Bonjour, Sie haben ein digitales Arbeitstagebuch aus der Dolmetscherkabine angesteuert. Die Welt der französischen und deutschen Sprache bechäftigt mich täglich. Hier notiere ich kleine Episoden aus dem Arbeits-, aber auch aus dem Privatleben, wenn ich die Kabine oder den Übersetzerschreibtisch verlassen habe.
Gestern schrieb ich kurz über Interferenzen. Ich hatte getextet: "Ich habe an ihm (dem Krimi) nur einen Monat geschrieben, das Schreiben zwei Monate lang geplant: Recherche, Fotos, Personen entwickeln." Dabei fiel mir auf, dass ich offenbar noch nie etwas über Interferenzen gesagt habe. Ich erkläre den Vorgang: Le personnage heißt "die Filmfigur" auf Französisch,
das Wort "Person" gibt's im Deutschen auch, es heißt aber leicht etwas anders. Es ist wie mit den alten Radiofrequenzen: Da hat, als mein Kopfradio auf Deutsch 'eingestellt' war, mal eben der französische Nachbarsender 'reingefunkt' und das Ergebnis verändert.
Oder gestern am frühen Abend. Der weltbeste Patensohn und ich saßen mit französischem Besuch mit einem Eis draußen vor dem Eisladen, als ich zum Gast auf Deutsch sagte: "Mit deiner Mutter musst du auf den Maybachufermarkt gehen, da gibt's viel Stoff zum Nähen, das wird ihr Glück machen" — ça fera son bonheur war das (wörtlich übersetzte) Sprachmuster, das zugrunde lag, gemeint war: das wird sie freuen. Und ich schob gleich noch so 'nen Klopper nach, den ich aber einige Stunden später vergessen habe, gar gnädig ist mir das Gedächtnis. Wir wechselten flott hin und her ... und ich war nicht im Dolmetschmodus.
Résumé: Interferenzen — das ist, wenn ich zwar Deutsch spreche, aber französischen Grammatikregeln folge und etwas merkwürdige Redewendungen verwende. Oder wer auch immer gerade spricht ...
Oder es ist wie mit der unbekannten, kleinen beauté, die uns beim
Eisladen gegenübersaß. Ein Eis ist schick und einfach zu handhaben,
zwei Eise können kompliziert sein, anschließend zu einem Eis zurückzukehren muss
halt eben nicht immer unfallfrei bleiben.
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Fotos: C.E. (zum Vergrößern anklicken)
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