Mittwoch, 27. November 2013

Beine hoch und runterkommen

Bien­ve­nue ! Wie schön, dass Sie auf den Sei­ten meines Blogs ge­lan­det sind. Hier schrei­be ich, wie der Sprach­be­ruf, ich bin Dol­met­scherin und Über­setzerin, den All­tag verändert. Sogar auf die Nächte wirkt er sich nicht selten aus.

Wenn ich mich entspanne, ist mein Ruhepuls nomalerweise immer, wie er sein soll: Bei 60 Schlägen in der Minute, wie bei einem langsamen Satz von Bach.

Nach dem Dolmetschen ist das anders. Samstagabend stieg ich ohne jeglichen An­flug eines Gedankens an Lampenfieber auf die kleine Bühne im großen Saal des Ki­nos Arsenal am Potsdamer Platz. Eine Regisseurin und Filmkritiker diskutierten über die Frage "Was kann Kritik, was hat sie verlernt, wofür brauchen wir sie heute?" Ich saß neben Ber­nard Payen, der heute für die Cinémathèque Française und die Semaine de la Cri­tique in Cannes Programme kuratiert. Nach der Dis­kus­sion wurde der Sieg­fried Kra­cauer-Preis für Filmkritik vergeben, da dolmetschte ich weiter, auf dass der Gast aus Frankreich sprachlich nicht abgehängt sei. Insgesamt werde ich etwa drei Stunden lang (mit Pausen!) aktiv gewesen sein. (Hier ein Nachtrag: Das Dankeschön des Veranstalters.)

Anschließend wurde gefeiert. Ich war glücklich, mich mal wieder in der Szene aufhalten zu dürfen, in der ich viele Berufsjahre verbracht habe. Um Mitternacht war ich zu­hau­se und hundemüde. Schlafen konnte ich trotzdem nicht. Das Herz­chen bum­mer­te. Um zwei Uhr in der früh lag der der Ruhepuls noch bei 100. Ich bin durch­schnitt­lich sportlich und nicht fett ... und fragte mich, was ich tun kann, um wie­der runterzukommen.

Also saß ich kurz darauf in der Küche und war auf Facebook unterwegs. Ein Freund aus den USA mutmaßte zu viel Kaffee, das war es nicht, nur das Adrenalin der Dau­er­kon­zen­tra­tion, er riet zu einem langweiligen Film. Hm, TV habe ich nicht, mein Verhältnis zu Kino ist ein anderes und überhaupt, der Computer strahlt wach­mach­en­des, blaues Licht aus, also wollte ich nur wenig Zeit hier zubringen. "Milch mit Honig" nach einem Wannenbad, rät Kollegin Giselle, ich verhielt mich folgsam. Katjas Vorschlag mit dem Whiskey scheiterte an den unzureichenden Vorräten. Und Jean empfahl Akupressur, dann entstand eine kurze Diskussion, ob sie wirksam ist, wenn man sie bei sich selbst ausführt.

Nein, keine Angst, diese Hinweise kamen nicht alle noch in der Nacht, die Sprach­branche zeichnet sich nicht durchgängig dadurch aus, dass ihre Mitglieder unter Schlaflosigkeit leiden. Zumal die Hinweise ja von Menschen kamen, die das He­rum­wäl­zen im Bett erfolgreich bewältigt hatten! Ich habe vorgegriffen.

Kurz vor fünf war ich jedenfalls weiterhin müde, Schlaf stellte sich nur für Se­kun­den ein. Kurz nach sieben wachte ich auf und hatte auf Englisch geträumt, wie ich Gespräche zwischen Historikern und Diktatoren aus der europäischen und la­tein­ameri­ka­ni­schen Geschichte verdolmetscht hatte — noch dazu mit schlechten Ar­beits­be­dingungen, keine Sicht auf die Redner, keine Kopfhörer, nur zu leise ein­ge­stell­ten Lautsprechersound. Dolmetscheralbtraum!

Nach zehn Uhr wachte ich gerädert auf und fand eine schöne Würdigung meiner Arbeit durch eine Berlinaleverantwortliche inmitten der Ein­schlaf­­me­­tho­­den­­dis­­kus­sion! Wie schön!

Caroline Elias interpreted meetings of historians with historical dictators - while dreaming. And bad working conditions over the top! /24 novembre, 07:04 // Linda Söffker Liebe Caroline, ich fand das übrigens super wie Du gedolmetscht hast. Sehr angenehm. Aber leider zu wenig gewürdigt mit einem Dankeschön an Dich!! / 24 novembre, 10:29 // Caroline Elias Danke, Linda! Das freut mich zu hören. Und die beste Würdigung ist immer eine Weiterempfehlung [Pouls au repos tjs / Ruhepuls noch immer 80, normalemt./sonst 60].

Die Moral von der Geschicht': Ab Mitte Dezember frische ich meine Kenntnisse in Autogenem Training auf, das ist beschlossene Sache. Denn es ist sinnvoll, Ent­span­nungs­tech­niken in ruhigen Phasen zu lernen, damit sie in Stressphasen angewandt werden können.

______________________________  
Illustration: facebook

Keine Kommentare: