Montag, 25. August 2025

Montagsschreibtisch (104)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Seit 2007 be­rich­te ich hier in lo­ser Fol­ge über das Ar­beits­le­ben von Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zern, Dol­met­scher­in­nen und Dol­met­schern. 

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Heute setzt es Blitz und Donner!
Mei­ne Spra­chen sind Fran­zö­sisch, Eng­lisch und na­tür­lich auch Deutsch, mei­ne Mut­ter­spra­che. Zum Wo­chen­an­fang schaue ich auf den Schreib­tisch. Da liegt ei­gent­lich nur Ter­min­pla­nung. Ei­gent­lich ...

"Warum ar­bei­ten so vie­le Men­schen in Teil­zeit, wo sie doch für 2000 Euro im Mo­nat ar­bei­ten ge­hen könn­ten?", hat un­ser al­ler Bun­des­merz die­ser Ta­ge sinn­ge­mäß zum zwei­ten Mal ge­fragt. Herr Merz, ich hät­te da Ant­wor­ten.

Dem The­ma wid­me ich heu­te den am Mon­tag üb­li­chen Blick auf mei­nen Schreib­tisch.

♠ Die Ver­wal­tung ei­ner pfle­ge­be­dürf­ti­gen Per­son, die einst Be­am­tin war, kos­tet min­des­tens ei­nen, wenn nicht zwei Ta­ge im Mo­nat, viel Pa­pier­kram, vie­le ✉ ✉ ✉. Das macht zum Glück kom­plett ei­ner mei­ner Brü­der.
♠ Ab­si­che­rung im Be­reich §§, Spa­zie­ren­ge­hen, Haus­halt, Es­sen rich­ten an Ta­gen, an de­nen die Haus­häl­te­rin frei hat, macht der an­de­re Bru­der und der ei­ne auch.
♠ An­sprech­part­ne­rin in al­len Not­la­gen, Ab­fe­dern von Kri­sen, Auf­mun­tern durch Be­such mit den En­ke­lin­nen, zur Post lau­fen, wenn der Ku­rier­dienst sein Ta­ges­soll nicht ge­schafft hat (weil's zu viel war), auch schon mal Mit­ko­chen und Es­sen rü­ber­brin­gen, die An­ge­hö­ri­ge stun­den­wei­se über­neh­men: der Part un­se­rer Schwes­ter, die in der Nä­he lebt.
♠ Ab­si­che­rung frei­er Ta­ge der Haus­häl­te­rin ma­chen wir al­le, ich aber auch die Näch­te, küm­me­re mich um Grund­la­gen im Haus­halt, Es­sen be­sor­gen und ko­chen, Be­glei­tung zu Ärz­ten, da­zu ist heu­t­zu­ta­ge viel Zeit am ✆ nö­tig, wir ha­ben Ärz­te­man­gel, Pla­nung von Pfle­ge­be­darf, Be­sor­gun­gen al­ler Ex­tras über den täg­li­chen Be­darf hin­aus, vor­le­sen, ♬ und ▶ [Play-Sym­bol, al­so Fil­me] pla­nen, Ab­si­che­rung von Ta­gen oder Wo­chen, wenn der Wech­sel der Haus­häl­te­rin nicht klappt: mein Part.
♠ Und wir al­le: Mo­bi­li­sie­rung und gu­te Lau­ne ver­brei­ten!

Ich bin von ❤en glück­lich über mein Team Fa­mi­lie. Zur Bun­des­po­li­tik sa­ge ich in die­sem Kon­text: ⇓.

Al­ler­dings kos­tet mich die Pfle­ge­lücke Deutsch­lands je­des Jahr ei­ni­ge tau­send Euro Um­satz. Es kann vier­stel­lig wer­den. Die Ge­schwis­ter stecken in an­de­ren Ar­beits­ver­hält­nis­sen. Da sind Fa­mi­lien­zei­ten kom­pen­sier- und nach­hol­bar. Die Pfle­ge­hei­me ha­ben wir ge­se­hen und fürch­ten, dass die An­ge­hö­ri­ge Per­son dort un­ter­ge­hen wür­de. Wir hel­fen ihr ger­ne bei ei­nem men­schen­wür­di­gen Le­bens­abend. Aber es ist hart, zu­mal die Hälf­te der An­ge­hö­ri­gen mehr als 600 Ki­lo­me­ter mit ei­ner chro­nisch un­zu­ver­läs­si­gen Bahn pen­delt.

