Schön, dass Sie (beabsichtigt oder zufällig) auf die Seiten meines digitalen Arbeitstagebuchs gefunden haben. Hier blogge ich als Dolmetscherin und Übersetzerin. Regelmäßig denke ich an dieser Stelle auch über die Grundlagen der Arbeit nach, die Sprachen.
Wir Dolmetscher sind immer ganz Ohr. Und wir sind oft nicht im Besitz desselben.
Was wir regelmäßig anderen schenken, müssen wir gut pflegen. Also: Keine lauten Konzerte, Clubs oder Feuerwerke, das findet alles ohne mich statt. Auch das ein Beweis für meine These, dass Dolmetschen kein Beruf ist, sondern eine Lebensweise.
Interessant: Während wir im Deutschen "jemanden ein Ohr schenken", wird dasselbe auf Französisch nur verliehen (prêter l'oreille à quelqu'un).
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Illustration: Archiv
Was ich anbiete
Donnerstag, 30. Mai 2013
Mittwoch, 29. Mai 2013
Duale Ausbildung
Bonjour ! Seit vielen Jahren arbeite ich als Dolmetscherin und Übersetzerin. Es ist mein zweiter Beruf. Hier können Sie meinen sprachbetonten Alltag mitverfolgen.
Manchmal ärgere ich mich über meinen Nachnamen. Elias, das ist der Name eines Propheten aus dem alten Testament. Mitunter habe ich das ungute Gefühl, auf nahezu prophetische Art und Weise mehr zu wissen, als ich eigentlich wissen kann.
Das erlebe ich erst heute früh wieder. Ich schlage die Zeitung auf und weiß schon, was drinsteht. Ich meine jetzt nicht dieses "Neulich in der Kabine, heute in der Zeitung", das dadurch entsteht, dass wir Dolmetscher manchmal schneller als die Presse auf dem Laufenden sind, weil wir jenen zuarbeiten, die hinter den Schlagzeilen stehen.
Das Phänomen reicht weiter. Und es ist für mich, da ich im ersten Beruf (gelernte) Journalistin war, paradox, denn in der Vorbereitung der Dolmetscheinsätze kommt mir diese Erstausbildung zugute: Ich beobachte regelmäßig die News zu meinen Themen und frage gezielt nach, wenn ich am Rand einer Meldung einen Halbsatz höre, der nicht in das sonstige Bild passt. Indem ich die Nachricht hinter der Nachricht suche oder dem Mainstream widersprechende Informationen, bereite ich mich auf oft kontrovers geführte Disskussionen nach Konferenzbeiträgen vor. (Und im Grunde mache ich damit etwas, wozu viele Journalisten heute mangels Zeit = Geld oft nur noch unzureichend kommen.)
Dieser Tage darf ich öfter zum Thema der 'dualen Berufsausbildung' deutschen Typs arbeiten, die häufig als DIE Lösung der europäischen Jugendarbeitslosigkeit präsentiert wird. Die heutige Berichterstattung von Le Monde über die deutsch-französische Konferenz in Paris zu diesem Thema beinhaltet einen kurzen Artikel über Zahlen, die wir neulich bereits im selbst hergestellten Vorbereitungsmaterial hatten.
Unter der Überschrift Le faible chômage des jeunes, un miracle en trompe-l'œil (sehr frei übersetzt: "Die geringe Jugendarbeitslosigkeit, Wunder oder optische Täuschung?") werden die deutschen 6-8 % Arbeitslosen unter den 15-24-jährigen vor dem Hintergrund erläutert, dass hierzulande der Geburtenknick schon seit längerem spürbar ist. Die Unternehmen müssten sich also ernsthaft um ihre die Mitarbeiter von morgen bemühen. Nicht, dass ich das Modell nicht selbst sehr attraktiv fände, aber um seine Qualität wirklich mit den Statistiken anderer Länder vergleichen zu können, wäre zunächst die Umrechnung der Zahlen erforderlich.
Ich fand diese zuvor selbst angestellten Gedanken bereits am 8. Mai in einer Pressemeldung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) wieder. DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke wird hier noch dahingehend zitiert, dass Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland überwiegend ein Problem der Qualifikation sei, da die Ausbildungsquote (wie ja auch die Schulerfolgsquote) von sozialer Herkunft und Wohnort abhängen würde.
Und so geschah es eben erst in Berlin, dass die hier berichterstattende Dolmetscherin in ihrer Kabine ganz nervös wurde, weil sie am liebsten einen Tipp zur Arbeitsweise gegeben hätte, wo sie doch offenbar über Informationen verfügt hat, die außhalb der Kabine nicht bekannt waren. Wie schön, dass diese dann kurz darauf in den Medien stehen.
Vielleicht gingen sie auch gestern in die Gespräche der Pariser Zusammenkunft ein. (Hier ist ein Link zur einer Videodokumentation der Veranstaltung mit den Stimmen aus der Englischkabine; also, bei der nächsten Vorbereitungsrunde zum Thema ...) Mal sehen, wann wir hier in Berlin für die nächsten Konferenzen zu diesem Thema verpflichtet werden, das mich seit Wochen wiederholt beschäftigt.
Also: Recherchieren wie Journalisten, alles schnell verarbeiten und "sprechen" wie Dolmetscher — unsere Berufspraxis lebt idealerweise von dieser Dualität, meine ganz gewiss.
Vokabelnotiz: la formation (professionnelle) en alternance — duale Ausbildung ______________________________
Fotos: C.E.
Manchmal ärgere ich mich über meinen Nachnamen. Elias, das ist der Name eines Propheten aus dem alten Testament. Mitunter habe ich das ungute Gefühl, auf nahezu prophetische Art und Weise mehr zu wissen, als ich eigentlich wissen kann.
Das erlebe ich erst heute früh wieder. Ich schlage die Zeitung auf und weiß schon, was drinsteht. Ich meine jetzt nicht dieses "Neulich in der Kabine, heute in der Zeitung", das dadurch entsteht, dass wir Dolmetscher manchmal schneller als die Presse auf dem Laufenden sind, weil wir jenen zuarbeiten, die hinter den Schlagzeilen stehen.
Das Phänomen reicht weiter. Und es ist für mich, da ich im ersten Beruf (gelernte) Journalistin war, paradox, denn in der Vorbereitung der Dolmetscheinsätze kommt mir diese Erstausbildung zugute: Ich beobachte regelmäßig die News zu meinen Themen und frage gezielt nach, wenn ich am Rand einer Meldung einen Halbsatz höre, der nicht in das sonstige Bild passt. Indem ich die Nachricht hinter der Nachricht suche oder dem Mainstream widersprechende Informationen, bereite ich mich auf oft kontrovers geführte Disskussionen nach Konferenzbeiträgen vor. (Und im Grunde mache ich damit etwas, wozu viele Journalisten heute mangels Zeit = Geld oft nur noch unzureichend kommen.)
Dieser Tage darf ich öfter zum Thema der 'dualen Berufsausbildung' deutschen Typs arbeiten, die häufig als DIE Lösung der europäischen Jugendarbeitslosigkeit präsentiert wird. Die heutige Berichterstattung von Le Monde über die deutsch-französische Konferenz in Paris zu diesem Thema beinhaltet einen kurzen Artikel über Zahlen, die wir neulich bereits im selbst hergestellten Vorbereitungsmaterial hatten.
Unter der Überschrift Le faible chômage des jeunes, un miracle en trompe-l'œil (sehr frei übersetzt: "Die geringe Jugendarbeitslosigkeit, Wunder oder optische Täuschung?") werden die deutschen 6-8 % Arbeitslosen unter den 15-24-jährigen vor dem Hintergrund erläutert, dass hierzulande der Geburtenknick schon seit längerem spürbar ist. Die Unternehmen müssten sich also ernsthaft um ihre die Mitarbeiter von morgen bemühen. Nicht, dass ich das Modell nicht selbst sehr attraktiv fände, aber um seine Qualität wirklich mit den Statistiken anderer Länder vergleichen zu können, wäre zunächst die Umrechnung der Zahlen erforderlich.
Ich fand diese zuvor selbst angestellten Gedanken bereits am 8. Mai in einer Pressemeldung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) wieder. DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke wird hier noch dahingehend zitiert, dass Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland überwiegend ein Problem der Qualifikation sei, da die Ausbildungsquote (wie ja auch die Schulerfolgsquote) von sozialer Herkunft und Wohnort abhängen würde.
Und so geschah es eben erst in Berlin, dass die hier berichterstattende Dolmetscherin in ihrer Kabine ganz nervös wurde, weil sie am liebsten einen Tipp zur Arbeitsweise gegeben hätte, wo sie doch offenbar über Informationen verfügt hat, die außhalb der Kabine nicht bekannt waren. Wie schön, dass diese dann kurz darauf in den Medien stehen.
Vielleicht gingen sie auch gestern in die Gespräche der Pariser Zusammenkunft ein. (Hier ist ein Link zur einer Videodokumentation der Veranstaltung mit den Stimmen aus der Englischkabine; also, bei der nächsten Vorbereitungsrunde zum Thema ...) Mal sehen, wann wir hier in Berlin für die nächsten Konferenzen zu diesem Thema verpflichtet werden, das mich seit Wochen wiederholt beschäftigt.
Also: Recherchieren wie Journalisten, alles schnell verarbeiten und "sprechen" wie Dolmetscher — unsere Berufspraxis lebt idealerweise von dieser Dualität, meine ganz gewiss.
Vokabelnotiz: la formation (professionnelle) en alternance — duale Ausbildung ______________________________
Fotos: C.E.
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Dienstag, 28. Mai 2013
stürmisch
Hello, guten Tag, bonjour ! Sie haben das Arbeitstagebuch einer Übersetzerin angeklickt. Ich berichte aber auch aus der Welt der Konferenzdolmetscher in Berlin und anderswo. Meine Fachgebiete sind Politik, Soziales und Wirtschaft, Kino und Kultur, ich arbeite vor allem mit der französischen Sprache, aber auch aus dem Englischen. Dolmetschen ist kein Beruf, sondern eine Lebensweise, das schrieb ich hier gestern. Heute folgt Teil zwei.
Etwa alle sechs Monate wache ich davon auf, dass in meinem Schlafzimmer jemand laut vernehmbar lacht. Bei genauerem Hinsehen, die Augen blinzeln vorsichtig in den Tag hinein, bin ich allein. Diese Art nächtlicher Ruhestörung ist mir lieber als das Wachwerden durch 'Hundegebell', wie ich's in den 1970-er Jahren im Ruhrpott bei der [Omma] erlebt habe.
Der Pseudokrupp-Husten ist lange schon Geschichte. Aber wie damals träume ich sehr lebendig, manchmal sogar stürmisch. Heute gegen Morgen also folgendes Traumgeschehen: Erst arbeite ich als Lautmalerin vor einer Staffelei in einem Schallarchiv. Ich male sehr genussvoll, genieße, was ich mache.
Wenig später habe ich es mit französischen Gästen zu tun. Wir haben komische Bäume vor dem Haus, die palmenartige, kleine Blätter produzieren, die immer wie ein Strauß zusammenhängen. Ich erzähle, dass wir daraus immer unsere Gastgeschenke gebunden hätten. Und zeige, was für eine Eigenart diese Pflanzen noch haben. Sie reagieren wie Mimosen auf Berührung, versteifen sich kurz, spannen sich auf und schleudern sich selbst dann pfeilartig in die Ferne.
Meine Gäste lachen ... Et présenter ça comme cadeau, comment l'interpréter, c'est extra ! (Sowas als Geschenk anzubieten, wie soll denn das interpretiert werden, großartig!)
Ich suche keine großen Deutungen dieser ineinander übergehenden Momente, sehe aber, dass ich einmal Sprache wörtlich nehme und mit viel Lebenslust und Hingabe an meine Aufgabe gehe. Beim zweiten Moment weiß ich nicht, ob mir die Gäste gelegen kommen, vielleicht stören sie mich ja auch in meiner Elfenbeintürmigkeit. Mir fällt auf, wie comicartig diese Pflanzengschosse gewirkt haben. Und die lustige, zweideutige Reaktion der Gäste, die ganz selbstverständlich Französisch sprechen, gefällt mir.
Was ich tags mache, von einem Idiom zum anderen switchen, den Flow suchen und erreichen, mich Künstlerischem hingeben (manchmal), kommunizieren, gerne auch mit doppeltem Boden, das finde ich hier wieder. Was das jetzt alles mit Dolmetschen zu tun hat? In den Träumen habe ich ja gar nichts übertragen. Aber von einem Moment zum anderen könnte ich mit einem derart geschärften Bewusstsein loslegen. Das ist es, was zählt.
Träumen Ingenieure eigentlich ähnlich intensiv von den Brücken, die sie bauen?
______________________________
Foto: C.E. (Schubert-Notenblatt)
Etwa alle sechs Monate wache ich davon auf, dass in meinem Schlafzimmer jemand laut vernehmbar lacht. Bei genauerem Hinsehen, die Augen blinzeln vorsichtig in den Tag hinein, bin ich allein. Diese Art nächtlicher Ruhestörung ist mir lieber als das Wachwerden durch 'Hundegebell', wie ich's in den 1970-er Jahren im Ruhrpott bei der [Omma] erlebt habe.
Der Pseudokrupp-Husten ist lange schon Geschichte. Aber wie damals träume ich sehr lebendig, manchmal sogar stürmisch. Heute gegen Morgen also folgendes Traumgeschehen: Erst arbeite ich als Lautmalerin vor einer Staffelei in einem Schallarchiv. Ich male sehr genussvoll, genieße, was ich mache.
Wenig später habe ich es mit französischen Gästen zu tun. Wir haben komische Bäume vor dem Haus, die palmenartige, kleine Blätter produzieren, die immer wie ein Strauß zusammenhängen. Ich erzähle, dass wir daraus immer unsere Gastgeschenke gebunden hätten. Und zeige, was für eine Eigenart diese Pflanzen noch haben. Sie reagieren wie Mimosen auf Berührung, versteifen sich kurz, spannen sich auf und schleudern sich selbst dann pfeilartig in die Ferne.
Meine Gäste lachen ... Et présenter ça comme cadeau, comment l'interpréter, c'est extra ! (Sowas als Geschenk anzubieten, wie soll denn das interpretiert werden, großartig!)
Ich suche keine großen Deutungen dieser ineinander übergehenden Momente, sehe aber, dass ich einmal Sprache wörtlich nehme und mit viel Lebenslust und Hingabe an meine Aufgabe gehe. Beim zweiten Moment weiß ich nicht, ob mir die Gäste gelegen kommen, vielleicht stören sie mich ja auch in meiner Elfenbeintürmigkeit. Mir fällt auf, wie comicartig diese Pflanzengschosse gewirkt haben. Und die lustige, zweideutige Reaktion der Gäste, die ganz selbstverständlich Französisch sprechen, gefällt mir.
Was ich tags mache, von einem Idiom zum anderen switchen, den Flow suchen und erreichen, mich Künstlerischem hingeben (manchmal), kommunizieren, gerne auch mit doppeltem Boden, das finde ich hier wieder. Was das jetzt alles mit Dolmetschen zu tun hat? In den Träumen habe ich ja gar nichts übertragen. Aber von einem Moment zum anderen könnte ich mit einem derart geschärften Bewusstsein loslegen. Das ist es, was zählt.
Träumen Ingenieure eigentlich ähnlich intensiv von den Brücken, die sie bauen?
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Foto: C.E. (Schubert-Notenblatt)
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Kopfeinsichten
Montag, 27. Mai 2013
Knickhalslaute
Bienvenue ! Hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin. Meine Arbeitssprachen sind Deutsch, Französisch sowie Englisch als Ausgangssprache. Dolmetschen ist kein Beruf, sondern eine Lebensweise. Hier folgt der Beweis.
Letzten Freitag mit halbem Ohr aufgeschnappt: le témoin assisté. Sofort suche ich über Suchmaschinen nach den Details der News. Es geht um Christine Lagarde, die ehemalige französische Finanzministerin und heutige IWF-Chefin (auf Französisch übrigens FMI, fonds monétaire international, manchmal drehen sich beim Wechsel der Sprache nicht nur die Reihenfolge der Buchstaben um, sondern auch einzelne Buchstaben).
Drei Minuten Lesezeit halten die Autoren einer Seite zur Lektüre des ganzen Beitrags für notwendig, siehe Pfeil, ich bin auf der Seite des 1. TV-Programms Frankreichs gelandet, das schon vor Ewigkeiten privatisiert wurde, lese dann weiter auf den Seiten von Le Monde und Spiegel Online.
Mich irritiert der Ausdruck "Zeuge mit Rechtsbeistand".
Der Spiegel-Autor schreibt denn auch "verdächtige Zeugin". Ich werde das weiter beobachten.
Flash back: Vor einer Woche in der Hamburger Kunsthalle. Ich stehe vor einem Gemälde, auf dem unter anderem eine Knickhalslaute abgebildet ist. Das Problem: Ich sehe erst länger nicht das Gemälde, sondern nur meine sprachliche Lücke. Hm, unschön. Ich reiße mich zusammen (aber muss als Memo schnell ein Bild knipsen).
Später am Tag versuche ich in den üblichen Internet-Lexika Aufklärung zu finden, leider erfolglos, dann suche ich mit dem französischen Wort luth nach erklärenden Bildern und finde allerlei, nirgendwo aber explizit die Sache mit dem Knickhals.
Sowas kann mir echt die Laune verhageln.
Flash forward: Demnächst werde ich in der Unibibliothek nach einem Fachwörterbuch für Musik Ausschau halten ...
______________________________
Illustration: TF1 und ... Maler leider verges-
sen, aufzuschreiben (wird nachgetragen)
Letzten Freitag mit halbem Ohr aufgeschnappt: le témoin assisté. Sofort suche ich über Suchmaschinen nach den Details der News. Es geht um Christine Lagarde, die ehemalige französische Finanzministerin und heutige IWF-Chefin (auf Französisch übrigens FMI, fonds monétaire international, manchmal drehen sich beim Wechsel der Sprache nicht nur die Reihenfolge der Buchstaben um, sondern auch einzelne Buchstaben).
Gibt es auch Zeugen ohne Rechtsbeistand, Peter? |
Mich irritiert der Ausdruck "Zeuge mit Rechtsbeistand".
Der Spiegel-Autor schreibt denn auch "verdächtige Zeugin". Ich werde das weiter beobachten.
Flash back: Vor einer Woche in der Hamburger Kunsthalle. Ich stehe vor einem Gemälde, auf dem unter anderem eine Knickhalslaute abgebildet ist. Das Problem: Ich sehe erst länger nicht das Gemälde, sondern nur meine sprachliche Lücke. Hm, unschön. Ich reiße mich zusammen (aber muss als Memo schnell ein Bild knipsen).
Später am Tag versuche ich in den üblichen Internet-Lexika Aufklärung zu finden, leider erfolglos, dann suche ich mit dem französischen Wort luth nach erklärenden Bildern und finde allerlei, nirgendwo aber explizit die Sache mit dem Knickhals.
Sowas kann mir echt die Laune verhageln.
Flash forward: Demnächst werde ich in der Unibibliothek nach einem Fachwörterbuch für Musik Ausschau halten ...
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Illustration: TF1 und ... Maler leider verges-
sen, aufzuschreiben (wird nachgetragen)
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Alltag,
Sprachschatz
Sonntag, 26. Mai 2013
BücherboXX
Bienvenue beim Dolmetscherweblog aus Berlin. Hier versuche ich, Schlaglichter auf unseren eher wenig bekannten Beruf zu werfen. Daneben arbeite ich in Berlin, Paris, Hamburg oder Cannes auch als Übersetzerin. Heute ist wieder Zeit für die Sonntagsbilder!
Eine ältere Dame sitzt vor einer Telefonzelle und sortiert Bücher. Moment mal, denke ich im Vorbeigehen, es gibt doch gar keine Telefonzellen mehr! Und hier haben wir es zudem mit einer französischen cabine téléphonique zu tun, und das mitten in Berlin.
Ich beobachte die Szene, unterhalte mich mit der Dame. Das Interview folgt frühestens Donnerstag (hängt vom Arbeitsaufwand dieser Woche ab).
Aus dem offiziellen Pressetext: "Zum 50-jährigen Jubiläum des deutsch-französischen Elysée-Vertrags und des Deutsch-Französischen Jugendwerks wurde im Rahmen der "50 Jahre, 50 Projekte" eine französische Telefonzelle von französischen und deutschen Auszubildenden in eine BücherboXX umgebaut.
Die sogenannte BücherboXX ist eine von INBAK entwickelte Straßenbibliothek, die nach dem Motto: "Bring ein Buch, nimm ein Buch, lies ein Buch" funktioniert und im Rahmen von verschiedenen Jugendaustauschen zwischen dem Lycée Jules Verne und dem Oberstufenzentrum Konstruktionstechnik Hans-Böckler-Schule, dem OSZ Marcel-Breuer-Schule und dem Lycée professionnel Adrienne Boland auf die Beine gestellt wurde. In dem Pariser Vorort Poissy wird ebenfalls eine ausrangierte deutsche Telefonzelle umgebaut. (...)
Die BücherboXX, gefüllt mit Büchern und Informationen zur französischen Sprache und Kultur sowie zur deutsch-französischen Versöhnung, wird nach ihrer Einweihung am 19.4.13 innerhalb Berlins u.a. in Schulen auf Reisen gehen, bevor sie sich dann langfristig — pünktlich zum Sommerfest des CFBs — am 21.6. zum "Berliner Eiffelturm" gesellt."
Die BücherboXX steht derzeit und noch bis zum 20. Juni 2013 vor dem Gebäude des deutsch-französischen Jugendwerks, Molkenmarkt 1, Berlin-Mitte. Und als "Rausschmeißer" noch einen Link zu einer Kolumne über die Liebe zu Sprachen, über die ich herzlich gelacht habe, hier steht die Sprache Skakespeares im Focus: "Sevgi" heißt "Liebe" von Jens Mühling, heute im Berliner "Tagesspiegel" erschienen.
______________________________ Fotos: C.E.
Der Anlass wird unterstützt von:
Das Projekt fördert die Nachhaltigkeit
in der beruflichen Bildung
Eine ältere Dame sitzt vor einer Telefonzelle und sortiert Bücher. Moment mal, denke ich im Vorbeigehen, es gibt doch gar keine Telefonzellen mehr! Und hier haben wir es zudem mit einer französischen cabine téléphonique zu tun, und das mitten in Berlin.
Ich beobachte die Szene, unterhalte mich mit der Dame. Das Interview folgt frühestens Donnerstag (hängt vom Arbeitsaufwand dieser Woche ab).
Aus dem offiziellen Pressetext: "Zum 50-jährigen Jubiläum des deutsch-französischen Elysée-Vertrags und des Deutsch-Französischen Jugendwerks wurde im Rahmen der "50 Jahre, 50 Projekte" eine französische Telefonzelle von französischen und deutschen Auszubildenden in eine BücherboXX umgebaut.
Die sogenannte BücherboXX ist eine von INBAK entwickelte Straßenbibliothek, die nach dem Motto: "Bring ein Buch, nimm ein Buch, lies ein Buch" funktioniert und im Rahmen von verschiedenen Jugendaustauschen zwischen dem Lycée Jules Verne und dem Oberstufenzentrum Konstruktionstechnik Hans-Böckler-Schule, dem OSZ Marcel-Breuer-Schule und dem Lycée professionnel Adrienne Boland auf die Beine gestellt wurde. In dem Pariser Vorort Poissy wird ebenfalls eine ausrangierte deutsche Telefonzelle umgebaut. (...)
Die BücherboXX, gefüllt mit Büchern und Informationen zur französischen Sprache und Kultur sowie zur deutsch-französischen Versöhnung, wird nach ihrer Einweihung am 19.4.13 innerhalb Berlins u.a. in Schulen auf Reisen gehen, bevor sie sich dann langfristig — pünktlich zum Sommerfest des CFBs — am 21.6. zum "Berliner Eiffelturm" gesellt."
Die BücherboXX steht derzeit und noch bis zum 20. Juni 2013 vor dem Gebäude des deutsch-französischen Jugendwerks, Molkenmarkt 1, Berlin-Mitte. Und als "Rausschmeißer" noch einen Link zu einer Kolumne über die Liebe zu Sprachen, über die ich herzlich gelacht habe, hier steht die Sprache Skakespeares im Focus: "Sevgi" heißt "Liebe" von Jens Mühling, heute im Berliner "Tagesspiegel" erschienen.
______________________________ Fotos: C.E.
Der Anlass wird unterstützt von:
Das Projekt fördert die Nachhaltigkeit
in der beruflichen Bildung
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Sonntagsbilder
Samstag, 25. Mai 2013
Archive.org
Hallo! Zufällig oder absichtlich lesen Sie in meinem virtuellen Arbeitstagebuch. Ich arbeite in Paris, Berlin und anderswo als Sprachmittlerin mit den Fachgebieten Wirtschaft, Politik, Soziales und Kultur. Samstags folgt hier immer mein Link der Woche.
Passend zum Wetter noch ein Filmtipp. Dank archive.org werden auch in entlegenen Regionen die Rechner zu Abspielstätten einer virtuellen Kinemathek.
Während sich mein erweitertes Wohnzimmer, das Kino Arsenal der "Freunde der deutschen Kinemathek", auch auf seinen 50. Geburtstag vorbereitet, sehe ich ab und zu (nach amerikanischem Recht) völlig legal alte Streifen im Netz, und zwar nicht nur bei YouTube. Hier stehen mittlerweile mehr als 5000 Filme zum Streaming bereit.
Angesichts der Unterschiede in Sachen Urheberrecht zwischen den USA und Europa empfehle ich Filme im Streaming zu sehen. Nicht nur historische Filmschnipsel finden sich da, sondern Klassiker der Filmgeschichte! Andere Blogger haben einige Streifen ausgewählt und mit Links versehen, hier BLORGE auf Englisch, dort golem13 auf Französisch.
Nur ein Beispiel: The Phantom of the Opera von 1925, Produktion: Carl Laemmle, Regie: Rupert Julian, Ernst Laemmle, Edward Sedgwick.
Ich schließe mit einem Lob des Kinos. Grundsätzlich ziehe ich natürlich den dunklen Raum dem heimischen Filmesehen vor, selbst dann, wenn ich wie dieser Tage bei einstelligen Graden und Regen einmal quer durch die halbe Stadt muss. Kino bedeutet: mehr Ruhe und Konzentration, große Leinwand, bessere Akustik, Menschen, mit denen ich nach dem Film sprechen kann, darunter gerne Fachleute wie Kritiker, Wissenschaftler oder Macher.
______________________________
Illustration: Archiv
Passend zum Wetter noch ein Filmtipp. Dank archive.org werden auch in entlegenen Regionen die Rechner zu Abspielstätten einer virtuellen Kinemathek.
Während sich mein erweitertes Wohnzimmer, das Kino Arsenal der "Freunde der deutschen Kinemathek", auch auf seinen 50. Geburtstag vorbereitet, sehe ich ab und zu (nach amerikanischem Recht) völlig legal alte Streifen im Netz, und zwar nicht nur bei YouTube. Hier stehen mittlerweile mehr als 5000 Filme zum Streaming bereit.
Angesichts der Unterschiede in Sachen Urheberrecht zwischen den USA und Europa empfehle ich Filme im Streaming zu sehen. Nicht nur historische Filmschnipsel finden sich da, sondern Klassiker der Filmgeschichte! Andere Blogger haben einige Streifen ausgewählt und mit Links versehen, hier BLORGE auf Englisch, dort golem13 auf Französisch.
Nur ein Beispiel: The Phantom of the Opera von 1925, Produktion: Carl Laemmle, Regie: Rupert Julian, Ernst Laemmle, Edward Sedgwick.
Ich schließe mit einem Lob des Kinos. Grundsätzlich ziehe ich natürlich den dunklen Raum dem heimischen Filmesehen vor, selbst dann, wenn ich wie dieser Tage bei einstelligen Graden und Regen einmal quer durch die halbe Stadt muss. Kino bedeutet: mehr Ruhe und Konzentration, große Leinwand, bessere Akustik, Menschen, mit denen ich nach dem Film sprechen kann, darunter gerne Fachleute wie Kritiker, Wissenschaftler oder Macher.
