Ein potentieller Kunde ruft an und möchte, dass ich für ihn arbeite. Er bietet mir einen viel zu geringen Satz an. (Ich denke: If you pay peanuts, you will get monkeys.) Ruhig erkläre ich, wie lange wir studieren, ein Teil der Einnahmen sind Kompensation für diese Zeit sowie Rücklagen fürs Alter, was für einen Aufwand es darstellt, sein eigenes Büro zu betreiben, und der Rest wäre dann Gewinn.
Kurz: Der Kunde hatte anfangs im Grunde nur fürs Büro bezahlen wollen. Ich weiß nicht, wie wir auf das Thema gekommen sind, aber wir landeten mitten in der Adventszeit im Problem der überforderten Verwaltungen angesichts der vielen Asylsuchenden. Ich habe erwähnt, dass ich im ablaufenden Jahr jede siebente Dolmetschstunde gratis im Bereich der psychologischen Krisenintervention für geflüchtete Frauen geleistet hatte.
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Ich sage etwas à la "ich finde es wichtig, Ehrenamt und Geldverdienen zu trennen, damit mir die bezahlten Aufträge das Ehrenamt ermöglichen."
Jetzt muss ich erwähnen, dass ich am Morgen ein wenig husten musste. Keine große Sache, mein Körper hat gegen die Virencocktails angearbeitet, die der Berliner öffentliche Nahverkehr derzeit so bietet. Meine Stimme war auch eine Spur rauer als sonst. Mitten im Gespräch musste ich dann auch noch niesen. Diese zweite Dezemberhälfte 2015 bietet den wärmsten Winteranfang seit Menschengedenken, ich liebe offene Balkontüren und heize gerade nur abends ein wenig.
Schlagfertig versuche ich einen Witz, auch wenn das einer unbekannten Person gegenüber gewagt ist. Und ich lasse ein: "Sie hören es ja, das Geld zum Heizen ist knapp, deshalb schaue ich bei den Honoraraufträgen eben aufs Geld" fallen.
Erst stutzt er, dann lachen wir beide. (Mein Lachen macht ihm hoffentlich klar, dass das ein Scherz war.) Kurz: Ich kriege den Auftrag — und zwar zu meinen Konditionen.
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Foto: C.E. (Archiv)
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