Mittwoch, 31. August 2011

Produkttester

Merkwürdige Zuschriften auf den Blog gibt's manchmal! Vorgestern erhielt ich ein Schreiben, ob ich nicht einen Taschendolmetscher testen möchte. Ich reagierte erst genervt, war im üblichen Bürostress, antwortete ironisch, weil ich sah, dass die Produkttestanfragefirma auch Fotoapparate testen lässt, dass ich gerne meine Wunschkamera zum Probelauf und späteren Behalt usw. usw. nebst Angabe von Produkt- und Herstellernamen. Hat leider nicht geklappt. Ich soll jetzt aber doch das Taschendings ausprobieren, und weil ich |letztens| 2009 auf der Expolingua sowas schon mal in der Hand hatte, war ich bequatschbar (wenn derlei im Mailverfahren überhaupt geht).

Ich dürfe natürlich schreiben, was ich wolle, versicherte man mir auch noch. Klar, selbstverständlich, bin nicht käuflich! Bestechung ist es auch nicht, ich teste ja nicht als Journalistin, sondern als bloggende Dolmetscherin. Wie viel ich von automatischer Übersetzung ganzer Sätze halte, habe ich hier ja schon wiederholt kundgetan. Ich stelle mir vor, dass das Dingens ein elektronisches Wörterbuch ist.

So, jetzt bin ich mal gespannt. Und in die Tasche stecken lass ich mich nicht, "isch schwörre!" (Letzteres ist mit für Berlin-Neukölln typischer Verfremdung zu lesen.)

... als App für das iPhone
Nie wieder sprachlos! Dolmetscher für die Hosentasche!
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Illustration: C.E. (auf der Basis von im
Netz gefundenen Werbesprüchen)

Dienstag, 30. August 2011

Balkonien (1)

... gilt als Urlaubsziel für Menschen, die sich keinen Fernurlaub leisten können. Nun liegt aber mein Büro sehr oft in Balkonien, und nicht nur meins.

An der Längsseite, die Schmalseite hier
Kurz nach dem Frühstück klingelt das Telefon, eine Bürostimme sagt: "Ach, Sie sind wohl im Grünen, wie schön!" Ich versuche, keinen Neid entstehen zu lassen, und spreche von der Mieterin im Stockwerk über uns und ihren sintflutartigen Wassermengen zu den schrägsten Uhrzeiten, die sie zur Bewässerung diverser Blumen aufbietet, was dazu führt, dass ich jedes Mal, wenn ich auch nur kurz reingehe, lieber präventiv sämtliche Technik und alles Papier einsammle und sowieso nicht direkt an der Brüstung sitzen kann. (Immerhin erspart mit das, wie dieser mehrheitlich nasskalte Sommer überhaupt, oft das Blumengießen.)

Dann telefoniere ich weiter in Sachen Übersetzungsarbeit, wir müssen uns koordinieren. Kollege B. sitzt hörbar auch im Grünen, wir feixen gemeinsam über die beruhigendem Nebenwirkungen unseres Freiberuflerdaseins.

Während ich kurz drauf vergnügt in den sonnigen Himmel blinzele, höre ich jemanden Französisch sprechen. Journalist Sébastien Vannier spricht vom Ohr mit Radarfunktion, das man als Mensch zwischen zwei Sprachen in zwei Ländern entwickele, mir geht es auch so. Ganz |augenscheinlich| offensichtlich ("ohrenhörlich") habe ich neue französische Nachbarn, was langsam in meinem Kiez auf angenehme Weise um sich greift: Er wird internationaler und er verjüngt sich. (Wobei die wahrgenommene Verjüngung durch die Tatsache verstärkt wird, dass ich älter werde.)

Eindeutig ist: Die ganz alten Herrschaften im Wohnviertel, Nachbarn aus der unteren Mittelschicht, ziehen oder sterben weg; neue Mieter der unteren Mittelschicht folgen ihnen nach, wobei nicht nur mir auffällt, dass diese in der Regel über deutlich höhere Bildungsabschlüsse verfügen als die Generation der gleichen Schicht davor. (Kurz: Studium zahlt sich aus, aber mehr in Sachen Sicherheit, eine vielleicht sogar auch noch sinnvolle Beschäftigung zu finden, als in Höhe von Lohn, Gehalt oder Honorar.)

Und während ich über die "Yukis" sinniere — es sind die young urban kreative internationals, die herziehen, nicht die young urban professionals ("Yuppies")  — und einige welke Blättchen von den Topfpflanzen zupfe, bin ich sehr froh über meinen Balkon mit Wasserblick. Wie viel schöner ist es hier draußen als drinnen! In der Wohnung könnte ich außerdem auf garstige Ideen kommen, zum Beispiel den Milchtopf vom Frühstück abzutrocknen, der im Gestell über der Spüle vor sich hintrocknet, damit der Kalk nicht diese hässlichen Flecken hinterlässt, ach, und das Spülmaschinensieb sollte ich auch mal wieder reinigen. Und überhaupt, wie sehen die Küchenfenster aus? Vom denen im Arbeitszimmer ganz zu schweigen.

Nein, meinen Büroplatz in der Sommersaison lob' ich mir, auch, wenn er reine Büromenschen manchmal etwas neidisch macht. — Und nun scheint das auch schon wieder vorbei zu sein. Die situative Beschreibung meiner Idylle textete ich Freitag, da erwies sich mein Nordbalkon bei subtropischen Graden und einer ähnlich hohen Luftfeuchtigkeit (auch ohne Regenzeit von oben) als wunderbar.
Seit dem Samstag brauche ich schon wieder Socken, Pulswärmer und einen dicken Pulli ...


P.S.: Für die neueren Leser: Ein anderes Balkonien, das vieler französischer Hauptstädter, sah ich vor kurzem, und auch dort waren viele anzutreffen, die zwar auf den ersten Blick in der Idylle am Sandstrand saßen, in Wirklichkeit aber mitten im Büro ...
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Foto: C.E.

Montag, 29. August 2011

Dolmetscherwitze V

Vorläufig letzte Folge der kleinen Serie von Witzen mit und über Sprachmittler(n) im virtuellen Arbeitstagebuch einer Französischdolmetscherin und -übersetzerin.

Es gibt Dolmetscherwitze jeder Kategorie. Der Kürzeste und zugleich Dümmste hier: Wie nennt man eine Brünette zwischen zwei Blondinen? Dolmetscherin.


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P.S.: Wenn Sie Witze zum Thema Dolmetschen und
Sprache kennen, die hier noch nicht erschienen sind,
würde ich mich über Ihre Zusendung freuen. Danke!

Sonntag, 28. August 2011

Paris plages

Seit einer Woche ist es vorbei, das Sommerspektakel "Paris plages" für die in Paris Gebliebenen. An der Stelle der Schnellstraße entlang der Seine wird nicht nur Sand aufgeschüttet, es gibt Tischfußball, Volleyballspielzonen, ein Schwimbassin, Ecken mit verschiedensten Sitzgelegenheiten bis hin zum Liegestuhl, Trinkbrunnen, Hindernisparcours für Fahrradfahrer und vieles mehr.

Wir haben uns vor allem über die dépendance einer öffentlichen Bibliothek gefreut, die hier auch für einen Monat ihr Zelt aufschlug und die Menschen zum Lesen anregte.

Auch lustig war die Wasservernebelungsmaschine. Zwischendurch wurde es ja sogar mal ein wenig heiß in der französischen Hauptstadt ...

Nur ein echtes Strandfoto hab ich verpasst zu schießen. Nächstes Jahr!



Hier weitere Infos auf Deutsch über das 10. Jahr von Paris plages.
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Fotos: C.E.

Samstag, 27. August 2011

Pirol ...

... heißt Loriot übersetzt, ich hatte ihn hier schon vor einigen Wochen zitiert. Einige französische Freunde fanden diesen Sketch schon immer skurril, andere Filme brachten sie aber selten zum Schmunzeln. Mich auch nicht. Bis auf meine Lieblingsnummer, die ich am Ende gerne zeige.

Loriot ist trotz des französischen Namens in Frankreich so gut wie unbekannt, meine Wir-bauen-uns-einen-Atommeiler-Freunde lachen als Germanisten ... und die Sache ist sicher vor allem deshalb für sie so besonders, weil ihr Heimatland bislang an die 80 % des Stroms aus Atomenergie generiert.