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Illustration: Archiv
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Link der Woche
Freitag, 24. Mai 2013
Welttag des Aufräumens!
Willkommen auf den Seiten meines Blogs. Ich bin Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin für die französische und deutsche Sprache und aus dem Englischen (ins Französische oder Deutsche). Das Blog ist mein digitales Arbeitstagebuch, in das ich nahezu täglich schreibe.
Sachen gibt's! Also, heute ist der Welttag des Aufräumens, wie anregend! Den Tag hat wohl eine Beratungsfirma für Büromanagement "erfunden". Die Idee des kollektiven Aufräumens und Herzeigens der Arbeitsplätze mit Vorher- und Nachherbildern ist ja ganz lustig, aber vor allem für Computernerds gut verständlich. Schön daher auch der Hinweis, technische Bürogestände wie Rechner und Handy vorher auszumachen!
Ich zeige ja hier regelmäßig meine vielfältigen Arbeitsplätze, sehe mir gerne ab und zu welche bei Flickr oder bei Pinterest an, denn unsereiner, der ja oft tagelang mutterseelenallein das eigene Arbeitszimmer bevölkert, kommt so leichter auf die Idee, damit auf dieser Welt eben nicht ganz allein zu sein. — Nach einem spannenden Konferenztag (Routine diesmal) geht's also ab ins Arbeitszimmer zum Ausmisten? Hm, aber das deutsch-französische Jugendwerk feiert heute Abend in seinen Berliner Büros den Auftakt des 50. Geburtstags, ich bin eingeladen. Also doch gleich das Tanzbein schwingen und morgen in die Tiefen der Ablagen eintauchen?
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Illustrationen: www.rangementdebureaux.fr/
Sachen gibt's! Also, heute ist der Welttag des Aufräumens, wie anregend! Den Tag hat wohl eine Beratungsfirma für Büromanagement "erfunden". Die Idee des kollektiven Aufräumens und Herzeigens der Arbeitsplätze mit Vorher- und Nachherbildern ist ja ganz lustig, aber vor allem für Computernerds gut verständlich. Schön daher auch der Hinweis, technische Bürogestände wie Rechner und Handy vorher auszumachen!
Ich zeige ja hier regelmäßig meine vielfältigen Arbeitsplätze, sehe mir gerne ab und zu welche bei Flickr oder bei Pinterest an, denn unsereiner, der ja oft tagelang mutterseelenallein das eigene Arbeitszimmer bevölkert, kommt so leichter auf die Idee, damit auf dieser Welt eben nicht ganz allein zu sein. — Nach einem spannenden Konferenztag (Routine diesmal) geht's also ab ins Arbeitszimmer zum Ausmisten? Hm, aber das deutsch-französische Jugendwerk feiert heute Abend in seinen Berliner Büros den Auftakt des 50. Geburtstags, ich bin eingeladen. Also doch gleich das Tanzbein schwingen und morgen in die Tiefen der Ablagen eintauchen?
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Illustrationen: www.rangementdebureaux.fr/
Donnerstag, 23. Mai 2013
Rumms-schlurps-klickedieklack
Hallo! Sie lesen im ersten deutschen Weblog aus dem Inneren einer Dolmetscherkabine. Hier können Sie Einblick in unseren Arbeitsalltag nehmen.
Es gibt Tage im Dolmetscherleben, die würde ich am liebsten aus demselben streichen. Sogar dann, wenn es wie heute am Ende extra Applaus für uns Wesen in den Kabinen gibt. (Naja, wenn es denn Kabinen gibt ... über das Leben außerhalb der schallisolierten Kästen schrieb ich bereits.)
Wir Sprachmittler sind hellhörige Wesen, sprechen leise bis halblaut, während wir unsere Arbeit verrichten, das gehört zur Inhaltsvermittlung, ohne das geht es nur bei Gebärdendolmetschern, solche waren nicht einbestellt worden. Dafür steht Flüstersimultan in einem Vortragssaal auf dem Programm. Wir sitzen also zu zweit hinter zwei Kunden, eine andere Dame sitzt neben uns und hört mit halbem Ohr rein. Wenn sie was hört.
Wir hören teilweise auch nicht so viel ... von den Vorträgen. Der junge Mann hinten links lässt die Mine seines Kugelschreibers immer wieder raus- und reinschnappen, bis ihn ein böser Blick von mir ereilt. Er wirft einen Entschuldigungsblick zurück. (Eine halbe Stunde später wird er am Kuli nuckeln (sic!), was auch nicht ohne Begleitgeräusche geht.)
Direkt hinter uns Getuschel, ich feuere wieder einige Blicke ab. Neben uns die Tür ist nur angelehnt, wir hören, wie draußen Tische gedeckt werden. Als die Kollegin dran ist, schließe ich die Tür. Und weiß dann, warum sie vorher leicht verkeilt "angelehnt" war: Jedes Mal, wenn jetzt jemand den Raum betritt oder verlässt, setzt es ein lautes Rumms, ganz zu schweigen vom Klickediklack der schicken Hackenschuhe, für die sich heute ungefähr der Hälfte der anwesenden Damen entschieden hat. Hatschi!, wieder gibt's ein Tonloch, zwei Reihen vor uns agiert ein Kampfblätterer, leider erreichen ihn meine Blickpfeile nicht.
Die Kollegen einer anderen Sprachrichtung, die überwiegend aus Informationsgründen mitgekommen waren, werden später sagen, dass bei der beschriebenen Veranstaltung erster Teil, Außentermin eines EU-Seminars, auch ohne diese Störgeräuscharie die leise sprechenden Redner oft kaum verständlich gewesen seien.
Soviel fürs Setting. In dieses akustische Ambiente hinein dürfen wir flüsterdolmetschen. Aber wir können gar nicht so leise sprechen, wie es nötig gewesen wäre, um die jeweiligen Redner durchgehend zu verstehen. Wir haben natürlich auch Respekt für unsere direkten Dolmetschklienten, die entspannt vor uns sitzen sollten, denen am Ende wir aber fast auf dem Schoß hocken.
Die Sache war heterogen. Einmal überlege ich gerade, in wessen Ohr ich jetzt hineinkriechen soll, da tritt ein Redner auf den Plan, der offenbar vorab von kundigen Wesen in den Gebrauch eines Mikrofons eingewiesen worden ist. Aber auch hier ist die Lautstärke bald im Sinkflug. Gibt es vorne irgendwelche akustischen Artefakte, ein Echo wie im Cinéma Paris?
Um die Sache klarzustellen: Unserer Not ist unsereiner nicht vollständig ausgeliefert. Wir arbeiten zu zweit, eine dolmetscht, die andere notiert Zahlen, Namen, Kürzel ... und geht im Bedarfsfall eine Runde mosern. Der Angesprochene gibt die Sache mit einigem zeitlichen Abstand an den Haustechniker des Gastgebers weiter, der sich bei uns erstmal ausführlich erkundigt, was denn los sei, anstatt selbst zu hören, selbst zu sehen und selbst zu urteilen.
Entsprechend gibt es erstmal ein My mehr Lautstärke — und erneut ausführliche Nachfragen durch nämlichen Haustechniker, sodass es mir fast schon leid tut, dass wir überhaupt etwas gesagt haben. Wir hätten natürlich die ganze Veranstaltung kurz unterbrechen und Sitzplätze in Reihe eins und zwei einfordern können, was unsere Dolmetschklienten aber explizit nicht wollten. (Sowas ist auf internationalem Parkett immer ein wenig delikat; die Angst, als etwas zwischen ein wenig selbstüberschätzend und nicht polyglott genug wahrgenommen zu werden, überwiegt.)
Am Ende, welch' Glück, ergreift eine junge Auszubildende das Mikrofon, die Heldin des Tages, und bedient es sachgerecht. Es tut gut, ungestört dolmetschen zu dürfen.
Der Rest des Tages brachte weitere Kataströphchen, aber es lief dann doch OK ab, so dass wir am Abend, nach mittäglichem Umzug ins Kongresshotel und damit in die sicheren Gefilde der Kabinen, sogar eine extra Danksagung mit langanhaltendem Applaus erhielten. Das aber ist eine andere Geschichte.
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Foto: C.E.
Es gibt Tage im Dolmetscherleben, die würde ich am liebsten aus demselben streichen. Sogar dann, wenn es wie heute am Ende extra Applaus für uns Wesen in den Kabinen gibt. (Naja, wenn es denn Kabinen gibt ... über das Leben außerhalb der schallisolierten Kästen schrieb ich bereits.)
Wir Sprachmittler sind hellhörige Wesen, sprechen leise bis halblaut, während wir unsere Arbeit verrichten, das gehört zur Inhaltsvermittlung, ohne das geht es nur bei Gebärdendolmetschern, solche waren nicht einbestellt worden. Dafür steht Flüstersimultan in einem Vortragssaal auf dem Programm. Wir sitzen also zu zweit hinter zwei Kunden, eine andere Dame sitzt neben uns und hört mit halbem Ohr rein. Wenn sie was hört.
Wir hören teilweise auch nicht so viel ... von den Vorträgen. Der junge Mann hinten links lässt die Mine seines Kugelschreibers immer wieder raus- und reinschnappen, bis ihn ein böser Blick von mir ereilt. Er wirft einen Entschuldigungsblick zurück. (Eine halbe Stunde später wird er am Kuli nuckeln (sic!), was auch nicht ohne Begleitgeräusche geht.)
Direkt hinter uns Getuschel, ich feuere wieder einige Blicke ab. Neben uns die Tür ist nur angelehnt, wir hören, wie draußen Tische gedeckt werden. Als die Kollegin dran ist, schließe ich die Tür. Und weiß dann, warum sie vorher leicht verkeilt "angelehnt" war: Jedes Mal, wenn jetzt jemand den Raum betritt oder verlässt, setzt es ein lautes Rumms, ganz zu schweigen vom Klickediklack der schicken Hackenschuhe, für die sich heute ungefähr der Hälfte der anwesenden Damen entschieden hat. Hatschi!, wieder gibt's ein Tonloch, zwei Reihen vor uns agiert ein Kampfblätterer, leider erreichen ihn meine Blickpfeile nicht.
Die Kollegen einer anderen Sprachrichtung, die überwiegend aus Informationsgründen mitgekommen waren, werden später sagen, dass bei der beschriebenen Veranstaltung erster Teil, Außentermin eines EU-Seminars, auch ohne diese Störgeräuscharie die leise sprechenden Redner oft kaum verständlich gewesen seien.
Soviel fürs Setting. In dieses akustische Ambiente hinein dürfen wir flüsterdolmetschen. Aber wir können gar nicht so leise sprechen, wie es nötig gewesen wäre, um die jeweiligen Redner durchgehend zu verstehen. Wir haben natürlich auch Respekt für unsere direkten Dolmetschklienten, die entspannt vor uns sitzen sollten, denen am Ende wir aber fast auf dem Schoß hocken.
Die Sache war heterogen. Einmal überlege ich gerade, in wessen Ohr ich jetzt hineinkriechen soll, da tritt ein Redner auf den Plan, der offenbar vorab von kundigen Wesen in den Gebrauch eines Mikrofons eingewiesen worden ist. Aber auch hier ist die Lautstärke bald im Sinkflug. Gibt es vorne irgendwelche akustischen Artefakte, ein Echo wie im Cinéma Paris?
Um die Sache klarzustellen: Unserer Not ist unsereiner nicht vollständig ausgeliefert. Wir arbeiten zu zweit, eine dolmetscht, die andere notiert Zahlen, Namen, Kürzel ... und geht im Bedarfsfall eine Runde mosern. Der Angesprochene gibt die Sache mit einigem zeitlichen Abstand an den Haustechniker des Gastgebers weiter, der sich bei uns erstmal ausführlich erkundigt, was denn los sei, anstatt selbst zu hören, selbst zu sehen und selbst zu urteilen.
Entsprechend gibt es erstmal ein My mehr Lautstärke — und erneut ausführliche Nachfragen durch nämlichen Haustechniker, sodass es mir fast schon leid tut, dass wir überhaupt etwas gesagt haben. Wir hätten natürlich die ganze Veranstaltung kurz unterbrechen und Sitzplätze in Reihe eins und zwei einfordern können, was unsere Dolmetschklienten aber explizit nicht wollten. (Sowas ist auf internationalem Parkett immer ein wenig delikat; die Angst, als etwas zwischen ein wenig selbstüberschätzend und nicht polyglott genug wahrgenommen zu werden, überwiegt.)
Am Ende, welch' Glück, ergreift eine junge Auszubildende das Mikrofon, die Heldin des Tages, und bedient es sachgerecht. Es tut gut, ungestört dolmetschen zu dürfen.
Der Rest des Tages brachte weitere Kataströphchen, aber es lief dann doch OK ab, so dass wir am Abend, nach mittäglichem Umzug ins Kongresshotel und damit in die sicheren Gefilde der Kabinen, sogar eine extra Danksagung mit langanhaltendem Applaus erhielten. Das aber ist eine andere Geschichte.
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Foto: C.E.
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Arbeitsplätze
Mittwoch, 22. Mai 2013
Magische Dreiecke
Bienvenue, welcome, hallo ... beim Dolmetscherweblog. An dieser Stelle denke ich über unseren Arbeitsalltag nach. Wir übersetzen und dolmetschen aus der französischen und in die französische Sprache sowie aus dem Englischen.
Gute Bezahlung, ordentlich Spaß und (bzw. oder) viel Lernmöglichkeit, eine schmückende Referenz — das sind die drei Eckpunkte für einen schmucken Auftrag. Am liebsten hab ich es, wenn alle drei Punkte erfüllt sind. Zur Not gehen zwei von drei ... wenn der 1. Aspekt ausreichend oft sein Häckchen bekommt, denn alles wird teurer, das geht auch Sprachdienstleistern so.
Leider haben manche Kunden allerdings das folgende Dreieck vor Augen: Am billigsten, am schnellsten und am besten. Hier gehen immer zwei von drei: schnell und gut (aber teuer) oder billig und schnell (und eher nicht gut).
Jobs, die nur Spaß und Ansehen bringen, kann und will ich mir nicht mehr leisten. Spaß ohne Umsatz hat einen anderen Namen: Freizeit, Wochenende oder Urlaub. Ab aufs Wasser, statt über Dreiecke nachzudenken, oder: Auf Zeit im Bermudadreieck verschwinden.
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Foto: C.E. (Hamburg-Ausbeute)
Gute Bezahlung, ordentlich Spaß und (bzw. oder) viel Lernmöglichkeit, eine schmückende Referenz — das sind die drei Eckpunkte für einen schmucken Auftrag. Am liebsten hab ich es, wenn alle drei Punkte erfüllt sind. Zur Not gehen zwei von drei ... wenn der 1. Aspekt ausreichend oft sein Häckchen bekommt, denn alles wird teurer, das geht auch Sprachdienstleistern so.
Leider haben manche Kunden allerdings das folgende Dreieck vor Augen: Am billigsten, am schnellsten und am besten. Hier gehen immer zwei von drei: schnell und gut (aber teuer) oder billig und schnell (und eher nicht gut).
Jobs, die nur Spaß und Ansehen bringen, kann und will ich mir nicht mehr leisten. Spaß ohne Umsatz hat einen anderen Namen: Freizeit, Wochenende oder Urlaub. Ab aufs Wasser, statt über Dreiecke nachzudenken, oder: Auf Zeit im Bermudadreieck verschwinden.
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Foto: C.E. (Hamburg-Ausbeute)
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Am Wegesrand aufgelesen
Sonntag, 19. Mai 2013
Durchblicke
Hallo, hello, bonjour, beim ersten Blog Deutschlands aus dem Inneren der Dolmetscherkabine.
Regelmäßig berichte ich aus meinem Leben in der Welt der Sprachen. Einmal in der Woche zeige ich hier meine Sonntagsbilder.
Heute: Durchblicke aus Hamburg, wo ich meinen Pfingsturlaub verbringe.
Dass es kühl und regnerisch ist, lässt sich zumindest erahnen.
Genießen kann ich hier aber nicht nur das satte Grün der Stadt.
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Fotos: C.E.
Regelmäßig berichte ich aus meinem Leben in der Welt der Sprachen. Einmal in der Woche zeige ich hier meine Sonntagsbilder.
Heute: Durchblicke aus Hamburg, wo ich meinen Pfingsturlaub verbringe.
Dass es kühl und regnerisch ist, lässt sich zumindest erahnen.
Genießen kann ich hier aber nicht nur das satte Grün der Stadt.
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Sonntagsbilder
Donnerstag, 16. Mai 2013
Träges Haupt
« Bienvenue !» Sie haben die Arbeitstagebuchseiten einer Übersetzerin angeklickt, die daneben in Berlin und anderswo für Politik, Soziales und Wirtschaft, Kino und Kultur als Französischdolmetscherin tätig ist. Hier denke ich regelmäßig über meine Arbeit nach.
Muskelkater in den grauen Zellen, Matschbirne, Postdolmetschhirnvernebelung, post-interpreting speech impairedness — die Begriffe für den Zustand sind zahlreich. Ein richtig träges Haupt ist der Preis für anstrengende Einsätze. Manchmal fühle ich mich dann wie kurz vor grippal, ein anderes Mal einfach nur wunderbar müde und glücklich mit mir und der Welt.
Ich rechne bei den wirklich fordernden Einsätzen je geleistetem Arbeitstag mit einem Tag "Rückreise" in mein normales Leben. So wie diese Woche. Der 1,5-tägige Einsatz endete Dienstag mit einem gemeinsamen Mittagessen, anschließend hielt ich Mittagsschlaf: drei Stunden Tiefschlaf ohne Unterbrechung, also zwei volle Schlafphasen, ganz so, wie ich üblicherweise die Nachtruhe beginne.
(Das konnte ich für mich zweifelsfrei erkennen. Nachts bin ich nach den ersten zwei stets zusammenhängenden Schlafphasen nach jeder Phase kurz wach; die verglichenen langen Phasen fühlten sich exakt gleich an.)
Interessant war allerdings, dass ich zu Beginn dieser Postdolmetschschlafphase das Gefühl hatte, sofort in die REM-Phase einzutreten. Ich bekam die starken Augenbewegungen mit, wie sich mein Bewusstsein veränderte und zack! war ich "weg". (Und in der Nacht drauf schlief ich problemlos ein und dann acht Stunden lang.)
Am Tag danach bummelte ich vor mich hin: Hier ein wenig bloggen, dort einkaufen, vor allem die Sonne genießen, auch Freunde sehen, wenig sprechen. Und ich habe eher lustlos in die Tonaufnahme reingehört, die ich vom Einsatz gemacht habe.
Nachdem ich oft die Aufnahmgeräte fotografieren konnte, die Journalisten bei den Interviews der Stars verwendet haben, die ich einst übertragen habe (bevor ein Journalist die Arbeit übernommen hat, der nun ein meines Erachtens unlauteres Koppelungsgeschäft daraus macht: (qualitativ fragwürdiges) "Dolmetschen" plus (stets begeisterte) öffentlich-rechtliche Radiobeiträge), nachdem ich also diese Aufnahmegeräte oft bewundert habe, stehe ich nun selbst mitten in einer Probephase mit einem solchen.
Dafür gibt es zwei Gründe. Wir Dolmetscher kümmern uns in der Regel allein um die eigene Qualitätskontrolle. Nach den Einsätzen schaue ich mir kritisch an, ob ich mich gut und richtig vorbereitet habe. Ziel ist natürlich stets, Fehler zu finden und beim nächsten Mal zu vermeiden. Es gibt auch einen vorbeugenden Aspekt, daher muss ich mich ab und zu selbst hören.
Um zu prüfen, dass ich mir keinen "Sprachtic" eingefangen habe, fertige ich (bislang mit der Diktatfunktion des Mobiltelefons) regelmäßig kurze Aufnahmen an. Oder aber ich zeichne wie dieses Mal nahezu alles auf. Denn der Einsatz zu Wochenanfang war ein Solo-Einsatz. Normalerweise kommen wir Dolmetscher immer im Doppelpack vor und wechseln uns alle 20 bis 30 Minuten ab. Hier war konsekutives Dolmetschen geplant, da halten wir länger durch, gerne bis zu einer Stunde, in der Arbeitssituation wurde etwas wie "semi-simultan" daraus ... also simultanes Dolmetschen, aber mit Sprechpausen der Redner mitten in den Sätzen oder sogar Halbsätzen.
Die Damen und Herren ließen mir auch die nötige Zeit, um manchen komplizierten Gedanken zuende zu dolmetschen, bevor der nächste ausgesprochen wurde. Das ist natürlich weniger stressig als in der Dolmetscherkabine bei mehrsprachigen Veranstaltungen, wo, wenn die eigene Sprache mitunter auch noch "Pivot" ist, also die Schaltsprache, von der aus Verdolmetschungen in andere Sprachen erfolgen, der Stress noch einmal höher ist.
Da ich das Wortfeld, um das es zu Wochenanfang ging, bereits gut kenne, habe ich überdies nicht nur aus dem “Arbeitsspeicher” verdolmetscht, sondern zum Teil auch von der “Festplatte" weg. Zudem war vereinbart worden, dass ich Dolmetschmodus und Pausen stets selbst wählen und gerne alle 30 bis 40 Minuten Pausen in der Länge meiner Wahl (bzw. wie nötig) ansagen darf.
Das habe ich denn auch getan, siehe oben. Damit lief dann der Rechner unterm Schädel nicht ganz so heiß! Auch weil die Inhalte hochspannend waren, sank mein eigener Stresspegel, ich kam in den Flow, die Pausen wurden kürzer.
Die "Ko-Kabine" (2. Dolmetscherin) ist sonst nicht nur für die Ablösung zuständig, sondern auch fürs Aufschreiben von Zahlen, Eigennamen oder Wortpaaren, wenn sich mancher Fachbegriff erst während einer Sitzung klärt (was gar nicht so selten vorkommt: Über die Standardverwendungen hinweg gibt es ja auch immer gruppenspezifische, ja sitzungsspezifische Ausdrucksweisen). Und über die eigene Qualitätskontrolle hinaus habe ich durch die Aufnahme sichergestellt, dass ich meine Liste mit den Fachtermini vervollständigen kann. Vokabeln, die mir sonst bei der Solo-Nummer durchgeschlüpft wären, ziehe ich in den nächsten Tagen stundenweise aus dem Material. (Vielleicht fällt auch eine kleine Hörprobe für den Blog ab.)
Am Mittwoch, am Tag nach dem 1,5-Tage-Einsatz, war ich wunderbar knülle. Und ich hielt erneut einen Mittagsschlaf, diesmal am frühen Abend. Ich schlief 1,5 Stunden, nachdem ich zunächst eine halbe Stunde lang acht Mal mit zuckenden Gliedern in der Einschlafphase hochgeschreckt war. Die Augenlider waren dieses Mal ganz ruhig, der Schlaf in der Folgenacht nicht beeinträchtigt.
Heute fühlt sich der Kopf noch ein wenig träge an. Dolmetschen würde ich erst morgen wieder wollen, zum Glück 'mussdarf' ich erstmal nur weiterlernen, ein Seminar zum Thema Übergang von Schule in den Beruf steht an, das Thema "geht auf Anschluss". Nächste Woche werden wir zu zweit in der Kabine sitzen und im Vorfeld auch schon im Team lernen können. Das ist immer leichter, nicht nur für die abgebildeten jungen Männer in einem Berliner Berufsbildungszentrum.
Und ja, nach einem mehrstündigen Solo-Einsatz dauert die Erholungsphase doch länger ...
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Handyfotonotiz aus einem Berufsbil-
dungszentrum/Notizbuch: C.E.
Muskelkater in den grauen Zellen, Matschbirne, Postdolmetschhirnvernebelung, post-interpreting speech impairedness — die Begriffe für den Zustand sind zahlreich. Ein richtig träges Haupt ist der Preis für anstrengende Einsätze. Manchmal fühle ich mich dann wie kurz vor grippal, ein anderes Mal einfach nur wunderbar müde und glücklich mit mir und der Welt.
Interessant war allerdings, dass ich zu Beginn dieser Postdolmetschschlafphase das Gefühl hatte, sofort in die REM-Phase einzutreten. Ich bekam die starken Augenbewegungen mit, wie sich mein Bewusstsein veränderte und zack! war ich "weg". (Und in der Nacht drauf schlief ich problemlos ein und dann acht Stunden lang.)
Am Tag danach bummelte ich vor mich hin: Hier ein wenig bloggen, dort einkaufen, vor allem die Sonne genießen, auch Freunde sehen, wenig sprechen. Und ich habe eher lustlos in die Tonaufnahme reingehört, die ich vom Einsatz gemacht habe.
Nachdem ich oft die Aufnahmgeräte fotografieren konnte, die Journalisten bei den Interviews der Stars verwendet haben, die ich einst übertragen habe (bevor ein Journalist die Arbeit übernommen hat, der nun ein meines Erachtens unlauteres Koppelungsgeschäft daraus macht: (qualitativ fragwürdiges) "Dolmetschen" plus (stets begeisterte) öffentlich-rechtliche Radiobeiträge), nachdem ich also diese Aufnahmegeräte oft bewundert habe, stehe ich nun selbst mitten in einer Probephase mit einem solchen.
Dafür gibt es zwei Gründe. Wir Dolmetscher kümmern uns in der Regel allein um die eigene Qualitätskontrolle. Nach den Einsätzen schaue ich mir kritisch an, ob ich mich gut und richtig vorbereitet habe. Ziel ist natürlich stets, Fehler zu finden und beim nächsten Mal zu vermeiden. Es gibt auch einen vorbeugenden Aspekt, daher muss ich mich ab und zu selbst hören.
Um zu prüfen, dass ich mir keinen "Sprachtic" eingefangen habe, fertige ich (bislang mit der Diktatfunktion des Mobiltelefons) regelmäßig kurze Aufnahmen an. Oder aber ich zeichne wie dieses Mal nahezu alles auf. Denn der Einsatz zu Wochenanfang war ein Solo-Einsatz. Normalerweise kommen wir Dolmetscher immer im Doppelpack vor und wechseln uns alle 20 bis 30 Minuten ab. Hier war konsekutives Dolmetschen geplant, da halten wir länger durch, gerne bis zu einer Stunde, in der Arbeitssituation wurde etwas wie "semi-simultan" daraus ... also simultanes Dolmetschen, aber mit Sprechpausen der Redner mitten in den Sätzen oder sogar Halbsätzen.
Die Damen und Herren ließen mir auch die nötige Zeit, um manchen komplizierten Gedanken zuende zu dolmetschen, bevor der nächste ausgesprochen wurde. Das ist natürlich weniger stressig als in der Dolmetscherkabine bei mehrsprachigen Veranstaltungen, wo, wenn die eigene Sprache mitunter auch noch "Pivot" ist, also die Schaltsprache, von der aus Verdolmetschungen in andere Sprachen erfolgen, der Stress noch einmal höher ist.
Da ich das Wortfeld, um das es zu Wochenanfang ging, bereits gut kenne, habe ich überdies nicht nur aus dem “Arbeitsspeicher” verdolmetscht, sondern zum Teil auch von der “Festplatte" weg. Zudem war vereinbart worden, dass ich Dolmetschmodus und Pausen stets selbst wählen und gerne alle 30 bis 40 Minuten Pausen in der Länge meiner Wahl (bzw. wie nötig) ansagen darf.
Das habe ich denn auch getan, siehe oben. Damit lief dann der Rechner unterm Schädel nicht ganz so heiß! Auch weil die Inhalte hochspannend waren, sank mein eigener Stresspegel, ich kam in den Flow, die Pausen wurden kürzer.
Die "Ko-Kabine" (2. Dolmetscherin) ist sonst nicht nur für die Ablösung zuständig, sondern auch fürs Aufschreiben von Zahlen, Eigennamen oder Wortpaaren, wenn sich mancher Fachbegriff erst während einer Sitzung klärt (was gar nicht so selten vorkommt: Über die Standardverwendungen hinweg gibt es ja auch immer gruppenspezifische, ja sitzungsspezifische Ausdrucksweisen). Und über die eigene Qualitätskontrolle hinaus habe ich durch die Aufnahme sichergestellt, dass ich meine Liste mit den Fachtermini vervollständigen kann. Vokabeln, die mir sonst bei der Solo-Nummer durchgeschlüpft wären, ziehe ich in den nächsten Tagen stundenweise aus dem Material. (Vielleicht fällt auch eine kleine Hörprobe für den Blog ab.)
Am Mittwoch, am Tag nach dem 1,5-Tage-Einsatz, war ich wunderbar knülle. Und ich hielt erneut einen Mittagsschlaf, diesmal am frühen Abend. Ich schlief 1,5 Stunden, nachdem ich zunächst eine halbe Stunde lang acht Mal mit zuckenden Gliedern in der Einschlafphase hochgeschreckt war. Die Augenlider waren dieses Mal ganz ruhig, der Schlaf in der Folgenacht nicht beeinträchtigt.
Heute fühlt sich der Kopf noch ein wenig träge an. Dolmetschen würde ich erst morgen wieder wollen, zum Glück 'mussdarf' ich erstmal nur weiterlernen, ein Seminar zum Thema Übergang von Schule in den Beruf steht an, das Thema "geht auf Anschluss". Nächste Woche werden wir zu zweit in der Kabine sitzen und im Vorfeld auch schon im Team lernen können. Das ist immer leichter, nicht nur für die abgebildeten jungen Männer in einem Berliner Berufsbildungszentrum.
Und ja, nach einem mehrstündigen Solo-Einsatz dauert die Erholungsphase doch länger ...
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Handyfotonotiz aus einem Berufsbil-
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Mittwoch, 15. Mai 2013
Tonlagen (und Wertschätzung)
Bonjour ! Schön, dass Sie mein Blog angesteuert (oder die Seiten abonniert) haben! Hier schreibe ich über den wechselvollen Alltag von uns Sprachmittlern. Als Übersetzerin und Dolmetscherin für die französische Sprache arbeite ich zum Beispiel in Berlin ... für die Bereiche Medien, Wirtschaft, Politik und Soziales.
Als ich im Büro darauf warte, mit dem Wagen abgeholt zu werden, erhalte ich eine SMS: "Wir haben unseren Minister verloren!" Die Herren kommen zwar von weit her, sind aber seit dem Vorabend in einem Hotel Unter den Linden untergebracht, daher mache ich mir keine Sorgen. Und liege richtig. Wenig später kommt eine zweite Nachricht aufs Handy, Entwarnung, ça y est, die Herren fahren los.
Das Moment mit dem verlorengegangenen Minister war wie ein kleiner Vorbote für anderthalb Dolmetschertage, der sich voll und ganz erfüllt hat: Die Tage waren höchst ungewöhnlich, was zum Großteil am Team lag.
Der Arbeitsminister Neukaledoniens hielt sich mit kleiner Entourage in Berlin auf um zu erfahren, wie junge und benachteiligte Menschen hierzulande in den Arbeitsmarkt integriert werden. Wir eilten von Termin zu Termin, sahen Werkstätten, Schulungsräume, eine Beratungseinrichtung mit integriertem Kindergarten und das Jobcenter von Treptow-Köpenick.
Als Dolmetscherin habe ich zu diesem Bereich schon wiederholt gearbeitet, das letzte Mal vor einem Jahr, der erste große Einsatz war 2007, der allererste kleine Einsatz vor den Hartz-Reformen. Wenn ich meine Lexiken zum Thema ansehe, kann ich die Veränderungen klar nachzeichnen. Das "Arbeitsamt" ist tot, wir haben mit einer "Agentur für Arbeit" und dem "Jobcenter" zu tun.
Jene, die dort aufschlagen, um Hilfe zu erhalten, werden "Kunden" genannt, was mich dauerhaft irritiert. Als Kundin bin ich König (Königin!), ich habe die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern; hier stimmt wohl beides nicht. Nach einigem Nachdenken habe ich die Lösung für den Begriff, der vom englischen client kommt, eine Übertragung wohl ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass die deutsche Sprache für das englische Wort sowohl den "Kunden", als auch den "Klienten" kennt. Ich persönlich hätte "Klient" für angemessener empfunden, aber das hat in den Augen derer, die die Wörter festgelegt haben, sicher zu sehr nach der Welt der Anwälte und Psychologen geklungen und zu kompliziert für die zum Teil eher wenig gebildeten Menschen, die zur Zielgruppe der Einrichtungen gehören.
Mit Sprachniveaus habe ich es auch bei den Fachgesprächen zu tun. Einmal klärt die Delegation rasch unter sich etwas ab, halbe Sätze fliegen hin und her, am Ende kommt so etwas wie eine kleine Frage auf, die aber nicht gestellt wird. Alle sehen mich an. Ich hatte abgewartet, das Hin und Her nicht simultan verdolmetscht, weil es mit dem Bezug auf Interna losging und dann voller Begriffe war, die ich in der Situation einfach nicht wiedergeben konnte (eigentlich nicht mal abends in der Kneipe, wenn ich denn mit den Betreffenden abends in die Kneipe ginge).
Die Blicke ruhen weiter auf mir. Ich nicke und sage den Dolmetsch"kunden" im Affentempo: "OK, ich wähle aber diplomatischere Begriffe!" ... und lege los. Unsere Gastgeber haben davon nichts mitbekommen. Später erzählen mir die Herren aus Nouméa, dass es typisch für Neukaledonier sei, mit derben Wörtern um sich zu werfen; man hoffe, ich sei nicht schockiert.
Zum Glück kann ich den Gästen erklären, dass die Berliner Umgangsformen mitunter auch etwas handfester sind. Und ich grinse still, als der Staatssekretär zwischendurch zu seinem Chef sagt: "Du, Minister, jetzt komm' doch mal auf den Punkt!" Das ist nur möglich, weil von Minister Georges Mandaoué eine sehr angenehme, natürliche Autorität ausgeht und die Herren eine hohe kommunikative Kultur mitbringen, in der zielführende Kritik zum guten Ton gehört.
Merci beaucoup, Messieurs, et bon retour !
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Fotos: privat
Minister Georges Mandaoué, Dolmetscherin |
Das Moment mit dem verlorengegangenen Minister war wie ein kleiner Vorbote für anderthalb Dolmetschertage, der sich voll und ganz erfüllt hat: Die Tage waren höchst ungewöhnlich, was zum Großteil am Team lag.
Der Arbeitsminister Neukaledoniens hielt sich mit kleiner Entourage in Berlin auf um zu erfahren, wie junge und benachteiligte Menschen hierzulande in den Arbeitsmarkt integriert werden. Wir eilten von Termin zu Termin, sahen Werkstätten, Schulungsräume, eine Beratungseinrichtung mit integriertem Kindergarten und das Jobcenter von Treptow-Köpenick.
Als Dolmetscherin habe ich zu diesem Bereich schon wiederholt gearbeitet, das letzte Mal vor einem Jahr, der erste große Einsatz war 2007, der allererste kleine Einsatz vor den Hartz-Reformen. Wenn ich meine Lexiken zum Thema ansehe, kann ich die Veränderungen klar nachzeichnen. Das "Arbeitsamt" ist tot, wir haben mit einer "Agentur für Arbeit" und dem "Jobcenter" zu tun.
Jene, die dort aufschlagen, um Hilfe zu erhalten, werden "Kunden" genannt, was mich dauerhaft irritiert. Als Kundin bin ich König (Königin!), ich habe die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern; hier stimmt wohl beides nicht. Nach einigem Nachdenken habe ich die Lösung für den Begriff, der vom englischen client kommt, eine Übertragung wohl ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass die deutsche Sprache für das englische Wort sowohl den "Kunden", als auch den "Klienten" kennt. Ich persönlich hätte "Klient" für angemessener empfunden, aber das hat in den Augen derer, die die Wörter festgelegt haben, sicher zu sehr nach der Welt der Anwälte und Psychologen geklungen und zu kompliziert für die zum Teil eher wenig gebildeten Menschen, die zur Zielgruppe der Einrichtungen gehören.
Mit Sprachniveaus habe ich es auch bei den Fachgesprächen zu tun. Einmal klärt die Delegation rasch unter sich etwas ab, halbe Sätze fliegen hin und her, am Ende kommt so etwas wie eine kleine Frage auf, die aber nicht gestellt wird. Alle sehen mich an. Ich hatte abgewartet, das Hin und Her nicht simultan verdolmetscht, weil es mit dem Bezug auf Interna losging und dann voller Begriffe war, die ich in der Situation einfach nicht wiedergeben konnte (eigentlich nicht mal abends in der Kneipe, wenn ich denn mit den Betreffenden abends in die Kneipe ginge).
Gruppenbild mit Minister vor einem Berliner Jobcenter |
Zum Glück kann ich den Gästen erklären, dass die Berliner Umgangsformen mitunter auch etwas handfester sind. Und ich grinse still, als der Staatssekretär zwischendurch zu seinem Chef sagt: "Du, Minister, jetzt komm' doch mal auf den Punkt!" Das ist nur möglich, weil von Minister Georges Mandaoué eine sehr angenehme, natürliche Autorität ausgeht und die Herren eine hohe kommunikative Kultur mitbringen, in der zielführende Kritik zum guten Ton gehört.
Merci beaucoup, Messieurs, et bon retour !
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Fotos: privat
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Dienstag, 14. Mai 2013
Dienstwege
Guten Tag oder guten Abend! Absichtlich oder zufällig haben Sie eine Seite meines Arbeitstagebuchs aufgeschlagen. Als Dolmetscherin aus den Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch (ins Französische und Deutsche) schreibe ich hier, was mir im Berufsalltag auffällt. Daneben übersetze ich auch. Beide Berufsbilder bieten immer wieder Anlass, über die Sprachen nachzudenken.
Dienstwege kenne ich nur als "Dienstgänge", wenn ich zum Beispiel für einen Kunden einen Tag lang in der Staatsbibliothek sitze oder bei Gericht ein Dokument abholen muss. Ansonsten hat unsereiner keinen Chef. Die Dienstwege und Hierarchien sind kurz, wenn ich mir selbst die Meinung sagen muss, z.B. weil ich mich mal wieder zu lange unproduktiv an einem Buch festgelesen habe.
Jetzt fanden sich in meiner letzten ins Französische zu wuppenden PPT (PowerPointPräsentation) so nette Begriffe wie "der direkte Dienstweg", "der kurze Dienstweg" oder "der kleine Dienstweg". Erst wurde ich stutzig, dann konnte mir eine frühere Studienkollegin, die heute als Beamtin wirkt, bestätigen, dass diese Begriffe synonymal gebraucht werden. Den "Dienstweg" kennen Franzosen auch.
Dort ist er la voie hiérarchique, wobei voie die direkte Entsprechung für "Weg" ist. Dem deutschen Begriff am nächsten kommt also la petite voie hiérarchique, ich fand auch den an eine Beschreibung grenzenden Ausdruck par voie hiérarchique abrégée"(*). Franzosen würden wohl eher par voie directe sagen, auf direktem Wege. — Hier sind wir direkt auf dem Weg durch ein "Arbeitsamt".
(*): Abrégé bedeutet "verkürzt". Das ist mein Eintrag heute auch. Morgen mehr zum abgebildeten Einsatz und darüber, warum das Wort "Arbeitsamt" hier in Anführungszeichen steht.
Vokabelnotiz: "zweiter Arbeitsmarkt" — emplois partiellement subventionnés
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Handyfotonotizen: C.E.
Dienstwege kenne ich nur als "Dienstgänge", wenn ich zum Beispiel für einen Kunden einen Tag lang in der Staatsbibliothek sitze oder bei Gericht ein Dokument abholen muss. Ansonsten hat unsereiner keinen Chef. Die Dienstwege und Hierarchien sind kurz, wenn ich mir selbst die Meinung sagen muss, z.B. weil ich mich mal wieder zu lange unproduktiv an einem Buch festgelesen habe.
Jetzt fanden sich in meiner letzten ins Französische zu wuppenden PPT (PowerPointPräsentation) so nette Begriffe wie "der direkte Dienstweg", "der kurze Dienstweg" oder "der kleine Dienstweg". Erst wurde ich stutzig, dann konnte mir eine frühere Studienkollegin, die heute als Beamtin wirkt, bestätigen, dass diese Begriffe synonymal gebraucht werden. Den "Dienstweg" kennen Franzosen auch.
Dort ist er la voie hiérarchique, wobei voie die direkte Entsprechung für "Weg" ist. Dem deutschen Begriff am nächsten kommt also la petite voie hiérarchique, ich fand auch den an eine Beschreibung grenzenden Ausdruck par voie hiérarchique abrégée"(*). Franzosen würden wohl eher par voie directe sagen, auf direktem Wege. — Hier sind wir direkt auf dem Weg durch ein "Arbeitsamt".
(*): Abrégé bedeutet "verkürzt". Das ist mein Eintrag heute auch. Morgen mehr zum abgebildeten Einsatz und darüber, warum das Wort "Arbeitsamt" hier in Anführungszeichen steht.
Vokabelnotiz: "zweiter Arbeitsmarkt" — emplois partiellement subventionnés
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Handyfotonotizen: C.E.
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Montag, 13. Mai 2013
Ohne Nachrichten
Hallo, Willkommen auf der Blogseite einer Dolmetscherin und Übersetzerin. Französisch ist meine zweite Arbeitssprache, Englisch meine "passive" Sprache. Hier notiere ich, was mir im Beruf und auch privat auffällt.
Heute gibt's keine Nachrichten, gar keine, und der Eintrag hier ist höchst redundant. Denn dieser Tage bin ich viel draußen zum Dolmetschen, da ist alles Routine und Höflichkeit, das gibt keine Nachricht ab.
Oder, wie die Gallier zu sagen pflegen: pas de nouvelles, bonnes nouvelles. Keine Nachrichten sind gute Nachrichten, andersrum ist das fast eine journalistische Grundregel, leider, nur schlechte Botschaften sind Nachrichten.
Neulich fiel mir als "Entsprechnung" für die französische Redewendung in einem Untertitel das hier auf: bad news travel quick. (Dabei gibt es no news is good news auch, es ist sogar weiter verbreitet!)
