Sonntag, 9. November 2025

Sonntagsgedanken

Bon­jour, hel­lo und Will­kom­men! Sie le­sen hier auf den Blog­sei­ten ei­ner Kon­fe­renz­dol­met­scher­in, auf de­nen über den All­tag hin­ter den Ku­lis­sen des Dol­met­schens be­rich­tet wird. — Sonn­tag ist Ru­he­tag, da wer­de ich schon mal per­sön­lich. Trotz­dem den­ke ich stän­dig über Spra­che nach, al­so auch heu­te.

Nach sehr ge­schäf­ti­gen Wo­chen, Ar­beit hier, Ar­beit dort, obendrauf leider noch einen grip­pa­len In­fekt, jetzt also ein Wochen­en­de mit der buck­li­gen Verwandt­schaft. Nun, nicht mit der Ge­samt­heit der An­ver­wand­ten, für die der Be­griff steht. 

Bär­chen in den Bee­ren
Und „buck­lig“ soll ja an­geb­lich auch „un­ge­liebt“ hei­ßen, was nun wirk­lich nicht zu­trifft!

Schön ist es, an­stren­gend ist es, nass ist es an die­sem dunk­len No­vem­ber­sonn­tag, an dem der Mor­gen­ne­bel unbemerkt in die Abend­däm­me­rung übergeht. Als Ent­schä­di­gung: Bach-Ora­to­ri­um, Was­ser­far­ben, Vor­le­sen, Wit­ze er­zäh­len, al­te Fo­tos an­se­hen, Ku­chen es­sen (oder nicht), Nüs­se, Dat­teln, Früch­te­tee.
Und ob­wohl der Tag des Hei­li­gen Mar­tins erst im Lau­fe der Wo­che er­war­tet wird, hat­te mich am Bahn­hof die ers­te Weih­nachts­baum­pa­ra­de be­grüßt. Die wer­den auch im­mer frü­her auf­ge­stellt! (Fin­de ich nicht gut.)

Zu­rück zur "buck­li­gen Ver­wandt­schaft". Einst­mals wur­den die fer­ne­ren Ver­wand­ten im Sche­rze so ge­nannt, Men­schen, die oft nur sel­ten zu Be­such wa­ren (al­so die Be­su­chen­den, dann wä­re ich das), die aber oft nicht so gern ge­se­hen wa­ren, viel­leicht wa­ren sie ar­me Ver­wand­te, die ein schwe­res Le­ben hat­ten und sich da­bei "krumm und buck­lig" ge­ar­bei­tet ha­ben. OK, mei­ner An­ver­wand­t­schaft ge­fällt zum Glück mei­ne An­we­sen­heit und so schlimm ist mein Le­ben nicht, auch wenn ich viel ar­bei­te.

In der Fach­li­te­ra­tur fin­det sich auch ein Hin­weis auf das rot­wel­sche Wort "bo­cke­lig", das über­setzt so viel wie "gie­rig" heißt. Auch das sind we­der mei­ne lie­ben Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen noch ich. Der Aus­druck "buck­li­ge Ver­wandt­schaft" ist bei uns iro­nisch ge­meint und Aus­druck von lin­guis­ti­schem Art­schutz. Be­grif­fe, die vom Aus­ster­ben be­droht sind, ver­wen­den wir eben ger­ne ab und zu.

Netz­fund­stel­le: An­geb­lich hät­ten sich frü­her Men­schen er­zählt, dass die "Buck­li­ge" die ar­men Ver­wand­ten sei­en, die in schlech­ten, wind­schie­fen Häu­sern le­ben müs­sen, was sich auf ih­ren je­wei­li­gen kör­per­li­chen Zu­stand aus­ge­wirkt hät­te, ei­ne Volks­ety­mo­lo­gie.

Und abends folgt dann das Ge­den­ken an den deut­schen Schick­sals­tag, die Trau­er über so vie­le, de­nen ein nor­ma­les Le­ben ge­nom­men wur­de, die Dank­bar­keit über den Mau­er­fall.

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Il­lus­tra­tion: Char­lot­te


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