Montag, 20. Juni 2022

Wetterfest

Bon­jour & hel­lo! Sie sind auf den Sei­ten eines digitalen Ta­ge­buchs aus der Welt der Sprachen ge­landet. Seit 2007 blog­ge ich hier über das Be­rufsle­ben der Über­set­zer und Dol­met­scher. Seit dem Aus­bruch der Co­ro­napandemie arbeite ich über­wie­gend für die In­dus­trie und auch ein wenig für Pri­vat­kund:in­nen.
Tisch, Tastatur, Stempel ... die coronakonforme Abtrennung ist zu erahnen
Die Trennscheibe ist eine akustische Erschwernis

Gestern wa­ren es 37 Grad Cel­sius in Ber­lin, heute sind es 14 Grad. Solche Tem­pe­ra­tur­stürze sind un­ge­wöhn­lich, vor allem dann, wenn sie (hier im geo­gra­fisch öst­li­chen Teil der Stadt) nur mit 15 ¾ Re­gen­trop­fen ver­bun­den sind: statt er­gie­bi­gem Land­re­gen gab's etwas Blitz und Don­ner und viel Wind. Der Wind hat die Wald­brän­de süd­west­lich von Berlin an­ge­facht, wo 100 Hektar und etliche Ort­schaf­ten be­trof­fen sind; die Fotos se­hen nach In­fer­no aus.

Hun­derte Men­schen wurden eva­ku­iert. In den Medien spre­chen die Feuer­wehr­leu­te inzwi­schen Klartext: "Der Klima­wan­del ist da!" Noch vor einigen Jahren war meine Auf­merk­sam­keit in diesem The­ma auf ver­gleich­bare Er­eig­nis­se in Kalifornien be­schränkt.

Dieser Tage bin ich wieder viel un­ter­wegs: zwei be­rufs­be­ding­te Reisen, für Stamm­kun­den fahre ich so viel, dass ich jetzt die goldene Kun­den­karte der Bahn bekom­me, sowie eine fa­mi­lien­be­dingte Reise, neben der Bahn auch mit Auto, U-Bahn, Bus und zu Fuß, in Summe knapp 3000 Kilo­me­ter in zehn Ta­gen. Zwi­schen­durch in Ber­lin Wä­sche wa­schen und auf dem Amt für Freunde dol­met­schen. Die Braut in Spe war vor Jahr­zehn­ten als Fille au pair in Frank­reich ge­we­sen, er kommt aus Qué­bec. Frös­telnd eile ich ins Rat­haus. Ich hatte unter­schätzt, wie stark die Au­ßen­tem­pe­ra­tur ge­sun­ken war.

Vor Ort dann eine neue Erfahrung des Si­mul­tan­dol­met­schens: Die Stan­des­be­am­tin |sagt| nuschelt hinter ihrer Glas­scheibe zwei Sätze, ich dol­metsche den ersten, der die Hauptinfo im zweiten Satz an­mo­deriert, und bevor ich dazu komme, den zweiten Satz zu dol­met­schen, überträgt die Braut, die bei anderen Behör­den­gän­gen regel­mäßig die Verstän­di­gung ihres Zu­künf­ti­gen si­cher­stellt, das Résumé des zweiten Satzes. Der Bräu­ti­gam, der zwi­schen uns sitzt, grinst, und er kom­men­tiert: "So hab ich mir das Si­mul­tan­dol­met­schen immer vorgestellt!"

Schnell nach­hause, ver­nünftig anziehen! And a short note to self: Die Braut in spe hat recht. Bei in­for­mel­len Ge­sprä­chen kommt es auf das We­sent­li­che an, nicht so sehr auf rhe­to­ri­sche Schlenker.

P.S. (Abend): Die Brän­de vor Ber­lin sind zum Glück erst­mal be­ru­higt, dort kam wohl mehr Re­gen runter. Aber die Bö­den sind nur an der Ober­flä­che feucht, da­run­ter ist er noch glü­hend­heiß, außerdem gibt es Torf­ge­biete und Mu­ni­tions­reste.
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Foto:C.E.

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