol­le mei­ne Zahl wei­‍ter­‍ge­‍ben, sagt er, und er wer­‍de sich dann wie­‍der mel­‍den.
Aber klar, na si­‍cher!, antwortet mein Kopf im Stil­‍len. Ich bin mir si­‍cher, dass sie nicht noch ein­‍mal an­‍ru­‍fen wer­‍den. Und das ist mir auch recht.

______________________________ 
Bild: Fo­‍to­‍ar­‍chiv El­‍i­‍as Lossow

Sonntag, 22. September 2024

Sonntagsspaziergang

Als Kon⁠­fe­renz­dol⁠­met⁠­sche⁠­rin ar⁠­bei⁠­te ich haupt⁠­säch⁠­lich mit Fran⁠­zö⁠­sisch und ein we⁠­nig mit Eng⁠­lisch, wo⁠­bei Deutsch mei⁠­ne Mut⁠­ter⁠­spra⁠­che ist. Dol⁠­met⁠­sche­r:in⁠­nen ha⁠­ben ih⁠­re Haupt⁠­spra⁠­chen: A steht für die Mut⁠­ter⁠­spra⁠­che, B für die Haupt⁠­ar⁠­beits⁠­spra⁠­che und C für pas⁠­si⁠­ve Spra⁠­chen. Zeit für Sonn⁠­tags⁠­bil⁠­der!

See, Bäu⁠­me, We⁠­ge
Be⁠­lieb⁠­te We⁠­ge (1924)
Viel⁠­spra⁠­chig⁠­keit lag bei uns lan⁠­ge in der Fa⁠­mi⁠­lie, und sie hat als Be⁠­gleit⁠­mu⁠­sik his⁠­to⁠­ri⁠­scher Dra⁠­men im⁠­mer wie⁠­der vie⁠­le von uns aus⁠­ge⁠­las⁠­sen. Das ist trau⁠­rig.

Heu­te bin ich auf ei⁠­ner Rei⁠­se in Raum und Zeit.
100 Jah⁠­re lie⁠­gen zwi⁠­schen den Bil⁠­dern. Beim nächs⁠­ten Be⁠­such ver⁠­su⁠­che ich, die Auf⁠­nah⁠­men aus den glei⁠­chen Blick⁠­win⁠­keln nach⁠­zu⁠­stel⁠­len. 
Tag⁠­traum: Ich sit⁠­ze vor dem Gar⁠­ten⁠­häu⁠­schen des Hau⁠­ses mei⁠­ner Vor⁠­fah⁠­ren, ne⁠­ben vier äl⁠­te⁠­ren (und auf den ers⁠­ten Blick gleich⁠­alt⁠­ri⁠­gen) Men⁠­schen. Da ist zu⁠­nächst mein Ur⁠­ur⁠­groß⁠­va⁠­ter, der 1849 ge⁠­bo⁠­ren wur⁠­de und als jun⁠­ger Mann in Frank⁠­reich ge⁠­lebt hat. 

Dort hat⁠­te er das Fi⁠­ni⁠­shing sei⁠­ner Aus⁠­bil⁠­dung zum Kauf⁠­mann er⁠­hal⁠­ten, sich mit dem Sohn der Gast⁠­fa⁠­mi⁠­lie an⁠­ge⁠­freun⁠­det, Jahr⁠­gang 1874, ihn la⁠­de ich auch zum Tref⁠­fen ein, den Gei⁠­ger und Kom⁠­po⁠­nis⁠­ten Hen⁠­ri Mar⁠­teau, der spä⁠­ter in Ber⁠­lin und in Fran⁠­ken ge⁠­lebt hat⁠­te, so⁠­wie mei⁠­nen Va⁠­ter, ge⁠­bo⁠­ren 1932, His⁠­to⁠­ri⁠­ker. 

Ein See, zwei Stel⁠­len und 100 Jah⁠­re Zeit⁠­ab­stand: 1924 und 2024

Spä⁠­ter gibt es Kaf⁠­fee und Ku⁠­chen, und es kom⁠­men auch vie⁠­le Frau⁠­en der Fa⁠­mi⁠­lie hin⁠­zu. Dann ge⁠­hen wir um den na⁠­he⁠­ge⁠­le⁠­ge⁠­nen See. Abends wech⁠­seln wir an den Ka⁠­min im gro⁠­ßen Wohn⁠­zim⁠­mer und ver⁠­sin⁠­ken in den eng⁠­li⁠­schen Clubs⁠­es⁠­seln aus Le⁠­der. Und bei ei⁠­ner sol⁠­chen Traum⁠­rei⁠­se üb⁠­lich, spre⁠­chen na⁠­tür⁠­lich al⁠­le An⁠­we⁠­sen⁠­den Fran⁠­zö⁠­sisch, Eng⁠­lisch und Deutsch, ak⁠­zent⁠­frei, mit den kul⁠­tu⁠­rel⁠­len Ko⁠­no⁠­ta⁠­ti⁠­o⁠­nen ih⁠­rer Zeit. Was für ein Spaß!

______________________________
Fotos: Ar⁠­chiv El⁠­i⁠­as Los⁠­sow und C.E.

Freitag, 20. September 2024

Urbanismus und der Globale Süden

In mei⁠­nem Ar⁠­beits⁠­all⁠­tag als Dol⁠­met⁠­sche⁠­rin ar⁠­bei⁠­te ich haupt⁠­säch⁠­lich mit Fran⁠­zö⁠­sisch und ein we⁠­nig mit Eng⁠­lisch, wo⁠­bei Deutsch mei⁠­ne Mut⁠­ter⁠­spra⁠­che ist. Dol⁠­met⁠­scher:in⁠­nen ha⁠­ben ih⁠­re Haupt⁠­spra⁠­chen: A steht für die Mut⁠­ter⁠­spra⁠­che, B für die Haupt⁠­ar⁠­beits⁠­spra⁠­che und C für pas⁠­si⁠­ve Spra⁠­chen. Heu­te: Kon­fe­renz. In der Herbst­sai­son ha⁠­be ich noch ei⁠­ni⁠­ge Ta⁠­ge und so⁠­gar Wo⁠­chen frei. Sie dür­fen mich ger­ne bu­chen!

