Dienstag, 24. August 2021

COVIDiary (366)

Bonjour und guten Tag! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­setzer machen, und na­tür­lich auch wir Frau­en im Be­ruf, wie sie bzw. wir arbeiten, ist hier seit Mitte der Nuller Jahre re­gel­mä­ßig Gegen­stand in Form kleiner Be­richte aus dem Alltag. Der Blog wurde zum COVIDiary.

Ein On­line­mee­ting zum Thema Bil­dungs(un)ge­rech­tigkeit und das Em­po­wer­ment von Mädchen (*): Lauter Ex­per­tinnen und Experten sitzen im Kongo, in Frank­reich und Deutsch­land an den Com­putern. Der Aus­tausch ist span­nend und hoch­gradig in­for­ma­tiv. Es sind zwei Dol­met­sche­rin­nen dabei, im Bild links unten zu sehen.

Viele Köpfe, wobei auffällt, dass die Teilnehmenden in Afrika sich als Gruppen je einen Rechner teilt. Die Mehrzahl aller verwendet kein Mikrofon.
Nur die Minderheit trägt Kopfhörer und nutzt ein ex­ternes Mikrofon

  




Als wieder eine Fach­frau aus dem Kon­go dran ist, muss meine Kol­le­gin sagen: "Lei­der ist die Ver­bin­dung so schlecht, dass die Dol­metscherin nur Stichworte ver­ste­hen kann." (Wir spre­chen von uns in sol­chen Mo­menten immer in der 3. Person Sin­gular, weil damit klar wird, dass wir gerade nicht dol­met­schen.) Alle achten jetzt auf die leicht pfeifenden Ver­zer­rungen, dann wird der O-Ton ganz still, dauert die Pause länger als die Über­tra­gung, schließ­lich setzt we­nigs­tens das Pfei­fen wieder ein. Hier ha­ben alle gehört, was im Extrem­fall unsere Arbeit be­hin­dert.

Weniger offensichtlich ist dieser Fall: Eine ältere Fach­frau sitzt hinter einem mo­der­nen Rechner, allerdings ohne Kopfhörer und Mi­kro­fon. Weil in Süd­deutsch­land (im Gegen­satz zu Berlin) das Wet­ter gut ist, stehen bei ihr Fenster und Türen of­fen. Wir hören das Vo­gel­ge­zwit­scher, spie­lende Kinder, irgen­dwann auch die Müll­ab­fuhr, dann hören wir die Teen­ager der Nach­barn, die auf der Ter­ras­se chil­len. Sie waren am Tag am See und würden gerne gril­len, so viel kann ich wört­lich ver­stehen, wenn ich mich auf die Pa­ral­lel­stim­men kon­zen­triere, wäh­rend die Kol­legin dolmetscht.

Die Kollegin zieht ihren Ein­satz durch ohne zu murren, die Gäste hören eine Ver­dol­metschung. Mög­li­cher­weise fällt ihnen nicht auf, wie viel fehlt und wie an­stren­gend hier die Kon­zen­tra­tions­arbeit ist. Denn manche Nu­ance fällt weg. Wir hören in sol­chen Mo­menten nicht alles, da wir ja auch gleich­zeitig spre­chen und damit den Schall­pegel im ei­ge­nen Kopf erhöhen.

Unsere Bitten:
⊗ Sofern möglich, sollte jeder und jede am ei­ge­nen Rech­ner sitzen.
⊗ Bitte Kopf­hörer und externes Mikrofon nutzen (z.B. ein separates Headset).
⊗ Die Übertra­gung wird durch ein LAN-Kabel deutlich verbessert.
⊗ Einen mög­lichst ruhigen Ort wählen. Störungen im Vorfeld ausräumen.
⊗ Vorab einen Termin mit möglichst vielen Teil­neh­menden anberaumen, an dem die Technik getes­tet wird.
⊗ Be­ob­ach­tungen for­mu­lieren, Wün­sche ableiten, ein(e) Be­tei­lig­t(er) schreibt die On­line­eti­ket­te auf und sen­det sie an alle.
⊗ ... in der zum Bei­spiel steht, dass nur wer spricht das Mi­kro­fon einschaltet.
⊗ ... in der zum Bei­spiel auch steht, dass zwischen Ant­wor­ten und neuen Fragen kurze Pausen zu be­las­sen sind, vor allem dann, wenn die Dis­kus­sions­spra­che ge­wech­selt wird. Bei­spiel: Eben wird noch ins Deutsche ge­dol­metscht — Dol­met­schen braucht immer ein wenig län­ger als der/die Red­ner/in selbst. Wenn jetzt die Mo­de­ra­tion auf Deutsch sofort die nächs­te Frage stellt, ist der deut­sche Ton­ka­nal dop­pelt belegt und we­der das eine, noch das an­de­re sau­ber zu hören.

Spre­chen Sie uns an! Wir wir­ken gerne mit einem Test­lauf am Entwickeln Ihrer On­line­eti­ket­te mit! Unserer Er­fah­rung nach hilft nur die Team­er­fah­rung eines Vor­ab-Tref­fens mit dem ge­mein­sa­men Ent­wickeln dieser "Neti­quette", um mög­lichst viele zu erreichen.

______________________________
Foto: C.E. (Die Kollegin, hier nur im Foto, war
war bestausgestattet.)
(*)
oder war's ein Gesundheitsthema? Der Blog
ist Autobiofiktion und damit wahrhaftig.
O-Ton: Originalton

Keine Kommentare: