Montag, 28. März 2011

Bürotag

Hier sitze ich nun, die Dolmetscherin und Übersetzerin, an der Schreibmaschine oder ihrem Nach-Nachfolgemodell. Die daneben stehen, bin ich auch: Chefin (schneller! Höhere Umsätze! Du kannst es besser!), Buchhalterin (Wo sind Belege und Fahrtenbuch?) und die nicht abgebildete Krisenmanagerin, Planerin, Marketingbeauftragte, Coach, Karriereberaterin, Sekretärin ...




Mich belastet oft diese Vielfalt der Aufgaben, das Hin- und Herschalten macht Mühe, weil ich nicht selten das Gefühl habe, die Dinge kaum richtig beeinflussen zu können. Denn alle Jobs sind nur Teilzeit-Jobs: Teilzeit-Buchhalterin, Teilzeit-Chefin, Teilzeit-Marketingbeauftragte ...

Zum Beispiel montags. An Montagen finden selten Kongresse oder Delegationsbesuche statt. Daher ist es mein Bürotag: ich muss Rechnungen schreiben, Zahlungen prüfen, Belege und Mahnungen bearbeiten, das stresst mich. Ein Hauptgrund für diesen Stress ist ein Kunde, der vor zwei Jahren pleiteging, sowie einige notorische Mahnkunden ... Die Pleite erfolgte übrigens, nachdem wir (mein Team und ich, siehe oben, aber auch die anderen Dolmetscher- und Übersetzerkollegen und -kolleginnen) ein Großprojekt abgewickelt hatten. Wollte ich nicht im Dominoeffekt selbst umfallen, musste ich die Ärmel aufkrempeln.

Das sind Dinge, die ich als Dolmetscherin auch managen muss, obwohl ich nicht im Land der Zahlen zuhause bin. Im Pleitefall waren wir im Team zu siebt tätig geworden, und ich durfte in den letzten Jahren sechs Kolleginnen und Kollegen ausbezahlen. Nur eine, die halbtags in Festanstellung ist, wollte nichts von meinem bei anderen Jobs verdienten Geld wissen (wofür ich ihr noch heute zutiefst dankbar bin!)

Eine solche Krisensituation hat Sonderschichten und doppelte Arbeit zur Folge gehabt. Letzten Sommer bin ich dann auch knapp an einem Burnout vorbeigeschrammt ... Kurz: Ich trete gerade in die Phase der Normalisierung ein und muss jetzt mit dem Finanzamt verhandeln, damit dieses mir meine Fristen weiter verlängert.

Denn mir widerfuhr Glück im Unglück: Fünf Multiplikatoren hatte ich von dem Pleitekunden erzählt, und schon rissen die Aufträge nicht ab. Ich arbeitete hübsch einen Auftrag nach dem anderen ab, es entstand nur wenig Leerlauf, und regelmäßig wurde ich mal durch ein Buchpräsent, mal durch einen Blumenstrauß oder eine Essenseinladung aufgemuntert. Diese Solidarität gespürt zu haben, ist mir in der Rückschau das Wichtigste.

Was sonst noch ansteht: Der nächste deutsch-französische Austausch zum Thema Jugend- und Integrationspolitik in Problem(vor)orten. Dazu habe ich schon Freitag drei Wortlisten von verschiedenen Aufträgen zusammengeführt und nach Fehlern, Dubletten und Leerstellen durchsucht. Es sind acht Seiten Fachvokabular geworden ... Am Sonntag, beim Chillen in der Sonne, habe ich angefangen, Schul- und Erziehungsvokabular aufzuarbeiten. Ich widmete mich einem letzten Herbst erschienenen Glossar mit dem Titel "Kindergarten und Grundschule", das Interessierte im Westentaschenformat beim deutsch-französischen Jugendwerk (dfjw) beziehen können. Das dfjw hat auch eine online abrufbare Lexik zum Thema "Integration und Chancengleichheit" veröffentlicht.


P.S. noch zum Pleitefall: Eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung griff dabei übrigens nicht, die Teilzeit-Risikoberaterin meines Ein-Frau-Unternehmens, die ich bin, ist darin halt kein Profi ...
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Foto: C.E., Büroszene vom "Mont Klamott"

1 Kommentar:

Liudmila hat gesagt…

Danke fuer Links zu den Glossaren!