Mittwoch, 25. August 2021

COVIDiary (367)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten einer Sprachar­bei­te­rin. Wir Über­setzerinnen, Über­set­zer, Dol­metscherinnen und Dolmetscher arbeiten seit Beginn der Pan­demie über­wie­gend zu Hause im eigenen Arbeits­zimmer, lesen Sie hier. Sofern es denn Arbeit gibt.

Tische zum Quadrat, Stühle zum Quadrat, blauer Teppichboden und zwei Dolmetscherinnen
Mit echten Menschen vor Ort!
Und jetzt, tadaaa, dürfen wir endlich wie­der Menschen live erleben. Nach 1,5 Jahren corona­bedingtem quasi-Still­stand findet die Herbstsaison 2021 im September statt. Das ist gut, aber irgendwie auch nicht ideal. Wir können's nicht ändern. Also sind wir lieber froh.
Und ja, liebe Kun­dinnen und Kunden, bitte fragen Sie uns weiter für diesen Monat an. Wir sind ein Netzwerk und können die Arbeit auf mehrere Schultern verteilen.

Sie haben richtig gelesen: "Netzwerk", wie das Wasser­leitungs­netzwerk, durch das Sie Ihr Kaffee­wasser beziehen oder wie das große weltweite Netzwerk, das wir Internet nennen und das Ihnen grade diesen Text liefert.

Viele Menschen kennen den Begriff "Agentur". Eine solche sind wir erklärter­maßen nicht. Was un­terscheidet eine Agentur von einem Netzwerk? Wir müssen dif­fe­ren­zie­ren: Eine Schauspiel­agentur vertritt Schau­spieler, d. h., sie versucht, aktiv diese auf die verschiedenen Filmsets zu bekommen. Eine Dolmetsch­agentur hin­ge­gen dürfte sich eigent­lich gar nicht so nennen. Sie bieten eine Ware auf dem Markt an, die nicht eng mit der Firma verbunden ist, für die sie sich auch sonst nicht ver­pflich­tet fühlt. Agenturleute schreiben Angebote, suchen dann auf dem freien Markt nach Menschen, die dann Einsätze übernehmen und nur die Eckdaten dazu erhalten. Dafür verlangen Agenturen einen recht üppigen Anteil vom Kuchen. Ihre Arbeits­weise ist die von Maklern.

Gleich­be­rechtigte Kolleg:innen

Ein Netzwerk besteht aus gleich­berech­tigten Partner*innen, die einander helfen und unterstützen. So, wie eine Kollegin neulich, die einen Einsatz für mich or­ga­ni­siert hat. So, wie ich jetzt, die ich für zwei Kolleginnen einen Termin plane. Dieser Kunde hat seit neuestem französische Anteils­eigner und war noch nie mit der Not­wen­dig­keit konfrontiert, eine Vorstands­sitzung mehr­sprachig abhalten zu müssen. da musste ich zunächst sämtliche Bedürf­nisse abfragen, mit der Haus­meisterin te­le­­fo­­nie­ren und den Raum kennenlernen, was durch eine online-Liveüber­tragung sehr einfach ging, dann durfte ich die Technik briefen, damit deren Angebot zum Bedarf passt.

Bei Stamm­kunden dürfen wir hier ein Ver­waltungs­pauschale aufschlagen, was rich­tig ist, denn tout travail mérite salaire jede Arbeit verdient es, bezahlt zu wer­den. Bei Neu­­kunden trauen wir uns das eher nicht, denn sie vergleichen natürlich unsere Preise mit denen der "Agenturen".

Maklerarbeit

Eine Agentur bezahlt ihre Büro-, Te­le­fon-, Gehalts­kosten plus den Gewinn vom Ho­no­rar der Dolmetscher:innen, mit­un­ter auch der (z.T. fiktiven) Reisekosten, was oft 30 Prozent der Rechnung aus­macht, in Extrem­fällen bis zu 60 oder mehr Pro­zent gehen kann.

Je erfahrener die Kollegin:nen sind, desto geringer ist ihre Neigung, bei so etwas mitzumachen. Und ja, es soll Agenturen geben, die sich ganz mustergültig um ihre Schütz­­lin­ge kümmern, die den Kontakt zu den End­kun­den herstellen, damit der Infor­ma­tionsfluss über die Inhalte ge­währ­leistet ist, die sich kein zu großes Stück vom Kuchen abschneiden und die auch von Herzen danke sagen. Bislang habe ich leider von dieser Art Agentur nicht viel mit­­be­­kom­men. Gerne würde ich mich eines Besseren belehren lassen.

Zum Foto

Hier sitzen wir im Re­gierungs­viertel in einem Kongress­hotel und debattieren über die Energie­systeme der Zukunft. Alle vor Ort sind getestet, geimpft oder ge­ne­sen, die Abstände werden einge­halten, die Mas­ken auf Wegen getragen. Der Ter­min dauert nur zwei Stunden, daher sitzen wir nicht in der Kabine. Wo­an­ders konnte sich der Ver­an­stal­ter nicht ein­quartieren, da alles aus­ge­bucht ist, siehe oben. Der Septem­ber beginnt schon Ende August.

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Foto:
C.E.

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