Donnerstag, 6. Februar 2025

Digitaler Widerstand

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­setze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, na­tür­lich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Ich be­ob­ach­te der­zeit sehr ge­nau, was sich im Be­reich Künst­li­cher In­tel­li­genz (KI) tut und wie sie sich auf un­se­ren All­tag aus­wirkt.

Manch­mal be­schleicht mich ein Ge­dan­ke, der mir kal­te Schau­er über den Rü­cken jagt: Mei­ne Tas­ta­tur könn­te in Echt­zeit mit ei­ner Ma­schi­ne ver­bun­den sein, die al­les misst. Die Alp­traum­ver­si­on da­von geht so: Das Ge­hirn wird in Echt­zeit aus­ge­le­sen. Ich ha­be die DDR und ih­re Zer­set­zung durch die "Staats­sicher­heit" er­lebt. So ein Mo­ni­to­ring der Hirn­strö­me aus der Fer­ne hät­te ihr ge­fal­len.

Zwei Roboter in Menschenform an einem Schreibtisch
So spiegelt die KI, wie die Menschen sie sehen
Kei­ne Soft­wa­re muss mir den Kon­trol­letti in Echt­zeit auf die Schul­ter set­zen. Die Ge­schwin­dig­keit mei­nes Tip­pens, ob ich heu­te ent­schlos­sen in die Tas­ten haue oder ob ich eher mü­de und zag­haft schrei­be, geht nie­man­den et­was an. Die Ma­schi­ne muss nicht mehr über mei­ne Ta­ges­form wissen als ich!

Ich will auch nicht, dass mein Staub­sau­ger­ro­bo­ter wie E.T. nach Hau­se funkt: "Sie hat das So­fa ver­schoben! Sie hat ei­nen neu­en Stuhl! Sie spricht mit je­man­den!"

Ich möch­te nicht, dass ein Ser­ver in Ka­li­for­ni­en alles zur Kennt­nis nimmt. Ich will auch kei­nen „smar­ten“ Kühlschrank, der mir mit­teilt, dass die Milch zur Nei­ge geht oder der Re­zept­vor­schläge macht. Mei­ne Haus­halts­geräte brau­chen kein WLAN. Wir müs­sen oh­ne­dies Strom spa­ren – nicht mit noch mehr di­gi­ta­len Gad­get­s den Ver­brauch durch die De­cke trei­ben.

Ich ha­be kei­ne Lust, je­den Mo­nat zig Soft­wa­re­abos zu be­zah­len. War­um müs­sen Teams-Links au­to­ma­tisch in den On­li­ne-Ka­len­der wan­dern, den wir ein­zig zur Pfle­ge von An­ge­hö­rigen nut­zen? War­um brau­che ich für In­ter­net-Be­spre­chun­gen ei­gent­lich Plug­ins? Und nein, mei­ne Yo­ga­übun­gen oder die täg­li­chen drei bis sie­ben Ki­lo­me­ter Fuß­marsch müs­sen nicht der Kran­ken­kas­se ge­mel­det wer­den.

Da­tei­en darf ich gar nicht automatisch mit der Cloud tei­len, das verbietet mir mein Beruf. Ich will kei­nen QR-Co­de scan­nen, nur um ei­ne Spei­se­kar­te le­sen zu können. War­um soll­te Goog­le mei­nen Stand­ort be­kom­men, be­vor es mir Such­re­sul­tate aus­spuckt? Ich be­vor­zuge des­halb Duck­DuckGo oder Eco­sia.

Ich ru­fe ger­ne Fir­men an und stelle meine Fra­gen, wenn ich denn auf kennt­nis­rei­che Men­schen stoße. Eu­er KI-Chat­bot ist mir zu un­per­sön­lich. Mei­ne E-Mail­adres­se rücke ich nicht raus, nur um irgendeinen „groß­ar­ti­gen“ Zei­tungs­text le­sen zu können. Ich will kei­ne App her­un­ter­la­den, nur um ei­ne Gra­fik zu se­hen, ich ver­wei­ge­re, dass mir das große A. Wa­ren nach Hau­se bringt, mag we­der Gut­schein­codes noch "Ad­van­tages" im Tausch ge­gen ir­gend­wel­che Lo­bhu­de­leien.

Was ich und wir brau­chen, kau­fe ich ger­ne auf dem Markt oder bei den Her­stel­ler:in­nen di­rekt, ich fin­de auch viel aus zwei­ter Hand und ver­kau­fe auch wie­der Din­ge, die nicht mehr be­nötigt wer­den. Mei­n Buch- und der Schreib­wa­ren­la­den wer­den von ech­ten Men­schen ge­führt, die wis­sen, was Qua­li­tät ist. Das gilt auch für das Ho­sen­ge­schäft und den Un­ver­packt­la­den. Ich mag mei­nen von uns Kun­d:in­nen selbst mit­o­rga­ni­sier­ten Su­per­markt und mein Netz­werk, das aus ech­ten Men­schen be­steht.

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Illustration: pixlr.com

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