Menschen auf einer Konferenz, Kopfhörer, Mikrofon
Arbeitsgruppenarbeit (out of the box)

Mein Ein⁠­satz heu⁠­te gilt nicht ei⁠­nem bau⁠­po⁠­li⁠­ti⁠­schen Fo⁠­rum, ich bin auf ei⁠­ner Kon⁠­fe⁠­renz, in der beim The⁠­ma Stadt⁠­ent⁠­wick⁠­lung der glo⁠­ba⁠­le Sü⁠­den mit⁠­ge⁠­dacht wird, die di⁠­rek⁠­ten Ko⁠­lo⁠­ni⁠­al⁠­schul⁠­den aus der Ge⁠­schich⁠­te, aber auch die in⁠­di⁠­rek⁠­ten Ko⁠­lo⁠­ni⁠­al⁠­schul⁠­den von heu⁠­te, die das fos⁠­si⁠­le Zeit⁠­al⁠­ter im Be⁠­reich Kli⁠­ma auf⁠­ge⁠­baut hat.

Was brau⁠­chen wir im Glo⁠­ba⁠­len Nor⁠­den, um auf der Hö⁠­he der De⁠­bat⁠­te zu sein?

Hier rasch und un⁠­so⁠­rtiert ei⁠­ni⁠­ge Ge⁠­dan⁠­ken. Wir müs⁠­sen weg vom Neu⁠­bau und von Flä⁠­chen⁠­ver⁠­sie⁠­ge⁠­lung und Flä⁠­chen⁠­neu⁠­in⁠­an⁠­spruch⁠­nah⁠­me, da­für mehr Be⁠­stands⁠­ge⁠­bäu⁠­de um⁠­wid⁠­men in so⁠­zia⁠­len und er⁠­schwing⁠­li⁠­chen Wohn⁠­raum.

Ganz we­sent­lich ist da⁠­bei, beim Wohn⁠­raum⁠­be⁠­darf die Ist-Si⁠­tu⁠­a⁠­ti⁠­on von we⁠­ni⁠­ger Be⁠­gü⁠­ter⁠­ten und in⁠­zwi⁠­schen auch der Mit⁠­tel⁠­schicht des glo⁠­ba⁠­len Nor⁠­dens auf dem Schirm ha⁠­ben und Lö­sun­gen für die Woh­nungs­kri­se zu fin­den, kei⁠­nes⁠­falls be⁠­ste⁠­hen⁠­de Un⁠­ge⁠­rech⁠­tig⁠­kei⁠­ten ver⁠­grö⁠­ßern oder ze⁠­men⁠­tie⁠­ren!

Wir dür⁠­fen aber auch bes⁠­ser zu den Pro⁠­ble⁠­men und ers⁠­ten Lö⁠­sungs⁠­an⁠­sät⁠­zen kom⁠­mu⁠­ni⁠­zie⁠­ren, um die Be⁠­völ⁠­ke⁠­rung nicht al⁠­lei⁠­ne zu las⁠­sen, denn sonst springt die Bou⁠­le⁠­vard⁠­pres⁠­se (und lei⁠­der auch man⁠­che "bür⁠­ger⁠­li⁠­che" Par⁠­tei) mit ih⁠­ren Lü⁠­gen und ih⁠­rer De⁠­sin⁠­for⁠­ma⁠­ti⁠­on in die Bre⁠­sche, kurz: mehr In⁠­ves⁠­ti⁠­o⁠­nen in Bil⁠­dung und zi⁠­vil⁠­ge⁠­sell⁠­schaft⁠­li⁠­chen Aus⁠­tausch sind zen⁠­tral. À la lon⁠­gue geht es um nichts ge⁠­rin⁠­ge⁠­res als die Ent⁠­wick⁠­lung und die Er⁠­pro⁠­bung der Mo⁠­der⁠­ni⁠­sie⁠­rung und De⁠­mo⁠­kra⁠­ti⁠­sie⁠­rung der Ent⁠­schei⁠­dungs⁠­fin⁠­dungs⁠­pro⁠­zes⁠­se ("Rück⁠­kopp⁠­lungs⁠­ef⁠­fek⁠­te").

Das letz⁠­te hier grob skiz⁠­zier⁠­te Pro⁠­blem be⁠­steht auch in der glo⁠­ba⁠­len Zu⁠­sam⁠­men⁠­ar⁠­beit: Wir dür⁠­fen ech⁠­ten Aus⁠­tausch mit dem glo⁠­ba⁠­len Sü⁠­den in⁠­ten⁠­si⁠­vie⁠­ren und dann, wenn es zum Bei⁠­spiel da⁠­rum geht, vom Sü⁠­den zu ler⁠­nen, wie wir un⁠­se⁠­re Ge⁠­bäu⁠­de hit⁠­ze⁠­fest ma⁠­chen und künf⁠­tig mit Was⁠­ser⁠­knapp⁠­heit um⁠­ge⁠­hen, auch im Ge⁠­gen⁠­zug un⁠­se⁠­re For⁠­schung stär⁠­ker den ori⁠­gi⁠­nä⁠­ren Pro⁠­ble⁠­men des Sü⁠­dens wid⁠­men, denn die "Part⁠­ner⁠­schaf⁠­ten" dür⁠­fen kei⁠­ne Ein⁠­bahn⁠­stra⁠­ßen sein. Es geht da­rum, von­ein­an­der und mit­ein­an­der zu ler­nen.

Al⁠­les sehr tech⁠­nisch in der Be⁠­griff⁠­lich⁠­keit. Fach⁠­ter⁠­mi⁠­ni zu ver⁠­ein⁠­fa⁠­chen, all⁠­ge⁠­mein ver⁠­ständ⁠­lich zu ma⁠­chen, ge⁠­hört mit zu den Auf⁠­ga⁠­ben auch der Ab⁠­tei⁠­lung "Spra⁠­che". Un⁠­ten erst⁠­mal wei⁠­te⁠­re Fach⁠­ter⁠­mi⁠­ni, das meis⁠­te ken­ne ich schon lan­ge, mir geht's hier da⁠­rum, das se⁠­man⁠­ti⁠­sche Feld an⁠­zu⁠­deu⁠­ten.

