Dienstag, 26. Juli 2011

Gefühl der Lust

« Bienvenue !» Sie sind auf den Arbeitstagebuchseiten einer Berliner Übersetzerin gelandet, die daneben auch als Französischdolmetscherin für Kino, Filmwirtschaft, Medien, Politik und Wirtschaft arbeitet.  
"Das Gefühl der Lust, Französisch zu sprechen", so der Werbespruch, mit dem das französische Institut in Berlin derzeit für Sprachkurse wirbt, ist im Kabinett nicht besonders ausgeprägt. Vielfach reicht es zu kaum mehr als zum "Oh lá lá".
Das schrieb vor einigen Jahren der Tagesspiegel und gab damit eine Werbecampagne wieder, im Rahmen derer das Institut français in Berlin auf Plakaten und Heftseiten der Kulturmagazine sichtbar war. Und die Zeitung spiegelte auch wider, dass es mit der Frankreichkompetenz der aktuellen Bundesregierung, was die Sprache angeht, nicht gerade hervorragend bestellt war und ist.

Liebe geht durch den Magen, und ja, die Buchstabenfolge 
"eau" wird wie das deutsche "o" ausgesprochen
Ich finde, der Slogan raschelt. Mit dem "Rascheln" beschreibe ich Texte, die nach Übersetzung klingeln. Werbeslogans sind wie Redewendungen meistens tief kulturell verankert, daher wäre es hier sicher angebracht gewesen, einen Profi ranzulassen. Lust ist ein Gefühl, hier wird aber keine Lust in dem Sinne angepriesen, dass es etwas Existentiellem oder Spielerischem vorausgeht, sondern als etwas wie Lust, oder eine Ahnung von Lust, fügt dem unkonkreten, nicht messbaren Lustempfinden noch eine weiteres Maß an Ungefährem hinzu. Hier wird mit doppelter Distanz geworben und einem holprig klingenden Slogan. Indes, seiner fehlerhaften, unklaren Art hatte der Slogan schon wieder was. Aber ob derlei beim potentiellen Kunden verfing? Das weiß sicher niemand. Die Berliner konnten nur beobachten, wie das Kulturinstitut grundsätzlich weniger warb, weil die Regierung Sarkozy die Gelder für Kulturarbeit massiv kürzte.

Und « Oh là là », so manche Medien verkaufen das Thema Frankreich auch schon wieder auf die eindeutige Art, die verdammt reduktionistisch ist. Damit reihte sich sogar der Berliner Tagesspiegel in diese Liste ein, Probleme mit der Himmelsrichtung passender Accents inklusive (leider funktioniert der Link zum Artikel nicht mehr). Wie war der Spruch gleich noch: "Ich kann auch 'Französisch', nur mit der Sprache hapert es ein wenig". Vielleicht sollte das französische Kulturinstitut in seiner Werbung mit einem hohen Maß an Selbstironie radikal genau dort ansetzen: Beim french Lover oder beim deutschen Wort für eine gewisse Art von Verhütungsmitteln, die auf Französisch übrigens "englisches Hütchen" genannt werden (la capote anglaise).

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Foto: Auch Berliner Wasserwerke werben
anders, gehören ja (noch) Vé-eau-lia ...
(C.E., Archiv, 2008)

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