Sonntag, 15. August 2021

COVIDiary (359)

Was Dol­met­scher­in­nen und Dol­met­scher so erleben, können Sie hier mitverfolgen. Wir sind im 2. Co­ro­na­som­mer. Kon­feren­zen gibt es nur wenige, meine Spra­chen (Franzö­sisch und Eng­lisch) spreche ich jetzt haupt­sächlich privat. Sonn­tags­bild!

Mit Hackenschuhen, Dutt und Blumen

Sonntag bei einer befreundeten Familie: Die kleine Camille und ich arbeiten weiter an der Aus­sprache. Ich habe hier schon davon berichtet. Das Prob­lem mit den falsch sitzenden Lau­ten möc­hte ich spie­­le­­risch zu lösen helfen. Wir brin­gen die Zun­gen in Schwung. Heim­liches Zun­ge­­raus­­strecken macht gut erzogenen Töch­­tern wie uns ja immer Spaß! Wer schafft es, mit der Zun­ge die Na­sen­spitze zu berüh­ren? Kann je­­mand mit der Zunge das Kinn er­reichen? Jetzt die glei­che Bewe­gung im Mund, die Zunge bleibt hinter den Zäh­nen. Der Zun­ge-Rich­tung-Nase-Druck macht ein /t/. Der Zunge-Rich­tung-Kinn-Druck führt in Rich­tung /k/. Zur Un­ter­stüt­zung drücken wir mit dem Fin­ger die Zun­ge runter, jede für sich.

Und plötz­lich sagt Ca­mille ihr erstes /k/. 

Der Moment, in dem sie ihren El­tern zum ers­ten Mal in ih­rem Leben ihren Namen feh­ler­frei sagt, mit fast vier­ein­halb Jah­ren, bringt mich fast zum Heu­len vor Freu­de. Ihr Strah­len — un­be­zahl­bar! (Die große Schwes­ter reicht diskret ein Ta­schen­tuch an.)

Jetzt bin ich sehr, sehr, sehr happy. Die klei­ne Maus übt ab und zu spie­le­risch wei­ter, wir sehen uns wei­ter­hin einmal in der Woche, nicht immer ist es der Sonntag, und üben weiter. Einen sol­chen Er­folg hatte ich seit an­dert­halb Jahren in keinem meiner Berufs­fel­der! Auch das ist ein Moment der Co­ro­na­pan­de­mie: Wir Selb­stän­digen, die wir direkt mit Men­schen arbeiten, haben weniger bis keine beruflichen Erfolgs­er­leb­nis­se.

Zum Dank hat mich Camilles große Schwester por­trai­tiert. Sonn­tags­bild!

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Illustration: S. N.-B.

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