Flä⁠­chen⁠­ver⁠­sie⁠­ge⁠­lung — im⁠­per⁠­mé⁠­a⁠­bi⁠­li⁠­sa⁠­tion des sols
Flä⁠­chen⁠­neu⁠­in⁠­an⁠­spruch⁠­nah⁠­me — ar⁠­ti⁠­fi⁠­cia⁠­li⁠­sa⁠­ti⁠­on
au⁠­to⁠­ge⁠­rech⁠­te Stadt — ville adap⁠­tée à la voi⁠­ture
fos⁠­si⁠­le Sub⁠­ven⁠­ti⁠­o⁠­nen — sub⁠­ven⁠­ti⁠­ons aux éner⁠­gies fos⁠­si⁠­les
green tran⁠­si⁠­tion, green deal — tran⁠­si⁠­tion ver⁠­te, green deal
Kli⁠­ma⁠­schul⁠­den — la det⁠­te cli⁠­ma⁠­ti⁠­que
Schul⁠­den⁠­strich — re⁠­mi⁠­se de det⁠­te / an⁠­nu⁠­la⁠­ti⁠­on de la det⁠­te
Struk⁠­tur⁠­an⁠­pas⁠­sun⁠­gen — ajus⁠­te⁠­ments struc⁠­tu⁠­rels

Die Stel⁠­lung der Wör⁠­ter im Satz ist auf FR oft ein Be⁠­deu⁠­tungs⁠­trä⁠­ger. Im Be⁠­reich des Aus⁠­han⁠­delns von Ver⁠­trä⁠­gen gibt es zum Bei⁠­spiel den lieu tiers oder auch den lieu du tiers, ei⁠­nen Dritt⁠­ort, ei⁠­nen neu⁠­tra⁠­len Ort.

Da⁠­von un⁠­ter⁠­schei⁠­det sich deut⁠­lich fol⁠­gen⁠­der Be⁠­griff: Le tiers-lieu, wo⁠­mit ein nicht⁠­kom⁠­mer⁠­zi⁠­el⁠­ler Be⁠­geg⁠­nungs⁠­ort im öf⁠­fent⁠­li⁠­chen Raum be⁠­zeich⁠­net wird, aus dem Eng⁠­li⁠­schen the third place.

______________________________
Fo­to:
C.E.

Dienstag, 17. September 2024

Filmabend vorbereiten

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­setze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, wie wir arbeiten, na­tür­lich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Heu­te Abend dol­metsche ich im Ki­no.

Mit dem Dol­met­schen ist es wie mit den Wah­len: Nach dem Ter­min ist im­mer vor dem Ter­min. Wie sehr der Satz in mei­nem Be­ruf stimmt, wird gleich klar.  

Ein Mann sitzt hinten im Kino, um ihn herum viele Bücher und Notizen und ein Filmprojektor, vor ihm Publikum und Leinwand, Filmspulen überall (Tisch, Deko, im Film)
Filmdolmetscher bei der Arbeit (gemäß der KI)
Heu­te Abend läuft der ges­tern an­ge­kün­dig­te Film von Chris­tian Cot­te­ret im Ki­no. Hier, wie ich mich kon­kret auf den Ein­satz vor­be­rei­te.

Zu­nächst re­cher­chie­re ich In­for­ma­tio­nen über den Re­gis­seur, sei­ne frü­he­ren Fil­me, das ak­tu­el­le Werk.
Mei­ne Dol­metsch­kund:in­nen hö­re ich mir ger­ne im Vor­feld an, denn je­der Mensch spricht an­ders, auch an­ders schnell. Al­so schau­e ich bei You­Tube nach, ob er schon mal bei ei­nem Fes­ti­val ge­filmt wor­den ist. Lei­der Fehl­an­zei­ge.

Aber die auch auf Fran­zö­sisch in der Arte-Me­dia­thek ver­füg­ba­re fran­zö­si­sche Fas­sung gibt es bei YT mit Trans­kript, lei­der von sehr schlech­ter Qua­li­tät. Da­mit be­kom­me ich un­ter­wegs, wo kein gu­ter Netz­em­pfang ist, ei­ne gro­be Idee des Film­in­halts. (Emp­feh­lung an die Sen­der: In Ab­spra­che mit den Pro­duk­tio­nen die feh­ler­freien Trans­krip­te zur Ver­fü­gung stel­len ... und ger­ne auch nach Ab­lauf ste­hen­las­sen, vor al­lem bei so we­sent­li­chen The­men).

Ei­nen Teil des Films kann ich doch noch vor dem Abend se­hen. Ei­gen­na­men schrei­be ich mir raus, auch ei­ni­ge Zah­len, Da­ten, Fak­ten und Vo­ka­beln, dazu re­cher­chie­re ich Fak­ten, neu­este Ent­wick­lun­gen, Ar­ti­kel und Stand­punk­te, über die ak­tu­ell viel dis­ku­tiert wird. Und ja, auch nach vie­len Jah­ren im Be­ruf schrei­ben wir uns Wör­ter auf, neue, halb­ge­wuss­te Be­grif­fe oder ein­fach nur zum Auf­fri­schen! Al­les schrei­be in ei­ne Lis­te hin­ein, die ich noch aus dem Früh­som­mer ha­be, als ich zum The­ma Rechts­ra­di­ka­lis­mus ein Arte-In­ter­view ver­dol­metscht ha­be.

Die­se Vo­ka­bel­lis­te um­fasst zu­nächst knapp 50 Be­grif­fe, nach dem Abend, ich schrei­be den Bei­trag in der Rück­schau, wird sie knapp dop­pelt so lang sein. Un­ten ist leicht zu er­ken­nen, war­um ich mir die­se Be­grif­fe raus­ge­sucht ha­be. Sie ge­hö­ren wie „Tä­to­wie­rung“ nicht ge­ra­de zu mei­nem All­tags­wort­schatz. Et­li­ches schla­ge ich in On­line-Wör­ter­bü­chern nach und se­he auch, was an Wort­feld­dis­kus­sio­nen zum Bei­spiel schon bei Leo.org zu fin­den ist, ei­nem Fo­rum, in dem sich un­se­rer­ei­ner mit Kol­leg:in­nen ab­stimmt.

