"Das kannste Dir in die Haare schmieren!" habe ich irgendwann in den 1990-er Jahren zum ersten Mal als saloppe Redewendung für "vergiss' es" vernommen. Für die Nicht-Muttersprachler unter uns: Beides meint, dass etwas nie eintreten wird, dass es vergeblich ist, auf etwas zu hoffen.
Um mal wieder anderen Stoff für meine Kolumnen zu haben, hoffe ich als bloggende Spracharbeiterin (und ohne jede Schadenfreude) indes manchmal auf kommunikative Super-GAUs, solange wir sie nicht selbst produzieren. (Die Welt von Sprache und Diplomatie ist oft rutschig genug, nicht selten schlittern wir selbst am einen oder anderen verbalen "größten anzunehmenden Unfall" (GAU) vorbei. Ein Beispiel für eine solche Situation beschrieb ich bereits, es war bei der Eröffnung eines Seminars zu Marguerite Duras' Schreiben. Ein anderes Beispiel erzähle ich in einigen Monaten, wenn sich die Aufregegung gelegt hat.)
Heute sandte mir eine frühere Kollegin ein Foto. Etliche deutsche Firmen verwenden die Sprache Molières, um ihre Geschäfte anzukurbeln.
Vom Haargeel (oder auch nicht, siehe oben) zur Hautcreme: Ein deutscher Hersteller pflegender Substanzen hat sich einen französichen Namen ausgesucht, la mer, das ist die Sorte Creme, bei der ich mit einer leichten Neurodermitis aufhorche. Aber nicht deshalb schreibe ich hier heute darüber. Wer in unseren Tagen an den Markt geht, braucht auch eine Webseite. Und die Endung für Deutschland lautet nun einmal auf .de ...
So weit, so gut. Das Unternehmen ging online, aber ohne vorherige Beratung durch die oben erwähnten Fachkräfte. Den Namen der gewählten Domain entnehmen Sie bitte der Werbung ...
Französische Leser, die den Punkt elegant überlesen, erkennen darin eine Substanz, die sich garantiert niemand weder in die Haare noch auf die trockene Haut schmieren würde. Wir haben täglich mit ihr zu tun und freuen uns, wenn wir sie reibungslos hinter/unter uns lassen können. Der Begriff ist weder "tantenfein", wie das in meinen Kindertagen hieß, noch eigentlich bühnenfein. Alfred Jarry schmuggelte ihn dennoch auf die berühmten Bretter, ein zusätzliches "R" sorgte für Verfremdung, trotzdem löste einst der Ausruf des schimpfenden Königs Ubu, der ein merdre ! rausdonnerte als wäre es ein Produkt seiner Peristaltik, bei der Uraufführung minutenlange Tumulte aus. (Auf Deutsch wird das gerne mit "Schreiße" wiedergegeben.)
Sowas in der Preislage wird schlussendlich auch im Büro des Herstellers dieser Hautpflegesubstanz zu hören gewesen sein. Die Seite, die in der Frauenzeitschrift angegeben worden war, ist nicht mehr online, es wird automatisch weitergeleitet auf www.cremedelamer.de. Ein wenig besser ist das schon, ja, aber warum nicht die Endung .org oder etwas anderes wählen?
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Foto: Hélène Kohl (merci pour la photo !)
Das Bild, in einem 2. Fenster aufgerufen,
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