Freitag, 8. August 2025

Von Teufeln

Bon­jour, hel­lo & gu­ten Tag! Hier bloggt seit 2007 ei­ne Fran­zö­sisch­dol­met­sche­rin. Dol­met­schen gilt als ei­ner der stres­sigs­ten Be­ru­fe der Welt, ir­gend­wo zwi­schen Pi­lo­tin bei Start und Lan­dung und Flug­lot­se. Wir hö­ren die­se Aus­sa­ge im­mer wie­der, manch­mal sa­gen wir es selbst, ob­wohl nie­mand je ei­ne se­riö­se Quel­le da­für ge­se­hen hat. Zum Be­ruf ge­hört das stän­di­ge Nach­de­ken über Spra­che.

"Der Teu­fel frisst Krei­de", so über­set­ze ich das fran­zö­si­sche Wort dé­dia­bo­li­sa­tion manch­mal, wenn's in der Ka­bi­ne schnell ge­hen muss. (Und auch, wenn sonst der Wolf Krei­de frisst.)

Grafik: Teufel
Haltungen aus der Hölle
Beim fran­zö­si­schen Aus­druck geht um den Ge­gen­satz von "Ver­teu­fe­lung". Der Be­griff "Ent­teu­fe­lung" klingt ir­gend­wie zu über­setzt.

Auf Fran­zö­sisch ist meis­tens die Toch­ter des mut­maß­li­chen Kriegs­ver­bre­chers Jean-Marie LP ge­meint (ich schrei­be den Na­men für die Such­ma­schi­nen be­wusst nicht aus), der nach dem zwei­ten Welt­krieg als ers­ter ge­wähl­ter Ver­tre­ter ras­sis­ti­sche und ex­tre­mis­ti­sche Po­si­tio­nen wie­der in Par­la­men­ten aus­ge­spro­chen hat.
Ich su­che ei­ne gu­te Über­tra­gung.

Viel­leicht muss ich sie selbst (er)finden. In ei­ner Zeit, in der Ar­gu­men­te, Hal­tung und vor al­lem Frem­den­feind­lich­keit und Ras­sis­mus der Rechts­extre­men im­mer mehr un­se­ren po­li­ti­schen All­tag un­ter­mi­nie­ren, brau­che ich wei­te­re Be­grif­fe für das Ein­sickern ab­sur­der Ab­sich­ten in den Mei­nungs­durch­schnitt, Po­si­tio­nen, die in Des­in­for­ma­tions- und Dif­fa­mie­rungs­kam­pa­gnen un­ter die Leu­te ge­bracht wer­den.

Der­zeit wird aus nor­ma­len Vor­gän­gen ein Kul­tur­kampf ge­macht, wer­den Men­schen ver­teu­felt wie ei­ne An­wär­te­rin auf das Rich­ter­amt des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, die al­les an­de­re als ex­tre­me Po­si­tio­nen be­zieht. Der Dia­log mit ihr wird durch Lügen tor­pe­diert und ver­wei­gert. Die Frau und der Mann von der Stra­ße so: "An den Vor­wür­fen wird schon was dran ge­we­sen sein, sie hat ih­re Be­wer­bung ja zu­rück­ge­zo­gen."

Ex­tre­me Po­si­tio­nen wer­den plötz­lich "sa­lon­fä­hig", hier wird einem klaren Legi­ti­ma­ti­ons­pro­gramm gefolgt. Das Sub­stan­tiv da­zu wä­re die "Sa­lon­fä­hig­ma­chung". Klingt auch nicht.

Au­ßer "Nor­ma­li­sie­rung" ha­be ich jetzt noch nichts. Auf Fran­zö­sisch steckt da eben der Teu­fel mit drin, dé­dia­bo­li­sa­tion stammt di­rekt von le dia­ble ab. Den Teu­fel kön­nen wir in der einst streng ka­tho­li­schen fran­zö­si­schen Ge­sell­schaft auch mit ça sent le soulfre an­deu­ten, es riecht nach Schwe­fel, aber das führt auf Ab­we­ge. Den "Klump­fuß" ver­ste­hen heu­te auch vie­le nicht mehr.

"Ver­harmlos­ungs­debatte" oder "Ent­schär­fungs­pro­pa­gan­da" wä­ren an­de­re Lö­sun­gen. Lan­ger Re­de kur­zer Sinn: Ich fin­de "Ent­teu­fe­lung" dann doch nicht so schlecht, ge­wähl­ter aus­ge­drückt wäre es die "Ent­dä­mo­ni­sie­rung".

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Bild: pixlr.com (Zu­falls­fund)

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