Freitag, 7. Oktober 2022

Himmel und Hölle

Im 16. Jahr bloggt hier eine Sprach­arbeiterin. Ich dolmetsche und übersetze (Fran­zö­sisch, Englisch). Was die Berufe so ausmacht, beschreibe ich hier. Grundsätzlich gilt: Wir Überset­zerinnen und Dol­met­scherin­nen bringen bei der Arbeit immer unseren ge­sam­ten kultu­rellen Hin­tergrund mit ein. Und wir müssen die Kla­viatur des Humors beherrschen, um Ko­mi­sches wenigs­tens als An­deu­tung über­tra­gen zu kön­nen.

  
"Hickelkasten" oder "Himmel und Hölle"
Der siebente Oktober ist noch so ein Feier­tag, für manche war er das zu­min­dest. Denn ein knappes halbes Jahr nach Grün­dung der Bundes­republik entstand 1949 in der eins­ti­gen "Ost­zone" die DDR. Seither wurde dieser Tag in der Gegend, wo Oma, Tante und un­se­re meisten anderen Ver­wand­ten lebten, der "Tag der Republik" begangen.

Dazu fällt mir ein Witz ein, passend zum The­ma "Mangellage". 

Honecker stirbt. Petrus blickt auf die Waag­schale seines Lebens: ausgeglichen. Viele gute Absichten, viel schlechte Durchführung. Honecker darf selbst entschei­den und sagt: "Him­mel!"

Im Himmel lesen ihm die Engel alle Wün­sche von den Augen ab, den ganzen Tag kann er die Beine hochlegen auf den Rücken der Wolken­schafe mit ihrer zauber­haft weichen Wolle. Ein bisschen lang­wei­lig ist das schon. 

Einer der Engel flüstert ihm zu: "Der Him­mel ist vom Kapitalis­mus ge­spon­sort!"

Das empört Honecker sehr. Er erbittet sich bei Petrus eine Urlaubs­partie in die Hölle. Geneh­migt. Dort sitzen die einen beim Bier, die an­de­ren im Kino, es wird gelesen, debattiert wird hier, sich in der Höhlen­natur ergangen dort, anderen­orts wird aus­ge­las­sen an­deren na­tür­lichen Vor­gän­gen ge­frönt. Honecker wundert sich. Er fragt nach. 

Naja, erfährt er, die Hölle werde vom Sozialismus betrieben, die Bücher und Filme seien span­nend, da voller An­spie­lungen, alle reizten die Grenzen der Zensur und der Kon­trolle aus und erfreuten sich dessen, was da sei.

Denn, ja klar, über­haupt ... in der Folter­halle sei so­wieso nie nix los, in der Regel gebe es keine Nä­gel, Fol­ter­räder und Peit­schen seien auch irgen­dwie grund­sätz­lich nicht lie­fer­bar.

______________________________
Foto:
SupapleX (über Wikipedia)

Keine Kommentare: