Sie lesen hier in einem Blog aus der Arbeitswelt, genauer: aus dem Alltag einer Dolmetscherin. Meine Muttersprache ist Deutsch, ich arbeite überwiegend mit Französisch und Englisch, die Bürokollegin übersetzt in die englische Sprache. Heute geht es weiter mit dem etwas anderen alltäglichen Umgang mit Sprache, der Leute meines Berufs nicht selten auszeichnet.
Mein Kaufhaus und ich ... Also ich gehe gerne in solche Läden, kann husch-husch das Nötigste besorgen, bin schnell wieder weg. Nur für Kleidung nicht, da ich das Boutiquesystem dort nicht ausstehen kann: Alle schwarzen Hosen sind über die gesamte Etage verstreut, und zwar nach Marken getrennt.
Kreide und Tinte |
Komplett lebensfern, sowas: Ich kaufe nicht eine bestimmte Marke, sondern nach Hosengröße, Passform und Qualität, also gutes Material und gute Verarbeitung, am liebsten nachhaltig hergestellt und ohne Sklaven- und Kinderarbeit. Im Kaufhaus gibt es kaum eine Verkäuferin, die das Sortiment kennt, und nein, Eure Auswahl ist keine, sondern künstlich erschwertes Suchen und Dutzende infragekommender Umkleidekabinen.
Im Bekleidungshaus mit natürlichem und fairem Sortiment gibt es zwar weniger schwarze Hosen, dafür freundliche Mitarbeiter:innen, die mir Sachen anschleppen, während ich in einer Kabine bleiben und das Betreffende rasch anprobieren kann. Der Preis der Kleidung ist etwa gleich.
Aber die anderen Abteilungen des Kaufhauses kennen mich, Haushalt und Schreibwaren zum Beispiel. Ich erkenne inzwischen die etwas in die Jahre gekommenen Verkäuferinnen und die jungen Nachwuchsverkäufer aus der Migration (und hoffe, dass sie alle im deutsch-österreichischen Kaufhausimmobilienspekulationsstrudel ihre Arbeit behalten).
Und ich werde zurückerkannt. Ich gebe gerne immer mal wieder sprachbetonte Kommentare ab wie neulich, als mir jemand was aus den Untiefen des Lagers holte. Auf mein "Seien Sie bedankt!" kam ein: "Kann man das wirklich so sagen?" Wir hatten wiederholt einige lustige Schnacks miteinander, daher die qualifizierte Nachfrage. Die Redewendung wird aufgeschrieben und zum Abschied wiederholt. Sache gegen Spruch, der nach deutlich früheren Zeiten klingt, als ich alt bin. Der Laden kriegt sein Geld, den Spaß haben das Personal und ich, in bester Berliner Tradition, wo schon immer lustige Sprüche geklopft wurden.
Heute wieder sowas. Ich suche Tinte und Schneiderkreide. Es gibt nur Tinte. Der junge Mann an der Kasse: "Heute so wenig?", darauf ich: "Ja, Schneiderkreide gab's nicht. Ich kreide Ihnen keinesfalls an, dass jetzt auch ich wegen Karstadt in der Tinte sitze!"
Der junge Mann, wahrlich ein Freund älterer, vom Aussterben bedrohter Begriffe, grinst von einem Ohr zum anderen: "Hauptsache Sie haben wieder einen kessen Spruch auf der Lippe!"
Gerne geschehen!
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Foto: C.E. (Beispielbild)
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