Mittwoch, 17. Juli 2024

Korridor

Durch Zu­fall oder Ab­sicht sind Sie hier auf den Sei­ten ei­nes di­gi­talen Tage­buchs aus der Ar­beits­welt ge­lan­det. Was Dol­met­scher und Über­setzer tun, be­schäf­tigt mich hier. (Ich be­nutze heu­te den männ­li­chen Ober­be­griff, um im Netz bes­ser ge­sehen zu wer­den, ob­wohl wir in der Mehr­zahl Frau­en sind). In mei­nem Be­ruf ha­ben wir ein selt­sa­mes Hobby: Wir sam­mel­n Be­griffe (und das Wis­sen da­hin­ter). 

End­lich, end­lich wird die Bahn von Grund auf sa­niert bzw. wer­den gan­ze Ab­schnit­te neu ge­baut. Den An­fang macht die Strecke Frank­furt-Mann­heim.
Blick auf Schienenstränge
Blick aus mei­nem 2. Wohn­zim­mer­fens­ter

Als Dol­met­sche­rin und Fa­mi­lien­frau le­ge ich der­zeit 40.000 Ki­lo­me­ter im Jahr mit der Bahn zu­rück. Lan­ge Zeit wur­de mir ein per­sön­li­ches Bahn­pech nach­ge­sagt, die rei­hen­wei­sen Ver­spä­tun­gen, von de­nen ich im Fa­mi­lien- und Freun­des­kreis be­rich­ten konn­te, gal­ten als le­gen­där. Ir­gend­wann griffen die Me­di­en die La­ge auf, nein, nicht mei­nen se­ri­el­len Är­ger, die Ge­samt­la­ge na­tür­lich!

Heu­te fal­len mir den Me­di­en Be­griffe auf. Ein we­gen Sa­nie­rungs­ar­bei­ten ge­sperr­ter Stre­cken­ab­schnitt wird von der Bahn "der Kor­ri­dor" ge­nannt, hö­re ich ges­tern in den Nach­rich­ten. Spon­tan den­ke ich, auf Fran­zö­sisch wür­den wir hier le tronçon sa­gen, zu­rück­über­setzt bie­ten sich Al­ter­na­tiven zum "Kor­ri­dor" an, näm­lich: Stre­cken­ab­schnitt oder Teil­strecke.
Wer viel weiß, sieht auch, wie viel sie oder er nicht ein­mal ahnt. Cogito et cetera. Ich bin sehr für ei­nen all­ge­mei­nen Bil­dungs­op­ti­mis­mus.

Al­so schla­ge ich nach und ler­ne: Ein "Bahn­kor­ri­dor" ist eine zen­tra­le Ver­bin­dungs­ach­se im Schie­nen­netz, Sy­no­ny­me sind "Ei­sen­bahn­kor­ri­dor", "Ver­kehrs­kor­ri­dor" oder eben ver­kürzt "Kor­ri­dor". Da­bei kommt es auf die zen­tra­le La­ge und der Nut­zungs­in­ten­sität des Ab­schnitts an; der Be­griff kann so­wohl stark fre­quen­tier­te Ver­bin­dun­gen des Gü­ter- als auch des Per­so­nen­ver­kehrs be­zeich­nen.

Wie­der et­was ge­lernt. Ob es wohl einen ähn­li­chen Be­griff im Fran­zö­si­schen gibt? Eine kur­ze Su­che im Netz hat spon­tan nichts er­ge­ben. Mal se­hen, ob sich hier je­mand mel­det, die oder der es weiß.

Das Ge­gen­teil des oben Be­schrie­be­nen ist der Dun­ning-Kru­ger-Effekt: Leu­te, die von et­was ein Fit­zel­chen Ah­nung ha­ben, stei­gern sich durch gren­zen­lo­se Selbst­über­schät­zung in ver­meint­li­ches Ex­per­ten­tum hin­ein und ma­chen sich da­mit sehr laut sehr lä­cher­lich. Ei­gent­lich. Da die Häl­fte der öf­fent­li­chen Kom­mu­ni­ka­tion im Netz und in den "a­so­zia­len Me­di­en" aus so et­was be­steht, schei­nen im­mer we­ni­ger Men­schen ein Be­wusst­sein für diese Art von Pein­lich­keit zu ha­ben.

Ich ken­ne mei­ne Wis­sens­ge­bie­te und bin an­son­sten be­schei­den. Wich­tig ist, wo wir In­for­ma­ti­onen fin­den und wen wir fra­gen kön­nen und zu ler­nen, die ei­ge­nen Quel­len ein­zu­schät­zen. Das sind ne­ben Le­sen, Schrei­ben, Den­ken und Spre­chen die wich­tigs­ten Kul­tur­tech­ni­ken. Wich­ti­ger als der Füh­rer­schein!

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Foto:
C.E. (Archiv)

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