Der in der vergangenen Woche verstorbene Komiker fand auch bei einigen extra befragten Youngsters unter zehn nicht viel Gnade. Mich irritierte, dass so viele Nachrufe darauf abhoben, dass Loriot "typisch deutsch" sei. Der zweifellos gnadenlos begabte Mann spiegelte Deutsches wider, aber es war ein Land, das auch mir in seinen Ausläufern fast nicht mehr bekannt war: Das spießige Westdeutschland der Wiederaufbaujahre. Viele meiner Generation kennen, was davon in den 60-er und 70-er Jahren noch übrig war, andere eben nicht. Es ist keine Frage deutscher Identität, sondern eine Sache des Alters und des soziokulturellen Umfelds, der Herkunft.

Ich habe ein langes Nachdenkwochenende gebraucht, um diesen Eintrag, der ein Nachtrag ist, zu schreiben. Dann fand ich, was mich bestätigt: Den Artikel einer jungen, französischen Journalistin, nach deren Lektüre ich mich nicht mehr so allein fühle. Céline Béal, sie schrieb in der taz, hält den französischen Humor für nicht subtil genug für Loriot.

Die Journalistin hat auch die Generationsunterschiede im Blick, wenn sie von der Feststellung ausgeht, dass ihre Freundinnen mit Berta oder Herrn Müller-Lüdenscheidt nicht viel gemein hätten — so verfängt der Humor nicht, es entsteht kein befreienden Gelächter über sich selbst. Indes: Es gebe die Erinnerung an das gemeinschaftliche Betrachten dieser Filme, die durchaus zu Lachen fühlen könne, so ähnlich, wie es in Frankreich Louis de Funès und sein für die jungen Leute altmodisches Werk gibt.

Diese Programme seien eben jene Filme, auf die man sich an "einem warmen Sommerabend bei den Großeltern (...) einigen" konnte. Und während de Funès "schnell in Zorn, Aggressivität oder Empörung" gerate, überhaupt sei er "selbstbewusster", wirkten Vicco von Bülows Figuren "maßvoll" bis "glanzlos". Deshalb sei wohl eine besondere Feinsinnigkeit vonnöten ...

Die Journalistin, die von der Frühstückseiszene ausgeht, resümiert ihre Seherfahrungen mit: "Diese Sache mit dem verdammten Ei verstehe ich jedoch immer noch nicht."

Dem kann ich mich nur anschließen. Ich verstehe nicht, worin hier die "typisch deutsche Art" liegen soll, die in den Nachrufen immer beschworen wurde.
Jetzt der versprochene Lieblingssketch. Ich finde ihn lustig, weil sicher jeder von uns in der Dolmetscherkabine mal einen verbalen Rohrkrepierer und Phrasendrescher erlebt hat ... Und das Filmchen kommt auch bei vielen Franzosen gut an! RIP, Pirol!

mit englischen Untertiteln,
denn etliche Freunde mussten es probesehen

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Film: YouTube / Vicco von Bülow

Freitag, 26. August 2011

Alte Sachen

"Du klingst ja wie meine Oma!", sagt der kleine, weltbeste Patensohn, als ich etwas in DM umrechne und erschrecke: Ein Milchkaffee für knapp zehn Mark, das war in Berlin einst wirklich nicht vorstellbar ... und dünkt mich auch heute komisch, selbst wenn ich die Inflation seit der Währungs|union|umstellung hinzurechne.

Der falsche Klang wird sich wohl fortsetzen, wenn ich in den nächsten Jahren |Glühbirnen| "Leuchtmittel" in Wattstärke nachfrage (und nicht in Lumen).

Von einem alten manège = Karussell
Da geht mir ein Licht auf. Ich erinnere mich an meine Vermieterin aus der Avenue Rodin, die die vermeintlich günstige Miete in Paris noch in Ancien Francs umrechnete. Madame war nun mal wirklich im Omaalter. Zudem muss ich ergänzen, dass Mieten in Paris im allerseltensten Fall wirklich günstig sind und diese es auch nicht war. Dann grüble ich der Szene hinterher und frag Mister Googel. Der klärt mich auf: Der alte Franc, der immer zu so utopisch hohen Summen führte wie in grauer Vorzeit die italienische Lira, wurde im Jahre 1963 abgeschafft.

Und das liegt als Zeitpunkt ebenso vor meiner Geburt wie die Einführung des Euro vor der Geburt des jungen Mannes.

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Foto: C.E.

Donnerstag, 25. August 2011

Siebenjährige

Das war nicht übelst mies: Am Brunnen in Paris
"Das finde ich jetzt aber übelst mies!", protestiert ein mir bestens bekannter Siebeneinhalbjähriger und versetzt mich in Staunen.
So reden die Kids also heute in Berlin. (Kleine Ergänzung zu seinem minibisschen von neulich.)

Schnell aufschreiben, damit es nicht in Vergessenheit gerät.

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Foto: C.E. (Paris plages)

Mittwoch, 24. August 2011

Untersetzung

Ein echtes Andenken auf dem Schreibtisch
"Je veux que ce souvenir", steht in dem automatisch übersetzten Text, den mir jemand von einer französischen Nachbarschaftsinitiative aus der banlieue mit der Bitte um Aufhellung einiger Passagen zugeschickt hat. Etliche Teile sind kurz vor knapp noch verständlich, zum Beispiel das grammatisch grottige "Nous en venons à la 12,9. en train pour préparer la réunion big", aus dem das Datum, das Verkehrsmittel (train) und der Anlass (Treffen vorbereiten) hervorgeht ... ergänzt durch das weltweit verständliche big.

Was aber hat es mit dem ersten Satz auf sich? "Ich will dass dieses Andenken?" Ich bitte um den Originaltext. Während ich warte, teste ich kurz, ob das Medium, das diese "Übersetzung" verbrochen hat, mir per automatischer Übersetzung eine Idee darüber vermitteln kann, was da ursprünglich wohl gestanden haben mag. Aber ich werde schnell enttäuscht, "Ich möchte, dass dieser Speicher" hilft auch nicht weiter.

Abends, nach einem satten "Plopp" in meinem elektronischen Briefkasten, lese ich endlich die Auflösung: "Das will ich andenken." Autsch! Dieses "andenken" ist ja wirklich kein gutes Deutsch, überhaupt ein blödes Wort: an-denken wie an-fahren, an-richten, an-baggern ... so von der Seite her, eine Geste der Veränderung von etwas in einen anderen Zustand.

Et hop!, auf den Index mit der "Vokabel" andenken. Da gehören auch automatische Übersetzungen hin, denn diese "französische Fassung" ist so unterirdisch schlecht, dass ich für derlei einen Neologismus vorschlage. Statt Übersetzung möge man ab jetzt das hier sagen: Untersetzung.

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Foto: C.E. (Archiv)

Dienstag, 23. August 2011

No comment *Aktualisiert*

Ein Fundstück aus dem Netz (gesehen bei facebook) ... 

Textversion: Wissentschaft Mittelarbeiter (sic!), angestellt bei XXX, studierte an der XXX in Paris, Frankreich, wohnt in Friedrichshain, Deutschland, spricht Französisch, Englisch und Deutsch, aus Paris
Doch ein Kommentar nach ersten |Beschwerden| Zuschriften: Der Betreffende ist nicht auf Jobsuche, es handelt sich nur um ein Profil bei einem Web 2.0-Freundschaftsnetzwerk. Ich mache mich hier also nicht über Nachwuchs lustig, sondern finde einfach dieses schwere, deutsche Wort zwischen Mitarbeiter und Mittelbau sehr hübsch wiedergegeben.

Montag, 22. August 2011

Das Tanzbein

Kundenpflege in schwierigen Zeiten. Im Frühjahr durfte ich einen VIP betreuen, und dessen deutscher Presseagent kam mit mir an diesem langen PR-Tag zweimal länger ins Gespräch, als französischsprachige Journalisten den Star interviewten. Währenddessen saßen also der Agent, der nicht aus Berlin kommt, und ich im ersten Raum der Hotelsuite beim Tee zusammen, und wir parlierten angeregt. Es war eine angenehme Begegnung.

Dann, kurz vor der Sommerpause, erhielt ich von diesem Herrn eine freundliche Mail mit einer recht bestimmt gehaltenen Einladung zum Abendessen, Tanzbein schwingen inklusive. Die Lokalitäten waren vorgegeben, sie entsprachen meinem Geschmack.

Aber sofort war ich hellwach, obwohl mich das Schreiben in der Stunde nach dem Mittagessen, also mitten im Suppenkoma, erreichte. Eine Frage jagte die nächste: Was mache ich nun? Ohne ein Zögern zusagen? Oder doch sofort oder nach einiger Bedenkzeit Arges mutmaßen?

