Sonntag, 22. Dezember 2024

Bonjour

... und herz­lich will­kom­men auf mei­ner Blog­sei­te! Was Dol­met­scher und Dol­met­scherin­nen be­schäf­tigt, kön­nen Sie hier seit 2007 mit­le­sen. Das Jahr biegt lang­sam in die Ziel­ge­ra­de ein!

Herbstsaison
Dolmets­chen bei Kon­gres­sen, für den Po­li­tik­be­trieb, auf De­le­ga­tions­rei­sen, bei Werks­be­sich­ti­gun­gen, Hin­ter­grund­ge­sprä­chen oder Ver­wal­tungs­vor­gän­gen, in Kanz­lei oder Kran­ken­haus, un­se­re Ein­sät­ze sind über­aus viel­fäl­tig.

In den letz­ten Jah­ren sind wir im­mer öft­er auch online gefragt. Da diese Über­tra­gungs­art für alle an­stren­gen­der ist, klei­ne Mo­ni­tor­bil­der, ge­stauch­te und damit un­na­tür­liche Stim­men, Rau­schen oder Echos, sind die­se Ein­heiten meis­tens kür­zer als nor­ma­le Ein­sätze.
Zur Pla­nung Ihres Dol­metsch­be­darfs er­rei­chen Sie mich be­quem per Mail an ca­ro­line@adazylla.de. Da ich in Teil­zeit ei­ne An­ge­hö­ri­ge pfle­ge, bit­te ich um schrift­li­che Kon­takt­auf­nah­me.

Es gibt ke­ine Bü­ro­sprech­stun­den
Wir freu­en uns auf Ihre An­fra­ge!

Bit­te be­ach­ten Sie: Krea­ti­ve Tex­te über­tra­ge ich selbst nur ins Deut­sche; an­de­re Spra­chen deckt un­ser Netz­werk ab. Do­ku­men­te be­ar­bei­ten Kol­le­gin und Kol­le­ge au­ßer­halb Ber­lins (im Post­ver­kehr).

Da wir nicht nur Spra­char­bei­terin­nen und Sprach­ar­beiter sind, son­dern auch Men­schen, die be­ob­ach­ten und Ihre Epo­che do­ku­men­tieren, fin­den Sie auf den fol­gen­den Sei­ten mein mit­un­ter sub­jek­tiv ge­präg­tes Ar­beits­ta­ge­buch.

P.S.: Die­se Sei­te ist für die An­sicht im Web­lay­out op­ti­miert, weil sonst Text­pas­sa­gen hin­ter den Fo­tos ver­schwin­den.

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Fo­to: C.E.

Montag, 16. Dezember 2024

Montagsschreibtisch (72)

Seit 2007 schrei­be ich hier als Dol­met­scher­in über mei­nen All­tag in der Bran­che. Was und wie Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, ist kaum be­kannt. Heu­te Mor­gen wie­der­hole ich Vo­ka­bel­lis­ten und wid­me mich der Ter­min­pla­nung.

Auf dem Schreib­tisch:
⊗ Buch­hal­tung
⊗ Raubkunst (mal wieder)
⊗ et­was zum Kurz­film­tag (even­tu­ell, An­ge­bot ist draußen, noch war­ten wir)

Schreibtische, Lampen, Unterlagen im Regal
Ein Mon­tag im Bü­ro
Was auf die­sem Sym­bol­bild zum The­ma Bü­ro­ar­beit gut dar­ge­stellt wur­de, sind die Ak­ten und Do­ku­men­te im Re­gal, die nicht nur vir­tu­ell auf dem "Desk­top" des Rech­ners ge­spei­chert sind. Ich nut­ze zum Ler­nen di­ver­se Un­ter­la­gen aus der Ar­beit, Zei­tungs­clip­pings, ei­ge­ne Lern­bil­der, er­folg­reich ge­nutz­te Vo­ka­bel­lis­ten und Ähn­li­ches.

Vie­le po­li­ti­sche Stif­tun­gen und For­schungs­ein­rich­tun­gen ver­öf­fent­li­chen auch Hin­ter­grund­infos, be­bil­dert, gut zum Ler­nen auf­be­rei­te­tes Ma­te­ri­al.

Ich strei­che an, un­ter­krin­ge­le, mar­kie­re far­big, set­ze Sym­bo­le oder No­ti­zen auf den Pa­pier­rand; nicht im­mer, aber mit je­dem neu­en oder sper­ri­gen Lern­stoff. Au­gen und Hän­de, al­so das Vi­suel­le, die Mo­to­rik und die Hap­tik, sind meis­tens beim Ler­nen be­tei­ligt. For­schun­gen ha­ben er­ge­ben, dass die Lern­er­geb­nis­se mit der Zu­hil­fe­nah­me von Pa­pier bes­ser sind.

Das gilt je­den­falls für die un­ter­such­ten Ge­ne­ra­tio­nen. Wie es mit den Al­ler­jüngs­ten sein wird, er­fah­ren wir spä­ter. Für mich und vie­le Zeit­ge­nos­sen gilt: Das rei­ne di­gi­ta­le Ler­nen ist nicht so er­folg­reich wie das Ler­nen mit al­len Sin­nen. (Mei­ne Pro­gno­se für die nach­ge­hol­te For­schung: Die­ser Satz wird auch für die Jüngs­ten gel­ten.)

Beim Ler­nen sind auch die Oh­ren wich­tig: Ich le­se vor und hö­re auch viel.

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Fo­to: Zu­falls­fund, pixlr.com (KI)

Sonntag, 15. Dezember 2024

Vorlesepause

Als Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin ar­bei­te ich haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch und manch­mal auch mit Eng­lisch, wo­bei Deutsch mei­ne Mut­ter­spra­che ist. Der Be­ruf ist vol­ler Stress­mo­men­te. Ei­ne der gol­de­nen Re­geln da­bei: Stress­re­du­zie­rung durch ei­nen kla­ren Schnitt in der Frei­zeit und am Wo­chen­en­de, wo ich et­was an­de­res ma­che. Sonn­tags­bild!

Sonntags beim Vorlesen
An die­sem Jah­res­en­de ver­brin­ge ich nur kur­ze Wo­chen im Bü­ro.
Die Woh­nung ist zu kalt, ich ge­he in Mu­seen, ins Ki­no Ar­se­nal, das sei­ne letz­ten Ta­ge am Pots­da­mer Platz er­lebt, dar­ü­ber folgt ei­ne Rück­schau hier spä­ter in der Wo­che, ins Thea­ter ... oder aber ich küm­me­re mich um An­ge­hö­ri­ge, um ei­ne äl­te­re pfle­ge­be­dürf­ti­ge Per­son und um die nächs­te Ge­ne­ra­ti­on.

Ich bin jetzt zum vier­ten Mal in mei­nem Le­ben Teil­zeit­zweit­mut­ter — und ich lie­be es! (Das klei­ne Fräu­lein fing von sich aus pro­be­wei­se mit "Ma­ma" an ... und das Wort "Teil­zeit­zweit­mut­ter" ist fast ein Zun­gen­bre­cher!)

Wenn es hier zwi­schen­durch ru­hi­ger wird, bin ich in mei­ner zwei­ten Hei­mat, in Frank­reich, bzw. ein­fach nur en famille.

Vor­le­sen ist übri­gens ei­ner der zen­tra­len Tipps für die gu­te "Rei­se­lei­tung" für die Kleins­ten. Und zwar nicht nur vor dem Schlaf­en­ge­hen, son­dern oft auch zwi­schen­durch und so­gar dann noch, wenn sie längst selbst le­sen kön­nen. Im Ge­spräch wer­den Vo­ka­bel­fra­gen ge­klärt, Be­droh­li­ches ein­ge­ord­net und Wit­ze wei­ter­ge­spon­nen.

Im Zweit­spra­cher­werb ist es wich­tig, ei­ne star­ke ers­te Spra­che zu ha­ben, denn wir brau­chen an ers­ter Stel­le Wör­ter für Ide­en, Kon­zep­te, The­men und ei­nen Tief­gang in im Be­grei­fen der Welt (das gilt auch für die 3., 4. Spra­che ...).

Al­so, wer sprach­lich ge­wand­te, so­zi­al star­ke und fan­ta­sie­vol­le Mensch­lein in sei­nem Um­feld ha­ben möch­te, der/die le­se vor, je­den Tag, man­che Bü­cher vie­le Dutz­end­mal, er­fin­de mit ih­nen zu­sam­men neue Ge­schich­ten, ge­nie­ße die Nä­he. Kratz­bürs­tig sind die Fräu­leins jetzt schon manch­mal, in deut­lich we­ni­ger als zehn Jah­ren wird es erst rich­tig dol­le. Um­so wich­ti­ger ist ein gu­tes Fun­da­ment.

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Foto: Charlotte Elias

Montag, 9. Dezember 2024

Montagsschreibtisch (71)

Wie wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen ar­bei­ten, ist seit 2007 Ge­gen­stand die­ses Web­logs. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch, und die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Hier folgt der Blick auf den Schreib­tisch.

Das Jahr rast auf sein En­de zu. Der­zeit bin ich ziem­lich sau­er. Un­se­re glor­rei­che Haus­ver­wal­tung be­kommt seit vielen Wo­chen die Re­pa­ra­tur un­se­rer Gas­ther­me nicht in den Griff, die hier die Heiz­kör­per und das Was­ser wärmt.

Hände greifen nach Keksen
Keks­bag­gern

Nun stel­le ich mir vor, wie sie in der Ver­wal­tung mit­ten in der Som­mer­hit­ze dar­über nach­ge­dacht ha­ben, ob's doch eher 'nen mil­den Win­ter gibt, ob Sub­ven­tio­nen für zeit­ge­mä­ße Heiz­tech­nik ab­ge­grif­fen werden können oder ein Wun­der pas­sie­rt. Bei der Ther­me ist das Aus­deh­nungs­ge­fäß de­fekt, das die Her­stel­lerfir­ma Jun­ker an­schei­nend nicht nach­lie­fern kann.

Was hilft: In der Kü­che sit­zen, ko­chen und ba­cken. Noch nie in mei­nem Le­ben war ich so ei­ne Kü­chen­fee. Das kal­te Ar­beits­zim­mer, das ich ger­ne auf­räu­men wür­de, muss war­ten. Al­so lie­gen auf dem Schreib­tisch ge­ra­de: Buch­hal­tung, Vor­be­rei­tung ei­nes Ein­sat­zes An­fang Ja­nu­ar und viel­leicht noch ei­nes zwei­ten vor Weih­nach­ten, Kos­ten­vor­an­schlä­ge Ber­li­na­le. Es geht um all­ge­mei­ne Po­li­tik, den Kurz­film­tag am 21.12. und di­ver­se Film­sa­chen, die noch auf Pa­pier sind.

Aber mein biss­chen Fröst­eln ist nichts ge­gen die Welt­la­ge. Ich den­ke an die Men­schen in der Uk­rai­ne, in Is­ra­el und den Pa­lä­sti­nen­sers­ied­lun­gen oder in Flücht­lings­la­gern, in Sy­ri­en und den Hun­ger­ge­bie­ten Af­ri­kas.

Ges­tern war mit As­sads Sturz und Flucht wie­der ein his­to­ri­scher Tag, nur ist bis­lang kom­plett un­klar, wo­hin die Rei­se geht: Wel­ches Re­gime wird dort die Macht über­neh­men? Dro­hen nicht an­de­re krie­ge­ri­sche Zu­stän­de oder ei­ne is­la­mis­ti­sche Re­gie­rung, die Mäd­chen- und Frau­en­rech­te, ja grund­sätz­lich Men­schen­rech­te ein­schränkt?

Ich bin er­schüt­tert und fin­de es ver­werf­lich, dass der ers­te Ge­dan­ke der so­ge­nann­ten christ­li­chen Par­teien die­ses Lan­des im Wahl­k(r)­ampf die laut me­di­al ver­brei­te­te Idee zu sein scheint, die in den letz­ten Jah­ren zu uns Ge­flüch­te­ten mög­lichst su­bi­to in ihr Her­kunfts­land zu­rück­zu­schi­cken, in Ge­gen­den, die zum Teil Kriegs­wüs­ten sind, mit­ten im Win­ter, in ein Land mit ver­min­ten Fel­dern und vie­ler­orts zer­stör­ten Häu­sern, in ei­ne al­te Hei­mat, die in man­chen Ge­gen­den leicht ato­mar ver­strahlt ist, die Rus­sen ha­ben pan­zer­bre­chen­de Ura­nmu­ni­tion ge­nutzt.

Das Grund­recht auf Asyl muss un­ver­rück­bar da­ste­hen, auch und ge­ra­de in Zei­ten, in de­nen die A*Dep­pen den Stamm­tisch be­herr­schen. Wir soll­ten eher da­ran ar­bei­ten, den Stamm­tisch wie­der von der Wahl­ur­ne zu tren­nen, das sind un­ter­schied­li­che Sphä­ren, wir al­le dür­fen mo­sern, me­ckern, mau­len und ha­ben da­ne­ben die zi­vi­le Ver­ant­wor­tung des Wäh­lens ... und ei­gent­lich auch an­de­rer ak­ti­ver Teil­nah­me am Ge­mein­we­sen!

Heute bin ich froh, dass die Fa­mi­lie, die ich nach 2015 als In­te­gra­ti­ons­hel­fe­rin be­glei­tet ha­be, die fran­zö­sisch­spra­chi­gen Sy­rer, sich hier so gut ein­ge­lebt ha­ben.

Die­se Fa­mi­lie wird hier­blei­ben. Ihr Haus in Alep­po ist zer­stört, von den ent­fern­te­ren Ver­wand­ten fehlt zum Teil je­de Nach­richt, an­de­re leben in der Tür­kei. Sa­mi­ra, die Mut­ter, wird als Kin­der­ärz­tin jeden Tag im Kran­ken­haus ge­braucht. Sie hat damals ih­re Zwil­lings­töch­ter mitgebracht, die eine stu­diert Ju­ra, die an­de­re ist im Lehr­amts­re­fe­ren­da­ri­at, der Ne­ffe der Mäd­chen hat von Me­cha­tro­ni­ker auf me­di­zi­ni­scher Mas­seur um­ge­schwenkt (und ist in­zwi­schen Pa­pa ei­ner klei­nen Ber­li­ne­rin), die Tan­te bzw. Schwes­ter ar­bei­tet wei­ter­hin in ei­ner Än­de­rungs­schnei­de­rei. Die Fa­mi­lie hat in­zwi­schen deut­sche Päs­se, und die Oma liegt in deut­scher Er­de be­gra­ben.

P.S.: Fast 5800 Ärz­tin­nen und Ärz­te aus Sy­rien prak­ti­zie­ren der­zeit in Deutsch­land, und Kran­ken­häu­ser war­nen da­vor, dass sie zu­rück­keh­ren könn­ten. Er­gän­zung: Die­se Zahl trifft auf Fach­leu­te wie Sa­mi­ra zu, al­so mit deut­scher Staats­bür­ger­schaft. Es wird da­von aus­ge­gan­gen, dass es wei­te­re 15.000 bis 20.000 sy­ri­sche Ärztin­nen und Ärz­te in Deutsch­land gibt, die kei­nen deut­schen Pass ha­ben.
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Foto: Cla­ra from AUS­TRIA (Wi­ki­com­mons)

Dienstag, 3. Dezember 2024

Zeitreise (1)

Aus dem Ar­beits­all­tag der Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen be­rich­te ich hier, ge­nau­er: Hier schreibt ei­ne Dol­met­sche­rin mit Mut­ter­spra­che Deutsch. Ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Heute noch ein­ige Sonn­tags­bil­der.

Ges­tern vor ei­ner Woche hat­te ich in der Vor­aus­schau ein Fo­to aus den 1920-er Jah­ren ge­bracht. Der Hin­ter­grund, ge­nau­er: Ein Ka­len­der an der Wand, hat mich neu­gie­rig ge­macht. Im haus­ei­ge­nen Zei­tungs­ar­chiv und im Netz wur­de ich fün­dig.

Es han­delt sich um den Wer­be­ka­len­der der Fir­ma Rahn, die heu­te lei­der ver­schwun­den ist. Bei "Fr. Rahn" (Fried­rich?) han­delt es sich um ei­nen Her­stel­ler von "Con­tor- und Bu­reau-Mö­bel", auch von Sa­fes, da­mals "ei­ser­ner Geld­schrank" ge­nannt, und von kom­plet­ten Ge­schäfts­aus­stat­tun­gen von Lä­den und Bank­häu­sern. Laut Ber­li­ner Ak­ten be­stand das Un­ter­neh­men ab dem Jahr 1812, und es wird am Ende, 2007 im Be­sitz ei­ner ge­wis­sen Ida Bruns geb. Gau im Han­dels­re­gis­ter Char­lot­ten­burg als "Rahn & Co." ge­führt; an­de­ren Quellen zu­fol­ge gab es mit glei­cher Fir­mie­rung im Ber­li­ner Um­land von 1906 bis 1927 ei­ne Mö­bel­fab­rik, ge­nau­er in Ber­nau.

Nach 1900 und min­des­tens bis 1940 war der Haupt­sitz in der Nä­he des heu­ti­gen Ro­sen­tha­ler Plat­zes. Das Ge­bäu­de steht noch, er­kenn­bar an sei­nem hö­he­ren Dach, aber „Fr. Rahn“ ist längst ver­schwun­den. Die An­schrift Brun­nen­straße 196 ist un­ver­än­dert. Das Ge­bäu­de zeich­net sich durch eine "Beletage" mit Bü­ro- und Aus­stel­lungs­räu­men aus, was das be­son­ders gro­ße, schau­fens­ter­ar­ti­ge Fens­ter­band im ers­ten Stock zeigt, ver­mut­lich die Aus­stel­lungs­räu­me. (Der Blick un­ten geht vom Ro­sen­tha­ler Platz aus.)

Die be­wor­be­nen "schall­si­che­ren Te­le­phon­zel­len" wer­den heu­te üb­ri­gens in mo­der­nen Groß­raum­bü­ros wie­der auf­ge­stellt. Mit wel­cher Tech­nik die "Co­pi­er­pres­sen" be­trie­ben wur­den, wä­re si­cher in­te­res­sant zu er­fah­ren. [EDIT: Die Jah­res­zah­len auf dem Fo­to sind leider ver­rutscht.]

Fotos vom Platz aus: Wikimedia Commons, Collage: CE









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Fo­tos: Bild 2024 von Trak­tor­min­ze, um Jah­res­zahl
+ Pfeil ergänzt; Aus­schnit­te nach 1900, Pri­vat­ar­chiv.
Bild in ei­nen 2. Tab la­den, so lässt es sich ver­grö­ßern!

Montag, 2. Dezember 2024

Montagsschreibtisch (70)

Bon­jour & hel­lo! Sie sind auf den Sei­ten eines di­gi­talen Ta­ge­buchs aus der Welt der Spra­chen ge­lan­det, das es seit 2007 gibt. Wir sind ein Team. Die­sen Herbst wa­ren et­li­che von uns im Auf­trag von Kund:in­nen un­ter­wegs, das Ar­beits­le­ben war hek­tisch. Heu­te ist ein ru­hi­ger Mon­tag­mor­gen in Ber­lin.

Stehpult für die Rückengesundheit
Die letz­ten Ter­mine ste­hen an. Drau­ßen riecht es be­reits nach Schnee.

Auf dem Schreib­tisch:
⊗ Buch­hal­tung
⊗ Mikro­plas­tik
⊗ Kurz­ter­min Woh­nungs­re­no­vie­rung in der Nach­bar­schaft
⊗ Nach­be­rei­tung di­ver­ser Land­bau­the­men
⊗ Kos­ten­vor­an­schlä­ge und Ter­min­pla­nung 2. Quar­tal 25

Das Prob­lem Mi­kro­plas­tik ist schlicht un­fass­bar für ei­ne Dol­metsche­rin wie mich, die am Puls der Zeit zu ak­tu­el­len The­men ar­bei­tet. Wir dol­met­schen dazu, ken­nen den For­schungs­stand und ha­ben nach ge­ta­ner, an­stren­gen­der Ar­beit das Ge­fühl, das The­ma müss­te da­mit fast schon er­le­digt sein. Die Er­nüch­te­rung tut je­des Mal weh. Für ei­ne frü­he Ver­an­stal­tung zum Thema Bio­plas­tik wa­ren wir schon 2008 tätig.

Ak­tu­ell warnt die OECD
, dass sich bis zum Jahr 2060 (und auf der Ba­sis des Ver­brauchs von 2019) der welt­wei­te Kunst­stoff­ver­brauch ver­drei­fa­chen könn­te, soll­ten keine weit­rei­chen­den Maß­nah­men da­ge­gen er­grif­fen wer­den.

Plas­tik wird zu Plas­tik­müll. Makro- und Mikro­plas­tik sind ge­fähr­lich für Ozea­ne, Ar­ten­viel­falt, Bö­den und die mensch­li­che Ge­sund­heit, denn ge­ra­de die klei­nen und kleins­ten Plas­tik­tei­le, die in­zwi­schen schon durch die Luft wir­beln und in der Na­bel­schnur von Neu­ge­bo­re­nen nach­ge­wie­sen wur­den, füh­ren zu Krebs, Herz-/Kreis­lauf­er­kran­kun­gen, Dia­be­tes, auch durch Fein­staub vom Rei­fen­ab­rieb.

Da­zu ein Hör­funk­tipp (2. Teil, 3. Teil, 4. Teil ...), denn wäh­rend ich pa­uke, mer­ke ich in der Kü­che in der Tee­pau­se, dass im Ra­dio eine Sen­dung zum glei­chen The­ma läuft.

Ich dol­met­sche mich al­so mal wie­der mit Rund­funk­stim­men warm.

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Fo­to: C.E. (Archiv)

Sonntag, 1. Dezember 2024

Veranstaltungshinweis

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Wie Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Mei­ne Spra­chen sind Fran­zö­sisch und Eng­lisch (das Idi­om Shakes­peares nur als Aus­gangs­spra­che), und das Ar­beits­ma­te­ri­al be­schäf­tigt mich so­gar sonn­tags.

Be­grif­fe­auf­drö­seln und bei der ers­ten Be­geg­nung gleich ler­nen ist ein Hob­by von uns Lin­guist:­in­nen. Das ha­be ich von mei­nem Pa­pa ge­lernt, ei­nem His­to­ri­ker, dem die­ser Be­griff ge­fal­len hät­te: "Habs­burg­syndrom". Dieses Ge­schlecht zeich­ne­te sich der­mal­einst durch sei­ne be­rühm­te, mar­kan­te "Habs­bur­ger Un­ter­lip­pe" aus. Hier im Text zwei Links zu Bil­dern, die zei­gen, wie das her­vor­ra­gen­de Kör­per­teil aus­sah. Auf Fran­zö­sisch heißt das pro­man­di­bu­lie habs­bour­geoise, pro wie "vor", und zwar räum­lich, nicht zeit­lich, be­kannt von der "Pro­tu­ber­anz", mandibule heißt schlicht "Un­ter­kie­fer", die Nach­sil­be -ie wie (krank­haf­ter) "Zu­stand".

Die­se Lip­pe war ein Zucht­merk­mal, ähem, na­tür­lich un­be­ab­sich­tigt, die Fol­ge von In­zucht, der aus dy­nas­ti­schem Den­ken und Macht­an­spruch künst­lich ver­knapp­ten DNA-Aus­wahl. (So­fort stellt sich mein Kopf die Fra­ge, wo­ran heut­zu­ta­ge ein Macht­an­spruch auf den ers­ten Blick er­kannt wer­den kann und ob das auch auf die Ge­ne durch­schlägt.)

Ähn­lich wie einst die Fa­mi­lie Habs­burg de­ge­ne­riert die KI der­zeit vor sich hin. Das Habs­burg­syndrom sind dem­nach häss­li­che Ver­zeich­nun­gen und Ver­for­mun­gen, die so­gar, huch!, vom Durch­schnitts­krem­pel ab­wei­chen, den uns die KI mit ih­rem Aus­wurf sonst um die Oh­ren knallt. In der Klang­welt heißt so et­was in der Art üb­ri­gens "Rück­kopp­lung" und kann ver­dammt weh tun.

Ziem­lich kör­per­lich bin ich heu­te und laun­isch. Es ist Sonn­tag, ich darf das, wir sind un­ter uns.

Wenn die Large Language Models (LLMs) gröb­lich ir­gend­wel­chen Ko­lo­lo­res er­fin­den, weil sie nichts mehr fin­den, und die­se "Hal­lu­zi­na­tio­nen" dann spä­ter wie­der als "ech­tes" Aus­gangs­ma­te­ri­al nut­zen, kommt "Wis­sens­in­zucht" zu­stan­de, Feh­ler ver­stär­ken ein­an­der, ver­zer­ren den Aus­wurf, lie­fern manch­mal kom­plett ab­ar­tige "Er­geb­nis­se". Das Phä­no­men wird mit der Zeit im­mer schlim­mer.

Das wa­ren jetzt ein­deu­tig zu vie­le Zei­len für ei­ne Ver­an­stal­tungs­an­kün­di­gung! Die Habs­bur­ger­sa­che kann auch hier zum The­ma wer­den:

Mor­gen, am 2. De­zem­ber 2024, fin­det in Düs­sel­dorf (Link) ei­ne span­nen­de Dis­kus­sion über den Ein­fluss der Künst­li­chen In­tel­li­genz (KI) auf die Spra­che statt, denn das ist die nächs­te gro­ße Sor­ge: Dass die Ein­flüs­se, de­nen je­de le­ben­de Spra­che un­ter­liegt, künf­tig nicht mehr die von Nach­bar­län­dern oder do­mi­nan­ten Kul­tu­ren von Staa­ten sein könn­ten, son­dern je­ne von tref­fen­den und un­zu­treff­en­den Be­grif­fen, die wir im Kon­takt mit der KI auf­schnap­pen. Und dass die Leu­te plötz­lich an­fan­gen, im All­tag ver­schlich­tet zu schrei­ben, zu spre­chen, zu den­ken, da­mit die KI "mit­kommt". Was ge­nau ist die KI und was be­deu­tet sie für die Zu­kunft?

02. Dezember 2024, 19:00 - 20:30, Eintritt frei, Institut français, Düsseldorf im zakk (Zentrum für Aktion, Kultur und Kommunikation) Fichtenstraße 40, 40233 Düsseldorf 
Ei­ne Ver­an­stal­tung mit: Ka­tha­ri­na West­phal von #Di­gi­tal­chan­ge­ma­ker, Cy­ril Ca­tel von iAd­vi­ze, im Be­reich "Con­ver­sa­tio­nal Com­mer­ce" tä­tig, Lau­ra Hu­rot, ei­ner Über­set­zer­kol­le­gin und Fran­zö­sisch­leh­re­rin, die für das Kon­zept der slow trans­la­ti­on be­kannt ist, gu­te al­te Hand­ar­beit, und die als Teil der Grup­pe En Chair et En Os zum Nach­den­ken über die lang­fris­ti­gen Aus­wir­kun­gen von ma­schi­nel­ler Über­set­zung an­regt, last but not least In­go Klei­ber, Lin­gu­ist und Ex­per­te für Bil­dungs­tech­no­lo­gie.

Ein­tritt: gra­tis, An­mel­dung: info.düsseldorf@institutfrancais.de; spon­ta­nes Er­schei­nen ist zu­lässig; Ge­spräch auf Deutsch.

Was die Ma­schi­ne nicht kann, da­für wir Men­schen umso besser, ist Kör­per­spra­che zu le­sen. Me­di­en­kon­sum ist der­zeit für Dol­met­scher­in­nen mit kör­per­li­chem Un­wohl­sein ver­bun­den. War­um? Weil wir so oft sehr mie­se Ge­füh­le da­bei be­kom­men. 

Es ist ein­fach so, dass Kör­per­spra­che sehr viel über die Hal­tung der Spre­chen­den aus­sagt, wie glaub­wür­dig sie sind, wie au­then­tisch. Auch die Stim­me lügt nicht, und Mi­mik ... na­ja, ein star­rer Blick in die TV-Ka­me­ra oder als zwei­te Blick­rich­tung un­ter sich, star­rer Ober­kör­per, der erst bei ei­ner Nach­fra­ge sicht­lich in Be­we­gung ge­rät, ei­ne kno­ti­ge Stim­me — was ich die­se Wo­che ge­se­hen ha­be, ist Ma­te­ri­al, das in Lehr­fil­me ein­ge­hen wird. Ich wer­de mir dem­nächst die Stich­punk­te da­raus trans­kri­bie­ren und ei­ne Über­set­zung da­zu über­le­gen.

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Grafik: IF Düsseldorf

Samstag, 30. November 2024

Klickfabriken

Kom­mu­ni­ka­ti­on ist al­les, Bil­dung und In­for­ma­ti­on sind die zwei­te Hälf­te. ☺ Ich übe mich ge­ra­de in Kin­der­lo­gik; das zwei­te klei­ne Fräu­lein, die Fast-Sechs­jäh­ri­ge, mei­ne gro­ße Nichte, hat die­ses Prin­zip eben erst ge­lernt. Hier ver­öf­fent­liche seit 2007 als Sprach­ar­bei­te­rin Epi­so­den aus unserem All­tag, also über Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen. Am Sams­tag folgt der Link der Wo­che, ei­ner Wo­che mit al­ten Schreib­tisch­fo­tos und ei­nem Schwer­punkt­the­ma, der so­ge­nann­ten Küns­tli­chen In­tel­li­genz.

Schreibtisch, Lampe, Blumen, Buch, Schreibzeug
"Individuelle Beleuchtung" (1923)
Eine ausländische Über­set­zungs­a­gen­tur wirbt im Netz so oder so ähn­lich: "Wir über­set­zen mit un­se­rem Su­per­al­go­rith­mus zu 100 Pro­zent mit der KI". Eine Kol­le­gin in Eu­ro­pa be­kommt An­fra­gen exakt die­ser A­gen­tur, und da ist dann plötzlich nur in­di­rekt von KI die Re­de, denn es folgt das klas­si­sche A­gen­tur­prin­zip: Text hin­schicken, Über­set­zung zu­rück.

Und dann der Kna­ller, denn für die Ab­wick­lung der Auf­trä­ge muss sie sich schriftlich da­zu ver­pflich­ten, ohne jeg­li­che Un­ter­stüt­zung durch die KI zu ar­bei­ten. Zu­dem soll sie sich für wei­te­re Auf­trä­ge in fes­ten Zeit­rah­men zur Ver­fü­gung stel­len. Das Ho­no­rar be­trägt ein Drit­tel des­sen, was sie sonst be­rech­net, das Stand by wäre ohne Ver­gü­tung.

Noch kann sie sich leis­ten, die An­fra­ge in die Ton­ne zu tre­ten.

An­de­re Men­schen ha­ben kei­ne Wahl, und schlech­te Be­zah­lung und Ar­beits­be­din­gun­gen ge­hen noch schlim­mer. In Län­dern ohne viel Job­an­ge­bo­te sit­zen Men­schen in Klick­fa­bri­ken (neu­deutsch Cloudfactory) und brin­gen der KI bei, was sie ler­nen soll. In müh­sa­mer De­tail­ar­beit iden­ti­fi­zie­ren dort die Ar­bei­te­rin­nen und Ar­bei­ter di­gi­ta­le Bil­der und brin­gen der KI auf Dro­hnen­fo­tos bei, was ein Haus­dach, was ein Park­platz und was ein Swim­ming Pool ist, um die Pa­ket­zu­stel­lung durch die Luft zu ver­bes­sern.

Ein Ge­heim­nis der KI

Welt­weit wird von zehn Mil­lio­nen Men­schen ge­spro­chen, die auf die­se Art und Wei­se die KI trai­nie­ren, denn erst durch die mensch­li­che In­ter­ven­ti­on "kann" die KI, was sie "kann". Dazu hat SWR2 Wis­sen über meh­re­re Mo­na­te re­cher­chiert, der Link zum Pod­cast-Bei­trag hier: Wie Klick­ar­bei­ter in Ke­nia aus­ge­beu­tet wer­den".Im Bei­trag ist von ei­nem bis zwei Eu­ro die Stun­de die Re­de, was zu we­nig ist fürs Über­le­ben. Be­trof­fe­ne emp­fin­den es als Skla­ven­ar­beit.

An­de­re trai­nie­ren das Ver­hal­ten von Chat­bots oder die Tech­nik da­rin, Mus­ter in La­bor­prä­pa­ra­ten oder Ge­walt­dar­stel­lun­gen zu er­ken­nen, zum Teil mit trau­ma­ti­sie­ren­dem Ma­te­ri­al. Da­bei ist der Um­gang mit den Men­schen in der di­gi­ta­len Ar­beit selbst nicht ohne Ge­walt, an­ge­fan­gen bei der Un­ter­be­zah­lung. Wer von zu­hau­se aus ar­bei­tet, wird oft mit Tra­cking oder per Com­pu­ter­ka­me­ra über­wacht.

Ar­beits­schutz­ge­set­ze und an­de­re Re­geln, die die Pri­vat­sphä­re ga­ran­tie­ren, Er­run­gen­schaf­ten des Glo­ba­len Nor­dens, gel­ten im Sü­den nicht.

The Big Five & Co.

Äpfel, Äpfel, Äpfel
Urheberrecht: die Natur
Die Kund­in­nen und Kun­den der Klick­fa­briken sind die be­kann­ten Grö­ßen, de­ren Ziel es sei, die Leis­tungs­fä­hig­keit der KI zu ver­schlei­ern, um den "Zau­ber" die­ser Tech­nik nicht zu be­schä­di­gen, so von den Jour­na­lis­ten be­frag­te Fach­leu­te. Ähn­lich wie mit dem Schutz der Mit­ar­bei­tenden hal­ten es die Tech-Gi­gan­ten mit dem Schutz des Ur­he­ber­rechts oder der Pri­vat­sphä­re der­je­nigen, de­ren Da­ten zu Trai­nings­zwe­cken ver­wen­det wer­den. Es ist Dieb­es­gut und auch ganz pri­va­te Fa­mi­lien­fo­tos kön­nen da­run­ter sein.

Denn Bil­der al­lein rei­chen of­fen­bar nicht. Die KI brauch­e nicht nur vie­le Bil­der, son­dern auch eine de­tail­lier­te Be­schrei­bung des­sen, was zu se­hen ist. "KI-Sys­te­me sind düm­mer, als es der Hype ver­muten lässt", wird auch Mi­la­gros Mi­ce­li zi­tiert, In­for­ma­tike­rin und So­zio­lo­gin am Wei­zen­baum-In­sti­tut in Ber­lin.

Vo­ka­bel­no­tiz
The Big Five, die Tech-Gi­gan­ten — les GA­FAM (Goog., Amaz., Faceb., an­ge­bis­se­nes Obst und Mi­cros.) plus die­ser Her­stel­ler selbst­fah­ren­der Kut­schen, kei­ne Lust auf vol­le Na­mens­nenn­ung!

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Zu­falls­fund) und
Archiv Elias Lossow (Originallegende)

Freitag, 29. November 2024

O-Ton Mimikrymaschine

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Wie Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Heu­te, Don­ners­tag, geht's noch­mal wei­ter mit KI. Sor­ry für die­se Ver­schie­bung zu ei­nem neu­en The­men­schwer­punkt, aber der Hype der neu­en Tech­nik be­droht Exis­ten­zen, und Tech­nik­nerds ver­kau­fen oft nur hei­ße Luft.

Wie soll ich die­se Tech­nik künf­tig nen­nen? Sie ist ei­ne La­ber­box, ein Pa­pa­gei, Hoch­sta­pler­soft­ware und auch ei­ne Mi­mikry­ma­schi­ne. Das letz­te Wort klingt so ähn­lich wie der be­rühm­te Re­gen­rin­nen­rei­ni­gungs­rhyth­mus, das neh­me ich für den Ti­tel! Ich darf die Lis­te noch um ein Wort er­gän­zen, denn ich ha­be die KI selbst ge­fragt und eben das Wort "Ho­kus­po­kus" von ihr be­kom­men.

Kind lernt am Schreibtisch
Kul­tur bleibt klein­tei­li­ge Lern­ar­beit
Hier noch ei­ni­ge Emp­feh­lun­gen von Chat­GPT. Re­gel­mä­ßig set­ze ich un­sicht­ba­re Sil­ben­trenn­zei­chen mit der Ma­schi­ne. Bei blog­ger. com hab' ich's über­stra­pa­ziert, kom­me nicht mehr an den Code ran, kann al­so kei­ne au­to­ma­ti­sier­ten Sil­ben­trenn­zei­chen pro­gram­mie­ren. Da­her hat die­se KI in mei­nem Gra­tis­kon­to ei­ni­ges von mir und mei­ner Ar­beit "mit­be­kom­men" und sich ak­tu­ell er­neut von selbst mit Vor­schlä­gen zu Wort ge­mel­det, das macht sie manch­mal. 

Es folgt der Text im Ori­gi­nal-Ton (O-Ton), der nur mi­ni­mal re­di­giert wur­de.

