Donnerstag, 17. März 2011

Kalt!

Beim Film dolmetschen bedeutet, das Leben der Filmcrew zu teilen, meistens jedenfalls. Und zwar auch dann, wenn nach einigen Tagen mit 15 bis 17 ° Celsius die Außenwerte wieder in den unteren einstelligen Bereich rutschen, Nieselregen inbegriffen.

Außerdem drehen wir an Orten, die sich nicht immer heizen lassen. Also sitze ich beim Interview von Ingo Schulze im Nebengelass umgeben von Wein- und Gläserkisten, kalter Heizung, Feuerlöscher, gelber Postkiste und Stapelstühlen. Dafür ist die Aussicht grandios: Mit einem derart schönen Blick auf die Französische Botschaft habe ich noch nie gedolmetscht.

Oder aber ich sitze in einer Halle, in der Kunstobjekte ausgestellt werden. Das Team hat sich in den etwas wärmeren Gang verschanzt mit seinen Graffiti und einem unangenehmen Muff; ich aber sitze unweit eines riesigen Fensters und bibbere. Letzter Ort: Ein Räumchen zwischen Bademeisterkabuff und Personalklo mit gelb flimmerndem Neonlicht. Meine Stimme bricht sich an den engen Kachelwänden. Als ich ankam, sah ich beim Ausatmen die berühmten kleinen Wölkchen vor dem Mund.

Nur gut, dass ich die Felljacke noch nicht in die Reinigung gegeben habe! Auch die vier Schichten Kopfbedeckungen helfen sehr: Fleece, Luft, Wolle, Kopfhörer. Nur Handschuhe kann ich keine anziehen, ich muss ja immer die Kanäle hin- und herschalten und auch die Lautstärke dessen pegeln, was ich höre. Feridun Zaimoglu (im Tacheles interviewt) bewegt sich manchmal in unerwarteter Weise, dann raschelt sein Mikrophon und ich muss Vokabeln raten bzw. pegle den Ton entsprechend rauf und runter. Dafür spricht er mir aus dem Herzen. Sein Schreiben sei eine Art Übersetzen, er hätte Bilder vor Augen, und mithilfe der Sprache übertrüge er diese nur.

Reinhard Jirgl (im Stadtbad Wedding befragt) meint am Ende, er habe während des Gesprächs die Kälte gar nicht gespürt. Ging uns fast genauso.

Nachmittags bin ich immer richtig fertig: Ich 'habe drehfertig' und bin müde von der Arbeit und der Kälte. Schnell noch die Dispo eingesackt — ich fange immer als letzte an zu arbeiten — und super!, manchmal darf ich sogar ausschlafen. Die anderen müssen noch Stadtbilder einfangen und einmal sogar Nachtleben. Da bin ich doch froh, nicht immer den ganzen Tag mit der Filmcrew teilen zu müssen!


P.S.: Am Sonntag bringe ich hier noch ein paar Seteindrücke in der Rubrik "Sonntagsfotos".
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Fotos: C.E.

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