Mittwoch, 18. September 2013

der Großdeck

Bienvenue beim Weblog aus der Dolmetscherkabine für die französische Sprache! Oft schreibe ich meine Einträge aber auch am Übersetzerschreibtisch. Immer weniger Deutsche lernen Französisch, lieben aber die Sprache und schrecken zugleich vor Fälschungen nicht zurück. Sogar wer beim Wort "Bett" an "Fran­zö­sisch" denkt, liegt hier rich­tig.

queen size — französisches Doppelbett
Es gibt ihn wieder, den Großdeck! Der deut­sche Kaf­fee­röster, der jede Woche eine neue Welt ver­kauft, hat wieder zu­ge­schla­gen und in sei­nen Pros­pek­ten die selbst­ge­schöpf­te Un­sinns­vo­ka­bel er­neut in Umlauf gebracht. Es reicht nicht, das Wort zu drucken. Stel­len wir uns fol­gen­den Dia­log vor.

Kundin: Ich hätte gern ein "Grangkuhwer", in "ohrahsch" bitte!
Verkäuferin: Das wird [ɡʁɑ̃ ku.vʁə] ausgesprochen!

Die Dame am Verkaufstresen wür­de damit großes Talent beweisen, was die Aussprache betrifft, aber sie hätte ihrem Arbeitgeber eine gefälschte Vokabel geglaubt.

Ein grand couvre-lit ist in der Tat ein großer Bettüberwurf. Der Kaffeeröster hat sich gesagt: Unser Tuch ist auch als Tischdecke oder Husse für einen Sessel ver­wend­bar, wir streichen mal kurz das Wörtchen lit für Bett, wird schon passen.

Nun ja. Sowas kommt dabei raus, wenn man Profis einspart. Inzwischen weist Tante Gugl 6150 Fundstellen für das Wörtchen nach. Ein Hamburger Modeanbieter, der sich selbst einen französischen Namen gegeben hat, übernahm die "Vokabel" vor einiger Zeit auch. Da drängt sich natürlich eine Frage auf: Wann wandert "grandcouvre" als Lehnwort nach Frankreich?

Zum großen Malheur der Kommentar eines Viellesers: "Der Großdeck ist ein ver­ba­ler Nichtangriffspakt: Die Deutschen zeigen sich versöhnlich, reichen den fran­zö­si­schen Nachbarn die Hand. Eine solche Vokabel ist friedensstiftend, denn wegen einer Tagesdecke zettelt niemand einen Krieg an. Deutsche, die so wenig Fran­zö­sisch können, sind nicht gefährlich." (Dank und Gruß in die Ulmenstraße!)

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Illustration:  C.E. (Montage mit Material
der Kaffeefirma). Dieser Beitrag ist eine böse
Fälschung. Hier das Original!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Chère Caroline,

hier schreibt eine Kollegin! Vielen Dank für Ihre fast täglichen Einblicke in Ihren - und damit unseren - Berufsalltag. Sie werben klug und mit Esprit für die Besonderheiten unseres Berufs.

Eine Anekdote möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Neulich hat sich ein Kunde geradezu lehrbuchhaft um uns Dolmetscher bemüht, vorab alle Informationen besorgt, wegen Technikdetails Rücksprache gehalten, vor Ort uns gleich mit Extranahrung versorgt (Studentenfutter und Smoothies), in der Pause darauf geachtet, dass wir dieselbe nutzen können usw.

Am Ende der Konferenz haben wir uns für die besonders gute Behandlung bedankt. Die Mitarbeiterin des Kunden war sichtlich über das Feedback erfreut und sagte augenzwinkernd, sie habe sich die "Pflegeanleitung" aus dem Internet besorgt, es gebe da das Blog einer Berliner Französischdolmetscherin ...

Na, ist das was?
Gruß, derzeit aus Köln,
Ihre
N. (Sie wissen schon ... ;-)

caro_berlin hat gesagt…

Dear N,

thank you for this feed back.
You made my day!

Kind regards,
C