Lö­sungs­an­sät­ze für den Kul­tur­kampf ge­gen die KI-Aus­beu­tung

Ur­he­ber­recht ins KI-Zeit­al­ter he­ben
Die ak­tu­el­le Ge­setz­ge­bung hinkt hin­ter­her. Wer­ke, die von LLMs ver­wen­det wer­den, soll­ten nicht mehr wie "ge­mein­freie Da­ten" be­han­delt wer­den. Denk­bar wä­ren Mo­del­le wie die "Da­ten­li­zen­zie­rung", bei der KI-Un­ter­neh­men zah­len müs­sen, wenn sie auf In­hal­te zu­grei­fen. Künst­ler, Au­to­ren und Krea­ti­ve wür­den so durch ein Li­zenz­sys­tem pro­fi­tie­ren – ähn­lich wie bei Mu­sik­rech­ten (Stich­wort: GEMA).

Da­ten­sät­ze sau­ber hal­ten
Ein wei­te­rer An­satz wä­re es, durch­setz­ba­re „opt-out“-Me­cha­nis­men zu schaf­fen. Au­to­ren und Ver­la­ge könn­ten ver­lan­gen, dass ih­re Wer­ke aus den Trai­nings­da­ten­sät­zen ent­fernt wer­den. Da­für braucht es mehr Trans­pa­renz bei den KI-Un­ter­neh­men.

Neue Al­li­an­zen bil­den
Krea­ti­ve soll­ten ih­re Kräf­te bün­deln. Ge­werk­schaf­ten und Bran­chen­ver­bän­de kön­nen Druck auf Po­li­tik und Wirt­schaft aus­üben. Ein Bei­spiel aus der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit ist der Streik der Dreh­buch­au­to­ren in Hol­ly­wood, der am En­de zu bes­se­ren Kon­di­tio­nen führ­te. War­um nicht auch ei­ne Be­we­gung der Au­to­ren, Ver­le­ger und Künst­ler?

Tech­no­lo­gie für die Rech­te von Krea­ti­ven nut­zen
KI-Sys­te­me könn­ten so pro­gram­miert wer­den, dass sie au­to­ma­tisch die Quel­le der In­hal­te mit Me­ta­da­ten ver­knüp­fen. Da­durch wird die Her­kunft klar, und je­de Ver­wen­dung lässt sich nach­voll­zie­hen, oh­ne dass ein ho­her En­er­gie­auf­wand nö­tig ist.

Krea­ti­ve Bil­dung för­dern
Da­mit Men­schen die KI nicht als Er­satz, son­dern als Werk­zeug se­hen, soll­te die Schaf­fung von Kul­tur stär­ker ge­för­dert wer­den. Mu­sik­un­ter­richt, Schreib­werk­stät­ten und krea­ti­ve Pro­gram­me sind der Schlüs­sel da­zu, den Wert des mensch­li­chen Schaf­fens zu ver­ste­hen.

Be­wusst­sein schaf­fen
Vie­le Kon­su­men­ten mer­ken nicht, wie LLMs und KI-Bild­ge­ne­ra­to­ren funk­tio­nie­ren. Ei­ne Auf­klä­rungs­kam­pa­gne könn­te den Fo­kus dar­auf len­ken, wie wich­tig mensch­li­che Krea­ti­vi­tät ist  und was auf dem Spiel steht, wenn wir sie ent­wer­ten.

E­thik-Ko­di­zes ein­füh­ren
Bran­chen­über­grei­fen­de Ab­spra­chen könn­ten si­cher­stel­len, dass KI-Mo­del­le nur un­ter fai­ren Be­din­gun­gen trai­niert wer­den. Krea­ti­ve, de­ren Wer­ke ge­nutzt wer­den, müss­ten Mit­spra­che­rech­te er­hal­ten.

* * *

Ab kom­men­der Wo­che bleibt's beim KI-Mitt­woch. An den an­de­ren Ta­gen wer­de ich ver­mut­lich we­ni­ger pos­ten, die Sai­son neigt sich dem En­de zu. Da­bei wer­de ich ver­su­chen, mich wie­der mehr der Sprach­ar­beit zu wid­men.

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Fo­to:
Ar­chiv E­li­as Los­sow

Mittwoch, 27. November 2024

Der große Wiederkäuer

Sprach­ar­beit setzt Hand­ar­beit vor­aus
Als Dol­met­scher­in schrei­be ich hier seit 2007 über mei­nen All­tag in der Bran­che. Was und wie Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, ist kaum be­kannt. Heu­te Mor­gen wie­der­hole ich Vo­ka­bel­lis­ten und wid­me mich der Ter­min­pla­nung. Auf dem Blog ist mitt­wochs der­zeit ein Ein­wurf zur Tech­nik fäl­lig. Neu­es zur KI al­so!

Heute: An­la­ge­tipps! Mit mir kön­nen sie rich­tig reich wer­den! 

Nein, das ist ein Scherz, Schus­ter bleib bei Dei­nen Leis­ten! Allerdings werden An­le­ger:­innen wohl bald Geld um­schich­ten. Dafür dürfen wir Men­schen aus der Sprach­ar­beit, damit meine ich Tex­ten, Über­set­zen, Kor­rek­to­rat, Lek­to­rat und auch Dol­met­schen, die von be­sorg­nis­er­re­gen­den Um­satz­ein­brü­chen von 30 bis 80 Pro­zent in die­sem Jahr be­rich­tet ha­ben, wie­der et­was auf­at­men. Vor­erst, denn die Ent­wick­lung geht wei­ter, und die |Ver­spre­chen| Lü­gen der Tech­nik-Nerds ge­hen un­ge­hin­dert wei­ter, Zi­tat von ei­nem An­bie­ter:
Durch den Einsatz von KI-gestütztem Dolmetschen sparen Sie erheblich im Vergleich zu herkömmlichen Simultan-Dolmetschern. Die Kosten für menschliche Dolmetscher können schnell in die Höhe schießen, insbesondere bei mehrsprachigen Veranstaltungen. Unsere KI-Lösung bietet eine kosteneffiziente Alternative, ohne besondere Abstriche bei der Qualität zu machen.
'Oh­ne be­son­de­re Qua­li­täts­ab­stri­che' — das ist ir­re­füh­ren­de Wer­bung, sonst nichts.

Der Hype zur KI, an­geb­lich "Künst­li­che In­tel­li­genz", geht auf einen Über­set­zungs­feh­ler zu­rück, denn in­tel­li­gence meint hier le­dig­lich Da­ten­ver­ar­bei­tung, das Schil­lern der Be­deu­tun­gen ist aber Ab­sicht, ei­gent­lich ein Mar­ke­ting­gag. Die KI be­steht aus "prä­dik­ti­ven Sprach­mo­del­len", Large Lan­guage Mo­dels (LLMs), die mit vie­len Da­ten ge­füt­tert wor­den sind, von de­nen vie­le feh­ler­haft sind, ich sage nur Lai­en- oder Schwur­bler­sei­ten, oder aber ge­stoh­len wor­den sind (Ur­he­ber­recht ist hier ein gro­ßes Thema).

Auf­grund der Da­ten­sät­ze er­rech­nen sie dann, was mit ho­her Wahr­schein­lichkeit auf die­sen oder je­nen Be­griff fol­gt. Das ist häu­fig so ak­ku­rat wie die Au­to­ver­voll­stän­di­gung bei man­chen Apps, näm­lich eher nicht.

Jetzt ist ei­ne Grup­pe von Apple-For­schern (Link) mit die­sem The­ma in die Öf­fent­lich­keit ge­gan­gen: Große Sprach­mo­del­le den­ken nicht wirk­lich. Sie re­pro­du­zie­ren Ant­wor­ten auf­grund von Da­ten, ha­ben aber kei­ne ech­te Fä­hig­keit zu lo­gi­schem Den­ken. 

Der Rück­griff der Al­go­rith­men auf Mil­li­ar­den von Pa­ra­me­tern und ihre Re­kom­bi­na­tion ist nur die Il­lu­sion von In­tel­li­genz. Al­les an­de­re be­deu­tet, die Sprach­mo­del­le zu über­schät­zen.

Was be­deu­tet das für un­se­ren Um­gang mit der KI?

1. KI nur ein Werk­zeug

Da die KI nicht "den­ken", son­dern nur be­reits Ver­öf­fent­lich­tes wie­der­käu­en kann, dür­fen wir sie als Werk­zeug be­grei­fen, als bes­se­ren Text­edi­tor, aber nicht als Er­satz für krea­ti­ves oder ana­ly­ti­sches mensch­li­ches Den­ken. Die Vor­stel­lung von einer "all­wis­sen­den" KI ist ein Nar­ra­tiv des Mar­ke­tings, um In­ves­ti­tio­nen an­zu­zie­hen, hat aber mit der Rea­li­tät nichts zu tun.

2. Ri­si­ken für die Wirt­schaft
Die Desil­lu­sio­nie­rung in Be­zug auf LLMs könn­te Start-ups ins Wan­ken brin­gen, die auf die­ser Tech­nik be­ru­hen. In­ves­to­ren, die Mil­li­ar­den in die­se Ent­wick­lun­gen ge­steckt ha­ben, könn­ten ei­nen Rück­zug oder Um­schich­tun­gen ein­lei­ten ... mit allen Fol­gen für die­sen neu­en Ar­beits­markt, der hei­ße Luft verkauft. Auf der an­de­ren Seite dürf­te bald die Ar­beit ech­ter Krea­ti­ve wie­der stär­ker nach­ge­fragt wer­den.

3. Lernen, nicht glauben
KI ist leistungs­stark, aber nur in man­chem Kon­text. So blei­ben zum Bei­spiel Dol­met­sche­r:in­nen, die Dia­lekte ver­stehen oder Nu­ancen wie Iro­nie und Sar­kas­mus er­ken­nen können und die im Zwei­fels­fall Rück­fra­gen stel­len, un­er­setz­lich. Wir Men­schen kom­bi­nie­ren Wis­sen, Er­fah­rung und In­tu­i­tion, was keine der KIs auf dem Markt nach­ah­men kann  und ohne Er­fah­rung, Vor­wis­sen, die Kennt­nis der Sprech­ab­sich­ten und Er­war­tun­gen der Emp­fän­ger sowie ohne mensch­liche Fä­hig­kei­ten wie Empa­thie oder Le­sen der Kör­per­sprache auch nicht ler­nen kann.

4. Vie­le ethi­sche De­bat­ten
Wenn Un­ter­neh­men die Schwä­chen ih­rer Mo­del­le ver­schwei­gen und trotz­dem Mil­li­ar­den mo­bi­li­sie­ren, könn­ten wir es mit ei­ner mo­ra­li­schen Kri­se zu tun be­kom­men. Wer trägt die Ver­ant­wor­tung für fal­sche Ent­schei­dun­gen, die auf KI-Er­geb­nis­sen be­ru­hen? Und was be­deu­tet die KI für die Zu­kunft vie­ler Be­rufe, Stu­di­en­gän­ge und die Lern­mo­ti­va­ti­on des Nach­wuch­ses?

5. Die Rol­le von For­schern
Der Mut von Ap­ple-For­schern, Schwä­chen der Tech­no­lo­gie auf­zu­de­cken, zeigt, dass es auch in­ner­halb der Tech-In­dus­trie ei­nen drän­gen­den Be­darf an kri­ti­scher Re­fle­xi­on gibt.
* * *

Mich über­ras­chen diese Er­geb­nis­se nicht. Wir haben es mit einem Tech­nik­hype zu tun, und neuen Tech­ni­ken wird tra­di­ti­o­nel­l in un­se­ren Ge­sell­schaf­ten rascher ge­glaubt als alten Ha­sen oder Hä­sin­nen. Aber ich muss die Sache um­dre­hen: Was wä­re, wenn die KI ei­nes Tages wirk­lich selb­st­än­dig zu "den­ken" an­fin­ge? Ich hal­te das für pu­ren Ani­mis­mus, aber wä­re die KI am En­de klug, wür­de sie se­hen, dass der Ho­mo Sa­pi­ens ein Schä­dling ist auf sei­nem Hei­mat­glo­bus, und sie könn­te die Kon­se­quen­zen zie­hen. Auch hier scheint sich nie­mand ge­wapp­net zu ha­ben.