Bei­spiel re­pen­ti(e), wört­lich: je­ne(r), der am Ab­hang, la pen­te, um­ge­kehrt ist; se re­pen­tir de quel­que cho­se heißt et­was be­reu­en; da­von ab­ge­lei­tet ist ré­gi­me de re­pen­ti die Kron­zeu­gen­re­ge­lung. Da­mit deckt le/la re­pen­ti(e) die­ses Wort­feld ab: be­kehrt (auch im Über­tra­ge­nen), ehe­ma­lig (mit Reue), Ex- (mit Reue), Kron­zeu­ge/-zeu­gin, Aus­ge­stie­ge­ne(r). Der Ge­brauch be­stimmt dann mei­ne Wort­wahl, ich über­tra­ge le/la re­pen­ti(e) mit Aus­stei­ger(in).

Dann rasch die Lis­te aus­dru­cken, die­se Lis­ten im­mer ein­sei­tig, ich brau­che Platz­re­ser­ven, denn bei der Film­vor­füh­rung wer­de ich mir wei­te­re Be­grif­fe no­tie­ren. Ab an den Kleider­schrank, was Schö­nes an­zie­hen, und mit viel Zeit im Vor­aus zum Ki­no ge­hen. Ich ha­be Glück, es ist mein Haus­ki­no, das Mo­vie­men­to, das äl­tes­te Ki­no der Stadt. Nach dem Einsatz die No­ti­zen gut ver­wah­ren und am nächs­ten Mor­gen wei­ter­be­ar­bei­ten, denn nach dem Ein­satz ist be­kannt­lich vor dem Ein­satz.

Vokabelbeispiele
re­pen­ti(e) — Aus­stei­ger(in)
bot­tes de saut — Sprin­ger­stie­fel
te­nue de ca­mou­fla­ge — Tarn­klei­dung
ar­bo­rer des ta­toua­ges — Tä­to­wie­run­gen tra­gen
em­bus­ca­de — Hin­ter­halt
bomber(s) — Bomberjacke(n)
bran­che musclée — ge­walt­be­rei­te Grup­pe
grou­pus­cu­le — Split­ter­grup­pe 
cas­seurs — Ran­da­lie­rer
loi du sol — Ge­burts­orts­prin­zip
zone de non-droit — rechts­frei­er Raum
uni­té pu­ni­toire — Schlä­ger­trupp

______________________________
Illustration: Dall:e ("im Stil moderner Kunst
aus der Mitte des 20. Jahrhunderts")

Montag, 16. September 2024

Montagsschreibtisch (60)

Bon­‍jour oder bon­soir auf den Sei­ten ei­‍ner Sprach­‍ar­‍bei­te­‍rin. In die­‍sem di­‍gi­‍ta­‍len Ta­‍ge­‍buch kön­‍nen Sie an ei­ni­gen Ta­‍gen in der Wo­‍che mit­‍le­‍sen, wie Dol­met­sche­rin­nen und Über­‍set­‍ze­‍rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher ar­‍bei­‍ten. Zu­‍nächst, was die­‍se Wo­‍che an­‍steht.

Ab der 2. Wo­chen­hälf­te bin ich wie­der im Bü­ro. Dann wird es um al­te Rech­ner­da­tei­en ge­hen, um al­te Bü­cher und, na­tür­lich, um Blu­men! Das Bild deu­tet es an.

Zeichnung mit altem Computer, Büchern und Rosen
Com­pu­ter­ar­beits­platz à l'an­cien­ne
Sonst auf dem Schreib­tisch:

⊗ Film­ge­spräch (noch im Ur­laub) zum The­ma White Power: Eu­ro­pas Rechts­ex­tre­me von Chris­to­phe Cot­teret, 2024, Frank­reich/Bel­gien, abend­füllender Do­ku­men­tar­film (hier auf Arte ver­füg­bar bis zum 02.12.2024)
⊗ In­ter­view mit Chris­to­phe Cot­teret zum The­ma Film­ar­beit mit ver­schie­de­nen Spra­chen
⊗ De­ko­lo­ni­sie­rung und so­zi­al-öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­ti­on von Städten 

______________________________
Il­lus­tra­tion: Pixl:r

Donnerstag, 12. September 2024

Fade out / fade in

Wie Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, aber auch Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, be­schrei­be ich hier im 17. Jahr in mei­nem di­gi­ta­len Ta­ge­buch. Es geht um Dol­met­schen (münd­lich) und Über­set­zen (schrift­lich). Un­ser Roh­stoff sind na­tür­lich die Spra­chen. Und un­ser­einer ar­bei­tet so­gar im Ur­laub.
Menschen aller Altersgruppen, Formen und Beschäftigungen am Strand
Strand­ge­tüm­mel

Kom­men­de Wo­che darf ich ei­nen Film­a­bend ver­dol­met­schen und ha­be mir des­halb die Film­le­xik (in Kurz­fas­sung) mal wie­der aus dem Re­gal ge­holt und in den Kof­fer ge­packt, darin ste­hen schö­ne Fach­be­grif­fe wie Ab­blen­de + Auf­blen­de (zeit­gleich) = Über­blen­dung ...

Der Jah­res­zei­ten­wech­sel steht be­vor. Be­vor der Som­mer vor un­se­ren Au­gen ver­schwin­det und das Jahr in den Herbst über­blen­det, sind wir für sehr kur­ze Zeit am Meer. Ich schau­e aber ein­mal täg­lich in den Mail­brief­kas­ten (und je­mand bleibt zu­hau­se we­gen der Pflan­zen und der Be­suchs­kat­ze). 

Hoff­ent­lich ist es da nicht mehr so voll wie auf die­sem Bild aus dem Lehr­werk für Er­wach­se­ne En français, s'il vous plaît von Grenz / Ho­hen­wald / Judt, in der Erst­auf­la­ge 1982 im Ver­lag En­zy­klo­pä­die, Ber­lin (DDR) er­schie­nen.

______________________________
Foto: En fran­çais, SVP !

Mittwoch, 11. September 2024

Kein Sockenmonster!

Guten Tag oder gu­‍ten Abend! Sie le­‍sen in ei­‍nem Ar­‍beits­ta­ge­‍buch, das den The­men Spra­‍che, Dol­‍met­schen, Über­‍set­zen und Kul­‍tu­ren ge­‍wid­‍met ist. Ich bin Frei­‍be­‍ruf­‍le­‍rin und ar­‍bei­te dort, wo ich ge­‍braucht wer­de, oft in der Dol­‍met­‍sch­ka­‍bi­ne, di­‍rekt bei Kun­den, am Film­‍set oder auf der Mes­‍se.

La rafle des chaussettes : retrouve les bonnes paires (Schachtel)
Ein Kinderspiel: Finde die passenden Paare!
Vor ei­nem Jahr, für die IFA 2023, hat mich ein deut­scher Haus­geräte­her­stel­ler als Dol­met­sche­rin ge­bucht, es ging um smar­te Tech­no­lo­gien. Ein wich­‍ti­‍ger Gast aus Frank­reich wur­de er­war­tet.

Al­les lief pri­ma, bis wir auf eine neu­en Funk­tion einer Wasch­ma­schi­ne zu spre­‍chen ka­men, denn die KI hat auch die wei­ße Wa­re er­reicht. Der Kühl­schrank, der Milch nach­or­dert, ist lan­‍ge schon sprich­wört­lich. Was das Gan­ze mit dem Ge­samt­strom­ver­brauch macht und wie das dann mit dem Da­ten­schutz aus­sieht, steht auf ei­nem ganz an­de­ren Blatt.

Wir stan­den je­den­falls vor die­sem Ge­rät. Der deut­sche Ent­wickler: "Un­se­re Wasch­ma­schi­ne lässt sich per Sprach­steue­rung be­di­enen, ein­fach ‚Wasch­gang star­‍ten‘ sa­‍gen und es geht los!"

Die fran­zö­si­sche Ge­schäfts­part­ne­rin wirk­te plötz­lich nur ver­hal­ten fas­zi­niert. Ich weiß nicht, ob sie sich wie ich so ihre Ne­ben­ge­dan­ken ge­macht hat.

Dann kommt ein: Et ça fonc­tion­ne aussi avec des or­dres un peu com­plexes? ("Funk­tio­niert das auch mit kom­ple­xe­ren Be­feh­len?")

Da wirft mir der deut­sche In­ge­nieur ei­nen bo­‍h­‍ren­‍den Blick zu, der nicht ge­­‍müt­‍lich ist. Ich ha­ke nach: "Wie kom­plex mei­nen Sie das?" Die Fran­zö­sin lä­chelt ver­schmitzt und frag­t: Pou­vez-vous aus­si lui or­don­ner de ne pas ava­ler de chaus­set­tes ? ("Kön­nen Sie ihr auch be­fehlen, kei­ne So­cken zu fres­sen?")

Ich über­tra­ge die­se Wör­ter und war­te auf die Re­aktion des Ent­wick­lers. Es dau­ert nicht lan­ge, bis er ver­steht, dass hier Hu­mor im Spiel ist. Die Vor­stel­lung, wie die KI auf so et­was rea­giert, hat uns schließ­lich al­le zum La­chen ge­bracht. "Tja", sagt der In­ge­nieur schmun­zelnd, "dan­ke für die An­re­gung! Ei­nen Tex­til­pfle­ge­auto­ma­ten oh­ne So­cken­monster­funk­tion pla­nen wir in ein paar Jah­ren ein!"

Ob mit oder oh­ne Sprach­steu­e­rung — gegen das sa­gen­um­wo­bene So­cken­mons­ter ist auch die smar­tes­te Wasch­ma­schi­ne noch macht­los. Who knows, viel­leicht wer­‍den künf­tige KI-Mo­del­le nicht nur den Wasch­gang auf die zu­vor ge­prüf­te Schmut­zig­keit von So­cken ab­stim­men, son­‍dern auch auf Voll­‍stän­‍dig­‍keit der Wä­‍sche ach­‍ten.

Die Fir­ma Sam­sung, so er­fa­hre ich später, hat das The­ma wis­sen­schaft­lich un­ter­su­chen las­sen und kann so­gar die So­cken­ver­lust­ra­te er­mit­teln = (L+C)-(P x A). Den Wis­sen­schaft­ler:in­nen zu­fol­ge hän­ge der So­cken­verlust mit der Wasch­men­ge (L), der Kom­ple­xi­tät der Wä­sche (C) und der wa­schen­den Per­son zu­sam­men, ih­rer Ein­stel­lung (P) und ih­rer Auf­merk­sam­keit (A). Great news! There's hope!

Vo­ka­bel­no­ti­zen
chaus­set­tes or­phe­li­nes — Ein­zel­so­cken (müss­te im Sin­gu­lar ei­gent­lich "der Sock" hei­ßen, dieses Sin­gu­lar gibt es aber nicht)
Soc­ken­mons­ter  la raf­le des chaus­set­tes, etwa: So­cken­ral­lye (nach dem deut­schen Spiel "Soc­ken zoc­ken"). Le mons­tre des chaus­set­tes ist auch in Frank­reich ein My­thos, nur we­ni­ger be­kannt als in Deutsch­land. Häufiger wird vom "Ge­heimnis der ver­lorenen So­cken" ge­spro­chen, du mys­tère des chaus­set­tes per­dues.

______________________________
Il­lus­tra­tion: HABA

Dienstag, 10. September 2024

Balkonien (3)

Hello, bon­jour und gu­ten Tag! Hier er­‍fah­‍ren Sie, wie Über­‍set­‍ze­‍rin­nen und Über­‍set­‍zer, Dol­‍met­‍sche­‍rin­nen und Dol­‍met­‍scher ar­‍bei­‍ten. Mei­ne Ar­‍beits­‍spra­‍chen sind (ne­‍ben Deutsch) Fran­‍zö­‍sisch und Eng­lisch (Shakes­‍pea­‍res Idi­‍om meis­‍tens als Aus­‍gangs­‍spra­‍che).

