Dienstag, 16. April 2024

Hybride Konferenz und physische Grenzen

Will­kom­men auf der Sei­te ei­ner Fran­zö­sisch­dol­met­sche­rin und -über­set­ze­rin mit Haupt­ar­beits­ort Ber­lin. Hier kön­nen Sie Ein­bli­cke in un­se­ren All­tag er­hal­ten, denn die Be­ru­fe Dol­met­sch­er und Über­set­zer / Dol­met­sche­rin­ und Über­set­ze­rin sind oft kaum be­kannt. Hier tra­ge ich ei­nen kur­zen Einb­lick zu mei­nem ges­tri­gen Ar­beits­tag nach.

Dol­met­schen bei ei­ner hybri­den Web­kon­fe­renz, die nicht an­ders mög­lich war: Die meis­ten Teil­neh­men­den sit­zen in West­afri­ka. Die­sen Ein­satz hät­te es ohne die neu­en Tech­no­lo­gi­en nicht ge­ge­ben.

— Guten Tag an alle! Wenn Sie eine Frage an die Redner:innen haben, melden Sie sich bitte bitte im Chat! — DER TON IST SEHR SCHLECHT GEWORDEN. —  Danke für den Hinweis, wir versuchen, das Problem zu beheben. Geht’s um den Ton der Übersetzung? — Der Ton ist noch immer von Störgeräuschen begleitet. — Der Ton der Übersetzung? — Ja, entzifferbar, aber mit Resonanzen.
"Ton mit Parasiten"
In der Re­gel ha­ben wir gu­ten bis sehr gu­ten Sound. Nur ei­n west­afri­ka­ni­scher Stand­ort klingt sehr holp­rig. Ei­ne Refe­ren­tin ver­lie­ren wir so­gar kurz, sie muss sich er­neut ein­log­gen. Mich hat­te da­vor schon stark frus­triert, dass der Ton stel­len­wei­se so schlecht war, dass ich mit mei­ner Ver­dol­met­schung Funk­lö­cher ge­ris­sen habe, durch die ich das Nach­fol­gen­de nicht ver­ste­hen konnt­e. Zunächst le­se ich noch eine Wei­le von den Lip­pen ab­, aber bald ist auch das Bild im Stac­ca­to-Modus.
Auch wenn das ziem­lich ge­nau je­des Mal so pas­siert, frus­triert es mich im­mer wie­der aufs Neue.

Die Ver­lo­re­ne geht er­neut on­line und macht die Ka­me­ra aus, um mehr Band­brei­te zu ha­ben. Auch ich las­se die Ka­me­ra aus und wech­se­le so­gar die Lei­tung. Wir ha­ben hier im Bü­ro ei­nen zwei­ten An­schluss. Aber an der "letz­ten Meile" lässt sich nichts än­dern. Im Haus sit­zen auch lie­be Men­schen, die in der Fern­seh­gra­fik ar­bei­ten, und zu Wo­chen­an­fang wird das Ar­beits­er­geb­nis vom Wo­chen­en­de hoch­ge­la­den.

Der Ton vom ei­nen Stand­ort bleibt schlecht, ein an­de­res Mal gibt es Echos. Ich bit­te die Zu­hö­ren­den um Ent­schul­di­gung und ver­su­che Zu­sam­men­fas­sun­gen in die je­wei­li­gen Atem­pau­sen hin­ein­zu­hau­chen. "Ton mit Pa­ra­si­ten", so oder so ähnlich le­sen sich dann schon mal die Kom­men­ta­re un­se­rer Teil­neh­mer:in­nen, also mit schlim­men Stör­ge­räu­schen.

Un­ser deut­sches Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­netz ist stel­len­wei­se schlech­ter als das von Schwel­len­län­dern. Und hier er­geht noch­mal ein be­son­de­rer Dank an den einstigen Bun­des­post­mi­nis­ter so­wie an die deut­schen Über­wa­chungs­be­hör­den, was Vor­teil­nah­me und mehr an­geht!

Da­bei hat­te al­les so gut be­gon­nen. Am 8. April 1981, al­so ziem­lich ge­nau vor 40 Jah­ren, nahm sich die da­ma­li­ge so­zi­al­li­be­ra­le Re­gie­rung un­ter Hel­mut Schmidt den Aus­bau des Glas­fa­ser­net­zes vor. Bis 2015 soll­te je­des Haus an­ge­schlos­sen sein.

Doch dann kam eine ers­te "Wende", wur­de das Pro­jekt von Hel­mut Kohls Ka­bi­nett ge­stoppt. Es ka­men Kup­fer­ka­bel in die Böden, zahl­rei­chen War­nun­gen zum Trotz. Heu­te liegt Deutsch­land mit 9 % Glas­fa­ser­ab­de­ckung lä­cher­lich weit hin­ter dem EU-Durch­schnitt von 56 %. Ist es ein Zu­fall, dass es in der Fa­mi­lie des da­ma­li­gen Post­mi­nis­ters ein Kup­fer­un­ter­neh­men gab, das sich auch sonst durch klei­ne oder mit­tel­gro­ße "Bömb­chen" aus­ge­zeich­net hat?

Da­mals war ein bö­ser Witz in al­ler Mun­de: Was macht Schwarz-Schil­ling, wenn er mor­gens ins Bü­ro kommt, als al­ler­erstes? — Er er­le­digt die Post.

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Archiv­bild: C.E. (mit dem Cur­sor aufs Bild ge­hen für die Über­set­zung)
Quelle:
EU-Kom­mis­si­on: 2030 Di­gi­tal De­cade An­nex, 2023

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