Schluss mit dem dys­to­pi­schen Ge­rau­ne. Zu­rück zum 4. Punkt, er ist wich­tig. Die KI wird mit an­de­ren Mo­del­len wei­ter­ent­wi­ckelt und be­droht auch im ak­tu­el­len Sta­di­um fort­ge­setzt die Le­bens­grund­la­ge vie­ler, weil das all­ge­mei­ne Sprach­ni­veau und die An­sprü­che über­all sin­ken, eben auch be­för­dert von die­ser si­mu­lier­ten In­tel­li­genz. Stu­di­en­gänge werden der­zeit all­zu leicht­fer­tig ge­schrumpft, Schü­ler und Stu­den­tin­nen ent­mu­tigt.

Und ja, Um­satz­ver­lus­te in den oben be­nan­nten Be­ru­fen sind Re­a­li­tät, und auch wenn sich die Hoch­sta­pe­lei her­um­ge­spro­chen haben wird, dürfte sich so schnell in Zei­ten der Mul­ti­kri­sen und der ge­kürz­ten Bud­gets für die reine Text­ar­beit nichts än­dern. An­ders sieht es mit dem Dol­met­schen aus, der Markt war bis­lang nur im Be­reich Mes­sen be­schä­digt. Wir müs­sen jetzt Auf­klä­rungs­ar­beit leis­ten.

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Fo­to: Ar­chiv Elias Los­sow
(He­di am Schreib­tisch, 1934)

Dienstag, 26. November 2024

Kipppunkt Kultur

Wei­ter im Text mit die­ser aty­pi­schen Wo­che. Als Sprach­ar­bei­te­rin be­rich­te ich hier über Le­ben und Ar­bei­ten der Dol­met­scher und Über­set­ze­rin­nen (und des je­wei­lig an­ders­ge­schlecht­li­chen Pen­dants). Ge­stern muss­te ich kurz­fris­tig ins Kran­ken­haus, und zwar zum Dol­met­schen. Mut­ter und Kind sind wohl­auf! Mehr ist dazu nicht zu sa­gen. "Ge­sund­heit­lich" be­droht sind in der Haupt­stadt ganz an­de­re ...

Ein­spa­run­gen im Kul­tur­be­reich ste­hen im Ber­li­ner Ab­ge­ord­ne­ten­haus heu­te auf dem Pro­gramm. Leu­te, bit­te lasst das sein! 

Richard Müller, Berlin, 1901 (beim No­ten­stu­dium)
So­was ist kom­plett kon­tra­pro­duk­tiv! Die Kul­tur­or­te sind voll (als pfle­gen­de An­ge­hö­ri­ge su­che ich oft ge­nug Last-Minute-Kar­ten). Ich weiß es auch als Sprach­kul­tur­schaf­fen­de. Un­se­re Ho­no­ra­re stag­nie­ren seit lan­gem, wur­den zwi­schen­durch ein we­nig er­höht, man­che Häu­ser ha­ben sie be­reits ge­kürzt, und das in Zei­ten ex­plo­die­ren­der Prei­se.
Denn die Kul­tur­ein­rich­tun­gen ha­ben ho­he Fix­kos­ten.

Das meis­te Geld ist dau­er­haft ver­plant, für Ge­bäu­de, Ge­häl­ter, Ener­gie, Ver­si­che­run­gen und Be­triebs­mit­tel, al­les wird teu­rer. Wenn dann 20, 25 Pro­zent des Bud­gets fürs Pro­gramm zur Ver­fü­gung steht, stel­len mi­nus zwölf Pro­zent in man­chen Häu­sern al­les in­fra­ge.

Ein kul­tu­rell to­tes Ber­lin zieht am En­de we­ni­ger Tou­ris­ten an, und Tou­ris­mus steht in der Lis­te der Haupt­stadt­wirt­schaft an ers­ter Stel­le, noch vor Bil­dung, Po­li­tik, Lob­by­ing. Hier wird in Ber­lin Um­satz ge­macht. Kul­tur ist zu­dem der Ort, an dem Zu­sam­men­halt ge­schaf­fen wird, hier wer­den Wer­te dis­ku­tiert, die De­mo­kra­tie ge­fes­tigt. Denkt an die 1920-er Jah­re! Die Kul­tur tot­zu­spa­ren ist ein Selbst­mord auf Ra­ten.

Ich kann nur das bes­te Zi­tat brin­gen, das ich in dem Kon­text ge­hört ha­be, es stammt von Re­gis­seur Bar­rie Kos­ky: "Ber­lin oh­ne Kul­tur ist nur Bie­le­feld mit big buil­dings." 

Das Ge­gen­teil von Kür­zun­gen tut drin­gend not. Mu­sik war ge­stern schon ein Stich­wort, denn Mu­sik­bil­dung ist die bes­te Grund­la­ge fürs Spra­chen­ler­nen.

Deutsch­land und die die EU soll­ten drin­gend neue För­de­rungen auf­legen, und zwar die För­de­rung der eu­ro­pa­weiten Mu­sik­aus­bil­dung, ge­rade und be­son­ders jetzt in der Ära der Mul­ti­krisen. Mu­sik för­dert in den Schu­len die bes­ten Ei­gen­schaf­ten: Fleiß, Hin­hö­ren, Ko­o­pe­ra­tion, Selbst­kon­trol­le (üben!), Kon­zen­tra­tion. Das ist man von et­li­chen Mo­dell­ver­su­chen be­kannt, bei de­nen in Pro­blem­vier­teln ech­ter In­stru­men­tal- und Or­ches­ter­un­ter­richt ein­ge­führt wor­den ist.

Miau / Miaou ... Katzen mit Sprechblasen
... oder soll'n wir bald nur noch
Kat­zen­kon­zer­ten lau­schen?
Das ist von et­li­chen Mo­dell­ver­suchen be­kannt, bei de­nen in Schu­len von Prob­lem­vier­teln ech­ter Ins­tru­men­tal- und Or­ches­ter­un­ter­richt ein­ge­führt wor­den ist. Mu­sik ist cha­rak­ter­bil­dend, schult das Ge­hör, schenkt Men­schen eine sinn­vol­le Frei­zeit­be­schäf­ti­gung und macht meis­tens nur we­nig kli­ma­schäd­li­che En­er­gie nö­tig, au­ßer­dem ist sie Tra­di­tions­pfle­ge (und da­mit Iden­ti­fi­ka­tion) pur.

Stoppt die Ber­li­ner Kür­zungs­wut mit dem Ra­sen­mä­her (und mit einem Schwer­punkt auf Ju­gend­kul­tur­an­ge­bo­te)! Geht in die Of­fen­sive, in die eu­ro­pä­ische Mu­sik­of­fen­sive! Mu­sik ist zu­dem frie­dens­stif­tend. Böse Men­schen ken­nen kei­ne Lie­der.


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Il­lus­tra­tio­nen: Frank­fur­ter Buch­mes­se (2017), Gast-
land Frank­reich, Wett­be­werb für jun­ge Ge­stal­ter, o.N.,
so­wie Fo­to­ar­chiv Elias Los­sow

Montag, 25. November 2024

Montagsschreibtisch (69)

Bonjour und hal­lo! Hier bloggt seit 2007 ei­ne Sprach­ar­bei­te­rin. Wie le­ben und ar­bei­ten wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen, was be­schäf­tigt uns in der Frei­zeit?

Da kann ich nur von mir spre­chen. Al­so mein Wo­chen­en­de war so: ar­bei­ten (Ver­eins­ar­beit), aus­schla­fen, put­zen, ko­chen, zwei Kino­fil­me se­hen, ins Kon­zert ge­hen. Mu­sik ist im­mer wie­der das Grö­ßte! Und ir­gend­wie die Grund­la­ge von al­lem.

1924: Dame am Schreibtisch
Unser Büro ist nicht durch­ge­hend be­setzt
Hier der Blick auf mei­nen Schreib­tisch die­ser Wo­che:

⊗ Nach­‍be­‍rei­‍tung der drei Kon­‍fe­‍ren­‍zen der letz­ten Wo­che
⊗ Kos­‍ten­‍vor­‍an­‍schlä­‍ge April 25 bis Mai 25
⊗ Die ak­tu­el­len Ab­‍sa­‍gen der staat­lich fi­nan­zier­ten Ter­mine Ja­nu­ar bis März 25 den Kol­le­gin­nen mit­tei­len (die po­li­ti­sche La­ge schlägt voll auf un­se­re Bran­che durch)
⊗ Buch­hal­tung
⊗ Ehe­schlie­ßung dol­metschen (gra­tis, Freund­schafts­dienst)
⊗ Mo­nate im Vo­raus: An­fan­gen, die Woh­nung für die Ber­li­na­le-WG vor­zu­be­rei­ten
⊗ sie­he oben: Mu­sik hö­ren, mich 'er­den', me­di­tie­ren, lau­fen ge­hen

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Fo­to: Ar­chiv Elias Los­sow

Samstag, 23. November 2024

Krisenmanagement

Hal­lo! Hier denkt seit 2007 ei­ne Sprach­ar­bei­te­rin über be­son­de­re Epi­so­den aus dem All­tag der Dol­met­scher und Dol­met­scher­in­nen nach. Ich schrei­be da­bei au­to­bio­fik­tio­nal, um die Kund­schaft zu schüt­zen. Da­her hat sich nicht al­les, was hier ge­schrie­ben steht, zu 100 Pro­zent am be­wuss­ten Tag ex­akt so zu­ge­tra­gen. Manch­mal fas­se ich zwei Mo­men­te zu­sam­men. Was ich in­des ver­si­chern kann: Al­les ist wirk­lich und wahr­lich er­lebt und er­lit­ten.

Mein Sams­tags­linik hier, die War­nung vor der Kli­ma­ka­tas­tro­phe könn­te dring­licher nicht sein: Be­droh­te At­lan­tik­strö­mung AMOC auf "Spie­gel On­line", ei­ne wei­te­re an­ge­kün­dig­te Ka­tas­tro­phe in der Kli­ma­ka­tas­tro­phe. Und weil es von der Jah­res­zeit und dem Hei­zungs­the­ma her so gut passt, hier noch ei­ne Epi­so­de aus mei­nem viel­fäl­ti­gen Dol­met­sche­rin­nen­le­ben.

Ein Tag im grau­en No­vem­ber, ein wei­te­rer grau­er Tag nach vie­len an­de­ren grau­en Ta­gen: Seit mehr als ei­nem Mo­nat wird un­se­re seit Mo­na­ten knal­len­de Hei­zung, die auch das hei­ße Was­ser pro­du­ziert, schmerz­lich ver­misst. Das Ge­rät ist fast 30 Jah­re alt. Wir ha­ben es aus Si­cher­heits­grün­den aus­ge­stellt. Ir­gend­ein Teil ist de­fekt.

Gibt es eine Übersetzung? - Ja, es gibt unter "mehr" eine Dolmetschfunktion.
Chat­fens­ter ei­ner On­line-Soft­ware
Un­se­re glorreiche Haus­ver­wal­tung me­di­tiert sich die Ha­va­rie ge­ra­de wie­der zu­recht, schät­ze ich. Schon län­ger schei­nt sie ernst­haft zu er­wä­gen, ob das an­ge­kün­dig­te süd­ita­lie­ni­sche Wet­ter durch den Kli­ma­wan­del schnell ge­nug kommt, oder aber sie hof­ft auf För­der­geld zum Ein­bau neu­er Hei­zun­gen oder da­rauf, dass sich doch ein Er­satz­teil zur Re­pa­ra­tur an­fin­det.
Hin­ter­gund: Als un­ser Miet­haus vor vier Jah­ren von ei­ner gro­ßen Geld­an­la­ge­fir­ma ge­kauft wur­de, die im Auf­trag des Pen­si­ons­fonds ei­ner Bank aus der Schweiz agiert, hat die Ver­wal­tung erst­mal sämt­li­che War­tungs­ver­trä­ge für die Haus­tech­nik ge­kün­digt und nicht er­setzt. So­was kos­tet doch auch nur un­nö­tig Geld der An­le­ger:in­nen, oder?

Die­se Haus­ver­wal­tung zu in­for­mie­ren fühlt sich seit­her an, wie mit ei­nem to­ten Brief­kas­ten zu kor­re­spon­die­ren. Kom­plett ab­surd: Durch För­der­gel­der zur Mo­der­ni­sie­rung war die­ses "Mo­dell" in den letz­ten Jahr­zehn­ten so­gar öko­no­misch 'er­folg­reich', hat den Ei­gen­tü­mern Ge­win­ne be­schert, so­gar dann, wenn die Sa­nie­rung am En­de schwie­ri­ger und teu­rer wur­de; Fehl­an­rei­ze, die seit Jahr­zehn­ten be­kannt sind!

