Hallo, bonjour, guten Tag! Einblicke in das Leben einer
Spracharbeiterin können Sie hier erhalten. Ich bin
Dolmetscherin
für die französische Sprache mit Deutsch als Muttersprache. Ich
übersetze auch aus dem Englischen, die Bürokollegin übersetzt
in die englische Sprache. Derzeit bin ich seltener auf Konferenzen anzutreffen. Die Pandemie ist noch nicht vorbei: Es finden weniger Veranstaltungen statt.
1923 wie 2022: Büroarbeit |
Gerade übersetze ich einen Essay. Die Autorin geht stellenweise sehr kreativ mit Sprache um, bringt verständliche Begriffe, die aber zum Teil eigene Substantivierungen sind, gerne auch in Verbindung mit naturwissenschaftlichen Adjektiven. Wiederholt finde ich, wenn ich online recherchiere, nur diese eine Erwähnung im weltweiten Netz (es wurden dort Buchausschnitte publiziert). Auch pflegt sie eine Art verbalen Denkmalschutz, der mir sehr vertraut ist, ich nutze selbst gerne vom Aussterben bedrohte Begriffe.
Sie stammt aus einem Kulturbetrieb, mit dem ich Französisch gelernt habe, dem Hörfunksender France Culture. Also lauter gute Voraussetzungen für eine gute Übertragung.
Erst habe ich gefremdelt. Wollte ihre Anspielungen und Anklänge immer im Ausgangssatz unterbringen, verbiss mich in Halbsätze.
Dann habe ich mich an mein Prinzip der Waagschalen erinnert, in einer Seminararbeit 1987/88 beschrieben: Ausgangs- und Zieltext sollten gleich viel "wiegen", und hier spreche ich von Rhythmus, Interpunktion, Anspielungen, Alliterationen, Schnörkel oder Schnörkellosigkeit, Bildern und Ausrufen! Was ich im aktuellen Satz nicht unterbekomme, schreibe ich auf, die Liste hilft mir, die Sachen später wieder einzupflegen, Punkt für Punkt darf ich im Lauf der Arbeit wieder ausstreichen.
Damals hatte ich zusammen mit einem erfahrenen Übersetzer Lyrik und Theater übersetzt, und zwar eher aus Neugierde denn mit Gewinnerzielungsabsicht. Der gute Name des bekannten Übersetzer hat damals leider einen heftigen Schlag für mich bekommen, er hat nämlich (entgegen seiner Zusagen) meinen Namen bei der Veröffentlichung unter den Tisch fallen lassen. Unschön.
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Foto: Fotoarchiv Elias Lossow
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