In Frankreich sind déjeuner d'affaires, das mittägliche Geschäftsessen, ein übliches Mittel, um Arbeitsbeziehungen zu verfestigen. Doch in Deutschland?
Und dann auch noch abends?

Ich ging hin. Wir |spiesen| saßen herrlich in Mitte in einem alten, renommierten Restaurant mit Weinkeller, danach gingen wir wie vereinbart in eins der ältesten Berliner Ballhäuser zum Tango. Und es begann, was ich befürchtete, ein subtiles Spiel der Rollen- und Verführungsmuster, das weit über das bei diesem Tanz Übliche hinausging.

Ich brauchte nicht lange nachzudenken, meine Signale und Worte waren eindeutig: Ich setzte ebenso freundlich wie bestimmt Grenzen. Ob ich es jetzt mir mit einem Auftraggeber verscherzte oder nicht, war mir in dem Moment egal. Ich fühlte mich gut dabei. Es gab Zeiten, in denen ich zwar ebenso reagiert habe, aber stärker darunter litt, der entgangenen Jobs wegen. Und ich sehe noch heute, wer sich damals auf Kundenpflege besser verstand.

Und ja, wir leben im 21. Jahrhundert, und zudem mitten in einer Wirtschaftskrise, in der sich selbst anerkannte Profis ihre Jobs nicht aussuchen können.

Was ich hier beschreibe, habe ich übrigens in Frankreich in den 1990-er Jahren noch viel öfter erlebt ⎯ mit dem Ergebnis, dass ich mir etliche Arbeitschancen vermasselte. Und wenn ich in meinem Freundeskreis rumfrage und bei den Herren der Schöpfung nachhake, so kennen wir in diesem Bereich noch keine Gleichberechtigung.

Die Episode mit Monsieur Tanzbein ist wieder aktuell. Für den Oktober wurde ich heute angefragt von besagtem Herren, der entschuldigend einleitete: "Ich hoffe, Sie wollen noch mit mir zusammenarbeiten ..."

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Illustrationen: Kinowerbung aus den 20-ern. 
Zeiten und Orte sind verändert, Kundenschutz!

Sonntag, 21. August 2011

Mauerkino

Mein Bild der Woche hat nichts mit DER Berliner Mauer zu tun, dafür mit anderen Mauern, einfachen Haus-, Brand- und Scheunenwänden. Gestern Abend fand in Berlin-Neukölln die erste Kurzfilmwanderung statt, und da wurden diese Mauern zu Leinwänden eines auf einer Leiter stehenden Beamers.

Eine Gruppe von gefühlten 60 Personen erwanderte sich ihr abendfüllendes Programm entlang eine Strecke im neuen Szenekiez Neukölln. An fünf verschiedenen Stellen wurden Filme an Mauern projiziert, die eigens für diesen Abend ausgesucht worden waren. Die Orte waren ebenso vielseitig wie die (internationale) Filmauswahl: Mauern in einer Wohnstraße, im Park, am Rande des Parkplatz eines Discounters, der Giebel einer Scheune in Rixdorf und das fensterlose Wandstück einer Passage (Foto).

In der Passage wirkten die unter der "Leinwand" liegende chemische
Reinigung und der Ort überhaupt plötzlich wie ein Filmset
Nach vielen verregneten Sommerwochen war das Wetter allen Beteiligten gnädig. Die Kurzfilmwanderung wurde von drei jungen Leuten organisiert und von freundlichen Neuköllner Nachbarn zum Beispiel mit Stromkabeln unterstützt, die überall bereits auf die Unterhaltungssuchenden warteten.

Für mich war es bisher das zauberhafteste Kinoereignis des Jahres. Das Filmprogramm sowie weitere Eindrücke von der Wanderung hier.

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Foto: Città Aperta (bearbeitet von C.E.)

Samstag, 20. August 2011

Link der Woche: freecycle

Heute möchte ich einen praktischen Tipp er­neu­ern, den ich bereits letztes Jahr gab. Und ich kann auch gleich den Beweis damit liefern, dass das Internet ein Dorf ist.

Es geht mir um das internetbasierte Ver­schenk­netz­werk freecycle. Und obwohl es sich hier um ein internationales Netzwerk handelt, ist es regional organisiert (Städte links). Freecycle liegt der Recycling-Gedanke zugrunde, und es ist, wie der Name schon sagt, kostenlos.

Das freecycle-Prinzip geht so wie einst auf dem Dorf: Noch gute Gegenstände, die im Haushalt aber nicht mehr gebraucht werden, wandern weiter zu anderen Mitmenschen. So sucht zum Beispiel Oma Hanna aus Charlottenburg einen Kinderautositz fürs En­kel­chen und Maike aus Prenzlauerberg, die neu nach Berlin gezogen ist und noch nicht viele Leute kennt, hat einen zu verschenken. Die beiden "treffen" sich über free­cycle.

Oder mein Lieblingsgesuch dieser Woche:
Hallo liebe Freecycler, 
im Dezember findet im Pergamonmuseum eine Ausstellung zur Ge­schich­te der Archäologie statt. Ich darf das Ganze vorbereiten und brauche eine ganze Reihe Koffer für den ersten Raum, wo wir frühe Reisen zu Ausgrabungen zeigen wollen. 
Da wir - wie immer bei Archäologen - kaum Geld für die Ausstellung haben: Wer hat noch einen alten Koffer im Keller, den er uns geben würde. Größe und Farbe egal. Hauptsache alt. 
Viiiiieeeeelen Dank, Pati
Da ich zusammen mit einer Kollegin diese "Newsgroup" moderiere (also Spam lösche, die Leute auf die Ein­hal­tung von Formalien hinweise usw.), sehe ich übrigens sehr schön, wie stark die Webseite von den in­ter­na­tio­na­len Neuberlinern genutzt wird. Da übersetzen und glät­ten wir dann oft, Schmunzeln inklusive, zum Beispiel bei Unser Föhn hat den hat Geist abgegeben. Ist ja mal gut, dass es nicht der Löffel war!

Außerdem merke ich, wie auch in der "normaldeutsch" klingenden Bevölkerung die allgemeinen Recht­schreib­kennt­nis­se ... naja, will jetzt nichts Böses sagen. Sehr oft lese ich, was die neue Getrenntschreibung so an­rich­tet: "Ich habe ab zu geben", "zu ver schenken", "für selbst ab Holer" usw.

Ich selbst habe einige Pflanzen, darunter meine Ba­de­zim­mer­pal­me, und einen Schreibtischstuhl über free­cycle geschenkt bekommen. Es war wirklich wie auf dem Dorf: Die Sachen haben Menschen aus meiner Nachbarschaft nicht mehr gebraucht.

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Illustrationen: freecycle, C.E.

Donnerstag, 18. August 2011

Anleger

Weiter mit der kleinen Wirtschaftsreihe auf dem Dolmetscherweblog. Als Französischdolmetscherin erlebe ich in Berlin die unterschiedlichsten Kunden. Über diesen kaum bekannten Beruf, die typischen Probleme und die Grundlagen unseres Arbeitsalltags berichte ich hier, wobei ich die Identität meiner Kunden selbstredend schütze.

Geldzählmaschine in Aktion
Es war wieder mal so ein Freitagmorgen, den ich mit nichts als langweiliger Ablage zubringen sollte, da klingelte um elf das Telefon: Ein Notar war am Apparat, er hätte einen belgischen Kunden, der in Berlin eine Wohnung kaufen und dazu noch am selben Tag einen Vertrag unterschreiben wollte.

Ich wehrte ab, denn ich bin nicht sonderlich firm in diesem Vokabular, dass ich schon auf Deutsch nicht richtig verstehe. Kein Problem, meinte da der Notar, es sei alles von fachkundiger Hand bereits übersetzt, die Kunden seien über die Details des Vertrags auf dem Laufenden. Indes, das Gesetz erfordere die Anwesenheit eines Dolmetschers, und den Satz "bitte hier unterschreiben" würde ich ja wohl noch übertragen können.

Mich erinnerte die Begebenheit stark an einen ähnlichen Moment, wo sich die Betreffenden aber eine "Übersetzung" durch eine kostenlose "Übersetzungs"software aus dem Internet beschafft hatten und so rein gar nichts verstanden. Ich zögerte. Dem Bitten und Betteln des Notars, der ein entfernter Bekannter von Bekannten ist, habe ich schließlich nachgegeben.

