Einblicke in den Berufsalltag von Übersetzer:innen und
Dolmetscher:innen bekommen Sie hier. Die meisten von uns sind
selbständig. Die Coronapandemie
hat die wirtschaftlichen Grundlagen der meisten von uns
erschüttert, die Arbeit anstrengender gemacht. Was sich langsam ändert ist, dass die Sommerpause später einsetzt. Und ja, das ist gut so, auch wenn es anstrengender ist.
Blick nach draußen |
Stilles Wasser rinnt die Kehlen hinunter, immer nur kleine Fläschchen, weil der Nachschub gut gekühlt sein muss. So oft haben wir nie im Wechsel die Box verlassen.
Die Hütten sind ja nicht sehr groß, etwas mehr als anderthalb Meter zum Quadrat, und nicht sehr hoch, von den wenigen Männern im Beruf bekommen jene, die auf zwei laufende Meter zugehen, innen drin Probleme. Aber die Dinger sind ja nicht zum Drinrumlaufen oder Drinrumstehen gemacht. Also fällt es an normalen Tagen nicht auf. Nur an heißen Tagen könnte ein Mathehirn, solle es nicht gerade vom Wegschmelzen bedroht sein, ausrechnen wollen, wie viel Luftraum bei 1,6 x 1,6 x 2,0 m die Teile bieten. Manches ist nicht handelsüblich, nicht ISO-konform, also noch kleiner.
Nur nicht auf die Wände schauen: Teppichboden, graue Schlinge, darunter irgendein spätausgasendes Plastik, das nach neuer Turnhalle riecht und die Jahreszeit dazu nutzt, sich olfaktorisch in Erinnerung zu bringen. Die Tür der Selbstbaubox geht nicht ganz zu, gut so. Jeder Lufthauch ist willkommen.
Wann ist endlich wieder Pause? Wir sitzen bei einem Hybridevent, mal fällt am einen Standort das Bild aus, mal beim anderen der Ton. Es entstehen willkommene Päuschen. Wir üben uns in Geduld (und sind weniger gut drin, wenn es so heiß ist). Der Austauschbedarf ist riesig, er hält alle bei der Stange, uns auch. Wir arbeiten mit den Spiegelneuronen, mit Empathie, vergessen im Eifer des Gefechts, auf Französisch übrigens le feu de l'action, das Feuer der Aktion, die eigenen Bedürfnisse.
Der Arm reagiert mit Hitzepickeln. Inmitten der kleinen Pünktchen sitzen zwei juckende Mückenstiche. Packe ich jetzt das Anti-Juck-Spray von der Imkerin aus? Es hat einen zarten Duft nach Arnika, Spitzwegerich und Propolis? In der Kabine sind Parfüme tabu, viele von uns nutzen bewusst unparfümierte Seifen und Deos, um die jeweils andere nicht im Geringsten mit unerwarteten Aromen zu nahe zu treten. Also das Zeug in der Tasche lassen.
Rechner aus! Lämpchen aus! |
Und dann scheint es auch noch dem Internet zu heiß zu sein. Erst fällt hier das Bild aus, dann wackelt da der Ton: Die Wörter rutschen schnell durch die Leitung und purzeln kaskadenartig aufeinander auf unserer Seite wieder raus, dann ist es für Sekundenbruchteile still, dann folgt eine Art Quietschen, eine Verzerrung. Zwischendurch sind Wörter zu verstehen.
Die Kollegin macht eine Ansage: "Leider können die Dolmetscherinnen keine kontinuierliche Übertragung garantieren" ... dann probieren wir, was eben möglich ist: Eine schreibt mit, was sie erkennt, die andere spricht. Im Zusammenhang und durch die Wiederholungen entsteht dann doch noch Sinn.
Irgendwann stelle ich sogar den Computer aus, weil auch der "mitheizt". Am Ende verlassen wir die die Kabine fluchtartig.
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Fotos: C.E.
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