Handwerklich gefertigtes Brot |
Die helleren Sorten der "Bread Station" gibt's quasi im Haus, die dunkleren Brote in der "Neuköllner Backstube" um die Ecke. (Ich liebe beide Bäckereien.) Beim Hausbäcker, der noch im Aufbau ist, der Cafébereich entsteht gerade, stapeln sich neben den Holzzuschnitten die Pakete, die Kurierdienste dort für das halbe Ufer abgestellt haben.
Mich rührt so viel Freundlichkeit, denn als hätten sie mit dem Ausbau nicht schon genug zu tun, tun sie sich auch noch eine Slalomstrecke an.
Als ich reinkomme, sind vor mir zwei Männer dran, ich bekomme nur mit, dass sie eine Frage haben. Wie genau die Übersetzerin heiße, wisse sie nicht, antwortet die Backverkäuferin, aber sie wohne gleich nebenan. Wie im Theater hatte ich also aufs Stichwort die Bühne betreten. Alle strahlen.
Ich erkläre rasch, dass ich keine Laufkundschaft habe, meistens in Dolmetscherkabinen oder bei Presseinterviews arbeite, daher auch kein Firmenschild unten am Haus hängt.
Für den Mann von der Straße arbeite ich eher selten, aber es kann vorkommen. Die beiden Herren haben eine Seite Handelskorrespondenz dabei, die zu übersetzen ist. Ohne Textbearbeitung soll ich den Preis schätzen. Ich komme auf 50 Euro. Der Preis scheint OK zu sein.
Dann stehen wir vor der Ladentür und plaudern über den Hintergrund des Briefs. Einer der Herren spricht Französisch als Zweitsprache, nur kann er keine französischen Texte schreiben. Er beglückwünscht mich erst zu meinen Deutsch-, dann (nach meinem Einwand) zu meinen Französischkenntnissen. Ich überschlage und komme auf etwa zehn Jahre, die ich in meinem Leben in Frankreich gelebt habe, Studium inklusive.
Trotzdem hatten sie wohl mit einem geringeren Preis gerechnet. Sie fragen vorsichtig nach. Ich bin froh, dass wir zuvor über Frankreich gesprochen haben. Ich erzähle, dass unsereiner natürlich im Studium und den ersten Berufsjahren nichts oder nur sehr wenig verdient und dass wir daher in den aktiven Jahren diesen Lebenseinkommensrückstand aufholen müssen.
Er nickt sofort, na klar, komplett logisch. Ich freue mich über den unverhofften Auftrag, den ich gleich wunderbar einschieben kann. Und ich stelle für mich irritiert fest, dass der Mann von der Straße so viel gesunden Menschenverstand hat, während wir (Mit-)Akademikern gegenüber oder den blöden BWL-Absolventen, die mal eben einen Sprachmakler (alias Agentur) simulieren, echte argumentative Geschütze auffahren müssen.
Da ich denke, dass gesunder Menschenverstand gleichmäßig auf alle Bevölkerungsgruppen verteilt ist, muss ich eigentlich bei den Letztgenannten von Bosartigkeit und der Absicht der Übervorteilung ausgehen. Schnell wieder vergessen, den Gedanken, sonst kann ich demnächst nicht mehr entspannt verhandeln.
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Foto: C.E.
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