Dienstag, 2. Dezember 2025

Die argen Touren ...

... man­cher „Agen­tu­ren“ ner­ven nur noch. Sol­che Fir­men mö­ge bit­te der Erd­bo­den ver­schluc­ken! Heu­te: 85,66 Pro­zent Pro­vi­sion! Und es geht noch schlim­mer. Das The­ma braucht Auf­merk­sam­keit.

Hel­lo, bon­jour & hallo auf den Sei­ten mei­nes Web­logs. Den Ar­beits­all­tag ei­ner Dol­met­sche­rin fin­den Sie seit bald 20 Ja­hren auf die­sen Sei­ten skiz­ziert. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch. Ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und aus dem Eng­li­schen, und ich über­set­ze auch.

Ges­tern Mit­tag lan­det ei­ne WICH­TIG-EILT-SO­FOR­TI­GE-VOR­LA­GE-Mail in mei­nem Post­kas­ten.

URGENT REQUEST | Consecutive on site interpreting | 02.12.2025 | 12:30 – 13:30 | Moabit Prison, Alt-Moabit 12a, 10559 Berlin | There are no special requirements for the project or the interpreter.
Ein echtes Beispiel
Ich ha­be links al­les un­kennt­lich ge­macht, was die Fir­ma ver­rät, nur sie selbst könn­te sich er­ken­nen. Der Vor­gang ist symp­to­ma­tisch: Ei­ne eng­li­sche Li­mi­ted, die Sach­be­ar­bei­te­rin sitzt in der Re­pu­blik Mol­dau und ruft mich spä­ter noch mit ei­ner bel­gi­schen Te­le­fon­num­mer an. Bei der Grün­dung der Fir­ma 2002 hat viel­leicht der bel­gi­sche Markt im Fo­kus ge­stan­den. Es gibt meh­re­re Län­der­fi­lia­len; in min­des­tens vier Län­dern mit gu­ten Haupt­stadt­ad­res­sen.

Ich ant­wor­te knapp: 150 Eu­ro die Stun­de, die An­fahrts­zeit zählt zu 100 Pro­zent, CV: Stu­di­um in Pa­ris und Ber­lin, 20 Jah­re Be­rufs­er­fah­rung.

Nor­ma­ler­wei­se fra­gen un­se­re­i­nen die Ver­tei­diger di­rekt an.

Dann rech­nen wir dem Staat ge­gen­über nach JVEG ab, de­kli­niert: Jus­tiz­ver­gü­tungs- und Ent­schä­di­gungs­ge­setz, es sieht 93 Eu­ro die Stun­de vor. Die Fahrt­zeit zählt mit. Be­rech­nungs­grund­la­ge ist schlicht der gan­ze Zeit­raum, in dem un­se­re­i­ne/r nicht am Schreib­tisch sit­zen kann. Lo­gisch, oder?

Werde ich hier pri­vat an­ge­fragt, weil Geld vor­han­den ist, oder weil der Ter­min schon mor­gen ist? Oder hat die Agen­tur den Auf­trag über ein Ge­richt er­gat­tert? Denn im­mer mehr Ge­schäfts­stel­len der Ge­richte la­gern die Ar­beit aus, zum gro­ßen Leid­we­sen der auf Recht spe­zia­li­sier­ten Kol­leg:in­nen, das kri­ti­sie­ren auch Ver­bands­kol­leg:in­nen vom ADÜ Nord. Wird die Firma wie so oft 30 bis 50 Pro­zent des oh­ne­hin nicht so üp­pi­gen Ho­no­rars für sich be­an­spru­chen (ver­gli­chen mit den vie­len Stu­di­en­jah­ren, der Ein­ar­bei­tungs­zeit, die nicht ver­gü­tet wird). 

Ex­klu­siv hat die Agen­tur die In­for­ma­tionen nicht, mich er­rei­chen an diesem Tag zwei fast wort­glei­che An­fra­gen. Mit der einen Agen­tur kom­mu­ni­zie­re ich nicht ein­mal. Viel­leicht stammt das Bild da oben auch von der an­de­ren An­fra­ge, ich lö­sche im­mer sehr schnell. Aber die an­ony­mi­sier­te Fir­ma fischt im glei­chen Be­cken.

We­nig spä­ter er­hal­te ich das, was ich als Bet­tel­mail be­schrei­ben wür­de: Es gebe nicht so viel Geld, ich mö­ge mei­nen best pri­ce nen­nen. Und mein CV aus­führ­li­cher!

„Die Autorin dieser Zeilen“

Der „bes­te Preis“, Be­griff aus dem Eng­li­schen, ist so ein dum­mer Be­griff für ei­nen „Mi­ni­mal­preis“. Ich ant­wor­te: 149 Eu­ro pro an­ge­fan­ge­ner Stun­de. Fahr­zeit zählt mit.

Ob 40 Eu­ro auch rei­chen wür­den, und die Fahr­zeit bit­te nicht be­rech­nen! Ge­bet­telt wird jetzt am Te­le­fon. Und der Le­bens­lauf wä­re auch wich­tig!

Gro­ßer Zeit­druck und Ap­pel ans Hel­fer­herz sind ty­pisch für sol­che Vor­gän­ge. Haupt­sa­che, wir ha­ben kei­ne Zeit fürs Nach­den­ken.

Ich den­ke nach. Mit zwei Stun­den Fahrt­zeit und ei­ner Stun­de vor Ort lie­ße sich hier legal 279 Eu­ro ab­rech­nen. Falls jetzt je­mand denkt „boah, ej, die Dol­met­scher:­in­nen nut­zen den Staat aus, sie ver­die­nen Geld da­mit, dass sie U-Bahn fah­ren!“, hier die Er­in­ne­rung: Die­se Fahr­zeit­ab­rech­nung kom­pen­siert die nicht ver­gü­te­te Vor­be­rei­tungs­zeit. Ich rech­ne den groß­zü­gi­gen Satz von 40 Eu­ro Ho­no­rar mit der Sum­me ge­gen.

Die Agen­tur möch­te mir groß­zü­gi­ge 14,34 Pro­zent von dem von mir ge­ne­rier­ten Um­satz als Ar­beits­ent­gelt ab­tre­ten. Das sind Net­to­zah­len. Was hier noch mit der Um­satz­steu­er ge­macht wer­den kann, ha­be ich nicht auf dem Schirm. Wer weiß, viel­leicht gibt's auch Er­stat­tun­gen nicht ge­zahl­ter (Um­satz)Steu­ern ähn­lich wie bei Cum-Ex oder Cum-Cum.

Sorry, aber der Knack­i muss oh­ne Hil­fe von Voll­pro­fis aus­kom­men. Viel­leicht gibt es ihn auch nicht und es wur­de nur ver­sucht, die Lis­te der Le­bens­läu­fe auf der Fir­men­fest­plat­te ein we­nig län­ger zu ma­chen, ggf. für Be­wer­bun­gen bei ech­ten Aus­schrei­bun­gen. (Das ist kei­ne Ver­mu­tung, es gibt Prä­ze­denz­fäl­le ... im Plu­ral!)

Denn ei­nes stimmt hier ga­ran­tiert nicht: „kei­ne Vor­aus­set­zun­gen“. Hier ist min­des­tens ei­ne Be­ei­di­gung nö­tig.

Aber hier se­hen bzw. le­sen Sie bei­spiel­haft, mit was für Pro­ble­men wir so zu kämp­fen ha­ben: Da sind die KI-Nerds, die un­se­re Ar­beit „al­lein von der Ma­schi­ne ge­macht“ zu ver­kau­fen ver­su­chen (die KI kann's nicht), da­zu ir­gend­wel­che di­vi­den­de­zen­trier­te Fir­men, die mit Sprach­ar­beit dea­len, weil da an­ders als bei Schraub­en oder Fast Food weder Trans­port­lo­gis­tik noch La­ger­räu­me nö­tig sind.

An­de­re An­fra­gen, seit die Dol­metsch­sai­son zu­en­de ist: Kor­rek­tur von Trans­krip­tio­nen, die die KI er­stellt hat, geht aus­drück­lich nur an Mut­ter­sprach­le­r:in­nen, der End­kun­de sitzt in Deutsch­land, die Agen­tur­mut­ter in In­di­en. Das er­in­nert mich an ei­nen Fall, der we­gen der Pan­de­mie nicht wei­ter ver­folgt wor­den ist. Die­se Agen­tur hat­te da­mals, um se­riö­ser zu wir­ken, ei­nen Schreib­tisch in Ber­lin in ei­nem Co­wor­king Space an­ge­mie­tet und dort auch po­ten­zi­el­le Kun­den emp­fan­gen. Das Schild mit dem Co­wor­king war in der Zwi­schen­zeit über­klebt. Gast war u.a. der Pro­duk­tions­lei­ter der Fir­ma einer be­kann­ten deut­schen Talk­la­dy, die auch Do­ku­men­tar­fil­me pro­du­ziert.

Da­mals ging es um Trans­krip­tion noch oh­ne KI. Wer den Auf­wand kennt, ahnt die Mar­ge zwi­schen dem gu­ten deut­schen Preis fürs Pa­ket und den 1,95 Dol­lar pro ge­ar­bei­te­ter Stun­de. Für das Aus­rech­nen des Pro­zent­sat­zes bin ich zu mü­de. Er war ein­stel­lig. Auf­ruf an die Talk­la­dy: Ma­chen Sie was zur KI, die Be­ru­fe killt!

Die Sa­che mit den Agen­tu­ren könn­te auch auf­tau­chen im Sin­ne von: Es kommt ja nicht plötz­lich und es bleibt tüc­kisch, das sofort zu er­ken­nen.

Die Fir­ma aus dem Coworking bie­tet auch an: Un­ter­ti­te­lung, Voice­over, Au­dio­film, Über­set­zung für Syn­chron. Fra­ge an al­le Be­tei­lig­ten, an die Pro­duk­tions­fir­men, Re­gis­seu­rin­nen, Auf­nah­me­lei­ter, Rich­te­rin­nen, Staats­an­wäl­te, An­wäl­tin­nen: Was wollt Ihr ma­chen, wenn Ihr nur noch Murks be­kommt und sich al­le Pro­fis in an­de­re Be­rufs­fel­der ge­ret­tet ha­ben wer­den? Und an die Kol­le­g:in­nen: Sam­meln wir jetzt end­lich mal Be­wei­se für ei­ne An­fra­ge, z.B. an ei­nen Rund­funk­rat? Ger­ne dürft ihr un­ten mit­dis­ku­tie­ren und/oder mich an­schrei­ben.

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Gra­fik: ei­ne der „Agen­tu­ren“
Me­me: Ge­schenk ei­ner Kol­le­gin
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