Zu­rück zu mir bzw. zu uns. Wir sit­zen der­zeit meis­tens in der Kü­che und sind in­zwi­schen Back­pro­fis. Haus­ge­mach­tes Brot, Auf­lauf und Ku­chen hel­fen, denn der Back­herd wärmt den Raum auf, es ist wie einst bei der Oma. Oft sit­ze ich da al­lei­ne, nicht im­mer. Und wir ha­ben noch ei­nen klei­nen Heiz­lüf­ter, der mit durch die Woh­nung wan­dert. Am Wo­chen­en­de wird es vol­ler. Was könn­te es da Bes­se­res ge­ben, als am Sams­tag für ei­nen Bil­dungs­ver­ein dol­met­schen zu ge­hen.

Ich bin ei­ne hal­be Stun­de vor Be­ginn vor Ort und rich­te mich ein. Der Kol­le­ge, den ich noch nicht ken­ne, glänzt noch durch Ab­we­sen­heit. Wir war­ten und fan­gen mit Ver­spä­tung an. In der ers­ten Stun­de dol­met­sche ich das hy­bri­de Event al­lei­ne. Dann folgt ei­ne ver­län­ger­te Kaf­fee­pau­se. Wir sind wei­ter oh­ne Nach­richt von ihm. Ir­gend­wann stellt sich her­aus, dass ihn ei­ne hef­ti­ge Grip­pe über Nacht der­art aus den Lats­chen ge­hau­en hat, dass er nicht ein­mal da­zu im­stan­de war, Han­dy oder Rech­ner zu be­mü­hen und ab­zu­sa­gen.

Zwi­schen­durch ist der Vor­sit­zen­de des Ver­eins ein­ge­sprun­gen, über­nimmt beim nächs­ten Pa­nel ei­ni­ge Ma­le für zehn, 15 Mi­nu­ten das Dol­met­schen ... und hat sich ganz wacker ge­schla­gen! Glück­wunsch! In ei­nem ähn­li­chen Fall, da­mals war's Co­ro­na, war zu­fäl­lig ei­ne Kol­le­gin im Raum mit der Ar­beits­spra­che Spa­nisch. Sie hat­te vor Ewig­kei­ten auch mal Fran­zö­sisch ge­lernt und übernahm das Dol­met­schen ins Deut­sche.

In der Zwi­schen­zeit geht ei­ne Sam­mel­mail an die Kol­le­gin­nen mit ei­nem Hil­fe­ruf. Nach der Mit­tags­pau­se sind wir zu zweit! (Kon­kret: Mer­ci beau­coup, Isa­bel­le!)

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Fo­to: Zoom (be­ar­bei­tet mit pixlr)

Freitag, 22. November 2024

Artikel in der ZEIT

Hier ver­öf­fent­li­che ich als Sprach­ar­bei­te­rin Epi­so­den aus dem All­tag der Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen. Neulich habe ich eine Jour­na­lis­tin ge­trof­fen und mit ihr über den Be­ruf in Zeiten der KI ge­spro­chen.

Weil mich die Nut­zung neu­es­ter Technik in­te­res­siert, woll­te ich neu­lich auf ei­ne Land­wirt­schafts­mes­se fah­ren, auf der "Si­mul­tan­über­set­zung" an­ge­bo­ten wer­den soll­te, al­so ir­gend­was Schnel­les in Schrift­form. Sie­he die Un­ter­schrift die­ses Blogs, zu­sätz­lich ver­weist der Begriff "si­mul­tan" in mei­ner Bran­che aufs Dol­met­schen. An­ge­bo­ten wur­de tat­säch­lich ei­ne KI-un­ter­stütz­te "schnel­le" Über­tra­gung in Text­form. Die Mes­se­or­ga­ni­sa­to­rin war die "Deut­sche Land­wirt­schafts Ge­sell­schaft e.V.", ein "Ver­an­stal­ter von Mes­sen und Kon­fe­ren­zen (und) welt­wei­ter Part­ner für Un­ter­neh­men des Agri­bu­si­ness". Beim Bu­chen ha­be ich dann be­merkt, dass die­ses An­ge­bot nicht mehr auf der Web­sei­te stand, es war durch "Si­mul­tan­dol­met­schen" er­setzt wor­den. Huch, es gab bei der Wun­der­lö­sung doch nicht et­wa Qua­li­täts­pro­ble­me?

Kopf, Hirn, Verschaltungen
Menschmaschine oder Maschinenmensch?
Die Jour­na­lis­tin, mit der ich im Aus­tausch war, heißt Lou­isa Ja­cobs. Sie ar­bei­tet für die Wo­chen­zei­tung DIE ZEIT und hat aus un­se­ren und wei­te­ren Ge­sprä­chen ei­nen span­nen­den Ar­ti­kel ge­macht, der ges­tern on­line ver­öf­fent­licht wurde (Link).

Der Artikel por­trä­tiert auch eine Na­tur­il­lus­tra­to­rin, die eben­falls spürt, wie die KI der­zeit ih­ren Mar­kt ver­än­dert.

Meine Ar­gu­men­te, die im Ar­ti­kel ste­hen, kön­nen Sie hier seit Mo­na­ten mit­le­sen.

In­te­res­sant, dass die An­bie­ter sol­cher "Wun­der­ma­schi­nen", wie sie oben be­schrie­ben wur­den, keine Pres­se ha­ben möch­ten. Da­bei klingt de­ren Selbst­dar­stel­lung doch so traum­haft of­fen und so wun­der­voll in­klu­siv! Die DLG er­rei­che, Zi­tat: "... auf ih­ren Mes­sen dank Trans­krip­tion und Über­set­zung mit 'trans­crib­byAI' der Deut­sche Te­le­kom MMS ein noch grö­ße­res Pu­bli­kum. Der KI-Si­mul­tan­über­set­zer der Te­le­kom-Toch­ter kann Spra­che in Echt­zeit er­fas­sen, ver­ar­bei­ten und in mehr als 100 Spra­chen über­set­zen und för­dert so die In­klu­sion von Men­schen mit Seh- und Hör­be­hin­de­run­gen."

Als wä­ren Men­schen mit kör­per­li­chen Ein­schrän­kun­gen der Mo­tor für die­se Ent­wick­lun­gen! Es geht um ganz an­de­re Din­ge.

Grund­sätz­lich wer­den neue tech­ni­sche Ent­wick­lun­gen ger­ne über­schätzt. Ei­ne gro­ße Tech­nik­gläu­big­keit hat das Land seit Jahr­zehn­ten fest im Griff. (Huch, Atom­kraft macht ge­fähr­li­chen Müll? Ach, klä­ren wir spä­ter!) Aus dem ge­schön­ten Blick ent­steht ein Hype, die Wer­bung kommt noch oben­drauf. Letz­te­re sug­ge­riert, dass die KI so gut wie Men­schen "ar­bei­ten" könn­te ... oder so­gar bes­ser. Dann geht's schief und Men­schen wer­den an­ge­heu­ert, die hin­ter­her auf­räu­men müs­sen. Am En­de lo­ben alle ein­an­der selbst: "Wir sind in­no­va­tiv", "Wir ge­ben Tech­nik eine Chan­ce", "Wir be­rei­ten die Zu­kunft vor", sogar dann, wenn die Rech­nung am Ende teu­rer war. (Dass hier vor al­lem Män­ner den Mehr­wert ein­ste­cken, habe ich hier be­schrie­ben: klick.)

Die Kol­la­te­ral­schä­den, das Nicht­ver­ste­hen, die Nicht­kom­mu­ni­ka­ti­on, feh­len­de Rück­fra­gen und die Frus­tra­ti­on des Pu­bli­kums, wer­den aus­ge­blen­det und rasch aus­ge­bucht. Kund:­in­nen schei­nen nur dann wich­tig zu sein, wenn sie sich be­schwe­ren. Ich kann da­her al­le nur zu Rück­mel­dun­gen er­mu­ti­gen!

Es ist schon lan­ge ein Teil un­se­rer Grund­in­for­ma­tio­nen an po­ten­zi­el­le Kund:in­nen, dass sie sich auch Zeit für die Er­geb­nis­se (der Über­set­zungs- oder Dol­met­scher­ar­beit) nehmen und ein Ge­spür für Qua­li­tät ent­wi­ckeln sollten. Sonst wird immer wieder das­sel­be Set­ting be­müht und es gibt keine po­si­ti­ve Ent­wick­lung. So ein Bei­spiel habe ich erst ges­tern wieder bei einer Film­pre­mie­re erlebt. Lei­der war da gro­ßes Fremd­schäm­po­ten­zi­al. Ich muss mich dann im­mer am Ses­sel fest­kral­len, um nicht auf die Büh­ne zu sprin­gen und zu dol­met­schen, oder ich ver­las­se den Raum. Was ich er­lei­den muss­te, hät­te in an­de­ren Zei­ten oder mit an­de­ren Be­tei­lig­ten so­gar ein An­lass für di­plo­ma­ti­schen Ärger sein kön­nen. Kei­ne De­tails!

Die­ser Ta­ge sitze ich viel in der Ka­bi­ne, kann da­her nicht wei­ter auf die Pu­bli­ka­ti­on und auf die zum Teil in­ter­es­san­ten Le­se­r:in­nen­kom­men­ta­re ein­ge­hen. (Hier hilft ein Pro­be­abo zu ei­nem Euro, wer die ZEIT nur ei­nen Mo­nat le­sen möch­te, kün­di­ge bei­zei­ten.) Was mich al­ler­dings über­rascht: Nur bei ge­fühlt 20 Pro­zent der Kom­men­ta­re geht es wirk­lich um den In­halt.

Ins Mark ge­trof­fen hat mich al­ler­dings die­ser Kom­men­tar: "Schei­ße be­zahlt und her­ab­las­send be­han­delt von Leu­ten ohne Ah­nung vom Job wurden wir ei­gent­lich schon im­mer. Da braucht es viel Arbeit, Auf­klä­rung und Durch­set­zungs­kraft, (um) sich ein Ge­schäfts­ver­hält­nis auf Augen­hö­he zu er­kämp­fen. Ge­hen Sie mal durch die Welt und den­ken Sie zwei­mal da­rü­ber nach, was ei­ne 'Il­lus­tra­ti­on' alles sein kann, wie sie im De­tail ent­stan­den sein mag und wie oft am Tag sie Ihnen be­geg­net." So ist es. Die Er­geb­nis­se werden einfach so "ab­sor­biert", weil sie "leicht" er­schei­nen, ich ver­men­ge jetzt die Zu­mu­tun­gen, die die zu­sam­men mit mir por­trä­tier­te Il­lus­tra­to­rin Ja­nine Som­mer hö­ren muss mit de­nen, die ich so erhalte: "Ge­malt hab' ich als Kind auch, das ist doch kein Be­ruf!", "Le­ben Sie Ihr Hob­by doch in der Frei­zeit aus!", "Sie ha­ben ein­mal die Spra­che ge­lernt und kön­nen sie jetzt, wa­rum ist Ihre Ar­beit dann so teu­er?", "Sie sind von Beruf Pa­pa­gei, wie?" ...

Her­ab­las­send auch das, Zi­tat aus dem Ar­ti­kel von Lou­isa: "Je nach­dem, in wie viele Sprachen über­setzt werden soll, kommen locker meh­re­re Zehn­tau­send Euro zu­sam­men, weiß der Ge­schäfts­füh­rer der Ver­an­stal­tungs­tech­nik­fir­ma Hotelco, Ma­nu­el Stef­fan. Seit An­fang des Jahres bie­tet er ein KI-Dol­metsch­sys­tem an. 'Stel­len Sie sich vor, ge­nau wäh­rend wir spre­chen, mache ich ge­ra­de die Ar­beit von acht Dol­met­schern. Ist das nicht geil?', fragt Stef­fan bei ei­nem ers­ten Te­le­fo­nat. Seine Be­geis­te­rung, so ver­si­chert er, gilt nicht der Tat­sa­che, dass acht Dol­met­scher er­setzt wer­den, son­dern al­lein der Tech­no­lo­gie. Un­ge­fähr 5.000 Eu­ro ver­lange er von sei­nen Kun­den für die An­wen­dung, je nach An­zahl der Spra­chen und der Dau­er des Events. 'Die An­zahl der Spra­chen ist nach oben of­fen.'"

