Gestern Morgen brachte Deutschlandradio Kultur in seiner Sendung "Profile" ein Kurzportrait des tschechischen Übersetzers und Lektors Tomáš Dimter.
Der 1974 geborene Mann stammt aus einer deutschsprachigen Familie. Sein Großvater war als Sudetendeutscher mit einer Slowakin verheiratet, weshalb die Familie bei Kriegsende in ihrer Heimat bleiben dufte.
Dennoch sei Dimter eigentlich nicht mit Deutsch aufgewachsen, berichtet Journalist Martin Becker. Deutsch sei in der Familie vor allem immer dann gesprochen worden, wenn Mutter und Großmutter sich gestritten hätten.
Er sei einer der zwei Lektoren der tschechischen Verlagsbranche, die Deutsch sprächen und sich um deutsche Autoren kümmerten, beschreibt Dimter seine Position im Interview. Zunächst sei er Übersetzer gewesen, die Lektorentätigkeit erst später hinzugekommen.
Die Verlagsabteilung, die er leitet, ist für ca. 40 Neuerscheinungen pro Jahr zuständig, fasst der Journalist Dimters Rolle zusammen. Dabei dient dem Lektor seine Erfahrung als literarischer Übersetzer, einem Beruf, den er parallel dazu noch ausübt. Dimters Résumé zu beiden Berufsfeldern ist schlicht und überzeugend: "Übersetzer sind die besten Leser".
Trotz der verantwortungsvollen Verlagstätigkeit und vieler Preise als Übersetzer lebt Dimter in einer kleinen Wohnung auf 30 Quadratmetern, die er mit 5000 Büchern teilen muss. Daneben lehrt er am Institut für Translatologie der Karlsuniversität.
Die vielen Aufgaben seien auch wirtschaftlich bedingt, man müsse einfach mehrere Jobs gleichzeitig haben, wird Dimter zitiert, der weiter sagt: "Es ist wirklich schwierig, in der Kulturbranche nur von einem Job zu leben."
P.S.: Die meisten Kulturschaffenden leben auch in Deutschland so. Bis vor einer Generation haben die Kulturvermittler, zu denen Übersetzer und Lektoren zählen, noch besser gelebt als jene, deren Arbeit sie übertragen, in Form bringen oder veröffentlichen. Doch die Prekarisierung der Kulturmittlerberufe schreitet weiter voran; von der beschriebenen Situation sind wir in mancher Branche nicht weit entfernt. Eine Ausnahme bei der Verarmung der Kulturvermittler stellen die Sender und andere staatsnahe, -tragende und -finanzierte Einrichtungen wie Auslandskulturinstitute, Theater und Museen dar, um nur einige Beispiele zu nennen. Die jungen Leute haben das längst begriffen. Folgerichtig hat der Tagesspiegel unlängst den Beruf "Kurator" als neuen Trendberuf ausgemacht, auch wenn sicher nicht nur ich die wirtschaftliche (Ziel)Situation bei gleichzeitiger Nähe zum schillernden Kulturbetrieb als Hauptmotivation in der Berufswahl sehe und nicht die "weihevolle Atmosphäre", von der der Tagesspiegel schwurbelt.
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Illustration: Deutschlandradio Kultur
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