Donnerstag, 11. April 2024

Interkulturelle Kommunikation

Sie le­sen hier in ei­nem Blog aus der Ar­beits­welt, ge­nau­er: aus dem All­tag ei­ner Dol­met­sche­rin. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­si­sch und Eng­lisch, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Heu­te geht es wei­ter mit Hin­ter­grund zu un­se­rem Be­ruf, von dort aus wir­ken wir, buch­stäb­lich.

Fahnen (D, F), Stühle, Konferenztisch, Mikro
Hintergrund
An ei­nem Nach­mit­tag die­ser Wo­che in Ber­lin: Deut­sche und Fran­zo­sen sit­zen um einen Tisch he­rum, es geht um ein ge­mein­sa­mes Ziel. Es wird nach­ge­dacht, ver­han­delt, sor­tiert. Die Fran­zo­sen ver­fü­gen in ei­nem zen­tra­len The­ma über mehr Hin­ter­grund­wis­sen und über Da­ten.
Die deut­sche Sei­te fragt durch die Blu­me nach. Sehr durch die Blu­me.

Dann ha­ben wir eine Pau­se. Es wer­den Da­ten und Do­ku­men­te gemailt und Hin­ter­grund­ge­sprä­che ge­führt. An­schlie­ßend fragt die deut­sche Seite er­neut nach, denn die­ses Hin­ter­grund­wis­sen ist im­mer noch nicht mit al­len ge­teilt wor­den (wa­rum auch im­mer). Die Nach­fra­ge fällt wie­der sehr höf­lich aus.

Al­ler­dings war das zu höflich. Die Mes­sa­ge ist nicht an­ge­kom­men. Die Deut­schen sind lang­sam ein we­nig en­er­viert. Je­mand muss ih­nen ge­sagt ha­ben, dass man bei Fran­zo­sen nicht mit der Tür ins Haus fal­len soll. Ich ken­ne die Fran­zo­sen und er­mu­ti­ge ei­ne deut­sche Teil­neh­me­rin in der Mit­tags­pau­se, die Sa­che et­was di­rek­ter an­zu­spre­chen.

Al­ler­dings geht sie auf mei­nen Vor­schlag nicht ein. Die De­bat­te ei­ert wei­ter­hin um die kon­kre­te Fehl­stel­le: Nicht al­le ver­fü­gen über das glei­che Hin­ter­grund­wis­sen. Lang­sam nervt's mich. Es schleicht sich hier ein ge­rei­zter Un­ter­ton ein, dort Über­ra­schung. Das ist nicht schön zu dol­met­schen.

In der nächs­ten Pau­se tref­fen die Kol­le­gin und ich zu­fäl­lig an je­nem Ort die Lei­te­rin der fran­zö­si­schen De­le­ga­ti­on, wo die männ­li­chen Mit­glie­der bei­der De­le­ga­tio­nen nicht hin­kom­men. Wir ha­ben schon oft für sie ge­ar­bei­tet. Beim Hände­wa­schen re­den wir un­ter Frau­en Tache­les, al­ler­dings nur in der kon­junk­ti­vi­schen Fra­ge­form (al­so al­les an­de­re als di­rekt). Sie: "Ach so, jetzt ver­ste­he ich! Dan­ke, dass Sie das so di­rekt an­ge­spro­chen ha­ben."

Sie ver­lässt ei­lig den Wasch­raum, geht an ih­ren Com­pu­ter, dann in den Neben­raum, wo Kaf­fee, Tee und Ku­chen ge­reicht wer­den. We­nig spä­ter se­he ich ein ers­tes er­leich­ter­tes Ge­sicht auf deut­scher Sei­te, dann macht sich dort hei­te­re Stim­mung breit. Und weil wir Dol­met­sche­rin­nen so­was an­geb­lich nicht tun (dür­fen), ha­be ich hier auch Ort, Zeit und Han­deln­de ein we­nig ver­frem­det. Sonst stimmt al­les.

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Foto: C.E.

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