Mittwoch, 4. August 2021

COVIDiary (351)

Bonjour und guten Tag! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­setzer machen, und na­tür­lich auch wir Frau­en im Be­ruf, wie sie bzw. wir arbeiten, ist hier seit Mitte der Nuller Jahre re­gel­mä­ßig Gegen­stand in Form kleiner Be­richte aus dem Alltag. Der Blog wurde zum COVIDiary.

Corona hat den europäischen Flug­verkehr stark zurückgehen lassen. In Deutsch­land sind letztes Jahr ca. 31,3 Millionen Menschen geflogen, 2019 waren es noch 124,4 Millionen. Statt der ver­blei­benden 25,5 Prozent der sonst üblichen Flug­gäste er­wartet die Branche dieses Jahr maximal 45 Pro­zent.

Und weil (nicht nur) jüngere Leute wie­der mehr mit der Bahn fahren, sollen auch die vor we­ni­gen Jahren ab­ge­schaff­ten Nacht­zug­linien wie­der in Betrieb genom­men werden, ein erster Schritt zu einer wieder at­trak­ti­ve­ren Bahn.

Bunt und duftend

















Den redu­zier­ten Flugverkehr genieße ich, denn alles riecht intensiver als zu­vor: die re­gen­nasse Stadt, Blüten, was aus dem Küchen­fenster bei den Nach­barn kommt, die Backstube im Vor­bei­gehen. April 2020 fiel mir das zum ersten Mal auf. Ich weiß nicht, wer's noch bemerkt hat, aber es wirkt auf mich so, als würde vom Flug­verkehr auch eine inten­sive Luft­ver­schmut­zung mit kleinsten Par­tikeln aus­gehen, der unseren Geruchs­sinn be­hin­dert.

Meinem Vater, der Altwerden mit der Ab­nahme dieses Sinnes beschrieb und der diesen Um­stand beklagt hat, war nicht bewusst, wieso er mög­li­cher­weise in der zweiten Hälf­te seines Lebens immer schlech­ter riechen (und auch schmecken) konnte. Die tagesschau zitiert in diesem Zusam­menhang einen Finanz­berater von Air­lines: "Die Luft­fahrt ist die letzten 40 Jahre kon­ti­nu­ier­lich gew­achsen, hat etwa alle zehn Jahre den Um­satz ver­dop­pelt." (Schade, dass ich die­se Beob­ach­tung mit ihm nicht mehr tei­len kann.)

Diese Branche wird wohl weiter­hin kleiner bleiben. Ein dauer­hafter Struk­tur­wan­del läuft, Ent­las­sungen, Um­schu­lungen, es ist von "Gesund­schrumpfen" die Rede. Das ist schwie­rig, aber wohl nötig. Auch meine Bran­che betrifft es, denn mit den Flug­gast­zah­len gingen auch die Studien­reisen, Fortbildungen, Kongresse und informelle Be­geg­nungen zum Beispiel in der Po­li­tik­be­ratung stark zurück, das war jahrelang mein Arbeitsfeld. Auch wenn diese Bereiche wichtig sind und nicht ewig auf Sparflamme weiterlaufen werden, so kenne ich kenne Kol­leg*innen, die sich kri­sen­be­dingt in den Ruhe­stand ver­­ab­­schie­­det haben und aufs Land gezogen sind. Andere sind Leh­rer*in­nen ge­worden, Coa­ches, Ma­nager*innen.

Auch ich werde mich di­ver­si­fi­zie­ren, werde meine Fach­be­reiche ver­tie­fen und damit möglicherweise eine krisen­festere Ne­ben­be­schäf­ti­gung auf­bauen, denn die olle War­te­rei liegt mir nicht.

Und über die bessere Atem­luft freuen sich alle, sofern die Bahn die Kurve kriegt.

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Collage: C.E.

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