Freitag, 29. November 2013

Aus dem Norden

Willkommen auf der Seite einer Französischdolmetscherin und -übersetzerin mit Hauptarbeitsort Berlin. Hier können Sie Einblicke nehmen in unseren Alltag, zu dem auch das Aufschreiben von Begriffen und Redewendungen zählt.

Vokabelnotiz: Dieser Tage, ein seated dinner mit Menschen aus der Me­di­en­welt, immer abwechselnd saßen Männ­lein und Weiblein auf ihren Stühlen. Derlei wird "Bunte Reihe" genannt, nicht zu verwechseln mit dem, was in West­fa­len un­ter "west­fälischer bunter Reihe" ver­stan­den wird, nämlich genau das Gegenteil davon, also eine Sitzordnung, die Frauen und Männer trennt, was laut Wikipedia auf alte Kir­chen­tra­di­tio­nen zurückzuführen sei. (Es gibt wohl Dinge, die er­schlie­ßen sich nur Menschen, die vor Ort sind.)

Wir aber waren im Norden. Der Abend war schön, lang und sehr nahrhaft. Die eine oder der andere musste sogar zwi­schen­durch einen Gang aus­lassen. Dann fiel der Ausdruck: "auswärts dickt nicht". Der Schnack käme aus Schleswig-Hol­stein, heißt es. In diesem nördlichsten Bundesland schei­nen viele Damen ausschließlich zu Hause zu speisen.

Denn von dort ist mir sonst nur der "schleswig-holsteinische Schreitbagger" bekannt für eine Person weiblichen Geschlechts mit überaus beachtlichen Aus­maßen. Aber das ist alles andere als political correct, das nehm' ich augenblicklich zurück!

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Foto: wird nachgeliefert

4 Kommentare:

Anna hat gesagt…

Sehr interessant ;) ich komme aus Schleswig-Holstein und habe beide Ausdrücke noch nie gehört, ebenso wenig wie meine Eltern :D Sachen gibts...

caro_berlin hat gesagt…

Liebe Anna,

der Schreitbagger kann sehr gut ein "Privatschnack" sein, der mir mal zugetragen wurde, aber den Spruch mit dem auswärtigen Essen fand ich sogar im Netz als regionalen Ausdruck beschrieben, und zwar hier:
Ernährungs-Umschau.

So lernen wir alle täglich hinzu :-)

Grüße,
Caroline

OHE hat gesagt…

Liebe C, die Vokabeln "Tischdame" und "Tischherr" schwingen ja bei Deinem Bericht mit. Wenn in der Stadt Deiner Vorväter "Gesellschaft" war, also Einladung oder eine Vereinsveranstaltung, wurden die Paare auseinandergesetzt. Jede Dame bekam einen Tischherrn und jeder Herr eine Tischdame, und der Gastgeber mußte überlegen, wen man gut zusammensetzen konnte. Bei jungen Leuten wurde auf diese Weise auch gekuppelt.

Die Tischordnung und die Speisefolge wurden gedruckt, das nahm man als Erinnerung mit nach Hause. Großmutter Lossow erzählte, sie hätte oft schwierige Herren bekommen, weil sie dafür bekannt war, daß sie die Leute zum Reden bringen konnte.

Die Anekdote von Frau Rechtsanwalt Wolff, die damit angab "Rechts hatte ich den Fürsten Schönburg und links hatte ich Siegfried Wagner" habe ich schon erzählt. Also hielt man die Dame für unterhaltsam!

Gruß, DH

caro_berlin hat gesagt…

Ja, Menu und Tischordnungen hätte ich gerne mitgenommen, lagen aber so nicht vor. — Es war eine schöne Runde, und die Herren, die links und rechts von mir saßen, konnte ich auch zum Reden bringen. Und die mich ... zwei Anekdötchen konnte ich unterbringen, ist ja immer schön, wenn das Bewusstsein für diesen komischen Sprachenberuf ein wenig erhöht werden kann, noch dazu bei Multiplikatoren.

Bonne soirée, C.