Zu meiner Erleichterung erwies sich die Situation als richtig beschrieben. Nach einer Vorstellungsrunde in der Kanzlei und vor Vertragsunterzeichnung ging's noch rasch zur Bank, Geld für eine Anzahlung abheben. In der Wartezeit schaute ich mir den Vertrag genauer an. Mir stockte der Atem. Die Wohnung, um die es ging, lag nicht nur fünf Straßen von meiner Wohnung entfernt, einer Gegend mit (noch) moderaten Mieten und Kaufpreisen, die aufgerufene Summe las sich aber wie Kurfürstendamm oder Dahlem. Ich war schockiert.

Wie sollte ich mich verhalten? Den Kunden sagen, dass man gerade im Begriff war, sie übers Ohr zu hauen? Oder dem Notar mal eben kurz und sachlich den Kopf zurechtrücken und den Termin platzen lassen?

Vor Ort konnte ich nichts sagen, denn der Immobilienverkäufer war mit bei der Bank, und sein Französisch war dank vieler Urlaube, wie er munter erzählte, durchaus besseres Schulfranzösisch. Die Wohnungskäufer, die mir für meinen Job ein gutes Honorar zahlen sollten, schienen beglückt, ein solches "Schnäppchen" gemacht zu haben. Sie verglichen stets die Immobilienpreise von Brüssel und Paris mit denen von Berlin. Das Elternpaar nebst Sohn waren mir als Menschen auf den ersten Blick sympathisch ... und nachdenklich sah ich sie mir genauer an.

Sie trugen edle Markenkleidung und ostentativ zur Schau getragene, teure Uhren und Schmuck; dann kam das Gespräch auf eine der mehreren Wohnungen, die man in Paris verkauft habe, um dem Sohn hier in Berlin eine eigene Wohnmöglichkeit offerieren zu können: Dort seien, so der Vater der Familie, in letzter Zeit so viele Schwarze hingezogen, dass man sich ja im eigenen Land fremd fühle (Madame war Französin). Und wie viele Kinder die hätten! Und wie das immer rieche! Und dann diese komische Sprache! Nein, das sei keine gute Rasse, Neger halt, und ...

Hier breche ich lieber ab. Meine Entscheidung war gefällt. Ich habe nichts gesagt und wie die anderen munter mein Geschäft gemacht.

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Foto: C.E.

Mittwoch, 17. August 2011

« Dans le cochon ...

... tout est bon ! »

Am Schwein ist alles gut, lautet ein französisches Sprichwort. Dem kann ich als eingefleischter Vegetarier natürlich nicht widersprechen.

Wenn bei mir zu Hause andersartige Ferkelchen vorstellig werden, weise ich ihnen sofort den Weg ins Bad. Dort wartet derzeit ein Artgenosse auf sie. Hintergrund: Ferien auf dem französischen Bauernhof mit dem weltbesten Patensohn, der in seiner Patentante auch eine hingebungsvolle Französischlehrerin hat. Und so pappt über dem aus den Ferien mitgebrachten französischen Klopapier (wir waren Selbstversorger), das ausnahmsweise schweinchenrosa gehalten ist, ein ebenfalls rosafarbenes, rüssliges und korkenzieherbeschwanztes Wesen und bringt jenen, die an diesem Örtchen Zeit verbringen, Worte bei.

Das als weiterer Tipp für Lernende. Das Tierdossier, aus dem das Bild stammt, es ist eigentlich für französische Vorschüler gedacht, fand ich im Netz, und zwar hier: klick.

Und zum Weiterlernen gibt's gleich noch einen Film. Achtung, Juliette singt sehr schnell, Liedtext zum Mitlesen dort.



Mit kleinen Schweinchen hat man so seine Wirtschaft, auch das war ein Beitrag zur Reihe dieser Woche ...

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Fotos: C.E. (Sorry für die schlechte Bildqualität,
im Urlaub musste die Knipse dran glauben.)

Dienstag, 16. August 2011

Stundensätze

Willkommen auf dem Blog einer Übersetzerin und Dolmetscherin für die französische Sprache mit Wohnort Berlin! Hier schreibe ich über meinen Berufsalltag, heute geht es weiter mit dem Thema "Wirtschaft".

Eine Dolmetscherstunde kostet im Ver­kauf um die 120 Euro. Oft werde ich gefragt, ob es nicht günstiger sein kann, und ja, es kann. Je nach wir­tschaft­li­chen Mög­lich­keiten oder so­zia­len Ge­ge­ben­hei­ten berechne ich (deutlich) we­ni­ger, auch Berliner Gerichte zahlen nicht so viel. Ähnlich verfahre ich mit span­nenden Dreh­buch­über­setzungen junger (unter­fi­nan­zier­ter) Pro­du­ze­nten ...

Diese differenzierte Preisgestaltung kann ich mir nur deshalb leisten, weil ich auch volle Preise zahlende Kunden habe, denen ein halbstündiger Einsatz 800 Euro wert ist, dem allerdings konkret ein halber Tag Vorbereitung bzw. meine mehrjährige Beschäftigung mit dem jeweiligen Thema vorausgegangen sind. Diese Kunden zah­len so viel, weil sie wis­sen, dass jahrelange Berufsroutine dahintersteckt. Für sie zählt bei einem kurzen, wichtigen Einsatz einzig und allein die Qualität des Ge­leiste­ten. Und ihnen ist bewusst, dass ich für nämlichen Tag zumeist keinen zweiten Auftrag mehr an­neh­men kann, dass der Tag also "weg" ist, selbst wenn ich netto nur eine Stunde gedolmetscht habe.

Bei uns Übersetzern und Dolmetschern hängen die Preise also immer mit echter Arbeit und auch mit Einschätzung der Vermögensverhältnisse unserer Kunden zu­sam­men. Das Wort Einschätzung kommt von "Schätzung". Im persönlichen Umgang bringe ich allen Kunden die gleiche Wertschätzung entgegen, ganz gleich, wie hoch oder niedrig die Honorarforderung am Ende sein wird.

Warum der Preis der Dolmetscherstunde dennoch so hoch sein muss, lässt sich leicht erklären. Ähnlich wie Anwälte haben Dolmetscher und Übersetzer lange Ausbildungszeiten, also Phasen, in denen sie nichts oder wenig (in anderen Be­rufen) verdienen. Und die Qualität der Einsätze, ob gut oder schlecht bezahlt, steht und fällt mit der Vorbereitung. Auf eine Dolmetscherstunde kommen eine bis acht Stunden, in denen ich mich auf dem Laufenden halte, Hintergründe re­cher­chie­re und lerne, konkret für einen Termin übe, Rechnungen schreibe oder das Büro verwalte. Das relativiert den Preis der Einzelstunde.

Und so bilde ich mich jeden lieben Tag, den sich die Erde um die Sonne dreht, wei­ter. Ich lese Hintergründe, Aktuelles und Belletristik. Ich höre französisches Radio und sehe französischsprachige Filme, Theaterstücke und besuche auch Dis­kus­sions­run­den und Lesungen, die mit meinen Sprachen zu tun haben. Ich treffe mich mit Freunden, die verschiedenste Idiome sprechen, und bin da seit jeher mit No­tiz­buch in der Hand bekannt.

Kurz: Die Mehrzahl meiner Arbeitsstunden ist unbezahlt, und die Arbeit lässt sich oft nicht mehr vom Privatleben trennen. Nur manchmal ist es eindeutig. Seit vier Tagen (Wochenende inklusive) lese ich zum Beispiel jeweils zwei bis drei Stunden zu Wirtschafts- und Börsenthemen, und zwar Print- und Onlinepublikationen, drucke aus, streiche an, ergänze. Dann habe ich eine Vokabelliste angelegt, einige schwere Fälle auf Karteikarten übertragen. So, weiter im Text: Leerverkäufe, Euro-Bonds, Kreditausfallversicherung ...

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Foto: C.E. (Archiv)

Montag, 15. August 2011

Herz mit Schnauze

Der größte wirtschaftliche Sektor Berlins ist der Tourismus. Wie wird dieser beworben?

Einer der Slogans der Berlin Tourismus Marketing
Mit dem direkten Humor der Berliner versucht die Stadt Berlin ihre Gäste für sich einzunehmen, das beschreibt jedenfalls Pascal Thibaut, Deutschland-Korrespondent des französischen Auslandssenders RFI (Radio France Internationale), heute auf seinem Blog "L'Allemagne hors les murs" (etwa: Das Deutschland jenseits der Mauern). Nachstehend eine rasch gefertigte Übersetzung (die mehr eine Übertragung ist.)


