Donnerstag, 9. Juni 2011

Sendepause

Nein, nicht ich und hier, aber der Kunde, mit dem ich letzte Woche kurz und heftig an einem Dreh rumgeplant hatte, der lässt nichts mehr von sich hören. Und der dann erst, als wir längst handelseinig waren, meinte, die Dolmetscherin solle doch bitte nicht nur Drehplanung (und Aufnahmeleitung) und Fragestellerei übernehmen, sondern auch noch den angemieteten Produktionswagen steuern.

Da konnte ich mir dann nicht verkneifen, gestern unter der Überschrift juste pour info (nur zur Information) zu schreiben: Dolmetschen ist eine derart anstrengende Arbeit, dass wir uns bei Konferenzen meistens alle 20 bis 30 Minuten abwechseln, und das hat seinen Grund. Diese intellektuelle Arbeit wurde, das liest man allenthalben, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum drittstressigsten Beruf erklärt (nach Jetpilot und Fluglotse)*, denn dabei wird sehr viel Adrenalin ausgeschüttet. Normalerweise arbeiten wir also immer zu zweit, um ein gleichbleibend hohes Niveau garantieren zu können.


klarer Blick nach dem Dolmetschen
In den Erholungsphasen ist deshalb die Aufmerksamkeit stark eingeschränkt. Sicher auch deshalb fahren die meisten von uns mit dem Taxi oder mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit. Ich hätte Angst, müsste ich nach einem anstrengenden Tag, in dem mein Gehirn immer wieder kurz den Schlafzustand anstrebt, mich selbst oder weitere Menschen befördern.

Anders gesprochen: Wenn eine Nacht ohne Schlaf das menschliche Reaktionsvermögen so stark mindert, als hätte man 1,0 Promille im Blut, weiß ich nicht, in welcher Größenordnung sich die Folgen wiederholter kurzzeitiger Überbeanspruchung des Gehirns auswirken.

So, mein Kopf geht jetzt auch auf Sendepause. Ab in Richtung Balkon, dem Sommergewitter zusehen, die Luftperspektive und das Verwackelte passen jedenfalls zum Blick, den unsereiner nach einem Stressjob mitunter hat.


(*) ... indes, die Quelle dafür findet sich nirgends. Wenn Sie mehr wissen, würde ich mich über einen Hinweis sehr freuen.
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Foto: C.E.

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