Nochmal zum Mitdenken: "Keine Nachrichten (bedeutet) gute Nachrichten" sagte der französische Originalton, "schlechte Nachrichten reisen schnell" der englische Untertitel. Hier wäre diese Übersetzung wie gesagt nicht zwingend gewesen, es gibt eindeutigere Fälle, wo der Mensch, der die Untertitelung gemacht hat, keine Wahl gehabt hat, wo sich also Filmton und Untertitel in ihrem emotionalen Gehalt zu widersprechen scheinen.
Nicht-Profis in Sachen Untertitelung könnten dann sagen: Die Untertitel waren falsch. Waren sie aber nicht. Beim Untertiteln gehen wir von zweierlei aus, dass der Leser die andere Sprache eher nicht kann und dass er nur eine sehr begrenzte Zeit zum Lesen zur Verfügung hat (oder sie, na klar).
Hier bei Hitchkocks Damentrio sind die unterschiedlichen Grade der Aussagen im Vergleich zwischen Französisch und Deutsch nicht ganz so stark ausgeprägt, aber vorhanden: das "nur noch ..." klingt deutlich negativer, auch weil die französische Negation aus zwei Wortteilen besteht, ne und que (weshalb ich unten ein "übrig" eingefügt habe).
Hübsch als kleiner Nachtrag zu gestern, was die automatische Spracherkennung aus "marriage" gemacht hat ... (siehe linker screen shot. Das ist um die Ecke gedacht ja gar nicht mal so falsch, heißt ein "Eheanbahner" auf Englisch doch matchmaker.)
Frage an die Wissenschaft: Werden sich durch die zunehmenden Sprachkenntnisse zumindest einiger wichtiger Sprachen vielleicht eines Tages die Untertitelungsgewohnheiten verändern? Vielleicht ist es ja schon der Fall? Ich beobachte weiter.
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Foto: siehe gestern
Heute gibt's keine Nachrichten, gar keine, und der Eintrag hier ist höchst redundant. Denn dieser Tage bin ich viel draußen zum Dolmetschen, da ist alles Routine und Höflichkeit, das gibt keine Nachricht ab.
Oder, wie die Gallier zu sagen pflegen: pas de nouvelles, bonnes nouvelles. Keine Nachrichten sind gute Nachrichten, andersrum ist das fast eine journalistische Grundregel, leider, nur schlechte Botschaften sind Nachrichten.
Neulich fiel mir als "Entsprechnung" für die französische Redewendung in einem Untertitel das hier auf: bad news travel quick. (Dabei gibt es no news is good news auch, es ist sogar weiter verbreitet!)
Nochmal zum Mitdenken: "Keine Nachrichten (bedeutet) gute Nachrichten" sagte der französische Originalton, "schlechte Nachrichten reisen schnell" der englische Untertitel. Hier wäre diese Übersetzung wie gesagt nicht zwingend gewesen, es gibt eindeutigere Fälle, wo der Mensch, der die Untertitelung gemacht hat, keine Wahl gehabt hat, wo sich also Filmton und Untertitel in ihrem emotionalen Gehalt zu widersprechen scheinen.
Nicht-Profis in Sachen Untertitelung könnten dann sagen: Die Untertitel waren falsch. Waren sie aber nicht. Beim Untertiteln gehen wir von zweierlei aus, dass der Leser die andere Sprache eher nicht kann und dass er nur eine sehr begrenzte Zeit zum Lesen zur Verfügung hat (oder sie, na klar).
Hier bei Hitchkocks Damentrio sind die unterschiedlichen Grade der Aussagen im Vergleich zwischen Französisch und Deutsch nicht ganz so stark ausgeprägt, aber vorhanden: das "nur noch ..." klingt deutlich negativer, auch weil die französische Negation aus zwei Wortteilen besteht, ne und que (weshalb ich unten ein "übrig" eingefügt habe).
Die höhere Tochter: "Ich hab alles erlebt ... bis auf die Ehe." Auf Französisch: "Da bleibt nur noch die Ehe übrig." |
Frage an die Wissenschaft: Werden sich durch die zunehmenden Sprachkenntnisse zumindest einiger wichtiger Sprachen vielleicht eines Tages die Untertitelungsgewohnheiten verändern? Vielleicht ist es ja schon der Fall? Ich beobachte weiter.
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Foto: siehe gestern
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Sprachschatz,
Stichwort
Sonntag, 12. Mai 2013
Critics are quick!
Hallo, hello et bonjour ... beim 1. deutschen Weblog aus der Kabine einer Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache. An dieser Stelle schreibe ich über meinen Berufsalltag ... und wie er mein Privatleben verändert. Unbefangen das Fernsehgerät anschalten oder ins Kino kann unsereiner nicht. Hier kommt die Erklärung, warum das so ist. Caroline proudly presents: Link der Woche vom Samstag und Sonntagsbilder auf einmal.
Die Technisierung schreitet nicht voran, sie macht große Sprünge. Warum sollten also die Aufgaben von uns Übersetzern und Dolmetschern nicht viel einfacher durch die Technik erledigt werden können, das ist eine Annahme, die mitfühlende Zeitgenossen, vom Thema völlig Unbeleckte und sogar Wissenschaftler immer wieder mal äußern.
Die EU gibt nicht nur für uns Sprachmittler viel Geld aus, sie investiert sehr viel in diese Forschungen, aber das ist ein anderes Thema.
Über automatisches Übersetzen habe ich Donnerstag mal wieder geschrieben, heute geht's kurz und fündig mit dem Thema Dolmetschen weiter, anders gesagt: Mit automatischer Spracherkennungssoftware und ihrer Übertragung in Filmuntertitel.
Mit großem Vergnügen sehe ich derzeit alte Hitchcock-Filme wieder. Seine Werke aus den 30-er Jahren sind jetzt Gemeingut, können gratis und völlig legal z.B. bei YouTube gesehen werden. Unlängst stolperte ich über eine bildrestaurierte Version von "The lady vanishes", sie hat wieder Grautöne, und fing vergnügt an, den Film zu sehen, der auch deutlich mehr Luft um die Köpfe lässt, die Bilder wirken wie anders "kadriert".
Da ich Filme fast immer im Original und am liebsten auch dann mit Untertiteln sehe, wenn ich eine Sprache kenne (gern z.B. mit der gleichsprachigen Untertitelung für Schwerhörige: Zum Hören kommt das Schriftbild hinzu, das sind Lern- und Verfestigungsmomente, die keinerlei Aufwand kosten), da ich also Untertitel liebe, machte ich mich sogleich auf die Suche ... und entdecke welche, die Ergebnis der automatischen Spracherkennung sind.
Was für eine Gaudi! Zum Vergleich die französischen Untertitel anbei. Zur Story: Reisende sind wegen Unwetters in einem osteuropäischen Gebirgsort im Staate "Bandrika "hängengeblieben. Für Dolmetscher bieten diese Szenen des ersten Aktes übrigens eine lustige Rahmenhandlung: Hier wird eine Fantasiesprache gesprochen und das Hotelpersonal jongliert bei der Buchung mit Fremdsprachen. Außerdem kommt in "The lady vanishes" eine Dienstbotenkammer vor — wie die Bediensteten wohnen, wird ja in Filmen ja sonst so gut wie gezeigt. In Ermangelung freier Zimmer müssen zwei Reisende in die Dienstbotenkammer ausweichen. (Wo dann die Angestellten nächtigen, wird nicht erwähnt.)
Nachfolgend zwei kurze Szenen. Zwei englische Herren wollen in der 11. Filmminute dringend Sportergebnisse erfahren, es ist natürlich lange vor TV und Mobiltelefon, der Film stammt von 1938. Außerdem liegt wie ein dichter Nebel über Hitchcocks Filmen jener Zeit die krisenhafte weltpolitische Lage, die kurz darauf zum Weltkrieg führte; sie bietet Subtext und Plot des spannenden Films.
Hier lässt sich im automatisch übersetzten Untertitel wenigstens erahnen, dass es um Infomangel und eine krisenhafte Situation geht. Dann läutet das Telefon für einen anderen Gast. Der Hotelwirt verlässt den Empfang, die Herren schleichen sich zum Telefonapparat.
Wie das System aus "Seltzer" einen "Filter" macht, ist mir schleierhaft. (Um die Ecke gedacht ist es fast komisch, dass es nicht heißt: "Hier ist nicht Herr Brausetablette!")
Ja, Kritiker sind schnell. Und critics und cricket klingt ja auch fast gleich, oder? (Für meine Ohren nicht, aber für einen Computer vielleicht.) Dann sind die Herren hungrig. Sie gehen ins hoteleigene Restaurant.
Was die Spracherkennung hier erfasst haben will, überrascht mich schon sehr. Ich finde keinerlei Verbindung mehr.
Interessant ist es, an dieser Stelle kurz die deutsche Synchronfassung zu betrachten. Da sagt der ältere Herr: "Man mutet uns zu, mit einem Zimmermädchen eine Hundehütte zu teilen, und noch dazu mit leerem Magen." Ich hatte beim raschen Transkript zunächst "mit knurrendem Magen" aufgeschrieben, was ja wohl der komischere Satz gewesen wäre. Nehmen wir es als schönes Beispiel für die Frage: 'Wie viel Wortwitz kommt durch die Übersetzer in die Werke hinein?' Außerdem ist an dieser Stelle gut zu erkennen, dass Untertitel das Ergebnis von Reduktion sind. Die Dienstbotenkammer kommt im französischen Untertitel gar nicht vor.
Die Hundehütte (dog box) aus dem englischen Original wurde also zur dot box im Untertitel. Die Art dieser beiden Begriffe merken wir uns mal.
Die Dame, an deren Tisch sie zufällig geraten sind, verlässt das Land "Bedrika" nach einem längeren Aufenthalt.
Hier
stimmt nur die Zeitangabe, wenigstens grob betrachtet. Zurück zu dot und box. Offensichtlich
wird die automatische Spracherkennung oft für Technik eingesetzt,
Begriffe wie website, dot, business, optics, plastic, cash, notebook, logged of usw. kommen in der automatischen Untertitelung dieses Films regelmäßig vor. Will be that website steht dann da auch prompt als 'Übersetzung' für "On the red side for me" als Bestellung für ein Steak. (Er meint vermutlich "blutig" ...)
Während die Herren sich dann an den Resten ihrer Käseplatte bedienen, lobt die fremde Dame das Land und seine Schönheiten. Die Berge hätte sie mit der Zeit wie eine Nachbarsfamilie liebgewonnen:
Die Nichten und Neffen vom Titel links folgen übrigens im nächsten Satz. Und die Stimme der alten Dame bekommt etwas Märchentantenhaftes, worauf die Herren, die ihr gegenüber sitzen, verträumt-schläfrig dreinblicken.
Hier stimmt nur der Mond/die helle Nacht in beiden Untertitelfassungen überein.
Wer den Film vor langer Zeit gesehen hat und ihn hier nicht wiedererkennen sollte: Kein Angst! Der Film spielt hauptsächlich im Orient-Express, ich bin bei meinen Betrachtungen in der Exposition hängengeblieben, dann habe ich den Film mit französischen UTs weitergesehen. Die automatische Spracherkennung war wirklich anstrengend. Wer kein Englisch versteht, dem kann sie absolut nicht beim Verständnis des Films helfen.
Natürlich werfe ich der Technik hier keinesfalls vor, kein "Bandrikisch" zu verstehen, die Phantasiesprache des Landes. Aber es werden von ihr sogar Geräusche und Musik "transkribiert", also akustische Momente, die alles andere als mit Sprache zu tun haben. Peinlich!
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Screenshots erstellt von C.E.
Filme hier: restaurierte Fassung und
OmfU
Die Technisierung schreitet nicht voran, sie macht große Sprünge. Warum sollten also die Aufgaben von uns Übersetzern und Dolmetschern nicht viel einfacher durch die Technik erledigt werden können, das ist eine Annahme, die mitfühlende Zeitgenossen, vom Thema völlig Unbeleckte und sogar Wissenschaftler immer wieder mal äußern.
Die EU gibt nicht nur für uns Sprachmittler viel Geld aus, sie investiert sehr viel in diese Forschungen, aber das ist ein anderes Thema.
Über automatisches Übersetzen habe ich Donnerstag mal wieder geschrieben, heute geht's kurz und fündig mit dem Thema Dolmetschen weiter, anders gesagt: Mit automatischer Spracherkennungssoftware und ihrer Übertragung in Filmuntertitel.
Mit großem Vergnügen sehe ich derzeit alte Hitchcock-Filme wieder. Seine Werke aus den 30-er Jahren sind jetzt Gemeingut, können gratis und völlig legal z.B. bei YouTube gesehen werden. Unlängst stolperte ich über eine bildrestaurierte Version von "The lady vanishes", sie hat wieder Grautöne, und fing vergnügt an, den Film zu sehen, der auch deutlich mehr Luft um die Köpfe lässt, die Bilder wirken wie anders "kadriert".
Da ich Filme fast immer im Original und am liebsten auch dann mit Untertiteln sehe, wenn ich eine Sprache kenne (gern z.B. mit der gleichsprachigen Untertitelung für Schwerhörige: Zum Hören kommt das Schriftbild hinzu, das sind Lern- und Verfestigungsmomente, die keinerlei Aufwand kosten), da ich also Untertitel liebe, machte ich mich sogleich auf die Suche ... und entdecke welche, die Ergebnis der automatischen Spracherkennung sind.
Was für eine Gaudi! Zum Vergleich die französischen Untertitel anbei. Zur Story: Reisende sind wegen Unwetters in einem osteuropäischen Gebirgsort im Staate "Bandrika "hängengeblieben. Für Dolmetscher bieten diese Szenen des ersten Aktes übrigens eine lustige Rahmenhandlung: Hier wird eine Fantasiesprache gesprochen und das Hotelpersonal jongliert bei der Buchung mit Fremdsprachen. Außerdem kommt in "The lady vanishes" eine Dienstbotenkammer vor — wie die Bediensteten wohnen, wird ja in Filmen ja sonst so gut wie gezeigt. In Ermangelung freier Zimmer müssen zwei Reisende in die Dienstbotenkammer ausweichen. (Wo dann die Angestellten nächtigen, wird nicht erwähnt.)
Nachfolgend zwei kurze Szenen. Zwei englische Herren wollen in der 11. Filmminute dringend Sportergebnisse erfahren, es ist natürlich lange vor TV und Mobiltelefon, der Film stammt von 1938. Außerdem liegt wie ein dichter Nebel über Hitchcocks Filmen jener Zeit die krisenhafte weltpolitische Lage, die kurz darauf zum Weltkrieg führte; sie bietet Subtext und Plot des spannenden Films.
"Schrecklich, wenn der Nachrichtenstrom in Krisenzeiten abreißt." ("Ohne Kontakte" steht im französischen Titel, das gefällt mir nicht.) |
"Sind sie in London? Nein, hier spricht nicht Herr Seltzer, sondern Herr Charters". |
"Es geht um Cricket, meine Güte!" |
Er sagt, dass das Hotel übelaufen sei und dass es nichts mehr zu essen gebe. |
Nichts mehr zu essen! Sie versuchen, uns unterzubringen, aber mit leerem Magen ... |
Die Hundehütte (dog box) aus dem englischen Original wurde also zur dot box im Untertitel. Die Art dieser beiden Begriffe merken wir uns mal.
Die Dame, an deren Tisch sie zufällig geraten sind, verlässt das Land "Bedrika" nach einem längeren Aufenthalt.
In sechs Jahren habe ich dieses Land zu lieben gelernt. |
Während die Herren sich dann an den Resten ihrer Käseplatte bedienen, lobt die fremde Dame das Land und seine Schönheiten. Die Berge hätte sie mit der Zeit wie eine Nachbarsfamilie liebgewonnen:
Papa-Berg und Mama-Berg in Zipfelmützen aus Schnee. |
Ich beobachte sie vom Fenster aus ... in jeder mondhellen Nacht. |
Wer den Film vor langer Zeit gesehen hat und ihn hier nicht wiedererkennen sollte: Kein Angst! Der Film spielt hauptsächlich im Orient-Express, ich bin bei meinen Betrachtungen in der Exposition hängengeblieben, dann habe ich den Film mit französischen UTs weitergesehen. Die automatische Spracherkennung war wirklich anstrengend. Wer kein Englisch versteht, dem kann sie absolut nicht beim Verständnis des Films helfen.
Natürlich werfe ich der Technik hier keinesfalls vor, kein "Bandrikisch" zu verstehen, die Phantasiesprache des Landes. Aber es werden von ihr sogar Geräusche und Musik "transkribiert", also akustische Momente, die alles andere als mit Sprache zu tun haben. Peinlich!
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Screenshots erstellt von C.E.
Filme hier: restaurierte Fassung und
OmfU
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Samstag, 11. Mai 2013
Berufsportrait
Willkommen beim Dolmetschweblog! Es ist Samstag, Zeit für einen Lesehinweis.
Während ich einen langen Link der Woche zur späteren Veröffentlichung schreibe, hier ein schneller: klick!
Die "Berliner Zeitung" hat diese Woche einer Kollegin ein Portrait gewidmet. Sonja Harm, mit der ich auch schon für die Filmförderungsanstalt und das ILB zusammengearbeitet habe, eine sehr angenehme Kollegin, ist eine der wenigen festangestellten Kollegen. Sie ist seit 13 Jahren für den Deutschen Bundestag tätig.
Journalistin Angela Sommersberg beschreibt sehr schön, was auch hier bereits vorkam, wie der "Dolmetschmodus" nicht nur den Alltag, sondern auch viele Nächte verändert. Es geht um verdolmetschte Träume, Genauigkeit, Reaktionsschnelligkeit, Lernen ... und darum, dass Dolmetschen ein 24-Stunden-Job ist. Und sogar das Dolmetschen von Werbebotschaften auf dem Weg zur Arbeit (oder zurück) kommt vor.
Vokabelnotiz, Reminder: die afrikanisch geführte Unterstützungsmission in Mali heißt auf Deutsch und auf Englisch Afisma, auf Französisch allerdings Misma.
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Illustration: Berliner Zeitung
Während ich einen langen Link der Woche zur späteren Veröffentlichung schreibe, hier ein schneller: klick!
Die "Berliner Zeitung" hat diese Woche einer Kollegin ein Portrait gewidmet. Sonja Harm, mit der ich auch schon für die Filmförderungsanstalt und das ILB zusammengearbeitet habe, eine sehr angenehme Kollegin, ist eine der wenigen festangestellten Kollegen. Sie ist seit 13 Jahren für den Deutschen Bundestag tätig.
Journalistin Angela Sommersberg beschreibt sehr schön, was auch hier bereits vorkam, wie der "Dolmetschmodus" nicht nur den Alltag, sondern auch viele Nächte verändert. Es geht um verdolmetschte Träume, Genauigkeit, Reaktionsschnelligkeit, Lernen ... und darum, dass Dolmetschen ein 24-Stunden-Job ist. Und sogar das Dolmetschen von Werbebotschaften auf dem Weg zur Arbeit (oder zurück) kommt vor.
Vokabelnotiz, Reminder: die afrikanisch geführte Unterstützungsmission in Mali heißt auf Deutsch und auf Englisch Afisma, auf Französisch allerdings Misma.
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Illustration: Berliner Zeitung
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Freitag, 10. Mai 2013
An Elbe und Alster
Bienvenue ! Hier lesen Sie in im Arbeitstagebuch einer Dolmetscherin, die in Berlin, Marseille und Paris tätig wird ...
... und demnächst auch in Hamburg! Vom 16. bis 20. Mai bin ich an Elbe und Alster. Sollten Sie am 16. oder 17. in Hamburg eine Dolmetscherin für die französische Sprache suchen, könnte ich möglicherweise weiterhelfen.
Hintergrund ist der Wohnungstausch um drei Ecken mit zwei Kolleginnen aus Hamburg und Paris. Da ich beruflich oft genug in Hotelzimmern wohnen muss, bin ich nicht nur bei Kurzreisen gerne anders untergebracht, z.B. privat oder aber ohne jede Technik im Zelt auf einer Wiese am Bauernhof, von wo wir auch viele Lebensmittel beziehen ...
... und im Fluss die Fische selber fangen (idealerweise, wenn sie anbeißen, oder sie uns schenken lassen)! Mitunter logieren wir auch in einem privaten Ferienhaus in Südfrankreich, die letzten beiden Beispiele klingen eindeutig nach Sommer, aber dergestalt sind meine Urlaubsideale.
Oft arbeite ich zu Beginn oder gegen Ende eines Kurztrips am Ziel der Städtereise. Oder ein Auftrag ist Anlass zur Ortsveränderung, und ich bleibe dann noch einige Tage. Ich war schon öfter beruflich in Hamburg, hier, hier und hier gibt es kurze Berichte darüber.
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Foto: C.E. (Archiv)
... und demnächst auch in Hamburg! Vom 16. bis 20. Mai bin ich an Elbe und Alster. Sollten Sie am 16. oder 17. in Hamburg eine Dolmetscherin für die französische Sprache suchen, könnte ich möglicherweise weiterhelfen.
Hintergrund ist der Wohnungstausch um drei Ecken mit zwei Kolleginnen aus Hamburg und Paris. Da ich beruflich oft genug in Hotelzimmern wohnen muss, bin ich nicht nur bei Kurzreisen gerne anders untergebracht, z.B. privat oder aber ohne jede Technik im Zelt auf einer Wiese am Bauernhof, von wo wir auch viele Lebensmittel beziehen ...
... und im Fluss die Fische selber fangen (idealerweise, wenn sie anbeißen, oder sie uns schenken lassen)! Mitunter logieren wir auch in einem privaten Ferienhaus in Südfrankreich, die letzten beiden Beispiele klingen eindeutig nach Sommer, aber dergestalt sind meine Urlaubsideale.
Oft arbeite ich zu Beginn oder gegen Ende eines Kurztrips am Ziel der Städtereise. Oder ein Auftrag ist Anlass zur Ortsveränderung, und ich bleibe dann noch einige Tage. Ich war schon öfter beruflich in Hamburg, hier, hier und hier gibt es kurze Berichte darüber.
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Foto: C.E. (Archiv)
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Am Wegesrand aufgelesen
Donnerstag, 9. Mai 2013
Fonic Smart S
Welcome! Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin aus Berlin. Der Beruf schärft Blick und Ohr. Akustische Körperverletzung und Einbruch in meine Privatsphäre nehme ich übel.
Heute Morgen hatte ich es von automatischer Übersetzung, heute Nachmittag ist automatische Werbung dran. Ich versuche für einen anstehenden Dolmetscheinsatz zu verstehen, was eine Integrationsfachkraft beim Jobcenter von einem Fallmanager unterscheidet, lese mich ein in gesamtheitlichen Bewerbungsservice (ist nicht vielleicht doch ganzheitlicher gemeint?) und stelle mir vor, was ein Nachhaltigkeitsberater zur Überwindung von Vermittlungshemmnissen macht.
Plötzlich erklingen zwei männliche Stimmen und quatschen mein Arbeitszimmer voll mit irgendeineiner Handyvertragswerbung.
Nicht irgendeine, ich nenne gerne Ross und Reiter. Es läuft als Schleife:
Halt! Ich habe doch schon vorher viele Seiten weggeklickt, die ich als wenig nützlich einschätzen konnte! Ich bin mitten im Lesen, will keine Arbeitszeit vernichten. Also kopiere ich mir meine Auswahl in einer Rechercheliste zusammen, bevor ich sie wegklicke. Mir fällt ein, dass ich den Ton abstellen kann. Dann läuft der Rechner heiß, die Werbeschleife wird in die 10. Runde gegangen sein.
Zwischendurch mache ich zur Probe den Ton immer wieder kurz an, irgendwann ist Ruhe. Endlich höre ich das Zwischern der Vögel wieder, das Rufen der Mauersegler, die Chopinetuden der Nachbarin, die Spiele der Kinder auf dem Hof.
Sicherung und Wegklicken haben mich sicher zehn Minuten gekostet. Jetzt bin ich total genervt wegen der Unterbrechung. Ich bin raus aus dem Arbeitsflow. Also ab in die Küche, Tee kochen, dann Blogeintrag schreiben, der Ärger muss weg.
Sehr geehrte Anbieter von Fonic Smart S, mit Ihrer penetranten Werbung haben Sie etwas geschafft: Sie haben meine Aufmerksamkeit für Ihr Produkt geschärft.
Glückwunsch! Wenn ich mich demnächst für einen anderen Anbieter entscheiden werde, kommen alle infrage, nur Sie nicht!
P.S. für die Fonic-Werbefritzen: Ist das mit dem Speck ein Selbstzitat? Kam nicht an. Ich hab's mir mit etwas à la "Ich will doch nur Speck, warum soll ich gleich die Sau kaufen" erklärt.
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Foto: C.E. (Achiv)
Heute Morgen hatte ich es von automatischer Übersetzung, heute Nachmittag ist automatische Werbung dran. Ich versuche für einen anstehenden Dolmetscheinsatz zu verstehen, was eine Integrationsfachkraft beim Jobcenter von einem Fallmanager unterscheidet, lese mich ein in gesamtheitlichen Bewerbungsservice (ist nicht vielleicht doch ganzheitlicher gemeint?) und stelle mir vor, was ein Nachhaltigkeitsberater zur Überwindung von Vermittlungshemmnissen macht.
Plötzlich erklingen zwei männliche Stimmen und quatschen mein Arbeitszimmer voll mit irgendeineiner Handyvertragswerbung.
Nicht irgendeine, ich nenne gerne Ross und Reiter. Es läuft als Schleife:
Die Wahrheit über Fonic Smart S ... Ich wollte doch nur etwas Speck! Wieso soll ich für etwas zahlen, das ich gar nicht brauche!? ... Jetzt wechseln und einen Monat gratis nutzen!Schluss mit dem Werbetext. In Wahrheit wollte ich doch nur etwas arbeiten! Wieso soll ich jetzt eure blöde Werbung erleiden, die ich gar nicht angefordert habe!? Ich will weder wechseln, noch möchte ich etwas gratis haben. Während der Dummsprech ein 2. und ein 3. Mal und dann ein 4. und ein 5. Mal läuft, mache ich nacheinander alle Fenster meines Browsers zu.
Halt! Ich habe doch schon vorher viele Seiten weggeklickt, die ich als wenig nützlich einschätzen konnte! Ich bin mitten im Lesen, will keine Arbeitszeit vernichten. Also kopiere ich mir meine Auswahl in einer Rechercheliste zusammen, bevor ich sie wegklicke. Mir fällt ein, dass ich den Ton abstellen kann. Dann läuft der Rechner heiß, die Werbeschleife wird in die 10. Runde gegangen sein.
Zwischendurch mache ich zur Probe den Ton immer wieder kurz an, irgendwann ist Ruhe. Endlich höre ich das Zwischern der Vögel wieder, das Rufen der Mauersegler, die Chopinetuden der Nachbarin, die Spiele der Kinder auf dem Hof.
Sicherung und Wegklicken haben mich sicher zehn Minuten gekostet. Jetzt bin ich total genervt wegen der Unterbrechung. Ich bin raus aus dem Arbeitsflow. Also ab in die Küche, Tee kochen, dann Blogeintrag schreiben, der Ärger muss weg.
Sehr geehrte Anbieter von Fonic Smart S, mit Ihrer penetranten Werbung haben Sie etwas geschafft: Sie haben meine Aufmerksamkeit für Ihr Produkt geschärft.
Glückwunsch! Wenn ich mich demnächst für einen anderen Anbieter entscheiden werde, kommen alle infrage, nur Sie nicht!
P.S. für die Fonic-Werbefritzen: Ist das mit dem Speck ein Selbstzitat? Kam nicht an. Ich hab's mir mit etwas à la "Ich will doch nur Speck, warum soll ich gleich die Sau kaufen" erklärt.
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Am Wegesrand aufgelesen,
Arbeitsplätze
Mal wieder MT
Hallo! Die Welt der Sprachen, des Dolmetschens und Übersetzens interessiert Sie? Dann sind Sie hier richtig, beim Weblog einer Sprachmittlerin. — Manchmal machen sich andere Menschen Sorgen um uns. Wo die Computer doch immer mehr Arbeiten übernehmen würden, sähen wir uns als Sprachmittler da nicht selbst auch in Gefahr?
