Dienstag, 29. Mai 2012

Peepshow mit Dinos

Bienvenue beim Weblog aus der Dolmetscherkabine für die französische Sprache! Oft schreibe ich meine Einträge aber auch am Übersetzerschreibtisch. Hier denke ich über unseren Alltag nach, natürlich stets unter Wahrung dienstlicher Geheimnisse. Als Sprachmittlerin, ich arbeite mündlich bilateral Französisch-Deutsch, d.h. in beide Richtungen, schriftlich nur in meine Muttersprache, dafür auch aus dem Englischen , muss ich auch die mit dem Beruf verbundene Technik beherrschen. Manches Programm sorgt für Heiterkeit, nicht nur bei mir.

Hier noch die bereits für letzte Woche angekündigten "Verhörer" des kleinen Drachens, wie ich meine Diktiersoftware zärtlich nenne (*). Leider kam ich in der vergangenen Woche nicht zur Auswertung der letzten großen Übersetzung, und auch hier nur einige Fundstücke. Das Schlusslektorat musste am Ende schnell gehen ... und so manche Perle verschwand erstmal im digitalen Labyrinth.
Auf der Bühne eine ironische Szene — statt einer heroischen.

Jetzt können die Vögel endlich wieder in Ruhe beizen, Weizen, bald sein — statt balzen.
Pack die Rolle des Geldes in die Tasche! — die Roller Skates
Aus Renate Gitschow, so hieß eine Filmfigur, wurde einmal Renate Sportschuh, ein anderes Mal Renate Peepshow, meistens aber Renate gibt's schon. Was ja auch irgendwie richtig war.
Eine Schulimpression: bunter Pappmachédrachenkopf vor bunten Papierkreisen
Pappmachédino in der Schule des weltbesten Patensohns
Das Diktierprogramm ist auf die Bedürfnisse von Anwälten, Steuerberatern und derlei Völkchen ausgelegt. Deshalb stehen in seinem Wörterbuch überproportional viele Begriffe wie Revision, Instanz oder Wertrealisierung, die mir der Drache auch fröhlich in die Texte tippt, wenn eigentlich von "Vision", "in Franz' (Augen)" oder "Visualisierung" die Rede gewesen war.

Passenderweise sei hier noch rasch ein Tipp für das ganz komische, regelmäßig wiederkehrende Wort erwähnt, das solch ein Diktierprogramm garantiert immer falsch schreibt. Bei jedem Text ist es ein anderes, aber der Vorgang ist immer gleich nervig (und bis das System ein Wort gelernt hat, dauert es). Ich ersetze das Dingsbums-Wort immer durch einen Begriff, der in dem Text garantiert nicht vorkommen wird, zum Beispiel durch das liebe, kleine Wort "Stubenfliege" ... oder anderes Fluggetier wie "Drachen" oder "Dinosaurier" (naja, manche).
Der Platzhalter sollte, das nur am Rande, das gleiche Geschlecht haben wie das Wort, das er ersetzt, damit erkennt's das Programm glaube ich im Satzgefüge besser, wenn es beschrieben, verglichen, ins Verhältnis gesetzt wird. Am Ende regelt copy & paste alles.

Der weltbeste Patensohn hat Freitagnachmittag ganz schön frech gegrinst, als ich in einem technischen Fließtext, der einer Filmfinanzierung gewidmet war, andauernd vom Dinosaurier gesprochen habe. Er lag nach der Schule auf dem Sofa im Arbeitszimmer, wollte nicht alleine sein beim Lesen und interessierte sich plötzlich für meine Arbeit. Nur gut, dass ich als Platzhalter nicht Peepshow gewählt hatte ... (manche Kinderfragen haben Zeit)! Die Tatsache, warum dieser sich hochoffiziell gebende Papierdrache nun ausgerechnet solche Wörter kennt, ist mir allerdings schleierhaft.

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Foto: C.E.
(*) Grund für den Spitznamen und andere
Fehlleistungen des Programms hier, dort
und auch an dieser Stelle.

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