Für Haus­halt und All­tags­be­glei­tung an den meis­ten Werk­ta­gen ha­ben wir zum Glück die Mit­hil­fe von Rent­ne­rin­nen aus Ost­eu­ro­pa, die im­mer für ei­ni­ge Mo­na­te bei uns ar­bei­ten, kom­plett ver­steu­ert und ver­si­chert; der Pfle­ge­geld­an­teil, der sonst pfle­gen­den An­ge­hö­ri­gen zu­steht, fließt da na­tür­lich rein.

Und auch an Ta­gen, an de­nen wir nicht vor Ort im Ein­satz sind, ha­ben wir oft geis­tig mit der Al­ten­pfle­ge zu tun, an­ge­fan­gen bei der Ter­min­pla­nung und den Te­le­fo­na­ten, den vie­len Punk­ten, die es zu be­ach­ten geht, der Lis­te der Auf­ga­ben für die Über­ga­be beim Wech­sel, dem Ein­le­sen in Re­gu­la­ri­en oder Tex­ten über die Krank­heit und den Um­gang mit ihr ... Men­tal load heißt das in der Fach­spra­che.

Ich wet­te, dass Po­li­ti­ker:­in­nen, die über un­se­rei­nen wet­tern, dass wir faul sei­en, das selbst NICHT er­lebt ha­ben. Was ich hier schrei­be, gilt noch mehr für Per­so­nen im Ar­beits­al­ter und Rent­ner:­in­nen, die dem Le­bens­men­schen bei­ste­hen, oder An­ge­hö­ri­gen von Men­schen mit Ein­schrän­kun­gen. De­nen fehlt auch noch das Durch­at­men zwi­schen­durch.

Im­mer­hin: Ich darf mich glück­lich schät­zen, Ren­ten­punk­te für den Ein­satz zu be­kom­men. Als Frei­be­ruf­le­rin wer­de ich sie al­ler­dings nie ein­lösen kön­nen, es sei denn, ich su­che mir fünf Jah­re lang ei­nen so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Job. Am Ran­de ei­ner Kon­fe­renz ha­be ich mal ei­nen Ver­ant­wort­li­chen da­zu be­fragt. Er hat mir das be­stä­tigt und vor­ge­schla­gen, doch ei­nen Mi­ni-Job an­zu­neh­men. 

Ja, wann denn, bit­te­schön? Ich hät­te da noch Zeit zwi­schen drei Uhr mor­gens und neun Uhr mor­gens, wenn die An­ge­hö­ri­ge si­cher schläft, aber ho­ri­zon­tal woll­te ich dann lie­ber nicht ar­bei­ten. So oder so ähn­lich (deut­li­cher!), ha­be ich es dem gu­ten Mann auch ge­ant­wor­tet. Des­sen Au­gen­brau­en dann so: ˆ ˆ .

Und was das gan­ze Jong­lie­ren für ei­ne frei­be­ruf­li­che Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin be­deu­tet, kann sich oh­ne­hin nie­mand vor­stel­len, nicht ein­mal ich selbst. Die Ge­schwis­ter über­neh­men in der Kon­fe­renz­sai­son mehr, ich in den an­de­ren Mo­na­ten.

Und da ich hier grund­sätz­lich schon beim The­ma Ge­sund­heit bin: In mei­ner Fa­mi­lie wür­de es mehr hel­fen­de Hän­de ge­ben (und künf­ti­ge Steu­er­zah­ler), wenn das Ge­sund­heits­sys­tem nicht jahr­zehn­te­lang Frau­en ver­nach­läs­sigt hät­te. In un­se­rer Fa­mi­lie gibt es et­li­che ∗∗∗-en­kinder. Und die Ge­samt­la­ge der gan­zen Ge­sell­schaft wür­de sich bes­ser dar­stel­len, wenn ge­sund­heit­li­che Auf­klä­rung als zen­tra­le Auf­ga­be von Re­gie­run­gen ernst­er ge­nom­men wor­den wä­re. Aber die Ren­di­ten der Fir­men wa­ren und sind bis heu­te wich­ti­ger ... 

Sor­ry, muss­te mal raus.

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Vi­suel­le Ele­men­te: Die­ses Pos­ting ent­stand 
un­ter Mit­wir­kung von Min­der­jäh­ri­gen

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