"Selbst das offizielle Tourismusmarketing der Stadt (BTM) greift bei seinen Werbecampagnen mitunter auf den wenig diplomatischen, furztrockenen Humor seiner Einwohner zurück. Das Sensationsblatt "Bildzeitung" widmet dem Thema heute eine ganze Seite und belegt dies mit aussagekräftigen Beispielen.

Der Berliner Ton ist manchmal rau. Vor allem für Neuberliner aus anderen Regionen ist das stark gewöhnungsbedürftig, wenn sie zum Beispiel aus Gegenden wie Bayern, dem Rheinland oder Frankreich kommen, in denen die Umgangsformen "eleganter" sind.

Auch mit dem schlechten Wetter warb die BTM
am Wochenende. Wenn das keinen Humor beweist ...
Über den starken Berliner Akzent hinaus, in den man sich erst einfühlen muss und der ein wenig an das Französisch erinnert, das einst in den einfacheren Pariser Kreisen gesprochen wurde (le titi parisien), erweist sich die Ansprache der Berliner als überaus direkt: Ohne Umschweife wird vermittelt, was der Betreffende auf dem Herzen hat, und das sogar dann, wenn er hinter einem Tresen arbeitet und als Servicekraft eigentlich seiner "teuren" Kundschaft zu Diensten sein sollte. Neuberliner nehmen dies oft persönlich. Auf der anderen Seite hat dieser Ton den Vorzug, ehrlich und ohne Umschweife aufs Wesentliche zu sprechen zu kommen und einem zuckersüße und oft scheinheilige Volten zu ersparen, wie sie in anderen Gegenden üblich sind.

Die "Bildzeitung" hat diesen Montag ein kleines "best of" veröffentlicht, das ob seiner Güte direkt in Currywürsten aufgewogen gehört! Auszüge.

- In einem Taxi verweigert die Kreditkarte ihren Dienst. Darauf der Fahrer: "Wer nicht mal zehn Euro in der Tasche hat, sollte zu Fuß gehen."
- Beim Bäcker fragt eine Kundin: "Kann ich hier auch eine Zeitung bekommen?" Die Verkäuferin antwortet: "Wenn ich die Tür schließe und den Laden flute, dann könnten Sie hier sogar baden gehen."
- Im Restaurant fragt ein Kunde, warum ihm ein bestimmter Käse serviert wird. Antwort des Kellners: "Weil ich ihn loswerden muss."
- In einer Schlange vor dem Postschalter fängt ein ungeduldiger Kunde an zu mosern. Darauf der erste der Wartenden: "Wenn Du nicht sofort die Klappe hältst, eröffne ich ein Sparbuch."
- Ein Tourist, dem die öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin fremd sind, zeigt dem Fahrer beim Einsteigen seine Fahrkarte (anstatt diese zu entwerten). Darauf der Fahrer: "Wollen Sie, dass ich reinbeiße?"


P.S.: Die Beispiele sind aus dem Französischen zurückübersetzt, den Originalartikel fand ich nicht.
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Illustrationen: BTM

Zusammen oder getrennt?

Hallo, Sie haben den Blog einer Berliner Sprachmittlerin für die französische Sprache aufgerufen. Hier denke ich über unsere Arbeit nach, über Chancen und Probleme der interkulturellen Kommunikation, über Dolmetschtechnik, von Übersetzern gebrauchte Textsoftware oder aber über unsere Arbeitsmittel, die Sprachen, und wie sie sich verändern. Dabei nehme ich gerne auch mal etwas richtig wörtlich. Diese Woche schreibe ich ganz aktuell zum Thema "Wirtschaft".

In französischen Kneipen wird immer zusammen gezahlt. Deutsche Reisegruppen, die aus Einzelpersonen oder Kleinfamilien bestehen, irritiert das immer. Auch deutsche Ober kennen das Zusammenzahlen, daher die Frage: "Zusammen oder getrennt?"

Die in Berlin lebende französische Chansonsängerin Corinne Douarre hat daraus ein Chanson fabriziert, das weit über die Kellnerfrage hinausgeht. Außerdem funktionieren die einzelnen Strophen vor dem Refrain ungefähr so, wie ein Dolmetscherhirn auch: Die Ausdrücke kommen meistens zusammen.

Hier ein Höreindruck:


(Weitere Songs von Corinne Douarre bei Myspace Musik)

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Foto: C.E.

Sonntag, 14. August 2011

Fundsache

Es gibt Werbung, die verfängt nicht. Und Nachhilfe tut mitunter not. Das als tagesaktuelles Bild, denn morgen fängt in Berlin die Schule wieder an. Ein gutes Schuljahr allen Beteiligten!


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Foto: C. Elias (gesehen in Berlin)

Samstag, 13. August 2011

13. August

Hier bloggt eine Über­set­zerin und Dol­met­scher­in. Als Kind schon habe ich be­gon­nen, bei Spra­che ge­nau hin­zu­hö­ren. Wie das kam, erzähle ich jetzt.

Heute ein besonderer Link. Als Westkind mit Ostwurzeln war ich immer überall falsch, nur in Frankreich fühlte ich mich richtig. Was sicher auch am Maueralbum von Daniel Balavoine lag, das meine Freundin Annette K. besaß und das wir mir überspielten. Hier fand der Schmerz, den ich als Nachgeborene über das geteilte Deutschland empfand, seinen lyrischen Ausdruck. Mit ihm war ich in meiner Ge­ne­ra­tion nahezu allein, wurde sogar verlacht oder bekam Applaus von der falschen Sei­te. Als ich dann nach dem Abi in Frankreich ankam, wollte ich, außer mit der Familie, kein Deutsch mehr sprechen.

Hier zur Musik von Balavoine. Die Geschichte von Simon und Gunther, zweier Brü­der, ist die Geschichte meines Onkels und meines Vaters, die Teilung einer Fa­mi­lie war auch meine. Ich selbst bin einer der wenigen echten Wossi.



Kurz, bevor die Mauer aufging, fotografierte ich sie noch. Ich hatte mich Sep­tem­ber 1989 mit meinem Vater, der in Westdeutschland wohnte, zum Spa­zier­gang ver­ab­redet, musste aber nochmal schnell zum Sender Freies Berlin, etwas ein­spre­chen. (Ich war damals als Studentin dabei, nach einem Praktikum Jour­na­lis­tin zu werden.) Die Verabredung war denkbar einfach: Immer an der Wand lang. Er star­tete am Mariannenplatz, ich ging ihm ab Checkpoint Charly entgegen. Wir tra­fen uns sehr bald und er erzählte mir vom 13. August 1961. Diesen Tag hatte er in Berlin verbracht, er im Westen, sein Bruder im Osten.


Wir wussten nicht, dass es die letzte Gelegenheit sein sollte, vor Ort diese Er­in­ne­run­gen auszutauschen. Wenige Wochen nach unserem Spaziergang vom September 1989 bin ich wieder aus Paris nach Berlin gereist, kurz vor einem ganz anderen Er­eig­nis.

Und hier noch ein beeindruckendes Zeugnis eines anderen Mauerkindes. Silke Stuck wuchs buchstäblich im Schatten der Mauer auf und verstand das Drama erst später.

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Foto: C.E.

Freitag, 12. August 2011

Vokabelveränderung

Willkommen beim Arbeitstagebuch einer Sprachmittlerin für die französische Sprache! Was Französischdolmetscher und -übersetzer nicht nur in Berlin umtreibt, wie wir leben und arbeiten, können Sie hier verfolgen. Regelmäßig denke ich auch über unser Arbeitsmaterial nach, die sich verändernden Sprachen.

Die Abkürzung des französischen Worts association für "Verein" hat sich innerhalb von nur zwanzig Jahren verändert. Das durfte ich neulich bei einer Tagung feststellen.

Vor zwanzig Jahren war der Verein noch l'assos (oder l'assoc) mit einem offenen o [ɔ]. Heute ist es l'asso, wie ein sehr gemütlich, deutsch ausgesprochenes und auf beiden Vokalen betontes "Lasso" mit geschlossenem o [o].

Noch ein Unterschied: Früher hörte man das "s" deutlich, heute gar nicht mehr. Arnaud von Peuple & Culture Paris meinte, die alte Sprechweise würde ihn zu sehr an "à sauce" erinnern, wobei er für diesen Eindruck das ausgesprochene "s" der alten Sprechweise mit dem geschlossenen "o" der neuen Sprechweise verbindet.

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Foto: C.E. (das Haus der Vereine in Marseille

Donnerstag, 11. August 2011

Kapazitäten frei!