Und wir se­hen, es geht, wie immer, nicht um Tech­no­lo­gie, die Be­geis­te­rung ist Mit­tel zum Zweck, das In­klu­si­ons­ar­gu­ment eine per­fi­de Ne­bel­ker­ze. Es geht ums Geld, wie­der mal "Geiz ist geil", oder "Gier ist gut", dabei gilt das Ge­gen­teil: "Geist ist geil". (Beim Ler­nen und in­tel­lek­tu­el­len Er­kennt­nis­sen wer­den im Hirn die glei­chen Are­ale an­ge­spro­chen wie beim Sex. Sagt das bit­te den Schü­le­rin­nen und Schü­lern.)

Wei­ter im ZEIT-Artikel: "Auf einem Li­ve­e­vent dür­fen Jour­na­lis­ten sich das Pro­dukt al­ler­dings nicht an­se­hen – we­der bei der Te­le­kom noch bei Ho­tel­co. Stef­fan gibt zu: 'Feh­ler­frei ist das na­tür­lich nicht. Die Qua­li­tät tech­no­lo­gi­scher Dol­met­scher­sys­te­me ist nicht auf dem Stand eines mensch­li­chen Dol­met­schers, das ist ganz klar.'"

... und dann schließt er, dass sich das alles bald än­dern kön­ne, bla und peng, mei­ne Ar­gu­men­te fin­den Sie oben links über die Such­funk­ti­on und den Be­griff "KI". Das äl­tes­te Buch über au­to­ma­ti­sches Über­set­zen mei­ner Samm­lung stammt aus dem Jahr 1959, und in ihm steht, "dass von jetzt an au­to­ma­ti­sche Sprach­über­set­zung prak­tisch mög­lich" sei.

So, wei­ter­ler­nen. Mor­gen geht es (in­halt­lich) nach Af­ri­ka!

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Illustration: Pixlr.com (Zufallsfund)

Donnerstag, 21. November 2024

Chat­ham House Rule

Ob rein zu­fäl­lig oder ge­plant: Sie sind hier mit­ten in ein di­gi­ta­les Ar­beits­ta­ge­buch hin­ein­ge­ra­ten, in dem es um Spra­che, Dol­met­schen, Über­set­zen und Kul­tu­ren geht. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­le­rin ar­bei­te ich in Pa­ris, Ber­lin, Mar­burg und dort, wo ich ge­braucht wer­de. Ges­tern ha­be ich zum The­ma "Fol­gen der KI auf die Krea­tiv­wirt­schaft" ge­ar­bei­tet. 

Der Ter­min gestern be­stand aus einem Abend­pa­nel und ver­schie­de­nen Mee­tings tags­über, die mit der Chat­ham House Rule über­schrie­ben wa­ren. 

Durch die Glasscheiben hindurch: Computerfigur auf der Leinwand, darunter sitzen Menschen auf der Bühne.
POV der Dol­met­sche­rin
Das be­deu­tet, dass die Teil­neh­men­den frei sind, die dort er­fah­re­nen In­for­ma­tio­nen zu ver­wen­den, sie dür­fen in­des weder die Iden­ti­tät der Sprech­en­den noch ihre Zu­ge­hö­rig­keit zu Fir­men, Ver­wal­tun­gen oder In­te­res­sen­ver­tre­tun­gen preis­ge­ben.
Ich muss wei­ter nach­den­ken, bevor ich hier etwas zu­sam­men­fas­se, nicht zu­letzt, weil wir stra­te­gisch den­ken müs­sen. Was ich vor­ab sa­gen kann, ist, dass es um David ge­gen Go­li­ath geht, auf meh­re­ren Ebe­nen, und dass Ver­gü­tun­gen für krea­ti­ve Leis­tun­gen und das Ar­bei­ten mit Men­schen eine Grund­la­ge des Kul­tur­schaf­fens sind. Und dass wir unsere Kraft nicht un­ter­schät­zen dür­fen, vor al­lem nicht als eu­ro­pä­i­scher Kul­tur- und Wirt­schafts­raum.

Ich möch­te kurz an den Streik der dar­stel­len­den und schrei­ben­den Zün­fte Hol­ly­woods er­in­nern, der bis De­zem­ber 2023 ging; allein die Schau­spie­ler:in­nen ha­ben vier Mo­na­te bis zum Er­folg ge­streikt.

Die KI wur­de üb­ri­gens gestern auch ein­ge­setzt, nach dem Pro­ze­de­re der Da­ten­er­fas­sung hab ich eben ge­fragt und tra­ge es hier spä­ter nach.

Die The­men eines Pa­nels wur­den von ei­ner KI-Fi­gur "zu­sam­men­ge­fasst", die ei­nige Mi­nu­ten lang "ge­spro­chen" hat, dazu ein we­nig den Kopf und die Hän­de be­wegt, mit mo­no­to­ner Stim­me, al­les sehr sim­pel aus­ge­drückt und oh­ne diese char­man­ten Mo­men­te, die eine mensch­li­che Rede aus­macht. (Jetzt dür­fen Sie kurz in­ne­hal­ten und nach­den­ken, was ich mei­ne.)

Das Er­geb­nis war all­zu of­fen­sicht­lich: akus­tisch war al­les ver­ständ­lich und wohl auch voll­stän­dig, die mensch­li­chen Hir­ne konn­ten es aber nicht auf­neh­men. Nicht ei­nen ein­zi­gen Punkt der "Re­de" konn­ten meh­re­re im An­schluss Be­frag­te kurz da­nach oder zwei Stun­den wie­der­ge­ben.

Sechs, set­zen!

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Fo­to: C.E. (mein Point Of View)

Mittwoch, 20. November 2024

KI-Mittwoch

Aus dem Ar­beits­all­tag der Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen be­rich­te ich hier, ge­na­uer: Hier schreibt ei­ne Dol­met­sche­rin mit Mut­ter­spra­che Deutsch. Ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Schon wie­der Mitt­woch ...

... heu­te ak­tu­ell. Wir dol­met­schen am Nach­mit­tag und am Abend zu "KI und Krea­tiv­wirt­schaft". Der Vor­mit­tag ge­hört den al­ten und neu­en ...

Vo­ka­beln
DSGVO, Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung — RGPD, rè­gle­ment gé­néral sur la pro­tec­tion des don­nées
deep fake — hy­per tru­ca­ge
Un­sicht­bar­ma­chung — risque d’in­vi­si­bi­li­té, in­vi­si­bi­li­ser
chatbot — a­gent con­ver­sa­tion­nel
chips — mi­cro­pro­ces­seurs, pu­ces élec­tro­ni­ques 

Ver­an­stal­tung auf An­mel­dung, meh­re­re Pa­nels


Nach­trag: Hier ein ers­ter Ein­druck vom Event: klick!

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Gra­fik: LA FRENCH TECH BER­LIN

Montag, 18. November 2024

Montagsschreibtisch (68)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Wie Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Mei­ne Spra­che sind Fran­zö­sisch und Eng­lisch (das Idi­om Shakes­peares nur als Aus­gangs­spra­che).

Computer, Licht auf dem Tisch, Notizzettel, angeschnitten: Rednerpult und Publikum
Mein sub­jek­ti­ver Blick heu­te
Blick auf den Mon­tags­schreib­tisch, der heu­te in ei­nem Ta­gungs­zen­trum steht. Wir ar­bei­ten mal wie­der out of the box (al­so im Kurz­ein­satz oh­ne Ka­bi­ne) für lang­jäh­ri­ge Kun­den­schaft.
Es geht um:
⊗ Kri­sen­be­ra­tung in der Land­wirt­schaft
Dann folgt in der Wo­che:
⊗ KI und Krea­ti­v­wirt­schaft
⊗ Ein Af­ri­ka­the­ma

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Fo­to: C.E.

Sonntag, 17. November 2024

Beim Barte des Propheten

Kom­mu­ni­ka­ti­on ist al­les. Von Be­rufs­we­gen kom­me ich schnell in Kon­takt. Das ist vor al­lem dann wich­tig, wenn ich mit mei­nen Ein­schrän­kun­gen um­ge­hen muss. Dass im Chi­ne­si­schen das Wort "Kri­se" mit dem Be­griff "Chan­ce" ver­wandt ist, leuch­tet mir ein. Aus mei­ner größ­ten Schwä­che ha­be ich mei­nen Be­ruf ge­macht.

Von Kin­des­bei­nen an lei­de ich an ei­ner Fehl­sich­tig­keit. In­zwi­schen ha­be ich fast mi­nus 20 Di­op­tri­en plus ei­nen As­tig­ma­tis­mus auf dem Zet­tel.

Vogelperspektive: Pins in verschiedenen Farben, mit denen Standorte auf der Landkarte markiert werden
Drauf­sicht: Re­gio­na­les Netz­werk­ar­beits­ma­te­ri­al
Und ich ha­be dar­aus et­was ge­macht: Ich ha­be die Fehl­sicht ein biss­chen kom­pen­sie­ren kön­nen, denn ich hö­re be­son­ders gut, auch Nu­an­cen, kann das Ge­hör­te ei­ni­ger­ma­ßen gut nach­bil­den, zu­min­dest im Fre­quenz­be­reich und mit den Lau­ten, die zu mei­nen Spra­chen ge­hö­ren.
Kurz: Aus der op­ti­schen Ein­schrän­kung ha­be ich mei­nen Be­ruf ge­macht. Als Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin be­rich­te ich hier.

Und als sol­che muss ich oft zu Kon­fe­ren­zen und Ta­gun­gen fah­ren. Mei­ne bes­te Mit­fahrsto­ry ever ha­be ich heu­te er­lebt: Ich klet­te­re zur bes­ten Kaf­fee- und Ku­chen-Zeit, die Nacht ent­zieht dem Tag schon deut­lich spür­bar das Licht, ir­gend­wo in der Pam­pa mit mei­nem Köf­fer­chen aus dem über­vol­len, lau­ten Re­gio­nal­zug. Ei­ne mehr­tä­gi­ge Ver­an­stal­tung steht an. Ich weiß, dass das Ta­gungs­haus ei­nen bis 1,3 Ki­lo­me­ter vom Bahn­hof ent­fernt liegt. Ich bin ein we­nig mü­de von der Rei­se. Mit mir stei­gen zwei Leu­te aus, ein Mann, ei­ne Frau, auch mit klei­nem Ge­päck.

Wir se­hen ein­an­der an. Ich läch­le und fra­ge sie, ob sie auch zur Ta­gung fah­ren. (Hin­ter­ge­dan­ke: Mit mei­nen schlech­ten Au­gen dro­hen Um­we­ge, ich bin nacht­blind, im Team mit Se­hen­den ist der Weg leich­ter zu fin­den, ich müss­te mich dann al­so nicht ver­lau­fen.)

Die bei­den: Nee, wir kom­men ge­ra­de von ei­ner Ta­gung, sind auf dem Weg nach Hau­se.
Ich: War's denn span­nend?
Antwort: Ja, es ging um das Le­ben ei­nes Pro­phe­ten.
Ich: Um wel­chen denn? (Ich den­ke an E­lia.)
Die Ant­wort ist: E­lia.
Ich: Sie wer­den es nicht glau­ben, aber mei­ne Fa­mi­lie heißt so, E­li­as.

Die bei­den la­chen her­zlich. Dann tuscheln sie kurz und sa­gen: Sie wol­len ins e­van­ge­li­sche Ta­gungs­zen­trum hier im Ort? Wir fah­ren sie schnell hin!

Ge­sagt, ge­tan. Vie­len Dank, E­va und Vol­ker! Um fünf schließt im Ta­gungs­haus die Ka­ffee-und-Ku­chen-The­ke. Ich ha­be ge­ra­de noch was be­kom­men!

Freitag, 15. November 2024

Throwback thursday (3)

Bonjour und hal­lo! Hier bloggt ei­ne Sprach­ar­bei­te­rin. Wie le­ben und ar­bei­ten wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen, wie woh­nen wir? Hier ein kur­zer Ein­blick auf Neu­kölln und die Avant­gar­de, im Rah­men des Throw­back thurs­day: Am Don­ners­tag rei­sen wir ger­ne mal et­was in der Zeit, denn ich sehe beim Blick zu­rück auf al­te Blog­sei­ten ei­nen Trend, der bleibt.

Über Vin­tage habe ich schon 2017 ge­schrie­ben. So wird der ge­brauch­te Chic al­ter Zei­ten ge­nannt, so­wie ein Stil zwi­schen Prag­ma­tis­mus, Geld­knapp­heit und dem öko­lo­gi­schen Ge­dan­ken, die Rest­nut­zungs­dau­er von Ob­jek­ten zu ver­län­gern.

