Letzte Woche fragte mich die halbwüchsige Tochter von Bekannten, die wohl gerade überlegt, was sie beruflich mal machen könnte, ob nicht eines nicht allzu fernen Tages alle Übersetzer und Dolmetscher durch Computer ersetzt werden würden. Ich habe dem heftig widersprochen. Ich weiß, dass Computer die Arbeit vor allem der Übersetzer schon heute erleichtern, aber ebenso ist es klar, dass dies nie ohne den intelligenten, studierten Nutzer funktionieren wird.
Als ich heute Morgen in den Wirtschaftsnachrichten rumstöbere, lese ich in der FAZ folgendes:
Fundamental laufen die Geschäfte für Apple derzeit gar nicht so schlecht. Die weltweiten Computerverkäufe sind zwar zum Jahresende erstmals seit fünf Jahren um 0,4 Prozent gefallen, berichtete das amerikanische Marktforschungsinstitut IDC am Mittwoch. Immerhin konnte Apple jedoch 1,2 Millionen Computer verschiffen und den Marktanteil auf 7,2 Prozent steigern.Offensichtlich handelt es sich um einen Text, der bereits automatisch übersetzt wurde, und bei dem die Redaktion oder das Lektorat nicht ausreichend tätig waren. "Fundamental" ist hier durch "grundsätzlich" zu ersetzen, und das Wort "verschiffen" hat sich über das Englische "to ship" hier eingeschlichen, das gleichermaßen verschiffen wie versenden/ausliefern bedeutet.
Der Mensch ist also als Korrektiv vonnöten, wo verschiedene Begriffe für den Computer nur Synonyme oder tolerierbare Ausdrücke sind, oder anders: Woher soll der Rechner denn wissen, dass es zwar die Fundamentalkritik am Fundament so mancher Theorie gibt, wir uns aber in Zusammenfassungen fundamental anders äußern. Es geht um die Nuancen, die auch in noch so vielen Programmierstunden den Rechnern nicht beizubiegen sind. Denn oftmals lenkt unser Schönheitsempfinden die Wortwahl, selbst bei kleinen, dummen Zeitungsmeldungen. Effekte der Lautähnlichkeit bis hin zu Alliterationen oder im Gegenzug die Vermeidung von als unangenehm empfundenem Aufeinanderprall von Ähnlichem, das erfordert Ebenen der Programmierung, die mir in "Mannjahren" gerechnet die Programmiererleben mehrerer Generationen zu fordern scheinen. Währenddessen ändert sich ja unser Sprachempfinden, unsere Kultur täglich ...
Vor einigen Jahren habe ich mich mit Babelfish Translations von Altavista rumgespielt und erlebte beim wiederholten Hin- und Herschieben ein hübsches Wunder der Verschlimmbaselung von idiomatischen Redewendungen, also von Formulierungen, die für die jeweiligen Sprache typisch sind.
Versuch aus dem Sommer 2005 (später hier veröffentlicht)
Du kommst wie gerufen, ich muss ein Regal aufbauen.
Tu viens comme appelé, moi dois une étagère développer.
... zehn Durchgänge später:
Du mich mußt dort ein Regal auf mehr Stadt der Konzepte auspacken.
In die andere Richtung (2005)
Tu tombes à pic, je dois monter une étagère.
Du Steilgräber muß ich ein Regal aufrichten.
... und fünf Durchgänge später:
Du mußt starr von den Gräbern mich ein Regal verbessern.
Und heute? Versuch vom 15.01.2010, also fast fünf Jahre später
Du kommst wie gerufen, ich muss ein Regal aufbauen.
Tu viens comme appelé, moi dois une étagère développer.
Du kommst als gerufen, mich muss ein Regal entwickeln.
Nach dem dritten Durchgang bleiben die Ergebnisse gleich.
In die andere Richtung (ebenfalls heute)
Tu tombes à pic, je dois monter une étagère.
Du Steilgräber muss ich ein Regal aufrichten.
Tu tombes raides dois redresser moi une étagère.
Du müssen steife Gräber mich korrigieren ein Regal.
Tu dois corriger des tombes rigides moi une étagère.
Du musst starre Gräber verbessern mich ein Regal.
Tu dois améliorer rigide des tombes moi une étagère.
Du musst starr von den Gräbern mich ein Regal verbessern.
Ergebnis: Die Übersetzung des Satzes aus dem Französischen entwickelt sich exakt genauso wie vor fünf Jahren. Beim ersten Beispielsatz sind die Veränderungen minimal, der Unsinn bleibt bereits nach wenigen Durchläufen gleich. Entweder haben Altavista und Co. ihr Wissen noch nicht auf das Gratisangebot "runtergebrochen" oder man ist tatsächlich dabei, Abermillionen von stehenden Redewendungen von Hand einzugeben. Eindeutige Verbesserung: Die Rechtschreibreform ist bei Babelfish angekommen, das ist große Klasse. Weiter so!
Unten ein ebenfalls aktuelles Beispiel, bei dem ich Wert auf eine etwas komplexe Satzstruktur gelegt habe.
P.S. (09/2013): Ich weiß, dass mein Blogeintrag auf Fachkonferenzen zitiert wurde. Daher bin ich nicht verwundert, als beim Test dieses Mal herauskommt, Tusch, Trommelwirbel und ...
Fast richtig! (In jeder Übertragung wird das Duzen zum Siezen.) Umso irritierter bin ich, dass die Beispielsätze nicht vollständig erfasst wurden:
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