In der Regel ist mein Kalender so pickepackevoll wie rechts auf dem Foto. Damit das so aufgeht, muss ich immer sehr genau planen. Außerdem brauche ich stets viel Glück ... denn ich kann ja meine Zeit schlecht doppelt vergeben.

So hatte ich die nächsten Wochen geblockt für ein Großprojekt und mich nicht um andere Jobs bemüht. Nun kam produktionsbedingt kurzfristig eine Absage. Der Film, für den ich übersetzen und dolmetschen sollte, entsteht erst 2012. Ausfallhonorare gibt es in der Regel in solchen Fällen nicht.

Was selten genug vorkommt, darf ich also diese Woche hier anpreisen: Ich habe Kapazitäten frei! Und da ich vor meinen Jahren als hauptberufliche Übersetzerin und Dolmetscherin bereits in den Bereichen Medienproduktion, Hochschullehre und Journalismus tätig war, bin ich vielseitig einsetzbar. Hier die Kurzfassung meiner Präsentation.

Danke fürs Weitersagen!

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Foto: C.E. (Archiv)

Dumping

Sehr geehrter Herr Anwalt B. aus K.,

möchten Sie, dass Ihre Rechtsberatung von Studenten für ein Taschengeld erledigt wird? Wissen Sie noch, was Sie als Student schon wussten/konnten? Wie gewährleisten Sie Ihre Arbeit, wenn Ihnen eine noch nicht ausreichend qualifizierte Person zuarbeitet? Wissen Sie was Dumping ist? Was stellen Sie am Ende Ihren Kunden in Rechnung?


Man wird doch mal fragen dürfen ...

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Illustration: Eben im Netz gefunden

Speisekammer

Feigen- und Quittenmarmelade aus der Touraine,
Senf aus Dijon
Meinen heutigen Tipp fand ich in der Speisekammer. Nein, es geht nicht um die Taschenbuchregälchen aus der Studentenzeit (passend zu den winzigen Pariser Mansarden), die in die Speisekammer gewandert sind. Und auch nicht um die Weckgläser mit Deckel, in die systematisch alle Vorräte wandern, Motten adé!

Ich habe einen Lerntipp parat bzw. die neue Variation eines alten. Wer nicht von eigenen oder befreundeten Tanten oder Schwiegermüttern aus Frankreich Marmelade geschenkt bekommt, kann sie sich auch im Urlaub besorgen, zum Beispiel verkaufen viele Bauern direkt ihre überschüssigen Produkte. Das 'leckere' Ergebnis vor dem kulinarischen Genuss: Wer dann z.B. beim Rausholen vom Reis aus der Speisekammer oft das COING-Schild sieht, lernt le coing - die Quitte ganz nebenbei. (Umgekehrt gilt das für Deutschlernende. Die liebevollsten home made marmelades aus Berlin-Neukölln mitsamt deutschsprachigen Etiketten fand ich auf dem historischen Weihnachtsmarkt am Richardplatz.)

Noch eine Möglichkeit: Fremdsprachige Rezepte nachkochen und dann die Schildchen entsprechend gestalten. (Für Not- und Zweifelsfälle empfiehlt es sich, Muttersprachler parat zu haben, und sei's zur Krisenintervention per Telefon.)

Liebe geht durch den Magen. Die Liebe zur Sprache auch.


P.S.: le coing klingt übrigens wie le coin - die Ecke
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Foto: C.E.

Mittwoch, 10. August 2011

Rahmen

Dolmetschen ist Leistungssport. Und unsereiner ist wie ein hochnervöses Rennpferd, was mir immer dann auffällt, wenn das Kraftfutter oder der Stall nicht stimmen und auch die Transportkiste eigentlich nicht für Powermaschinen wie uns ausgelegt ist.

Ich nehme jetzt mit Humor, was mich gerade ganz schön niederbügelt. Schade, anstatt heute frisch an ein neues Werk zu gehen, erlebe ich einen unerfreulichen Nachklapp eines hochinteressanten Einsatzes, bei dem aber die Rahmenbedingungen nicht gestimmt hatten.

Ich liebe die Vielfalt meiner Kunden und finde es wichtig, auch bei spannenden Projekten mitzuwirken, die sich keine Profi-Dolmetscherin leisten können. Doch ärgert mich dabei, dass meine Arbeit dann zu oft für selbstverständlich genommen wird. Und zwar für derart selbstverständlich, dass der Rahmen, den ich brauche, um leistungsfähig zu sein, vernachlässigt wird.

Das kann losgehen mit irgendwelchen Kämmerlein ohne Sicht auf die Redenden, in denen ich arbeiten soll, wird gesteigert durch zugige Flure, in die ich zum Zwecke der sauberen Filmtonaufnahme verbannt werde, endet leider nicht in lärmigen Hotels oder mit Nachbarn, die nächtelang durchfeiern und die damit ohne, dass sie dies beabsichtigen, mir die zwingend notwendige Regeneration vereiteln. Oder aber das halbe Hotel ist eine Baustelle, und auch wenn es morgens erst um 10.00 Uhr losgeht, so endet doch der letzte Einsatz um 23.00 Uhr und die Presslufthammer starten früh um sieben ...

Ich hab jetzt hier mal einige worst-case-Szenarien zusammengestellt. Schlimm ist es, wenn zwei oder drei Faktoren zusammenkommen. Denn diese mobilen Dolmetschereinsätze finden in der Regel ohne Kabine statt. Das allein fordert noch mehr geistige und körperliche Energie, als die ohnehin anstrengende Sprachmittlertätigkeit. Ein mobiles Dolmetschsystem liefert den Teilnehmern meinen Ton bequem via Kopfhörer auf die Lauscher — nur ich muss meinen Ausgangston aus der allgemeinen Atmo herausnesteln, und die kann eben mitunter stark von Nebengeräuschen belastet sein.
Okay, den einen Gospel-Gottesdienst im Konferenzraum neben dem Tagungsort kann unsereiner noch wegfiltern, schlimmer ist es, wenn es dauernd irgendwo schlechte Akustiken gibt und die Ruhe- und Nachtzeiten nicht gesichert sind. Denn beim mobilen Einsatz spitze ich den ganzen Tag das Öhrchen, um das Wesentliche zu verstehen, und abends hört das Ohr einfach nicht auf damit ...

Wenn mich Veranstalter oder Team vor solchen Rahmenbedingungen nicht schützen und ein Projekt mehr als zwei Tage dauert, fahre ich eine derartige Müdigkeit ein, dass das Leben nicht mehr schön ist. Das Arbeiten aber auch nicht. Dann bräuchte ich im Grunde jemanden, der mich vor mir selbst schützen: vor meinem Idealismus und vor meiner Professionalität. Job abbrechen? Kommt irgendwie nicht infrage. Leute hängen lassen? Ebenso wenig. Und wenn ich dann alle Energie zusammenreiße, um meine Einsätze hinzukriegen (bei kleinen Drehs, Delegationsreisen, Arbeitstreffen oder Begegnungen als Solo-Dolmetscherin), dann fehlt mir jegliche Power zur Selbstverteidigung. Schlimmer noch: Mein Habitus ist stärker als ich, ich muss Ruhe und Konzentration bewahren, um arbeitsfähig zu sein.

Dabei werden offensichtlich warnende Worte nicht verstanden, wenn ich sie in der üblichen Freundlichkeit vortrage. Auch die gehört zum Habitus. Und umschalten, vielleicht sogar eine Szene machen, würde Energie kosten, die nicht da ist!

Das habe ich in unterschiedlicher Gewichtung dieses Jahr leider wiederholt in unterschiedlichem Ausmaß |erlebt| erlitten und merke, wie ich weiter Kraft dadurch verliere, mich im Nachhinein verteidigen zu müssen, wenn ich als Voraussetzung für die Fortsetzung der Zusammenarbeit die Einhaltung ganz banaler Regeln einfordere, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Als da wären: Ein von mir ausgewähltes, zur Not selbst importiertes, gesundes Frühstück und Snacks (bei Allergien und Gewöhnung an Bioprodukte), gesunde Mahlzeiten, ein ruhiges Zimmer mit ausreichend Frischluftzufuhr, genügend Ruhezeiten und Pausen ... und am liebsten auch noch Reisebedingungen, die nicht stressen, zum Beispiel einen Schlafwagen nutzen zu dürfen, anstatt fliegen und übermüdet umsteigen zu müssen.

Ich möchte Sie bitten, liebe Leserin, lieber Leser, falls Sie selbst mal im Team mit einem Sprachmittler zu tun haben, sehr genau auf ihre/seine Ruhezeiten zu achten, wozu auch gehört, ihr/ihm rechtzeitig Redemanuskripte oder Konzepte zur Verfügung zu stellen und nicht nach dem festlichen Umtrunk sagen wir mal um 23.00 Uhr noch was für den Folgetag, 9.30 Uhr, aus der Tasche zu ziehen.

Und bitte lassen Sie im Anschluss an die Tatsache, dass sie/er einen Preisrabatt anbietet, keine Abwertung der Person Ihres Dolmetschers zu und sei es auch nur dadurch, dass Sie oder eine dritte Person die Arbeitsbedingungen des/der Betreffenden nicht mehr überwachen bzw. diese grundlegenden Dinge nicht gewährleisten. (Komisch, immer dann, wenn ich richtig teuer bin, begegnet man mir mit viel Respekt. Warum muss ich den aber so oft einfordern, wenn ich zu sozialen Tarifen soziale Projekte unterstütze??)

Die Sache ist einfach. Jeder, der uns "verheizt", läuft sonst Gefahr, dass nicht nur das eigene Projekt beim nächsten Mal ohne Dolmetschprofi auskommen muss, sondern auch andere unterfinanzierte Filmdrehs, Städtepartnerschaften oder Berufsfortbildungen, die uns möglicherweise vielleicht besser behandelt hätten.

Denn meine Hochleistungsmaschine "Mundwerk" muss ich schützen, um auch die Zeit nach diesen Einsätzen voll arbeitsfähig zu sein.
Nach dem letzten und für mich wirklich allerletzten Katastropheneinsatz war ich zwei Wochen krank. Und es war wirklich der letzte: Sollte sich etwas mit einer vergleichbaren Anhäufung von Störfaktoren noch mal ereignen, reise ich nach schriftlicher Vorwarnung und 48-Stunden-Frist ab.

Meine Wut ist groß genug. Die reicht jetzt.

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Foto: In Strasbourg, Association Répliques.
Und wie immer: Kundenschutz! Das Bild steht 
mit dem Beschriebenen in keinem Zusammenhang.

Dienstag, 9. August 2011

Süßes Leben

Abwarten und Tee trinken, blau machen, alles auf einmal!
Freiberufler führen ein süßes Leben. Sie arbeiten zu hohen Honoraren genau immer dann, wenn sie möchten. Sie haben keinen Chef und können auch von zu Hause aus tätig sein. Und wenn die Sonne scheint, machen sie einfach blau.

So sehen uns viele Menschen. Indes, Film ist ein unsicheres Gewerbe. Als Übersetzerin für Drehbücher sein Haupteinkommen zu generieren, ist ebenso unsicher. Das mal so als Warnung an alle jene, die diesen Bereich anstreben: Ein zweites Standbein und/oder ein festangestellter, gut verdienender Partner sind dann zwingend notwendig!

Mein zweites Standbein könnte die freie Lehre sein, doch sie ist in Deutschland traditionell unterbezahlt, die Dozenten finanzieren mit Einkommenseinbußen oder Nebenverdiensten die deutschen Hochschulen mit. Deshalb dolmetsche ich ja auch. Letztes ist einträglich, aber ebenfalls unsicher. Qualität allein reicht nicht aus, unlauterer Wettbewerb droht mitunter sogar von fachfremder Seite, ich schrieb hier bereits über den (inzwischen) Totalverlust eines guten Teils meiner Umsätze.
Der Vorteil dieser Situation, denn Freiberufler müssen stets auch die Vorteile von veränderten Gegebenheiten sehen: Ich kann wieder Mitglied der KSK werden, der Künstlersozialkasse, die künftig die Hälfte meiner Versicherungsbeiträge übernimmt. Das könnte ich inzwischen vielleicht auch als Bloggerin, wenn ich diese Tätigkeit durch Werbung finanziere, so jedenfalls ein aktueller Richerspruch, über den gruendungszuschuss.de berichtet. Aber ich schweife ab.

Wenn vier Wochen vor Drehbeginn die Herstellung eines Films um ein Jahr verschoben werden muss und die fest terminierte Übersetzung eines stark überarbeiteten shooting scripts gleich mit, finde ich dank meiner Kontakte meist andere Beschäftigungen. Das gilt für die nachfragestarken Arbeitsmonate. Aber mitten im Sommer? Ich beschreibe, was mir derzeit widerfährt und erlebe damit ein kleines Experiment. Zum Glück war ich im 1. Halbjahr schön fleißig ...

Wie gewinne ich meine Kunden? Mundpropaganda! Akquise betreibe ich nur höchst selten, weil ich mich damit dem Risiko aussetze, dass mich anschließend etliche zeitgleich beschäftigen wollen. Dann muss ich absagen, das produziert frustrierte potentielle Kunden und ich käme in moralische Grundsatznöte, die ich lieber vermeide. ("Bearbeite ich das hervorragend bezahlte, aber kreuzschlechte Buch von Firma A oder widme ich mich doch eher der gering honorierten Übersetzung des phantastisch poetischen und gut konstruierten Scripts von Firma B?")

Trotzdem muss ich immer wieder mal meine früheren Auftraggeber anschreiben, damit diese mich nicht aus den Augen oder sie selbst sich nicht in Projektionen verlieren. Die "Projektionsfalle" ist rasch erklärt: In der Filmwirtschaft können nur ganz wenige bei Filmfinanzierungen an frühere Erfolge anknüpfen oder sich auf einen Konzern im Rücken verlassen. Zugleich wissen die Menschen, die in Produktionsfirmen arbeiten, dass andere Branchen anders funktionieren. Kurz: Wiederholt mutmaßten meine früheren Kunden, dass ich doch karrieremäßig längst an ihnen vorbeigezogen sei — und inzwischen für sie unbezahlbar. Was zum Teil ja stimmt, aber ich erlaube mir regelmäßig, Drehbücher wie von "Firma B" zu übersetzen oder für manche öffentlich-rechtlichen Sender zu arbeiten, die inzwischen beim Gros der Aufträge zu den armen Kunden zählen.

Was mache ich nun an diesem Augustanfang, urlaubsgebräunt und bester Laune? Marketingstrategien aus Lehrbüchern helfen da nicht weiter, beruhen doch die meisten kaufmännischen Unternehmenskonzepte auf dem Ankauf und Weiterverkauf von etwas, das andere herstellen. Meine Drehbuchübersetzungen aus dem Französischen oder Englischen fertige ich allein und ich werde oft gebucht, weil ich selbst schreibe und die Übersetzungen am Ende wie auf Deutsch geschriebene Bücher klingen.

Mit dem gleichen Ansatz arbeiten Kolleginnen und Kollegen für andere Sprachen, mit denen ich eng verbunden bin. Erklärtermaßen gehöre ich aber keiner Agentur an, sondern einem Netzwerk; wir leben also nicht von der Vermittlung anderer Talente. (Jetzt hätte ich beinahe "von der Ausbeutung anderer Talente" geschrieben, denn ja, es gibt Agenturen, die nicht nur 30, sondern sogar 50 oder 70 % des vom Kunden gezahlten Honorars für ein paar Telefonate einbehalten!)

So, nun denke ich nach, wie ich intelligent werben kann, denn abwarten und Tee trinken ist nicht so mein Ding. Anschließend widme ich mich dem, was im heimischen Büro ansteht: Ablagen, Buchhaltung, Steuererklärung. Soviel zum süßen Leben der Freiberufler. Und blau machen gilt allenfalls für den Himmel in diesem nassen Sommer, zum Glück gibt's ja Bildbearbeitungsprogramme!

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Foto: C.E.

Portfolio, mein Link

Und hier gleich noch einige Zeilen aus meinem "Portfolio" samt Link ... 

Aufgrund eines verschobenen Drehs sind kurzfristig Kapazitäten frei! Ich biete an:

— Dolmetschen mit Schwerpunkt Politik und Soziales, Medien und Kino, Kulturwirtschaft, französische und deutsche Landeskunde, Architektur, Literatur, Berlin- und DDR-Geschichte
— auch Begleitdolmetschen für Privatleute und Set-Dolmetschen von VIPs
— Übersetzungen ins Deutsche, vor allem von Drehbüchern, Filmförderanträgen, Exposés
— Zweisprachige Moderation (im Erstberuf bin ich ausgebildete Journalistin)
— Führen von Interviews für elektronische Pressemappen (EPKs)
— Recherchen für Sender und Autoren
— Texten/Rewriting
— Untertitelung und Übertitelung
— Sprechen (ausgebildete, warme Altstimme; Deutsch und Französisch akzent- und dialektfrei)
— Lehre: Französisches Kino, Französisch für Filmschaffende, Lerntechniken

Mehr Arbeitsbeispiele und Referenzen hier: klick.

