Vor zwei Tagen hatte ich über eine Firma geschrieben, die mit ihrer Webseite international Küchengerätschaften vermarkten möchte und die mit einer Pseudo-Agentur heftig auf die Nase gefallen ist.
Dann sendet mir eine Freundin ein vermeintliches Foto vom Brandenburger Tor zu. Es stammt aus der Tourismus-Werbung. An diesem Bild stimmt so gar nichts.
Fake-Berlin
Londoner Doppeldecker sind auf einer Straße "Unter den Linden" zu sehen, die irgendwie mit Gebäudefotos aus aller Welt zusammengeklatscht worden ist.
Alles Fake |
Nichts Neues unter der Sonne
In den letzten Jahrzehnten haben Reisebüros per Photoshop ihre Illustrationen von Reisedestinationen freihändig zusammengebastelt, um alles in einem Bild zu haben. Das 'spart' möglicherweise Druckkosten und sicher Entgelte für die Nutzung der Bilder, die sonst an die Fotografinnen und Fotografen zu zahlen gewesen wären.
KI als Gefahr
Die KI ist noch billiger, denn sie kostet nicht einmal Zeit. Aber hier werden Fakten "manipuliert". Solche Bilder nehmen wir als Symbol für die Bedrohungen ernst, die über uns schweben, ce sont les serpents, qui sifflent sur nos têtes (*), die Schlangen, die über unseren Köpfen zischen: Desinformation, Infox und Propaganda, die Kontrolle von Algorithmen und Agenturen und der KI über alles Kreative (Fotografie, Konzepte, Texte, Übersetzungen) und die Reduktion auch der Spitzenleistungen auf Durchschnittsniveau, le nivellement vers le bas, die Banalisierung des allgemeinen Niveaus dessen, was wir sehen/lesen können, letzten Endes auch der Honorare bis zu ihrem drohenden Wegfall. This is alimentary, my dear Watson.
Verflachung droht allerorten
Wir Kulturarbeiter:innen müssen jetzt dazu beitragen, dass die Allgemeinheit sensibilisiert wird für diese Art von Einebung aller Höchstleistungen, für die Gefahr von Fake News durch die computergenerierten Texte und Bilder, bei denen natürlich, wie bei der Illustration oben, keine Zahlungen an irgendwelche Urheber fällig werden.
Kritik von den User:innen? Fehlanzeige!
Die jungen Leute werden von der Stadt begeistert und von der Reise verzaubert sein, ein paar Brocken verstehen und sich vermutlich mit dem Ungefähren zufrieden geben und sich über Widersprüche kurz wundern. Das ist meine große Sorge, vor allem, weil im Rahmen der kollektiven Erziehung Frankreichs das Individuum sich nur ungern in den Vordergrund rückt und Kritik als Undankbarkeit gewertet werden könnte.
Blumenbeet
Zum Abschluss gibt's gleich noch einen Hingucker. Hier, was mir die KI-unterstützte Software "Apple Fotos" von meinen Fotos ausgewählt hat, als ich "Blumen" ins Suchfeld eingegeben hatte. Logisch: unten grün, die Umgebung grün bis neutralgrau, und dann bunte Punkte in ureigenen Formen.
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Foto: C.E. ; KI-Fundsache: Merci à Amandine Thiriet !
(*): "Für wen sind diese Schlangen, die über unseren Köpfen
zischen ...“ Quelle: Andromaque, Racine. Die Alliteration mit
dem bedrohlichen S-Laut fällt in der Übersetzung leider weg.
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