Kuchentafel, Blumen, Markise, Pflanzen
Sommer auf dem Balkon
Die meist­be­such­te Ur­laubs­des­ti­na­ti­on der deut­schen Be­völ­ke­rung, auf die sich ein Drit­tel der Men­schen ver­stän­digt zu ha­ben scheint, ist ... Trom­mel­wir­bel, Tusch und Vor­hang auf: die ei­ge­ne Woh­nung, am liebs­ten mit Bal­kon!

Das The­ma Bal­kon ist zu­gleich ein Um­welt­the­ma, nicht nur durch den ab­ge­sag­ten Flug für ei­ne Fern­rei­se zum Bei­spiel. Wer re­gel­mä­ßig gießt und schö­ne Pflan­zen zieht, sorgt für ei­ne kü­hle Um­ge­bung des Bal­kons, der ei­ge­nen Räu­me und der Stra­ßen, in Sum­me, al­le und al­‍les zu­sam­men, tut­ti quan­ti, mit den Bäu­‍men. Das bi­sher­i­ge Bal­kon-, Park- und Stra­ßen­grün reicht bi­slang oft nicht aus, um Städ­te zu kü­hlen. Der Tem­pe­ra­tur­un­ter­schied zwi­schen Land und Groß­stadt liegt heut­zu­ta­ge oft bei an die zehn Grad.

Bei den Ar­chi­tek­t:in­nen be­ginnt ein Um­den­ken. Die ers­ten Plä­ne für Bal­kon­grün in Bü­ros und Krank­en­haus­ge­bäu­den sind ge­zeich­net! Fall­win­de von Hoch­häu­sern wer­den durch Bal­ko­ne mi­ni­miert, da sie die Fa­sa­de "rau­er" ma­chen, ha­be ich in der Vor­be­rei­tung ei­nes Ein­sat­zes ge­lernt.

Auch öffent­li­che Ge­bäu­de, die bi­slang bal­kon­los sind, soll­ten ih­re Aus­trit­te be­kom­men. Ich fan­ge an zu träu­men. Na­tür­lich sind Bü­ros Or­te des Le­bens, also auch hier: Bal­ko­ne und Lau­ben­gän­ge (auf FR une cour­si­ve). Krank­en­häu­ser sind Or­te der Ge­sund­heit, des Le­bens und des Ster­bens, sind Or­te, an denen sich auch An­ge­hö­ri­ge auf­hal­ten; das scheint die Ar­chi­tek­ten­zunft bi­slang noch nicht so mit­ge­dacht zu ha­ben. Wo­bei mein Um­welt­the­ma plötz­lich ein So­zi­al­the­ma wird.

Und gut zu­ge­wu­cher­te Bal­ko­ne gel­ten als "Tritt­stein­bio­top" für Tie­re und auch Pflan­zen, de­ren Sa­men oft von den Tie­ren trans­por­tiert wer­den. Wie­der ein Wort ge­lernt.

Und jetzt, wo es seit Mon­tag "für die Jah­res­zeit zu kühl" ist, nach­dem es mo­na­te­lang "für die Jah­res­zeit zu warm" war, heißt es lang­sam Ab­schied neh­men von die­sem Ar­beits­platz.

______________________________  
Foto: Familienarchiv Elias Lossow

Montag, 9. September 2024

Montagsschreibtisch (59)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Hier er­fah­ren Sie, wie Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten. Wir sind ein Team. Die­sen Herbst wer­den et­li­che von uns wie­der im Auf­trag von Kun­den un­ter­wegs sein. Es gibt noch vie­le freie Ter­mi­ne!

So hat DAL­L:E mei­nen Schreib­tisch ge­se­hen
Das mit der "wie im Him­mel fest­ge­tacker­ten" Wet­ter­la­ge ist be­reits jetzt ein an­stren­gen­der As­pekt der Kli­ma­ka­ta­stro­phe. Viele Wo­chen war es in Ber­lin heiß. Ges­tern Mit­tag ha­be ich 32,5 Grad Cel­sius im Schat­ten mit dem Ther­mo­me­ter auf dem Bü­ro­bal­kon ge­mes­sen, der Wind war weg, und heu­te früh 17,5 Grad. 15 Grad auf ei­nen Schlag, das ist ei­ne Her­aus­for­de­rung für den Kör­per.

Bin ich sen­si­bler ge­wor­den, seit ich mich ei­ne Wo­che im Mo­nat um ei­ne Se­nio­rin der Fa­mi­lie küm­me­re?

Die­ses Schmud­del­wet­ter soll jetzt für drei Wo­chen ton­an­ge­bend sein, bald ein­stel­li­ge Tem­pe­ra­tu­ren in der Nacht, regional Bodenfrost. Mit dem Wet­ter ist's wie mit dem Es­sen: Wer je­den Tag Ka­viar isst, weiß nicht, wie Ka­viar schmeckt.

Ich muss hier noch ei­nen Hör­funk­tipp nach­tra­gen. Im Deutsch­land­funk hat Vol­ker De­muth am Sonn­tag­mor­gen dar­über ge­spro­chen, hier zu hören oder zu le­sen, wie die Mul­ti­kri­sen in Zu­kunft den Um­gang mit Bau- und Gar­ten­denk­mä­lern be­ein­flus­sen wer­den. Die wes­tli­chen Ge­sell­schaf­ten über­al­tern auf­grund des dra­ma­ti­schen Ge­bur­ten­rück­gangs der letz­ten Jahr­zehn­te, was ein Kri­sen­fak­tor ist, wäh­rend zu­gleich mit Be­völ­ke­rungs­ver­schie­bun­gen zu rech­nen ist, denn die Kli­ma­ka­tas­tro­phe macht im­mer mehr Ge­bie­te des Glo­bus un­be­wohn­bar. 

