Seit einigen Jahren tourt die Präsentation des Dolmetscherverbands aiic durch Deutschland, die diesem Prozess und dem Entstehen des Dolmetschberufs in seiner heutigen Form gewidmet ist. „One Trial — Four Languages“ heißt die Ausstellung, die genau diese Pionierleistung des Dolmetschens dokumentiert: frühe Technik, Fotos aus der Zeit, die Arbeitsplätze im Gerichtssaal, die Gesichter derer, die simultan überhaupt erst möglich machen, was internationale Justiz braucht.
Der erste Verhandlungstag der Nürnberger Prozesse fand exakt heute vor 80 Jahren statt. Die Ausstellung über Dolmetscher:innen beim Prozess wird ebenfalls heute in Hamburg eröffnet (siehe unten).
In dem Jahr nach dem 20. November 1945 wird parallel viersprachig gearbeitet: Englisch, Französisch, Russisch, Deutsch. Die Welt will Tempo, Aufarbeitung, Dokumentation und alles zugleich. Die bis dahin übliche konsekutive Methode reicht dafür nicht mehr aus. Also entsteht etwas Neues: Simultandolmetschen, technisch gestützt, in Teams organisiert, unter enormem Druck erprobt.
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| Ein Prozess — vier Sprachen |
Die Dolmetscherinnen und Dolmetscher sitzen improvisiert auf Plätzen, die mit Glasscheiben voneinander getrennt sind, hören in vier Sprachen hinein und sprechen in ebenso viele Richtungen hinaus.
Aus diesem historischen Moment heraus entwickelt sich das professionelle Konferenzdolmetschen, wie wir es heute kennen: teamorientiert, methodisch reflektiert, technisch begleitet und ethisch verankert. Viele der frühen Nürnberg-Dolmetscher:innen gehen später zu den Vereinten Nationen oder in andere internationale Organisationen und prägen dort die Standards, von denen wir täglich profitieren.
Vielleicht schaffen wir es auch mit der nächsten Delegationsreisegruppe der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), wenn auch die „NürnbergMesse“ besucht wird, noch mehr vom Ort zu sehen (Link zum Memorium). Bislang machen wir regelmäßig einen Stopp am Reichsparteitagsfeld. Das ist mir als Historikertochter sehr wichtig, und ich bin gut vorbereitet. Ich glaube, dass es kein Zufall war, dass der Kurs für Gruppendolmetschen in der Jugendarbeit vom deutsch–französischen Jugendwerk (dfjw / ofaj) lange in Nürnberg stattgefunden hat. Auch hier wurde in meiner Zeit eine längere Etappe dieser Epoche gewidmet. (Der Kurs heute: klick!)

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