Stoßseufzer: Wie gut, dass das Programmieren von Übersetzungssoftware derart kompliziert ist, dass die Jungs und Mädels wohl nie damit fertigwerden. Wie ich darauf komme? Sprache ist vielschichtig, widersprüchlich, voller Anspielungen, Codes, sich verändernder Begriffe, Ironie, außerdem spiegeln sich soziale Herkunft und Gegenwart, kulturelle Erfahrungen bis hin zu Ausdrücken aus Werbung, Politik usw. in den jeweiligen Ausdrucksweisen.
Ich denke, selbst wenn sie einmal "durch" wären mit dieser unermesslichen Vielfalt, könnten sie gleich wieder von vorne anfangen, denn Sprache verändert sich ja ständig. So viele "Mannjahre" (hm, der Ausdruck ist eigentlich Sprachsexismus pur) investiert niemand in einen Bereich, der bezogen auf einzelne Unternehmen und im Vergleich zu den großen Investitionsgütern nicht so viel kostet.
Machine translation (MT) mag bei der Übertragung immer derselben Textformate als Muster für eine noch zu bearbeitende Rohübersetzung nützlich sein, z.B. für Zollerklärungen, Bestellscheine und einfachste Handelskorrespondenz. Aber kaum gibt es eine minmale Abweichung, ist der Mensch wieder gefragt, zum Korrekturlesen ohnehin.
Wie gut, dass Betrüger eher individuell schreiben und der automatischen Übersetzung vertrauen. So sind Texte wie diese hier leicht erkennbar.
Was die Schwierigkeiten der automatischen Übersetzung angeht, gilt für gesprochene Sprache dasselbe, nur kommen Dialekte, akustische Einflüsse, nicht zuende gesprochene Sätze, überlappende Stimmen und derlei noch hinzu. Mehr dazu hier am Wochenende, bei meinen Links der Woche. Es wird lustig!
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Foto: C.E. (Archiv)
Stoßseufzer: Wie gut, dass das Programmieren von Übersetzungssoftware derart kompliziert ist, dass die Jungs und Mädels wohl nie damit fertigwerden. Wie ich darauf komme? Sprache ist vielschichtig, widersprüchlich, voller Anspielungen, Codes, sich verändernder Begriffe, Ironie, außerdem spiegeln sich soziale Herkunft und Gegenwart, kulturelle Erfahrungen bis hin zu Ausdrücken aus Werbung, Politik usw. in den jeweiligen Ausdrucksweisen.
Ich denke, selbst wenn sie einmal "durch" wären mit dieser unermesslichen Vielfalt, könnten sie gleich wieder von vorne anfangen, denn Sprache verändert sich ja ständig. So viele "Mannjahre" (hm, der Ausdruck ist eigentlich Sprachsexismus pur) investiert niemand in einen Bereich, der bezogen auf einzelne Unternehmen und im Vergleich zu den großen Investitionsgütern nicht so viel kostet.
Profis übertragen anders |
Wie gut, dass Betrüger eher individuell schreiben und der automatischen Übersetzung vertrauen. So sind Texte wie diese hier leicht erkennbar.
Entschuldigungen für kommen in Ihre Privatsphäre! Ich bin Anwalt W. Zeller; Ich habe einen wohlhabenden Kunden zum Tode; und er hatte eine sehr geheime Investitionen von €15,000,000.00 bei einer privaten Bank in Großbritannien. Diese Investition wurde ohne einen deklarierten nächsten Angehörigen. Jetzt brauche ich Sie arbeiten mit mir als mein Partner zu erholen und zu je 50 % Aktienfonds. Alle Dokumente werden rechtlich beschafft, und in 5 Werktage, wird diese Transaktion auftreten. Aber ich brauche einen ernsten, treuen und glaubwürdigen Partner. Bitte senden Sie mir eine vertrauliche Antwort, wenn Sie denken, Sie vertraut werden können und sind von den Qualitäten! Ich warte auf Ihre schnelle Antwort.Wow, 2,5 halbwegs richtig klingende Sätze auf den ganzen (gekürzten) Text, von dem (im Original) 85 % falsch sind. Was mir jetzt Sorgen machen muss, ist nur die Blödheit mancher Zeitgenossen, die offenbar trotzdem darauf reinfallen, sonst bekämen wir alle nicht regelmäßig so ähnlich idiotische Phishing-Mails in die Postfächer.
Was die Schwierigkeiten der automatischen Übersetzung angeht, gilt für gesprochene Sprache dasselbe, nur kommen Dialekte, akustische Einflüsse, nicht zuende gesprochene Sätze, überlappende Stimmen und derlei noch hinzu. Mehr dazu hier am Wochenende, bei meinen Links der Woche. Es wird lustig!
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Foto: C.E. (Archiv)
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Am Wegesrand aufgelesen,
Arbeitsplätze,
Sex (sells),
Sprachschatz
Mittwoch, 8. Mai 2013
Fast pausenlos
Bonjour und guten Tag! Hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache. Ich beschreibe an dieser Stelle die Besonderheiten unseres Berufs, stets unter Wahrung dienstlicher Geheimnisse. Heute geht's weiter mit der Beschreibung von Arbeitsplätzen.
Staatsgäste sind anstrengend, nicht nur für jene, die an irgendeiner Stelle des Protokolls und der Verdolmetschung mitwirken, sondern auch für viele, die an nämlichen Tagen anderswo in der Bundeshauptstadt arbeiten gehen müssen. Umleitungen und Staus sind an der Tagesordnung, Veranstaltungen werden verschoben oder werden kurzfristig verlegt.
Am Tag, als der Papst in Berlin weilte, war es kaum anders. Bei Konsultationen anderer politischer Abteilungen wurden Termine gestrichen bzw. an entlegeneren Orten veranstaltet. Aber schon Geringere als der Papst haben in Berlin das Protokoll in Stress versetzt. Die Leidtragenden waren vor kurzem frankophone Delegierte, deren Termine sich plötzlich teleskopartig ineinanderschoben.
Das brachte mich als Dolmetscherin ins Schwitzen. Aus echten Pausen wurden kurze Wegstrecken, die in Windeseile von einem regierungsamtlichen Gebäude zu dem nächsten zurückzulegen waren. (Im Regierungsviertel gibt's schicke Tunnel, aber erholsam ist das nicht.)
Und so geschah, was geschehen musste: Die Dolmetschkollegin schaffte es leider nicht, zur Delegation durchzukommen ...
Klammer auf: Wir Dolmetscher lösen uns alle 20, 30 Minuten ab. Das machen wir nicht etwa, weil es uns an Energie mangeln würde, sondern weil die Natur die hochkomplexe sprachliche Ausdifferenzierung der Spezies homo sapiens nicht hat kommen sehen und so ein kleines, feines Menschenhirn eingentlich gar nicht gemacht ist für diese Art von Synapsenakrobatik. Bei längeren Einsätzen ohne Ablösung sollen, so die Wissenschaftler, sogar physiologische Schäden am Gehirn entstehen. Klammer wieder zu.
Jetzt die ganze Sache nochmal nacheinander für jene, die an Details interessiert sind. Zum Frühstückstermin war ich alleine gebucht. Das ist im politischen Betrieb bei Kurzeinsätzen nicht unüblich. Nach einer knappen Stunde Flüsterdolmetschen (es waren exakt 53 Minuten) sollten wir von A nach B kutschiert werden, wo mich eine Dolmetscherkollegin erwarten würde. Sie hätte dann weitergemacht, und nach einer etwas längeren Erholungspause für mich hätten wir uns nach dem oben beschriebenen Muster regelmäßig abgewechselt.
Dann wurden Termine geschoben, waren Dienstwagen nicht verfügbar ... und die Sicherheitsstufen für einige Gebäude wurden vorübergehend geändert. Das merkten wir beim Verlassen eines der Bürohäuser im Regierungsviertel. Am Eingang hatte sich eine kleine Schlange gebildet und Menschen telefonierten hektisch, da sie zunächst nicht hereingelassen wurden.
Cut: Ich sitze auf einem Stuhl neben einer doppelten Couchgarnitur in einem akustisch nicht gerade optimalen Raum, flüstere so leise ich kann, um überhaupt hören zu können, was das Gegenüber sagt. Zum Glück habe ich Sendemikrofon und Kopfhörer dabei. Nach dem Ortswechsel mache ich einfach weiter, weil die Kollegin nicht gekommen ist. Der zweite Stuhl für die zweite Dolmetscherin bleibt frei. Per SMS erfahren wir den Grund. Sie ist am alten Sitzungsort. Die Mitarbeiterin eines deutschen Abgeordneten simst ihr die neue Adresse. Ich sehe auf die Uhr. An diesem Vormittag bin ich jetzt bei netto 110 Minuten.
Wir eilen weiter, dieses Mal ist der Weg kurz. Die Mitarbeiterin simst die neue Zimmernummer, eine gute Zeit später geht sie zum Empfang und verhandelt. Ich spreche weiter. Und sage zwischendurch immer wieder kurz in beiden Sprachen: "Der Dolmetscher braucht eine Pause!" Das ist die Notbremse, die unsereiner zieht, um wenigstens zwischendurch mal etwas Frischluft an die grauen Zellen zu kriegen.
Dann kommt die Mitarbeiterin zurück, die Dolmetscherkollegin im Schlepptau.
Da waren wir aber so gut wie durch mit dem Programm. Die Kollegin durfte dann Smalltalk beim Essen übertragen, ich bin mit dem Taxi nach Hause.
Insgesamt habe ich an einem langen Vormittag, er ging um acht Uhr los, völlig allein drei Stunden "netto" gedolmetscht. Anschließend war ich zehn Tage krank, heiser und mit Wortfindungsstörungen, musste Termine absagen, das war nicht schön.
In der Dolmetscherkabine ist es wie im Cockpit: Kopiloten sind wichtig! Selbst dann, wenn die Kabine mal keine Wände hat!
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Fotos (mit Handy aus der Hüfte ge-
schossen): C.E.
Staatsgäste sind anstrengend, nicht nur für jene, die an irgendeiner Stelle des Protokolls und der Verdolmetschung mitwirken, sondern auch für viele, die an nämlichen Tagen anderswo in der Bundeshauptstadt arbeiten gehen müssen. Umleitungen und Staus sind an der Tagesordnung, Veranstaltungen werden verschoben oder werden kurzfristig verlegt.
Am Tag, als der Papst in Berlin weilte, war es kaum anders. Bei Konsultationen anderer politischer Abteilungen wurden Termine gestrichen bzw. an entlegeneren Orten veranstaltet. Aber schon Geringere als der Papst haben in Berlin das Protokoll in Stress versetzt. Die Leidtragenden waren vor kurzem frankophone Delegierte, deren Termine sich plötzlich teleskopartig ineinanderschoben.
Gänge, leerer Stuhl der 2. Dolmetscherin, Gänge |
Und so geschah, was geschehen musste: Die Dolmetschkollegin schaffte es leider nicht, zur Delegation durchzukommen ...
Klammer auf: Wir Dolmetscher lösen uns alle 20, 30 Minuten ab. Das machen wir nicht etwa, weil es uns an Energie mangeln würde, sondern weil die Natur die hochkomplexe sprachliche Ausdifferenzierung der Spezies homo sapiens nicht hat kommen sehen und so ein kleines, feines Menschenhirn eingentlich gar nicht gemacht ist für diese Art von Synapsenakrobatik. Bei längeren Einsätzen ohne Ablösung sollen, so die Wissenschaftler, sogar physiologische Schäden am Gehirn entstehen. Klammer wieder zu.
Jetzt die ganze Sache nochmal nacheinander für jene, die an Details interessiert sind. Zum Frühstückstermin war ich alleine gebucht. Das ist im politischen Betrieb bei Kurzeinsätzen nicht unüblich. Nach einer knappen Stunde Flüsterdolmetschen (es waren exakt 53 Minuten) sollten wir von A nach B kutschiert werden, wo mich eine Dolmetscherkollegin erwarten würde. Sie hätte dann weitergemacht, und nach einer etwas längeren Erholungspause für mich hätten wir uns nach dem oben beschriebenen Muster regelmäßig abgewechselt.
Dann wurden Termine geschoben, waren Dienstwagen nicht verfügbar ... und die Sicherheitsstufen für einige Gebäude wurden vorübergehend geändert. Das merkten wir beim Verlassen eines der Bürohäuser im Regierungsviertel. Am Eingang hatte sich eine kleine Schlange gebildet und Menschen telefonierten hektisch, da sie zunächst nicht hereingelassen wurden.
Cut: Ich sitze auf einem Stuhl neben einer doppelten Couchgarnitur in einem akustisch nicht gerade optimalen Raum, flüstere so leise ich kann, um überhaupt hören zu können, was das Gegenüber sagt. Zum Glück habe ich Sendemikrofon und Kopfhörer dabei. Nach dem Ortswechsel mache ich einfach weiter, weil die Kollegin nicht gekommen ist. Der zweite Stuhl für die zweite Dolmetscherin bleibt frei. Per SMS erfahren wir den Grund. Sie ist am alten Sitzungsort. Die Mitarbeiterin eines deutschen Abgeordneten simst ihr die neue Adresse. Ich sehe auf die Uhr. An diesem Vormittag bin ich jetzt bei netto 110 Minuten.
Wir eilen weiter, dieses Mal ist der Weg kurz. Die Mitarbeiterin simst die neue Zimmernummer, eine gute Zeit später geht sie zum Empfang und verhandelt. Ich spreche weiter. Und sage zwischendurch immer wieder kurz in beiden Sprachen: "Der Dolmetscher braucht eine Pause!" Das ist die Notbremse, die unsereiner zieht, um wenigstens zwischendurch mal etwas Frischluft an die grauen Zellen zu kriegen.
Dann kommt die Mitarbeiterin zurück, die Dolmetscherkollegin im Schlepptau.
Da waren wir aber so gut wie durch mit dem Programm. Die Kollegin durfte dann Smalltalk beim Essen übertragen, ich bin mit dem Taxi nach Hause.
Insgesamt habe ich an einem langen Vormittag, er ging um acht Uhr los, völlig allein drei Stunden "netto" gedolmetscht. Anschließend war ich zehn Tage krank, heiser und mit Wortfindungsstörungen, musste Termine absagen, das war nicht schön.
In der Dolmetscherkabine ist es wie im Cockpit: Kopiloten sind wichtig! Selbst dann, wenn die Kabine mal keine Wände hat!
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