Vor die­sem Hin­ter­grund fragt er, was mit der et­wa ei­nen Mil­li­on denk­mal­ge­schütz­ter Bau­wer­ke in Deutsch­land ge­sche­hen wird, dar­un­ter Ge­bäu­de, Na­tur- und Gar­ten­denk­mä­ler, die ei­ne wich­ti­ge Rol­le für die ge­sell­schaft­li­che Iden­ti­tät und das kol­lek­ti­ve Ge­dächt­nis spie­len. Ex­trem­wet­ter, stei­gen­de Tem­pe­ra­tu­ren und Tro­cken­heit be­dro­hen die­se Erinnungs­or­te, lieux de mémoire. Tra­di­tio­nel­le Schutz­kon­zep­te ver­sa­gen, und die Fra­ge stellt sich, ob ge­nug Res­sour­cen zur Er­hal­tung vor­han­den sein wer­den, wenn die Kli­ma­ka­tas­tro­phe im­mer mehr An­pas­sungs­maß­nah­men er­for­dert. Er schließt, dass statt Neu­bau und Ab­riss soll­te der Er­halt im Vor­der­grund ste­hen, um nicht nur das kul­tu­rel­le Er­be, son­dern auch die Zu­kunft zu si­chern. Er nennt die Denkmale "Stabilisierungsmedien". Lei­der kann er kei­ne Kon­zep­te für Er­halt und scho­nen­de An­pas­sung an­bie­ten, aber ich bin ihm und dem Sen­der dank­bar, das The­ma über­haupt auf­ge­wor­fen zu ha­ben.

Und dann ist da in der schwe­ren Ge­men­ge­la­ge der Kri­sen­the­men der ei­ne Satz, der ei­nem die Schu­he aus­zieht: "Da Städ­te klas­si­sche Hit­ze­in­seln dar­stel­len, ge­hen Stadt­pla­ner auf­grund von Kli­ma­be­rech­nun­gen da­von aus, dass bis En­de der 2030er Jah­re et­wa in deut­schen Städ­ten re­gel­mä­ßig und über län­ge­re Zeit­pha­sen bo­den­na­he Tem­pe­ra­tu­ren zwi­schen 60 und 70 Grad Cel­si­us herr­schen wer­den."

Zu­fäl­li­ge Ko­in­zi­den­zen heu­te am Mor­gen rasch notiert: Im Ber­li­ner Par­la­ment wur­den heu­te die Haus­halts­ver­hand­lun­gen wie­der­auf­ge­nom­men; die Christ­de­mo­kra­ten schicken sich an, ei­nen Keil in die Re­gie­rung zu trei­ben; die An­zahl der An­fra­gen in der Post­box hat sich auf ei­nen Schlag ver­dop­pelt; in Ba­den-Würt­tem­berg und Bay­ern sind die Kid­dies wie­der in der Schu­le. C'est la ren­trée !, end­lich auch in Deutsch­land, den fran­zö­si­schen Be­griff ha­be ich hier er­klärt: klick!

Auf dem Schreib­tisch:
⊗ Kor­rek­tur­le­sen von Tex­ten zu Wei­nach­ten
⊗ Kos­ten­vor­an­schlä­ge für No­vem­ber 24 und März 25
⊗ Kurz­ter­min auf der IFA

______________________________
Illu­stra­ti­on: Dal­l:e von 2023, da­mals durf­te
ich noch nach "im Stil von Ma­tis­se" bit­ten.

Freitag, 6. September 2024

Hoch die Hände ...

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­setze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, na­tür­lich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Die Herbst­sai­son steht vor der Tür. Der­zeit gibt es da noch et­li­che Ta­ge und Wo­chen, in de­nen ich of­fen für Ihre An­fra­gen bin.

Ge­ra­de le­se ich Kor­rek­tur, über­set­ze, dolmet­sche bei kur­zen Pri­vat­ein­sät­zen und pau­ke für die kom­men­den Groß­ein­sät­ze. Aber ir­gendwann am Nach­mit­tag heißt es: " Hoch die Hän­de, Wo­chen­en­de! Hoch die Fü­ße, lie­be Grü­ße!"

On­kel Paul, 1947



______________________________
Il­lus­tra­tion: Fo­to­ar­chiv Elias Los­sow

Donnerstag, 5. September 2024

Jahreszeiten

In mei⁠­nem Ar⁠­beits⁠­all⁠­tag als Dol⁠­met⁠­sche⁠­rin ar⁠­bei⁠­te ich haupt⁠­säch⁠­lich mit Fran⁠­zö⁠­sisch und ein we⁠­nig mit Eng⁠­lisch, wo⁠­bei Deutsch mei⁠­ne Mut⁠­ter⁠­spra⁠­che ist. Dol⁠­met⁠­scher:in⁠­nen ha⁠­ben ih⁠­re Haupt⁠­spra⁠­chen: A steht für die Mut⁠­ter⁠­spra⁠­che, B für die Haupt⁠­ar⁠­beits⁠­spra⁠­che und C für pas⁠­si⁠­ve Spra⁠­chen. In der Herbst­sai­son ha⁠­be ich noch ei⁠­ni⁠­ge Ta⁠­ge und so⁠­gar Wo⁠­chen frei. Sie dür­fen mich ger­ne bu­chen!

Bitte zeichne einen Sommerbalkon, im Hintergrund grüne Bäume und bunte Blumen, allerdings ist mitten auf dem Balkon eine große Blase, darin sitzt am Balkontisch eine Frau, in der Blase herrscht Winter, sind Eis und Schnee, ein winziger Weihnachtsbaumund eine Kerze stehen zur Deko auf dem Tisch, eine Frau sitzt dort und tippt mit Handschuhen in einen Laptop, sie trägt Mantel, Stiefel, Mütze und Schal; das Ganze in der flächigen, stilisierten und scherenschnittartigen Art der klassischen Moderne aus den 1940-er und 1950-er Jahren, gerne mit der einen oder anderen schwarzen Umrandung; leuchtende Farben auf dem Balkon und in der Winterblase blasse Winterfarben, viel weiß, grau und dunkles Grau, bitte im Querformat 4:3.
Ein bisschen Winter mitten im Sommer
Ein Dé⁠­jà-vu: Ich sit⁠­ze im Hoch⁠­som⁠­mer auf dem Bal⁠­kon und schwit⁠­ze, wäh⁠­rend ich Tex⁠­te rund um Weih⁠­nach⁠­ten be⁠­ar⁠­bei⁠­te. An⁠­fang Sep⁠­tem⁠­ber herr⁠­schen im⁠­mer noch 34°C im Schat⁠­ten, es wirkt nicht wie Schul⁠­an⁠­fang und Som⁠­mer⁠­en⁠­de, son⁠­dern eher wie das En⁠­de des hei⁠­ßes⁠­ten Som⁠­mers, der je auf⁠­ge⁠­zeich⁠­net wur⁠­de. (Das ist er wohl auch.)