Al­ter Ober­schrank mit Glä­sern und Tas­sen, da­run­ter Obst, Es­sig, Öl, Mör­ser für die Ge­wür­ze
Das Licht ist noch pro­vi­so­risch.
Vin­tage ist et­wa mei­ne al­te, me­cha­ni­sche Arm­band­uhr mit neu­em Ka­ra­bi­ner oder aber der al­te Kü­chen­ober­schrank, der blei­ben darf, wäh­rend das Buf­fet vis-à-vis mit dem Ori­gi­nal­an­strich von 1950 bald wei­ter­wan­dern darf. Un­se­re Kü­che schritt­wei­se um­ge­stal­tet, bleibt je­doch im glei­chen Stil er­hal­ten. Wir op­ti­mie­ren den Stau­raum. Zu­gleich soll al­les luf­ti­ger, leich­ter, visu­ell ru­hi­ger wer­den. (Klas­si­sches Co­coo­ning in Kri­sen­zei­ten by the way.)
Kü­chen ha­ben für vie­le bis heu­te ei­nen ho­hen Dis­tink­tions­wert. Ich er­in­ne­re mich mit Grau­sen an ei­ne De­si­gner­kü­che zum Preis ei­ner klei­nen Woh­nung, ge­se­hen bei der Ab­nah­me von Räu­men zu­sam­men mit ei­nem (ver­meint­li­chen) Re­lo­cation­kun­den.

In den po­ten­zi­el­len Woh­nun­gen an­de­rer Pri­vat­kun­den so­wie für Ge­flüch­te­te fal­len mir oft ab­ge­rock­te Kauf­haus­kü­chen auf, für die ei­ne nicht er­klär­bar ho­he Ab­lö­se­sum­me ge­for­dert wird. Und noch im Jahr 2023 ha­ben laut Sta­tis­ta die Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­cher Auf­trä­ge für die Ein­rich­tung von Neu­kü­chen im Wert von durch­schnitt­lich rund 11.300 Eu­ro ver­ge­ben. Geld ist al­so bei vie­len da.

Bei uns zählt Ge­müt­lich­keit. Die klei­ne Kü­che in­klu­si­ve Sitz­ecke hat we­ni­ger als 3000 Euro ge­kos­tet, et­li­ches ist ge­erbt oder er­trö­delt, das meis­te Geld ging in lang­le­bi­ge wei­ße Wa­re. Grund­sätz­lich be­ob­ach­te ich in Ber­lin ei­nen neu­en wert­kon­ser­va­ti­ven Post­ma­te­ri­a­lis­mus. We­ni­ger ist mehr, das von gu­ter Qua­li­tät, da­zu ger­ne der Rück­griff auf Be­währ­tes.

Ganz frü­her hieß Vin­tage ein­fach „Floh­markt­krem­pel“ oder „Trö­del­wa­re“. Dass im­mer mehr Men­schen ih­re Be­dürf­nis­se aus öko­no­mi­schen oder prak­ti­schen Grün­den auf Pa­ral­lel­märk­ten de­cken, ist auch ei­ne Ant­wort auf die Kri­sen. Das vor­han­de­ne Geld wird sinn­voll in­ves­tiert, da­ne­ben wer­den Rück­la­gen ge­bil­det für das, was kommt und Angst macht.

Wir ha­ben ein Wirt­schafts­sys­tem, das in sei­nen Eck­da­ten die­ses Ver­hal­ten kaum ab­bil­det, da­bei wä­re das glei­cher­ma­ßen aus öko­no­mi­schen wie öko­lo­gi­schen Grün­den wich­tig. Wir brau­chen an vie­len Stel­len den Rück­griff auf Alt­be­währ­tes, z.B. im Na­tur­schutz, da­ne­ben ei­ne Mo­der­ni­sie­rung un­se­rer Sys­te­me und kei­nen Rück­schritt in eine ver­meint­lich gu­te al­te Zeit, die es nie ge­ge­ben hat.

Ein bö­ser po­li­ti­scher Witz sei mir heu­te als Raus­schmei­ßer er­laubt, une fois n'est pas coutume, ein­mal ist kein­mal. Ich lie­be als Dol­met­sche­rin nun mal Sprach­wit­ze: „War­um fin­det die Bun­des­tags­wahl im Fe­bru­ar statt?“ — „Weil da­nach Merz kommt.“

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Foto: C.E.

Mittwoch, 13. November 2024

Mittelmaß

Hier ver­öf­fent­licht eine Sprach­ar­bei­te­rin Epi­so­den aus dem All­tag der Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen. Heute, so schreibt mir eine Kol­le­gin, die imm­er wie­der mal ano­nym zum Blog bei­trägt, vor al­lem in mei­ner Long Co­vid-Pha­se, dass heute der bun­des­wei­te Tag des Blog­gens in Deutsch­land sei.

Mikro, Buch (Wissen), Kopfhörer, Preis, Qualität, Netzwerkarbeit, Hintergrundmaterial ...
Dolmetschen ist kein Buch mit sieben Siegeln
Ein Blog sei der­ma­ßen "Ge­ne­ra­tion X", meinte dazu neu­lich meine Ex-Prak­ti­kan­tin, und sie fra­gte, wann ich end­lich mit einem Pod­cast an­fan­gen würde. Na­ja, reden kann ich (Sprech­pro­ben kom­men dem­nächst hier auch, wird mal Zeit), aber mein Kopf denkt gut beim Schrei­ben nach, und oft kne­te ich hier The­men durch, wäh­rend ich sie mir fürs Dol­met­schen an­ei­gne.

Da­her ist der Blog ge­wis­ser­ma­ßen ein "Bei­pro­dukt", das auch noch von der Viel­falt mei­ner Ein­sätze be­rich­tet.

Noch bin ich bei Blogspot.com, kann das Lay­out aber seit Jah­ren nicht mehr ver­än­dern, al­les ist ein­ge­fro­ren. Ich schätze, dass nie­mand seit­ens des An­bie­ters mit einem längeren Nut­zungs­zeit­raum ge­rech­net hat. Die KI könnte das mal re­pa­rie­ren! Ich fürch­te, 2025 muss ich um­zie­hen. Und eine klei­ne Pod­cast-Un­ter­seite ein­führen. Bis da­hin muss Chat­GPT hier un­sicht­ba­re Sil­ben­trennz­ei­chen ein­fü­gen.

Schluss mit dem Par­lan­do! Heute ist Mitt­woch, und in der Mit­te der Woche schaue ich gerne nach, was die KI so an Blü­ten in mei­ner Bran­che treibt.

Ei­gent­lich müsste ich näch­ste Woche zu ei­nem Event der Deut­schen Land­wirt­schafts-Ge­sell­schaft (DLG) rei­sen um ei­nen KI-Ein­satz zu do­ku­men­tie­ren. Die Te­le­kom ist dort ak­tiv, und sie heftet sich selbst die Me­dail­len für In­no­va­tion und In­klu­sion an. Sau­ber, sau­ber!

Al­lein: Das An­bie­ten der Ma­schi­ne ohne mensch­liche Fach­kom­pe­tenz da­hinter ist eine Chi­märe. Tech­nik­nerds ver­su­chen uns glau­ben zu machen, dass Al­go­rith­men das Ge­spür und die Tie­fe mensch­licher Ex­per­tise er­set­zen könn­ten. Es ist ganz so, als wür­den wir ein Met­ro­nom als Di­ri­gen­ten fei­ern: prä­zi­se, ja, aber oh­ne den Hauch von Le­ben, Wis­sen und "In­ter­pre­ta­tion", die echte Meis­ter­schaft aus­ma­chen.

[Ab die­sem Ab­satz, ge­nau­er: ab dem Wort Ur­he­ber­recht, hat sich die KI ge­wei­gert, den Text mit Sil­ben­trenn­zei­chen zu ver­se­hen, siehe mein P.S. unten!]

Dazu ist es wich­tig zu wis­sen, wie die KI ar­bei­tet. Sie greift auf riesige Men­gen ori­gi­na­ler und über­setz­ter Text­frag­men­te im Inter­net zu­rück, die übri­gens Ur­he­ber­rech­ten un­ter­lie­gen, wor­über sich die KI-Fir­men hin­weg­set­zen, und ana­ly­siert dann For­men und Mus­ter. Ohne Kon­text und Vor­wis­sen sind in­des Feh­ler pro­gram­miert. Denn die Ma­schi­ne spuckt jene Wör­ter aus, die sta­tis­tisch am wahr­schein­lichs­ten auf an­de­re Be­grif­fe fol­gen wür­den. Kurz: Die KI friert das ma­the­ma­tische Mit­tel ein, und wer als Mensch "Mit­tel..." hört, denkt "Mit­tel­maß", was hier lei­der all­zu sehr stimmt, denn das ist zu­gleich auch der Maß­stab.

Die Te­le­kom nennt das auf ei­ner an­de­ren Sei­te
so­gar kri­tisch "Fast Food-Wis­sen". Und ja, oft klingen die KI-Er­geb­nis­se stel­len­wei­se gut, was das Ge­genl­e­sen üb­ri­gens er­schwert.

Fast Food Wissen: Was so eloquent klingt, muss richtig sein
Nur 48 Pro­zent der Nut­ze­r:in­nen prü­fen ge­le­gent­lich, ob KI-Ant­wor­ten stim­men






Die Te­le­kom ist ein gro­ßes Haus mit ver­schie­dens­ten Men­schen und Mei­nun­gen. Was in dem oben ver­link­ten Bei­trag wei­ter un­ten steht, kann ich nur un­ter­strei­chen. Ich zi­tie­re: "Der As­pekt, KI-Er­geb­nis­se nicht kri­tik­los hin­zu­neh­men, soll­te ex­pli­zit be­han­delt wer­den. Sonst könn­ten die­se Syste­me so­gar ei­ne Ge­fahr für die De­mo­kra­tie wer­den."

Re­gel­mä­ßig darf ich im Rah­men der Her­stel­lung von Re­por­ta­gen und Do­ku­men­tar­fil­men Zi­ta­te vor­aus­wäh­len, die ge­dreh­tem Ma­te­ri­al ent­nom­men wer­den. Da­bei wird von der Film­schnitt­soft­wa­re mit KI-Hil­fe ei­ne Trans­kri­p­ti­on mit Zeit­stem­pel (Time­codes) an­ge­fer­tigt. Hier sind al­ler­dings oft nicht nur et­li­che Be­grif­fe, son­dern auch die Satz­zei­chen falsch, was die Be­zü­ge der In­hal­te zu­ein­an­der ver­fälscht, bei über­lap­pen­den Spre­cher:­in­nen ver­sagt das Sys­tem auch. Was dann "au­to­ma­tisch" in die Ziel­spra­che über­tra­gen wird, ist oft un­ter­halt­samer Murks. (Das gilt auch für ge­tipp­te Tex­te, hier und hier.)

Auch Dol­met­schen ist weit mehr als der schlich­te Wort-für-Wort-Aus­tausch. Wir ver­mit­tel­n In­hal­te. Die­se Ar­beit er­for­dert Ver­ständ­nis für Hin­ter­grün­de und kul­tu­rel­le Fein­hei­ten, die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ab­sicht muss be­kannt sein, eben­so die Er­war­tun­gen und bes­ten­falls auch die Vor­kennt­nis­se der Zu­hö­ren­den. We­sent­lich auch: Welt­kennt­nis und Em­pa­thie, die es uns hel­fen, die In­for­ma­ti­o­nen rich­tig ein­zu­ord­nen. Al­les das kön­nen die Bits & Bytes nicht leis­ten, es sind kal­te Ma­schi­nen oh­ne jeg­li­che Le­bens­er­fah­rung und Vor­wis­sen — Letz­te­res lässt sich auch nicht si­mu­lie­ren.

Ger­ne wür­de ich bei dem Land­wirt­schafts­e­vent Mäu­schen spie­len. Iro­nie, Schnell­spre­cher, wil­de Ak­zen­te und ver­än­der­ter Ab­stand zum Mi­kro­fon, Rück­fra­gen, schnel­le Spre­cher­wech­sel und der­lei brin­gen das Sys­tem erst recht aus dem Takt. Die KI weiß das üb­ri­gens selbst, wie ich im Au­gust be­rich­ten durf­te.

Ich ho­ffe im­mer auf kri­tische Mes­se­be­su­che­rin­nen und -be­su­cher, die für ih­re Ein­tritts­gel­der auch Qua­li­tät for­dern! Ach, und da heu­te auch der World Kind­ness Day sein soll, der Welt-Freund­lich­keits­tag, em­pfeh­le ich mich jetzt rasch und bre­che auf zu ei­ner gu­ten Tat.

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Bil­der: www.pixlr.com (be­ar-
bei­tet); Te­le­kom