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Foto: privat

Montag, 8. August 2011

Lange Bank

Vor dem Laden "Buchkönigin" in Neukölln
Was ist die kürzeste Verbindung zwischen einem Sprichwort und einem guten Ratschlag?

Nichts auf die lange Bank schieben, schönes altes Sprichwort.

Dann fällt mir noch der Tipp für ein glückliches Leben ein: Jeden Tag mindestens eine Stunde lang ein gutes Buch lesen. Der ist nicht von mir, sondern von Sir Simon Rattle, Jugendlichen gegenüber.

Gut, ich lese dann schnell mal was Gutes ...

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Fotos: C. Elias

Sonntag, 7. August 2011

Blumengießen

Traumhaft, dieser Balkon! Für mich als Dolmetscherin leider undenkbar, denn so viel Blumengießen möchte ich meinen Nachbarn nicht zumuten. Für vielreisende Menschen wie Sprachmittler empfehlen sich einfachere Dekorationen wie auf dem Balkon, den ich letztes Jahr schon zeigte: hier.


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Foto: C.E. (gesehen in Marseille)

Samstag, 6. August 2011

Mein Link der Woche ...

... entfällt leider im Sommer. Sorry!

Freitag, 5. August 2011

Zinc

Das Wort zinc sieht für Deutsche vertraut aus, es fehlt nur ein Stichlein, und das "c" wird zum "k": Zink. Mit "c" ist es das französische Wort für Tresen. In der Langfassung heißt es comptoir de (ou en) zinc, kurz einfach nur le zinc.

So entstand die Redewendung prendre un verre sur le zinc, ein Glas am "Zinc" "einnehmen". In Paris fiel mir unlängst dieses schöne Exemplar auf, indes aus étain, was "Zinn" heißt. Warum dieser "Zink-Tresen" nun aus Zinn ist, weiß ich nicht. Im Netz fand ich, dass Zink zumeist für Dachrinnen und Fallrohre verwendet wird, Zinn zum Löten desselben. Zinn sei überdies weicher.

Die schönen Kerben im alten Tresen verraten das ja schon ein wenig. Vielleicht ist es ja auch eine Frage des Preises.


P.S.: Ein Getränk, das in Frankreich rasch am Tresen "eingenommen" wird, ist übrigens immer günstiger, als wenn sich die Kundschaft an einen Tisch setzt. Die Herstellerwerkstatt Nectoux gibt es immer noch, sie besteht seit drei Generationen.
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Foto: C.E.

Donnerstag, 4. August 2011

Dolmetscherwitze IV

Hallo auf den Seiten der Französischdolmetscherin und -übersetzerin Caroline Elias. Ich gewähre hier Interessierten Einblicke in meinen Arbeitsalltag und sammle auch merkwürdige Dinge zum aktuellen Sprachgebrauch, Vokabeln, Wissenswertes über unseren Beruf und Kurioses. Weiter geht's mit der kleinen Witzsammlung ...

Ein italoamerikanischer Mafiaboss hat einen Einwanderer angeheuert, der das Geld von Läden einsammeln soll, die er und die Seinen "beschützen". Da dieser neue Mitarbeiter eine seltene Sprache spricht, wird er sich wohl nicht verplappern wie seine Vorgänger — so jedenfalls der Boss. Das geht eine Weile gut, dann wird der Neuling habgierig und unterschlägt 5000 Dollar.

Der Mafiaboss begibt sich daraufhin in Begleitung eines Dolmetschers zum neuen Geldkurier. Der Dolmetscher übersetzt die Frage, die an den Kurier gerichtet wird: "Wo steckt das Geld?", darauf unser Ausländer in seiner seltenen Sprache: "Ich weiß nicht, von welchem Geld er spricht, ich hab alles abgegeben!" Da zückt der Mafiaboss eine Pistole, fuchtelt mir ihr rum und sagt dem Dolmetscher: "Versuch's nochmal! Frag ihn, wo das Geld ist!" Der Dolmetscher fragt: "Wo ist das Geld?"

Unser Kassierer mit der seltenen Sprache antwortet: "Ich weiß wirklich nicht, wovon er redet." Der Boss drückt daraufhin dem Kassierer die Pistole an die Schläfe und zischt durch seine Zähne hindurch: "JETZT frag ihn noch einmal, wo das Geld ist!" Der Dolmetscher tut, wie ihm geheißen wurde. Der Kassierer antwortet zitternd: "Die 50.000 Dollar stecken in einem Baumstumpf im nordöstlichen Teil des Central Parks, neben dem zweiten Mülleimer von rechts an den Parkbänken mit Blick auf den Teich." Der Dolmetscher schaut dem Boss in die Augen und 'überträgt': "Er sagt, dass er noch immer keine Ahnung habt, welches Geld gemeint sein soll und dass er nicht glaubt, dass ihr den Mut habt, abzudrücken."

Mittwoch, 3. August 2011

Garnierte Obstorte

Feilschen nervt. Mich hält es von der Arbeit ab. Vor drei Jahren kam derlei nur selten vor, heute jedes eins Komma füfte Mal. Leute, wenn das nicht bald aufhört, such' ich mir 'ne Festanstellung und ihr könnt meine Feinbäckerei für anderssprachige Drehbücher vergessen!

Neulich wieder: Ich sage Preis A für eine Dienstleistung, je­mand liefert mehr und in kaputter Formatierung, will aber alles plus reparierter Formatierung für den Preis von Text A mit funktionierendem Layout haben.

Das ist so ungefähr wie wenn jemand zum Feinbäcker kommt und einen Obst­ku­chen bestellt. Danach ruft er an und ändert seine Bestellung: Obsttorte bitte. Ach, und noch ein wenig Gebäck wäre auch nicht schlecht. Wieder zwei Tage später ändert sich die Bestellung aufs Neue: Eine mehrstöckige Torte soll es sein ... der Liefertermin bleibt bestehen.

So etwa ist es, wenn erst ein Drehbuch in Begleitung der Absichtserklärung des Regisseurs und einer Synopsis geliefert wird, wenig später kommen LOIs (letters of intent) von Produzent, Regisseur, Hauptdarsteller, Kameramann, noch später ein aufwändiger Finanzierungs- und Recoupmentplan. Und es werden nicht nur Zu­satztexte geliefert, sondern kurz vor Abgabetermin auch noch überarbeitete Fassungen dieser Texte ...

Ach ja, und als ich die Rechnung schreibe für Übersetzertätigkeit, zerschossenes Layout (wird da jemand mit einer illegalen Fassung der berühmten, nervigen Drehbuchsoftware Final Draft gearbeitet haben?) und Mehraufwand, bekomme ich einen dürren Zweizeiler als Antwort: Sonundso habe gesagt, Mail vom 09.05. anbei, dass der Preis bei diesunddem läge.

Jajaaa, das war wohl der Preis mal, vor drei Monaten, für ein einfaches Drehbuch in seiner kürzeren Fassung und ohne den ganzen Mehraufwand.

Was stell ich jetzt in Rechnung? Den Obstkuchen und die zusätzlichen Torten, Auf­bau­ten, Zuckergüsse und Gebäcke? Die Änderung des Tortendesigns in letzter Mi­nu­te? Ich glaubte, es klug gemacht zu haben: Die vereinbarte Summe umgehend, die Hälfte des Rests ohne Bedingung in sechs Monaten und die andere Hälfte unter der Bedingung, dass das Projekt in Deutschland Finanziers findet — mit Fälligkeit am 1. Drehtag. (Dieser etwas kompliziert klingende Modus ist allen Medienleuten in Sachen Finanzierung mit bedingt rückzahlbaren Filmförderungen bestens vertraut.)

Ach so, diese Nachverhandlungen stiegen am 20. Tag nach Fälligkeit der Rechnung. Mal sehen, wann das Geld ankommt. Neulich durfte ich warten, bis die letzte Tran­che von als Zuschuss vergebenem Filmfördergeld ausbezahlt war. Ein anderes Mal, bis die Verantwortliche aus a) dem Urlaub, b) dem Mutterschutz, c) vom Festival zurück war.

Nerv!

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Foto: Kinowerbung aus den 20-ern. Und
Handwerk hat seinen Preis. Aber goldenen
Boden? Goldene Zuckerperlchen vielleicht ...