Der Wind weht stark, es fühlt sich an wie Ber⁠­lin sur mer mit die­ser Mee­res­bri­se. Die­se Luft ist heiß und er⁠­in⁠­nert mich auch an mei⁠­ne Ta⁠­ge in Mün⁠­chen, wo ich ger⁠­ne ar⁠­bei⁠­te, aber den Föhn kri⁠­tisch se­he — er ist ei­ner der Grün­de, war⁠­um die meis⁠­ten mei⁠­ner Bü⁠­cher in Ber⁠­lin ste⁠­hen.

Ich tex⁠­te wei⁠­ter und muss da⁠­bei an Käst⁠­ners Vor⁠­wort zum Buch "Das Flie⁠­gen⁠­de Klas⁠­sen⁠­zim⁠­mer" den⁠­ken, in dem er be­schreibt, wie er im Som⁠­mer auf ei⁠­ner Wie⁠­se sitzt und über ei⁠­ne Schnee⁠­ball⁠­schlacht schreibt.

Zur KI-Il­lus­tra­ti­on: Der Prompt (als Hin­ter­grund zum Foto ein­gefügt) wur­de von Dall:e, was das Ge­gen­ständ­li­che an­geht, ei­ni­ger­ma­ßen um­ge­setzt, nur dass die Som­mer­blu­men und das Ge­bäu­de au­ßer­halb der Bla­se auch Schnee ab­be­kom­men ha­ben. Den Hel­lig­keits­un­ter­schied der Bla­se muss­te ich per Fo­to­shop selbst her­stel­len. Der Stil ist nicht ge­trof­fen, ich hät­te ger­ne spä­ten Hen­ri Ma­tis­se ge­se­hen, da ka­men dann "Ur­he­ber­rechts­be­den­ken" von der Ma­schi­ne, aber sche­ren­schnitt­ar­ti­ge, flä­chi­ge Kunst im Stil der Mo­der­ne der 40-er und 50-er Jah­re ist das auch nicht. Ich ver­su­che es am 4.11.2024 noch­mal, dann ist Ma­tis­se ge­nau 70 Jah­re lang tot.

______________________________
Illustration: Dall:e

Dienstag, 3. September 2024

Champagnermomente (I)

Gu­ten Tag oder gu­ten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hi­nei­nge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­set­zen und Kul­tu­ren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Spra­ch­mit­t­le­rin ar­bei­te ich in Pa­ris, Ber­lin, Mar­burg und dort, wo ich ge­braucht wer­de. Auch nach Jahr­zehn­ten er­le­be ich noch Über­ra­schun­gen in mei­nem Be­ruf.

An­no Do­mi­ni 2024: Und dann ist da noch ein Diens­tag im Sep­tem­ber, an dem ei­ne Über­set­zungs­an­fra­ge in mei­nem E-Mail-Post­fach lan­det, mit ei­ner sehr schö­nen Emp­feh­lung, die auf ei­ne Über­set­zungs­ar­beit vom Sep­tem­ber 2008 zu­rück­geht.

Ei­ne Frau sitzt an ei­nem Tisch im Was­ser und tippt auf ei­ner Ma­schi­ne
Ar­bei­ten an hei­ßen Ta­gen (1926)
16 Jah­re, das ist schon ein sehr denk­wür­di­ger Mo­ment im Zeit­al­ter des In­ter­nets und über­haupt der so schnel­len Me­di­en! Und was für ei­ne sorg­fäl­ti­ge Ab­la­ge samt Ver­schlag­wor­tung der al­ten Kon­tak­te! Groß­ar­tig! Oder kam das über ein Ur­he­ber­rechts­ver­zeich­nis? Wie dem auch sei, das ist ein schö­ner An­lass für Cham­pag­ner! Plopp! (Ehe die Fla­sche, die ich neu­lich zum Ge­burts­tag be­kom­men ha­be, noch Moos an­setzt!)

Hier noch ein Link zum The­ma Preis­ge­stal­tung bei Dreh­buch­über­set­zun­gen aus dem Jahr 2008: klick!

______________________________
Fo­to: Georg Pahl / Bun­des­ar­chiv (über­ar­bei­tet)

Montag, 2. September 2024

Montagsschreibtisch (58)

Bon­jour & hel­lo! Sie sind auf den Sei­ten eines di­gi­talen Ta­ge­buchs aus der Welt der Spra­chen ge­lan­det, das es seit 2007 gibt. Bevor die Kon­fe­renz­sai­son so rich­tig los­geht, bin ich tags­über noch in ei­nem Pri­vat­ein­satz. Abends ler­ne ich für die kom­men­den Ein­sät­ze.

Alte Lampe und Stifte im Gegenlicht
Mehr Licht auf dem Tisch
Vor lan­ger Zeit hat mich mal ein Mensch ge­fragt: "Aber Ihr Dol­met­scher müsst doch mal fer­tig sein mit dem Ler­nen? Ei­ne Fremd­spra­che kann man, oder aber man kann sie nicht!"

Diese "Fremd­spra­chen" sind ja nur die al­ler­un­ter­s­te Grund­la­ge. Ich ler­ne auch im­mer al­le Neu­e­run­gen der Spra­chen so­wie mei­ner Mut­ter­spra­che mit. Vor al­lem aber gibt es die be­lieb­ten Fremd­wör­ter, die Zu­sam­men­hän­ge da­hin­ter, da­mit ver­bun­de­ne The­sen, Ent­wick­lun­gen und Ide­en.

Der­­zeit geht es wei­­ter mit: KI, nach­hal­ti­ges Bau­en und Hu­mus­auf­bau/Bo­den­re­ha­bi­li­ta­ti­on so­wie Ur­ba­nis­mus und Wie­der­be­le­bung der In­nen­städ­te.

Sonst liegt auf dem Schreib­tisch:
⊗ An­ge­bo­te durch­rech­nen
⊗ Rei­se­pla­nung
⊗ Al­ten­pfle­ge 
⊗ Bü­cher ver­schen­ken

______________________________ 
Fo­to: 
C.E. (Archiv)