Donnerstag, 4. April 2019

Mutters Sprache

Bonjour und hello und guten Tag! Was Dol­met­scher und Über­setzer so alles er­le­ben, können Sie hier mitlesen. Manchmal braucht ein Kompliment etwas, bis es bei mir ankommt. 

Die Kundin, die 25 Jahre jünger ist als ich: "Sie spre­chen wie meine Mutter!" Ich muss darauf vor Schrecken die Augenbrauen sehr zusam­men­ ge­zogen haben. Wie sprechen Mütter? Oft wissen sie die Dinge besser (oder meinen das zu­mindest). Aber ich hab doch gar nichts kom­men­tiert, hin­ter­fragt oder vor­­sich­tig Hin­weise gegeben?

"Ich mein' das positiv. Das ist ein ganz anderes Fran­zösisch!", sagt sie weiter. Die junge Frau hat ihr Studium gerade be­endet, wofür sie auch länger im eng­lisch­spra­chi­gen Ausland war, und ar­beitet jetzt als Unterneh­mens­be­raterin. "Sie verwenden Wörter und Begrif­fe, die meine Gene­ration oft gar nicht mehr kennt. Also so rich­tig echtes Fran­­zösisch. Wie im Radio oder im Theater."

Gesehen in Kreuzberg
Naja, dort habe ich ge­lernt und lerne täg­lich weiter, dort arbeite ich manch­mal auch. Der Arbeit­geber der Kundin ist ein bekanntes  international tätiges Un­ter­ne­h­men. Und die junge Frau kauft sich gerade eine Wohnung, die 6000 Euro pro Qua­dratmeter kostet, nicht klein, in Ku­damm­­nähe.

Vermutlich wird ihr am Ende meine be­schei­dene Kosten­note zu teuer sein. Hatte ich neulich erst. Teure Ober­schicht­hoch­zeit, und dann nachträg­lich in Viertelstun­den­häpp­chen feilschen wollen. Dabei sind von jeder neuen Stunde bei mir die ersten 15 Minuten gratis. Eine weitere (vol­le) Stun­de be­­rech­ne ich erst ab der 16. Mi­nu­te. Kulanz.

Ergän­zung: Meine Befürch­tungen waren zum Glück völlig un­be­rechtigt. Die jun­ge Fran­zö­sin hat ein zwe­ites Mal über­rascht, wie schön! Sie hat mich um Lese­tips ge­be­ten, um et­was für ihre Mut­ter­spra­che zu tun.

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Foto: C.E.

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