Samstag, 23. Juli 2011

Beim Hinsehen zusehen

Als Dolmetscherin und Übersetzerin habe ich ganz schlichte Hobbies: Musik, Tanz, Fotografie, Basteln, Balkonblumen und Innenarchitektur, also lauter schöne Dinge, die nichts mit Sprache zu tun haben.

Der andere Bereich ist (meistens) sprachrelevant: Kino, Theater, Kunst ... und Lesen. Dabei interessieren mich nicht nur literarische Werke, sondern auch Sachbücher, und darunter gerne Texte, die mit Hirnforschung und Sprache zu tun haben. Denn das Zentralorgan im Oberstübchen ist ja mein Arbeitsmittel, also versuche ich, mehr zu begreifen.

Diese Woche fand ich folgende Erkenntnis witzig: Wenn wir nicht genau hinsehen, nehmen wir die Mitmenschen gerne auch mal vergröbert, verzerrt war. Und Unterschiede, die die Augen aus den Augenwinkeln wahrnehmen, wirken größer, als sie in Wirklichkeit sind.

Herausgefunden hat das Student Sean Murphy von der Uni Queensland, der sich im Rahmen seiner Forschung viele Portraits angesehen hat. Beim schnellen "Durchscrollen" fiel ihm auf, dass sich seine Wahrnehmung verändert hatte, wenn er seinen Blick nur ungefähr in die Mitte zwischen den beiden Fotoreihen, bei denen sich die Augen der Abgebildeten auf gleicher Höhe befinden, gelenkt hatte: Er sah groteske Fratzen, bedrohlich geweitete Augen, Riesenmünder. Schaute er direkt auf die Bilder, war alles wieder normal. Seine Kollegen und er nannten das Beobachtete “Flashed Face Distortion Effect”.

Woran mag das liegen? Die Rezeptoren im unfokussierten Bereich zeichnen sich bekanntermaßen durch Trägheit aus. Oder versteckt sich hinter dem Ganzen eine Warnfunktion vor (möglicherweise gefährlichem) Unbekanntem, das zufällig in unser Blickfeld gerät? Die Forscher bleiben dran.

Für uns heißt das wieder mal: Genaues Hinsehen ist wichtig! Aber zunächst bitte auf das Kreuzchen in der Mitte und beobachten, was mit den Grazien links und rechts geschieht. Viel Spaß!




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Film: gefunden bei YouTube 

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