Mittwoch, 3. August 2011

Garnierte Obstorte

Feilschen nervt. Mich hält es von der Arbeit ab. Vor drei Jahren kam derlei nur selten vor, heute jedes eins Komma füfte Mal. Leute, wenn das nicht bald aufhört, such' ich mir 'ne Festanstellung und ihr könnt meine Feinbäckerei für anderssprachige Drehbücher vergessen!

Neulich wieder: Ich sage Preis A für eine Dienstleistung, je­mand liefert mehr und in kaputter Formatierung, will aber alles plus reparierter Formatierung für den Preis von Text A mit funktionierendem Layout haben.

Das ist so ungefähr wie wenn jemand zum Feinbäcker kommt und einen Obst­ku­chen bestellt. Danach ruft er an und ändert seine Bestellung: Obsttorte bitte. Ach, und noch ein wenig Gebäck wäre auch nicht schlecht. Wieder zwei Tage später ändert sich die Bestellung aufs Neue: Eine mehrstöckige Torte soll es sein ... der Liefertermin bleibt bestehen.

So etwa ist es, wenn erst ein Drehbuch in Begleitung der Absichtserklärung des Regisseurs und einer Synopsis geliefert wird, wenig später kommen LOIs (letters of intent) von Produzent, Regisseur, Hauptdarsteller, Kameramann, noch später ein aufwändiger Finanzierungs- und Recoupmentplan. Und es werden nicht nur Zu­satztexte geliefert, sondern kurz vor Abgabetermin auch noch überarbeitete Fassungen dieser Texte ...

Ach ja, und als ich die Rechnung schreibe für Übersetzertätigkeit, zerschossenes Layout (wird da jemand mit einer illegalen Fassung der berühmten, nervigen Drehbuchsoftware Final Draft gearbeitet haben?) und Mehraufwand, bekomme ich einen dürren Zweizeiler als Antwort: Sonundso habe gesagt, Mail vom 09.05. anbei, dass der Preis bei diesunddem läge.

Jajaaa, das war wohl der Preis mal, vor drei Monaten, für ein einfaches Drehbuch in seiner kürzeren Fassung und ohne den ganzen Mehraufwand.

Was stell ich jetzt in Rechnung? Den Obstkuchen und die zusätzlichen Torten, Auf­bau­ten, Zuckergüsse und Gebäcke? Die Änderung des Tortendesigns in letzter Mi­nu­te? Ich glaubte, es klug gemacht zu haben: Die vereinbarte Summe umgehend, die Hälfte des Rests ohne Bedingung in sechs Monaten und die andere Hälfte unter der Bedingung, dass das Projekt in Deutschland Finanziers findet — mit Fälligkeit am 1. Drehtag. (Dieser etwas kompliziert klingende Modus ist allen Medienleuten in Sachen Finanzierung mit bedingt rückzahlbaren Filmförderungen bestens vertraut.)

Ach so, diese Nachverhandlungen stiegen am 20. Tag nach Fälligkeit der Rechnung. Mal sehen, wann das Geld ankommt. Neulich durfte ich warten, bis die letzte Tran­che von als Zuschuss vergebenem Filmfördergeld ausbezahlt war. Ein anderes Mal, bis die Verantwortliche aus a) dem Urlaub, b) dem Mutterschutz, c) vom Festival zurück war.

Nerv!

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Foto: Kinowerbung aus den 20-ern. Und
Handwerk hat seinen Preis. Aber goldenen
Boden? Goldene Zuckerperlchen vielleicht ...

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