Mittwoch, 9. März 2011

GE TRENNT SCHREI BUNG

Nach der Schule sitzen der weltbeste Patensohn und ich mal wieder im italienischen Café und genehmigen uns den goûter (französischer Fünf-Uhr-Snack) mit Schokocroissant und Espresso. Es ist der Laden, in dem ich wegen der schicken Kostümchen und Anzüge, die wir Dolmetscherinnen so tragen, lange Zeit als Stewardess galt.

Wir sehen aus dem Fenster, zwischendurch lassen wir die Augen auch über die Deko wandern. Mein Blick fällt auf eine Tafel, die im Schaufenster hängt. Ich zeige mich irritiert, sage: "Da ist wohl jemandem nicht aufgefallen, dass er eine Sache doppelt geschrieben hat."

Das Kind liest es auch, schüttelt den Kopf. Der junge Mann liest alles vor und fragt mich dann: "Und was ist jetzt doppelt?"

Ich sage, was ich lese. Das Kind liest nochmal vor, mit minimaler Pause zwischen Butter und Croissant.... und sagt dann: "Naja, es gibt doch Butter Croissants und normale. Und dazu dann Butter und obendrauf die Konfiture!"

Für mich ist hier eine Leerstelle zu viel — oder es fehlt mindestens ein Trennungsstrich. Ich schreibe Buttercroissant noch immer zusammen, auch (die deutsche Erfindung) Schokocroissant * oder Apfeltasche. Wir schauen zur Vitrine, ja, auch dort betreibt der Bäcker die maximale Getrenntschreibung ohne Gnade (Schoko Croissant, Mandel Hörnchen)....

Was ich dem Kind jetzt nicht sage: seine Mutter ist nicht allein erziehend und auch nicht allein stehend, zunächst und vor allem, weil sich der Papa ebenso super um den Matz kümmert und beide umgeben sind von modern interpretierter Wahlverwandtschaft. Und außerdem, weil ich mich gegen die Getrenntschreibung von alleinerziehend wehre, denn die Wortteile werden dadurch falsch betont — als wären die vormals ersten Wortteile austauschbar: "Er ist gemeinsam erziehend" oder "sie ist gemeinsam stehend".

Bullshit. Nichts weiter. Wenn doch manchmal wenigstens Bindestriche dabei wären. Aber auch die haben kaum noch eine Chance. Das Vorbild der englischen Sprache verändert das Deutsche. Es ist eine Rechtschreibdeform, die dazu führt, dass Minis, die erst viel später lesen und schreiben lernen, auch anders betonen. Und dass einem im Alltag die merkwürdigsten Getrenntschreibungen von Leuten auffallen, die keine große Schreibkultur haben.

Da gegen!



(*) In Frankreich steht (unserer unmaßgeblichen privaten empirischen Untersuchung zufolge) an Platz zwei in der Beliebtheit gleich nach dem Buttercroissant nicht etwa ein mit Schokolade gefülltes Hörnchen, sondern le pain au chocolat.
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Foto: C. Elias

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