Sonntag, 8. August 2021

COVIDiary (355)

Was und wie Sprach­ar­bei­ter machen, ge­na­uer: Über­setzer und Dol­met­scher für Fran­zö­sisch, können Sie hier mitlesen. Die meis­ten von uns sind selb­stän­dig, sie ar­beiten selbst und stän­dig. Durch Co­ro­na ver­än­dern sich unsere Auf­gaben. Zeit für ein Sonntags­bild!

Mein Sonntagsbild ist mein Foto der Wo­che: Ca­mille (Name geändert), die auf mei­nem Schoß sitzt und gerade zeichnet. Ohne es zu bemer­ken, hat sie eben per­fekt gesagt: "Das ist ein Mäd­chen, hier ist ihr Kleid ... und jetzt kom­men noch die Stin­ke­fü­ße!"

Wenige Sekunden zuvor ...

Das war mein Moment der Woche! Ich war einfach nur glück­lich. Noch vor vier Wochen konnte sie überhaupt kein /g/ oder /k/ aussprechen. Pandemiebedingt ist das Kind noch nicht in logopädischer Behandlung. Aber ich durfte der Klei­nen, sie ist die Toch­ter von Freun­den, ein wenig weiter­helfen. Wir sehen uns einmal die Woche.

Als Prak­ti­kan­tin im Hörfunk, also ir­gend­wann im letzten Jahr­hun­dert, durfte ich einmal zusehen (und auf­neh­men und zu­sam­men­schnei­den), wie ein gehörloses Kind das Wort "Affe" aus­zu­spre­chen gelernt hat. Da­bei hat mich be­ein­druckt, dass vie­le Lau­te durch die "Wind­men­ge" am Mund, das Be­ben von Na­se oder Hals von­ein­ander un­ter­schie­den wer­den kön­nen.

Das kleine Mädchen liebt es, zu toben und zu kitzeln. Also hab ich vor Wochen ge­sagt: "Schau mal, das /g/ kitzelt Deinen Hals!" Damit hatte ich ihre Auf­merk­sam­keit. Wir haben das immer wieder mal gemacht und haben geplaudert, denn ich wollte verste­hen, ob sie nur diese beiden Buch­staben durch ein /t/ ersetzt oder ob eine tiefer­lie­gen­de Sprach­störung bei der Vier­jäh­ri­gen vorliegt. Acht Tage später höre ich ein sau­be­res "gleich". Wir haben sogleich einige Sätze mit "gleich" drin geübt; es war, oh Freude!, kein "Unfall", das /g/ blieb an Ort und Stelle. 

Beim nächsten Mal waren wir im Sand­kas­ten schon bei "gleich grabe ich ein großes Loch". Das üben wir jetzt, manchmal klappt es, dann wieder nicht, wenn sie im Stress ist zum Bei­spiel, daher machen wir etwas Gym­nas­tik vor dem Üben, um die Kon­zen­tration auf etwas anderes zu ver­lagern. Die Gym­nas­tik­übun­gen sprechen auch das Ge­hirn an (wie auf einem Bein zu stehen und bis 20 zu zählen).

Glatze, Gretel, grau, wir verlängern die Liste. Sofort vom gut­tu­ralen G zum Vokal zu springen funktioniert nicht. Wir üben den Laut isoliert und hän­gen an­de­res dran, das physio­logisch in der Nähe liegt. Für den Laut /k/ hab ich ihr aufgemalt, wo die Zunge bei /t/ ist und wo sie bei /k/ hin­soll. Vorher waren wir Hände­wa­schen, dann haben wir uns je­weils im eigenen Mund rum­ge­fin­gert und viel gelacht dabei.

Und wieder eine Wo­che später, beim entspannten Malen ...

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Foto:
C.E.

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